Geschichte der Geldboerse

Wie zahlten unsere Vorfahren? Was war überhaupt das Geld wert? Vormünzliche Zahlungsmittel

Moderator: Locnar

Benutzeravatar
cepasaccus
Beiträge: 2493
Registriert: Di 04.03.08 12:14
Wohnort: Nürnberg
Hat sich bedankt: 22 Mal
Danksagung erhalten: 64 Mal
Kontaktdaten:

Geschichte der Geldboerse

Beitrag von cepasaccus » Mi 09.06.21 00:48

Ich schau schon eine ganze Weile hin und wieder mal, ob ich nicht was zur Geschichte der Geldboerse in ihren vielen Varianten finde. Es scheint aber niemanden wirklich zu interessieren.

Wie ist das mit dem Fach in der Geldboerse, das mit so einem Hebel verschliessbar ist und irgendwo als Fach fuer Goldmuenzen deklariert wurde? Von wann sind diese Geldboersen? Ich tippe mal darauf, dass das Fach ganz allgemein fuer Muenzen war, weil diese aus allen anderen Faechern rauspurzeln wuerden. Die Geldboersen, die ich kenne, haben aber keine grossen Faecher. Bei ein paar 5-Mark-Muenzen wird das da schon eng.

Dann gibt es noch diese braunen Geldbeutel/saecke, die ziemlich haeufig vorkommen. Bei mir gibt es ein Erbstueck in der die Silbermuenzen des Kaiserreiches aufbewahrt wurden. (Die Goldmuenzen wurden alle untertaenigst fuer Kriegsmittel abgegeben.) Ich finde diesen Beutel sehr praktisch fuer Muenzaufbewahrung. Auf ebay hat jemand so einen Beutel als Kutscherbeutel bezeichnet, aber so viele Kutscher kann es eigentlich garnicht gegeben haben.

Eine andere Art sind die Geldkatzen, die prinzipiell aus der Biedermeierzeit sein sollen, aber nicht die bunt dekorierten, die wohl spaetere Handarbeiten waren. Wenn man sich die richtige Nutzung wirklich fuer die Biedermeierzeit denkt, dann erscheinen mir die unpraktisch, weil hier in Deutschland eher Silber genutzt wurde und grosse Silbermuenzen fuer Geldkatzen eher zu gross sind. In frueheren Zeiten koennte ich mir die Geldkatzen aber gut als Transportbehaelter fuer Dukaten, Goldgulden, Pistolen und andere Goldmuenzen denken.

Die Kettentaeschchen sind huebsch handlich und man koennte Geld rein tun, aber mein Gefuehl sagt mir, dass es eher Handtaeschchen fuer die Dame auf Abendveranstaltungen waren.

Die Muenzspender sind in der Verwendung fuer mich am klarsten. Denen ist genau die Muenze und damit die Zeit zuordenbar. In D 10- und 20-Mark-Muenzen, in Grossbritannien Sovereigns und manchmal auch halbe. In LMU-Laendern 10- und 20-Francs-Stuecke. Mit den Goldmuenzen hat man dann auch gleich eine zeitliche Einordnung.

Das Thema ist fuer mich ziemlich diffus. Mit den aelteren Geldboersen sieht es dann noch dunkler fuer mich aus, bis man dann beim roemischen Ledergeldbeutel aus den Niederlanden ankommt.

Gute Nacht
kitty mea felis duodeviginti annos nata requiescat in pace. laeta gaudiumque meum erat. desiderio eius angor.

Rollentöter
Beiträge: 837
Registriert: Di 02.06.20 09:45
Hat sich bedankt: 425 Mal
Danksagung erhalten: 238 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von Rollentöter » Mi 09.06.21 10:50

Gute,

Vielleicht solltest du die "Mitnahmebehältnisse für Geld" (um es Mal allumfassend zu sagen) in drei Kategorien einteilen:
- nur für Münzen gedacht/geeigent
- nur für Geldscheine gedacht/geeignet
- die Kombiversion für beides.

Die Kombiversion stammt erst aus dem 19. Jh.

Die beiden anderen Versionen sind keine speziellen Erfindungen für Geld, sondern existierten für andere Sachen bereits vorher und wurden nur im Laufe der Zeit optimiert, angepasst bzw. weiterentwickelt. Echt Neuerfindung en wie "Münzspender' und Galoppwechsler sind da absolute Ausnahmen.
Gruß

Benutzeravatar
Wurzel
Moderator
Beiträge: 4291
Registriert: Mo 21.06.04 17:16
Wohnort: Wuppertal
Hat sich bedankt: 316 Mal
Danksagung erhalten: 460 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von Wurzel » Mi 09.06.21 10:55

Nicht zu vergessen die Geldbörse aus Zwiebelleder, für chronisch Klamme...
beim Blick hinein kommen einem sofort die Tränen

Spaß Beiseite:

gibt es Bildmaterial zu den historischen Geldbörsen?

LG

Micha
http://www.wuppertaler-muenzfreunde.de/

Benutzeravatar
Atalaya
Beiträge: 1066
Registriert: Mo 20.01.20 10:47
Wohnort: nördl. Harzvorland
Hat sich bedankt: 2180 Mal
Danksagung erhalten: 1502 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von Atalaya » Mi 09.06.21 11:04

Ist zwar schon älter, aber da gäbs was von Tyll Kroha:

Tyll Kroha, Von der Geldkatze zur Brieftasche, Das Fenster in der Halle der Kreissparkasse Köln 111, Mai 1981 (pdf-Datei).

Da sind überhaupt einige interessante Publikationen der geldgeschichtlichen Sammlung der Kreissparkasse Köln online.

Grüße,
Atalaya
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Atalaya für den Beitrag (Insgesamt 4):
Wurzel (Mi 09.06.21 11:09) • Erdnussbier (Mi 09.06.21 13:12) • Mynter (Do 10.06.21 09:45) • Numis-Student (Mi 30.06.21 21:36)
"...und noch heute ist es in Neapel höchst ergötzlich, die Münzen mit dem Kopfe Murats friedlich neben denen mit dem Kopfe Ferdinands im Gebrauch zu sehen."
Ferdinand Gregorovius, 1853

Benutzeravatar
Atalaya
Beiträge: 1066
Registriert: Mo 20.01.20 10:47
Wohnort: nördl. Harzvorland
Hat sich bedankt: 2180 Mal
Danksagung erhalten: 1502 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von Atalaya » Mi 09.06.21 15:11

cepasaccus hat geschrieben:
Mi 09.06.21 00:48
Es scheint aber niemanden wirklich zu interessieren.
Kann man jetzt eigentlich nicht sagen. :) Für Geldbörsen lohnt sich auch ein Blick in die Kunstgeschichte (mit weiterführender Literatur).
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Atalaya für den Beitrag:
LordLindsey (Mo 14.06.21 19:10)
"...und noch heute ist es in Neapel höchst ergötzlich, die Münzen mit dem Kopfe Murats friedlich neben denen mit dem Kopfe Ferdinands im Gebrauch zu sehen."
Ferdinand Gregorovius, 1853

Benutzeravatar
cepasaccus
Beiträge: 2493
Registriert: Di 04.03.08 12:14
Wohnort: Nürnberg
Hat sich bedankt: 22 Mal
Danksagung erhalten: 64 Mal
Kontaktdaten:

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von cepasaccus » So 13.06.21 18:50

Schon mal ein guter Anfang. Danke!
kitty mea felis duodeviginti annos nata requiescat in pace. laeta gaudiumque meum erat. desiderio eius angor.

LordLindsey
Beiträge: 251
Registriert: Sa 20.03.04 20:56
Hat sich bedankt: 41 Mal
Danksagung erhalten: 129 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von LordLindsey » So 13.06.21 22:14

So wie alles andere rund ums Geld stellen auch Geldbörsen einen Teil meiner Sammlung dar. Ich beschäftige mich schon länger damit, Standardliteratur gibt es natürlich nicht, aber die Aufsätze von tyll Kroha sind ein sehr guter Anfang.

Eine römische Geldbörse habe ich leider noch nicht. für die brakteaten brauchte man wohl spezielle Taschen, hab aber noch nie ein Bild gesehen. In der Neuzeit mit aufkommenden Handel wurden Geldbörsen dann wieder wichtig, und die ersten waren die Geldguertel. mit der industriellen Revolution wurde dann Geldbörse dann zum Massenartikel aus allen möglichen Werkstoffen in allen möglichen Formen.

Anbei die Exponate aus meiner Sammlung, fragen gerne :)
Dateianhänge
A571A089-1506-41E9-B88C-6642B4B34137.jpeg
Portemonnaie aus Silber und samt. 19. Jh
5B8CD6A7-F793-40A8-AC5E-7AC8C7F1EA6D.jpeg
Geldkatzen des 19. Jh
1755F842-FB36-4395-983E-D9E6D51CE5E6.jpeg
Doppel Geldbörsen für 1/6 Taler und Taler des 18. Jh.
CD237A2E-8FCA-47CB-B358-4B76F3D62F81.jpeg
Geldguertel und Klapp Bügel Tasche für Kaufleute und Soldaten im 17. und 18. Jh.
5DC578BB-B4A6-44B7-ADAE-9A25B8ECA9E4.jpeg
Geldbörsen des 19. und 20. Jahrhundert
Zuletzt geändert von LordLindsey am So 13.06.21 22:33, insgesamt 1-mal geändert.
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor LordLindsey für den Beitrag (Insgesamt 8):
ischbierra (So 13.06.21 22:37) • Erdnussbier (So 13.06.21 23:25) • mimach (Mo 14.06.21 11:46) • Chippi (Mo 14.06.21 18:54) • Numis-Student (Mi 30.06.21 21:38) • Atalaya (Do 01.07.21 07:37) • Steffl0815 (So 22.01.23 00:26) • didius (So 22.01.23 02:02)

LordLindsey
Beiträge: 251
Registriert: Sa 20.03.04 20:56
Hat sich bedankt: 41 Mal
Danksagung erhalten: 129 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von LordLindsey » So 13.06.21 22:29

cepasaccus hat geschrieben:
Mi 09.06.21 00:48

Wie ist das mit dem Fach in der Geldboerse, das mit so einem Hebel verschliessbar ist und irgendwo als Fach fuer Goldmuenzen deklariert wurde? Von wann sind diese Geldboersen? Ich tippe mal darauf, dass das Fach ganz allgemein fuer Muenzen war, weil diese aus allen anderen Faechern rauspurzeln wuerden. Die Geldboersen, die ich kenne, haben aber keine grossen Faecher. Bei ein paar 5-Mark-Muenzen wird das da schon eng.
Die ist auf meinem Foto mittig abgebildet, für die Scheine = Billets gibt es offenes Fach, Gold kommt ins verschlossene vordere Fach, Silber in das Große Hauptfach, die gefederten Lagerungen sind für die Kleinmuenzen. mit Stempel DRGM und OEST.PAT. ich schätze um 1900

LordLindsey
Beiträge: 251
Registriert: Sa 20.03.04 20:56
Hat sich bedankt: 41 Mal
Danksagung erhalten: 129 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von LordLindsey » So 13.06.21 22:31

cepasaccus hat geschrieben:
Mi 09.06.21 00:48
em Hebel

Die Kettentaeschchen sind huebsch handlich und man koennte Geld rein tun, aber mein Gefuehl sagt mir, dass es eher Handtaeschchen fuer die Dame auf Abendveranstaltungen waren.
Nein, das sind wirklich Geldbörsen. Die passenden Hand Täschchen sind größer

LordLindsey
Beiträge: 251
Registriert: Sa 20.03.04 20:56
Hat sich bedankt: 41 Mal
Danksagung erhalten: 129 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von LordLindsey » So 13.06.21 22:33

cepasaccus hat geschrieben:
Mi 09.06.21 00:48

Die Muenzspender sind in der Verwendung fuer mich am klarsten. Denen ist genau die Muenze und damit die Zeit zuordenbar. In D 10- und 20-Mark-Muenzen, in Grossbritannien Sovereigns und manchmal auch halbe. In LMU-Laendern 10- und 20-Francs-Stuecke. Mit den Goldmuenzen hat man dann auch gleich eine zeitliche Einordnung.

Gute Nacht
S. grosses Bild links für 10 und 20 mark Gold

Benutzeravatar
Numis-Student
Moderator
Beiträge: 20336
Registriert: Mi 20.02.08 22:12
Wohnort: Wien
Hat sich bedankt: 8861 Mal
Danksagung erhalten: 3499 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von Numis-Student » So 13.02.22 08:56

cepasaccus hat geschrieben:
Mi 09.06.21 00:48
Eine andere Art sind die Geldkatzen, die prinzipiell aus der Biedermeierzeit sein sollen, aber nicht die bunt dekorierten, die wohl spaetere Handarbeiten waren. Wenn man sich die richtige Nutzung wirklich fuer die Biedermeierzeit denkt, dann erscheinen mir die unpraktisch, weil hier in Deutschland eher Silber genutzt wurde und grosse Silbermuenzen fuer Geldkatzen eher zu gross sind.

Gute Nacht
Moin,

man muss dabei aber auch beachten, dass die Kaufkraft der Münzen damals deutlich höher war als heute.
Man wird also auf keinen Fall mehrere Großsilbermünzen (Taler) zum Markteinkauf oder ins Geschäft mitgenommen haben, sondern nur in etwa den erwarteten Bedarf. Heutzutage packt auch kaum jemand sein Bankguthaben von mehreren 1000€ in die Geldbörse, wenn er sich beim Aldi noch schnell eine Tiefkühlpizza holt. :wink:

Schöne Grüße
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

Benutzeravatar
tilos
Beiträge: 3550
Registriert: Di 21.08.07 17:47
Hat sich bedankt: 232 Mal
Danksagung erhalten: 463 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von tilos » Sa 21.01.23 19:36

Ich habe auch so einen kleinen "Münzspender" bei mir rumliegen und frage mich seitdem, welcherart Münzen hierin seinerzeit am ehesten aufbewahrt wurden. Ich tendierte bislang zu Kleingeld, bin mir aber nicht sicher, weil ich nun hier und auch "woanders" gelesen hatte, dass diese Dosen für Goldstücke vorgesehen waren.
In das kleine Fach passen Münzen mit max. etwa 17 mm, in das große mit etwa 20 mm Durchmesser.
Vielleicht könnt Ihr mir weiterhelfen. Interessant wäre auch zu wissen, aus welcher Zeit das Teil ist. Ich schätze so Anfang 20. Jahrhundert.

Gruß in die Runde
Tilos

geschlossen 400.jpg
innen 300.jpg
außen 300.jpg

Rollentöter
Beiträge: 837
Registriert: Di 02.06.20 09:45
Hat sich bedankt: 425 Mal
Danksagung erhalten: 238 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von Rollentöter » Sa 21.01.23 20:22

17 mm und 19,5 mm sind genau die Durchmesser der Deitschen Goldmünzen 5 und 10 Mark.

Britisches, LMU, Österreichisches, Amerikanisches und Russisches Gold gibt es nicht passend für beide Größen.

P.S.: Daher wurde das Teil vermutlich 1877/8 gefertigt sein.
Gruß

Benutzeravatar
tilos
Beiträge: 3550
Registriert: Di 21.08.07 17:47
Hat sich bedankt: 232 Mal
Danksagung erhalten: 463 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von tilos » So 22.01.23 00:19

Diese korrespondierenden Maße überzeugen mich, recht herzlichen Dank! Eins ist nur schade: Ich hatte die Illusion, diesen Münzspender mit etwas zeitgenössigem Kleingeld zu füllen, aber das würde ja nicht der tatsächlichen Verwendung entsprechen, isofern keinen rechten Sinn ergeben.

Beste Grüße
Tilos

Rollentöter
Beiträge: 837
Registriert: Di 02.06.20 09:45
Hat sich bedankt: 425 Mal
Danksagung erhalten: 238 Mal

Re: Geschichte der Geldboerse

Beitrag von Rollentöter » So 22.01.23 07:06

Wieso nicht.

Der Zeitraum der bestimmungshemäßen Verwendung der Dose war sowieso sehr kurz.
5 Mark ab 1877 geprägt kam beim Publikum nicht an und lief wohl schneller zurück als sie in Umlauf gebracht werden konnten. Nach Einstellung der Prägung 1878 !, waren sie praktisch sofort aus dem Umfaif verschwunden, wenn auch formal bis 1900 gültig.

Die Dose dürfte daher einerseits eine nicht allzu häufig Kurioität sein und zum anderen wohl für irgendeinen anderen Zweck oder mehrere Nacheinander benutz worden sein ("unnützes" wäre vermutlich nicht mit Gebrauchsspiren erhalten gebliben).

Nur welche Euro/Cent passen da rein?
Gruß

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Google [Bot] und 2 Gäste