Tiberius - angeblich

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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cmetzner
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Tiberius - angeblich

Beitrag von cmetzner » Di 08.08.17 06:40

Komm wieder mal nicht auf einen grünen Zweig mit dieser Münze, die noch in ihren ursprüngliche Umschlag (siehe Anhang) ist, da steht:
Aphrodisias / Casien
Tiberius 14 - 37
AE 20mm
....
BMC 99
Ich finde eine "ähnliche" von Caligula hier https://www.acsearch.info/search.html?id=3430191 aber von Tiberius finde ich keine, und BMC finde ich auch nicht. :(
Die Masse sind 19 x 20 mm, 4.84 gr
Die Inschrift an der Vorderseite ist ΣEBAΣTOΣ ΘEOΣ,
auf der Rückseite entziffere ich: AIROΔI (könnte auch XIROAI sein) / ?ILΩ also eine römische Münze mit griechischen Buchstaben? 8O

Vielen Dank im Voraus für Eure Hilfe !
Christiane
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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von Mynter » Di 08.08.17 07:32

Eine griechische Umschrift auf einem Römer ist nicht so verwunderlich, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Der gesammte östliche Reichsteil sprach griechisch und im Osten wurden noch bis ins 3. Jahrhundert lokale Münzausgaben ediert. Ob Roma oder Kroyer mit der Zuordnung recht haben, kann ich keider nicht sagen, aber da wird sich noch jemand zu äussern.
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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von Zwerg » Di 08.08.17 09:16

Die Bestimmung von Roma ist schon richtig.
Auf der Rückseite liest man AΦPOΔIΣIEΩN

Das BMC-Zitat bezieht sich auf den BMC Greek Coins, der ist in Teilen über 100 Jahre alt.
Heute sollte man für "Provinzprägungen" immer in den RPC schauen - und sich nicht unbedingt auf "das Internet" verlassen :D

Grüße
Zwerg
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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von Peter43 » Di 08.08.17 10:36

Hallo Christiane!

Aphrodisias in Karien ist eine meiner Lieblingsstädte. Ich habe 2011 während einer Türkeireise die Ausgrabungsstätte besucht und war sehr beeindruckt. Es hat ein gut gemachtes Museum, und ich kann es nur empfehlen. Über die Aphrodite von Aphrodisias habe ich einen ausführlichen Artikel im Mythologiethread geschrieben. Falls es Dich interessiert, hier findest Du ihn: http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... &start=435

Im Standardwerk über Aphrodisias von David Mcdonald, The Coinage of Aphrodisias, London 1992, steht Deine Münze unter "Isolated Types of the first century A.D. (Types 46-48, Plate VI)"

Es ist die Type 46: Divus Augustus/Kultstatue, kurz nach 14 n.Chr.
Wert: 2 Augusteische Einheiten
Av.: O95-098 Kopf des Augustus .r., belorbeert. ΘEOΣ ΣEBAΣTOΣ
Rv.: R164-R170: Kultstatue der Aphrodite von Aphrodisias frontal stehend. AΦPOΔI - ΣIEΩN

Anm.: Der Stil plaziert diese Ausgabe in die Zeit kurz nach dem Tod des Augustus. Die Kultstatue ist dargestellt in schematischer Weise, wobei der Haarschmuck aussieht wie 3 Federn

Der Vergleich mit den abgebildeten Typen zeigt, daß der Avers Deiner Münze O97 ist. Der Rv. ist Macdonald nicht bekannt: Daß die Rev-Legende mit dem I von AΦPOΔI in Höhe der re. Hand der Aphrodite endet, ist neu. Bei den abgebildeten Rev. R164-R170 steht das OΔI immer oberhalb der re. Hand.

Die Referenz wäre demnach: Macdonald Type 46 (O97/R-)

Mit freundlichem Gruß
Jochen
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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von Pinneberg » Di 08.08.17 20:32

Eine hübsches Stück und mit der alten Hülle von Kroyer richtig toll!
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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von cmetzner » Di 08.08.17 21:12

Vielen Dank Mynter für Deine Erklärung. Freut mich daß Kindheitserinnerungen wach geworden sind :D

Habe die Sendung im Internet angeschaut, ist ja unglaublich das so etwas passiert! Da fallen manche Leute drauf rein weil sie denken sie haben so eine sichere Geldanlage.
Mynter hat geschrieben:Eine griechische Umschrift auf einem Römer ist nicht so verwunderlich, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Der gesammte östliche Reichsteil sprach griechisch und im Osten wurden noch bis ins 3. Jahrhundert lokale Münzausgaben ediert. Ob Roma oder Kroyer mit der Zuordnung recht haben, kann ich keider nicht sagen, aber da wird sich noch jemand zu äussern.
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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von cmetzner » Di 08.08.17 21:35

Grüß Dich Jochen,
tausend Dank für Deine ausführliche Erklärung !! Sehr interessant und bemerkenswert!

Ich hätte die Bestimmung nicht finden könne noch dazu weil ich dachte daß die Münze ein Tiberius war. Mein Vater hat sie Anfang der 80er Jahre gekauft und ich nehme an daß heutzutage viel mehr Wissen und Quellen, vor allem im Internet, existieren und zur verfügung stehen als damals. Er hat z.B. nie einen Computer benutzt.

Auch Dein Beitrag im "Mythologisch interessante Münzen" thread ist eine große Hilfe um einen Einblick zu bekommen.

Nochmals vielen Dank für Deine Bestimmung!
Viele Grüße,
Christiane

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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von cmetzner » Di 08.08.17 21:38

Danke!!! Ich habe noch mehrere die in den Kroyers Umschläge sind; wahrscheinlich komme ich dann wieder mit noch mehr Fragen :D

Viele Grüße,
Christiane
Pinneberg hat geschrieben:Eine hübsches Stück und mit der alten Hülle von Kroyer richtig toll!

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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von cmetzner » Mi 09.08.17 04:03

Roma bestimmt die Münze als Caligula.
Caligula ist 12 n.Chr. geboren und wurde 37 n.Chr. römischer Imperator.

Wenn also wie Jochen schreibt, die Münze die Type 46 von Macdonalds ist, dann wurde sie kurz nach 14 n.Chr. geprägt. Da war aber Caligula 2 Jahre alt, also ist es vielleicht doch Tiberius, so wir Kroyers sie ursprünglich bestimmt hatte?

Grüße,
Christiane

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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von Peter43 » Mi 09.08.17 10:29

Bei dem Portrait handelt es sich natürlich um Augustus. ΘEOΣ ΣEBAΣTOΣ ist die griech. Übersetzung von Divus Augustus, deutsch: der vergöttlichte Augustus. Geprägt wurde die Münze kurz nach seinem Tod in der frühen Regierungszeit des Tiberius.

Jochen
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Re: Tiberius - angeblich

Beitrag von Zwerg » Mi 09.08.17 13:05

Die Datierung ist nicht gesichert.
Die Verfasser des RPC - in Kenntnis des Untersuchungen von MacDonald - stecken diesen Typ in die Zeit Caligulas.
Begründung: Die Buchstaben "E" und "Σ" sind eckig, während unter Augustus und Tiberius jeweils die runden Buchstabenformen benutzt wurden.
Die Stempelstellung ist durchgehend 12, unter Augustus/Tiberius innerhalb der Ausgaben wechselnd 12 und 6.

Eine Prägung für den vergöttlichten Augustus in der Regierungszeit Caligulas ist nicht ungewöhnlich.

Grüße
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