Römische Münzen aus Alexandria

Kaiser, Dynastien und Münzstätten

Moderator: Homer J. Simpson

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tilos
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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von tilos » Di 06.12.11 12:08

chinamul hat geschrieben: @tilos
Was aber wohl dennoch fehlte, war eine Transparenz von Angebot und Nachfrage. Ich kann mir nämlich kaum vorstellen, daß solche Bestände, wie Du sie hier schilderst, auf einem funktionierenden, offenen Kunst- und Antiquitätenmarkt zusammengebracht werden konnten, es sei denn durch Millionäre oder Kriminelle, beides Personengruppen, die es aber in der DDR offiziell gar nicht gab. Und solche Sammlungen mußten dann wohl auch tunlichst geheim bleiben, um nicht die Begehrlichkeit der KoKo und eines Schalck-Golodkowski zu wecken.
Gruß
chinamul
Ja, so ungefähr. Es wurden seinerzeit relativ hohe Ankaufspreise (für DDR-Verhältnisse und wohl auch aus dem Wechselkurs resultierend) z.B. für Zinn oder Marken-Porzellan gezahlt. KoKo trat war zwar offiziell nirgends auf, hatte aber seine Tarnunternehmen, die dann abends mit ihren VW-Bussen an den Aufkaufstellen der staatlichen Antiquariate und Antiquitätenläden die für den Export vorsortierte Ware übernahmen. Angebot im Osten - Nachfrage im Westen, wenn mans gesamtdeutsch betrachtet. Aus Sicht des geborenen Ossis seinerzeit eine schmerzliche Erfahrung.
Auf der anderen Seite gabs dann aber eine Art Subkultur der Kunst- und Antiquitätensammler. Um ihre Sammlungen ein wenig legitimieren zulassen, war ein Teil der Sammler im sogen. Kulturbund bzw. Einzelgesellschaften wie der Pirckheimer Gesellschaft. Ich kenne auch Antiquare, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben und so mehr oder weniger an der Quelle saßen. Aber auch durch Erbschaft, Bekanntschaften zu anderen Sammlern usw. haben sich Sammlungen erhalten und vermehrt. Viel ging einfach auch über Privatkanäle, die Leute im Osten waren privat sehr kommunikativ (ich meine hiermit nicht die Stasi!) und solidarisch. Und es wurde auch viel im Ostblock gekauft, gerade deutschsprachige Antiquarien konnte man für Spottpreise erwerben. Ich habe mal aus Rumänien über 50Kg Bücher mitgeschleppt. In den 70er/80er Jahren ging auch der Verfolgungsdruck gegen Privatsammler (den man ja gelegentlich Steuerhinterziehung angedichtet hatte, um sie dann zu enteignen) zurück, die Innenpolitik wurde ein wenig liberaler, die Offiziellen wollte ja auf der internationalen Bühne mitspielen. Das ging nur mit Schmusekurs.
Man musste also nicht zwingend kriminell oder Millionär sein (was es natürlich auch gab) um eine großartige Sammlung aufzubauen. Mein Beispiel ist sicher ein Extrem, die meisten Sammlungen waren bescheidener. Das gilt auch für die Sammler selbst.
Gruß
Tilos

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von chinamul » Mo 12.12.11 17:21

Beim Recherchieren zum Thema Nilometer stieß ich auf folgenden Zusammenhang, der, wenn ich nicht irre, so noch nicht im Forum erörtert worden ist. Sowohl der Nilometer (s. Link 1) als auch die Semasia (Link 2) sind in diesem Forum zwar bereits thematisiert worden, ohne daß jedoch der in Link 3 beschriebene Zusammenhang zwischen beiden hergestellt wurde.

Link 1: http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... use#p56175
Link 2: http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... ia#p160856
Link 3: http://de.wikipedia.org/wiki/Semasia

Gruß

chinamul
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Amenoteph
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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von Amenoteph » Di 13.12.11 12:45

TRAJANUS 98 – 117
AE Drachme Alexandria 111/112 (Jahr 15)
Av.: AYT TPAIAN CЄB ΓЄRM ΔAKIK Bel. Büste des Kaisers nach rechts.
Rv.: Kaiser rechts in Quadriga, hält Lorbeerzweig und Adlerzepter, im Feld rechts oben L IE=Jahr 15(111/112).
Erhaltung schön.
Maße: 19,31g 31mm. Geißen: 587, Dattari: 754
Trajan - Quadriga.jpg
Ich möchte mir dieser Drachme, die ich Euch vorstellen möchte, gleich eine Frage loswerden.

Alexandrinische Drachmen waren aus reinem Kupfer oder der Legierung Bronze? Ich finde immerwieder beide Angaben.

Beste Grüße
Robert

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von petr f » Di 13.12.11 16:39

einen kleinen Obolus Kaiser Tiberius mit Nilpferd
Kopie TIBEΡIOΥ
Dateianhänge
019.JPG
018.JPG

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von tilos » Di 13.12.11 17:18

Ein kleiner Obol wäre dann ein Hemiobol.
Diesen Münztyp gibt es als Hemiobol, Obol und Diobol - hängt halt vom Gewicht ab.

Gruß
Tilos

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von chinamul » Mi 14.12.11 12:01

Hallo Robert!

Wie rein das Kupfer der Drachmen nun genau war, ist ohne Analyse wohl schwer zu sagen. Auf jeden Fall aber sind sie nicht aus Bronze. Ich behaupte mal, daß in Alexandria bis auf die Tetradrachmen ausschließlich Kupfer gemünzt wurde.
Wer über gegenteilige Informationen verfügt, möge das bitte an dieser Stelle zu Protokoll geben.

Gruß

chinamul
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Homer J. Simpson
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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von Homer J. Simpson » Mi 14.12.11 14:53

Das klingt wie "...der möge jetzt sprechen oder für immer schweigen". ;)

Homer
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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von tilos » Mi 14.12.11 15:14

Da nehm ich mal all meinen Mut zusammen und sage: Ich glaube, dass es bei den kleinen Nominalen (Obole, Diobole) auch Prägungen in ?Messing gibt - also in einer goldfarbenen Legierung. Ich schau mal heute Abend in meine Slg., ob sich diese mutige Behauptung aufrecht erhalten lässt.

Grüße
Tilos :lol:

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von tilos » Mi 14.12.11 17:44

Hier das erste Beispiel: Ein Diobol unter Hadrian. Die rötlichen Auflagerungen resultieren aus den Korrosionsvorgängen des Kupferanteils der Legierung. Darunter liegt messingfarbenes Metall.
Dateianhänge
Egypt Hadrian Apis Bull.jpg

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von tilos » Mi 14.12.11 17:56

Und hier noch ein Obol unter Claudius (19,5mm/4,62g), wo das Münzmetall an mehreren Stellen golden durchschimmert. Sind nicht auch schon die Bronzen bei den Ptolemäern z.T. messingfarben?
Dateianhänge
cl hände av.jpg
cl hände rv.jpg

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von chinamul » Mi 14.12.11 18:37

Selbst wenn diese zwei Beispiele auch noch bei einer näheren Untersuchung unter partieller Entfernung der Patina noch den Eindruck erwecken, keine Kupfermünzen zu sein, stehen ihnen die Unmengen von Münzen gegenüber, die eindeutig aus Kupfer sind. Daß es jedoch nebeneinander Prägungen gleicher Nominale aus so stark unterschiedlichen Legierungen in größerer Zahl gegeben haben könnte, halte ich für ziemlich ausgeschlossen. Die offenbar stark schwankenden Silberanteile bei den Tetradrachmen sollten wir bei dieser Diskussion wohl besser außen vor lassen.
Zumindest vom Grundsatz her sehe ich daher zunächst noch keine Veranlassung, von meiner Behauptung Abstriche zu machen.
Die Münzen der Ptolemäer sind hier m. E. als Argumente unbrauchbar, da sie selbst bei einem durchaus fließenden Übergang zum neuen Währungsgefüge doch einem ganz anderen System angehörten.

Gruß

chinamul
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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von tilos » Mi 14.12.11 18:54

Die einfachste Erklärung dafür, dass gelegentlich "stärker legiertes Kupfer" ausgemünzt wurde, wäre natürlich, das es schlicht und einfach ohne Bedeutung für das Nominal war. Oder anders gefragt: wie erklären sich denn die großen Metallunterschiede bei den Tetradrachmen, z.B. unter Hadrian (und nicht nur dort)?
Gruß
Tilos

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von chinamul » Mi 14.12.11 19:37

Ich sehe das so: Während bei den Tetradrachmen offenbar bei gleichen "Zutaten" das quantitive Mischungsverhältnis, d. h. der Silberanteil, erheblich schwankte und zudem noch die unterschiedlichsten äußeren Einflüsse auch zu unterschiedlichen Erscheinungsbildern bei den Münzen führten, würde eine Legierung des reinen Kupfers mit Zinn (zu Bronze) oder Zink (zu Messing) eine qualitative Veränderung des Prägemetalls bedeuten. Da aber beide Metalle (Zink insbesondere) sehr knapp und damit teuer waren, ergäbe es einfach keinen Sinn, eine allenfalls verschwindend geringe Menge von Münzen aus diesen Legierungen zu prägen.
Du magst aber damit Recht haben, daß eventuell bereits legiert vorliegendes Rohmetall, etwa Altmünzen aus ptolemäischer Zeit oder außer Kurs gesetzte Æ-Reichsmünzen, mit verarbeitet wurde, ohne daß sich daraus jedoch eine über Einzelfälle hinausgehende Münzproduktion aus solchen Metallen ableiten ließe.

Gruß

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von chinamul » So 18.12.11 14:08

Die beiden hier gezeigten Drachmen des Trajanus sind stark untergewichtig. Man könnte angesichts der recht uneinheitlichen Qualität der Schrötlinge dieser Zeit fast den Eindruck haben, daß deren Guß - wie übrigens auch schon bei den Flaviern - in Alexandria nicht zuverlässig beherrscht wurde. Immer wieder einmal trifft man nämlich auf Stücke, bei denen die Hohlform beim Guß nicht ganz von dem flüssigen Metall ausgefüllt wurde, was mehrere Gründe gehabt haben mag. So ist es u. a. denkbar, daß die Form nicht genügend erhitzt war, so daß das Metall beim Gußvorgang vorzeitig erstarrte und daher nicht bis in die letzten Winkel gelangte.
Bei der ersten Münze, die mit 13,99 g besonders dürftig ausgefallen ist, zeigt der Gußzapfen, daß hier offenbar nicht genug Metall in das Gußloch eingefüllt wurde.
Spätere Drachmen – bereits ab Hadrian – sind da doch deutlich massiver und auch meist auf besser gegossenen Schrötlingen geprägt worden. Sie sind teilweise bis zu 100% schwerer als die beiden hier vorliegenden Stücke.
traj drach alex krönt nil.jpg
TRAJANUS 98 – 117
Æ Drachme Alexandria 112/113 (Jahr 16)
Av.: AYT TPAIAN CЄB ΓЄPM ΔAKIK - Auf der linken Schulter drapierte und belorbeerte Büste rechts mit Aegis
Rv.: Alexandria mit Elefantenskalp auf dem Kopf und Vexillum in der Linken nach links stehend und mit Schilfhalm in der Rechten und Füllhorn in der Linken vor ihr stehenden Nilus bekränzend
Links und rechts im Feld: LI - ς (= Jahr 16)
Geißen vgl. 622 (Av.-Beschreibung zweifelhaft); Milne 686 var. (dort Büste geharnischt); Datt. 1008; Kampmann/Ganschow 27.488
Ø 32 – 35 mm / 13,99 g
traj drach euth krönt nil.jpg
TRAJANUS 98 – 117
Æ Drachme Alexandria 112/113 (Jahr 16)
Av.: AYT TPAIAN CЄB ΓЄPM ΔAKIK - Auf der linken Schulter drapierte und belorbeerte Büste rechts
Rv.: Euthenia nach links stehend; mit der Rechten vor ihr stehenden Schilfhalm und Füllhorn haltenden Nilus bekränzend, in der Linken zwei Kornähren
Links und rechts im Feld: LI - ς (= Jahr 16)
Geißen - ; Datt. 1009; Kampmann/Ganschow 27.489
Ø 33 – 35 mm / 16,54 g

Gruß

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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Beitrag von Amenoteph » Mo 19.12.11 12:51

Lieber Horst, lieber Tilos,

ich habe nun versucht in der Literatur genauere Angaben zu finden was die genaue metallurgische Zusammensetzung der Drachmen betrifft.
Ich möchte Euch hierzu das Buch "Entstehung und Entwicklung des alexandrinischen Münzwesens von 30 v. Chr. bis zum Ende der julisch-claudischen Dynastie" von Ernst Gölitzer empfehlen. Sicher werdet ihr es aber kennen.

Dort geht es unter anderem um eine Analyse einer alexandrinischen Kupfermünze die unter Claudius geprägt wurde, der Anteil an Kupfer lag bei 83,7 % , Blei 10,65 % und Zinn 4,63 %. Der Anteil von Zinn wird im späteren Verlauf zu Gunsten von Blei verringert.

Beste Grüße
Robert

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