Münze:
Denar der römischen Kaiserzeit 198/202 n.Chr.
Material: Silber
Durchmesser: 18mm
Gewicht: 2,81g
Münzstätte: Laodicea ad Mare, Syria
Provenienz: Pavlou Numismatist, London
Referenz: RIC IV Septimius Severus 501
Avers:
Zu sehen ist die nach rechts gerichtete Büste des Septimius Severus mit Lorbeerkranz. Die Inschrift lautet: L SEPT SEV AVG IMP XI PART MAX für Lucius Septimius Severus Augustus Imperator (zum elften Male) Parthicus Maximus.
Nach der Ermordung von Commodus Nachfolger Pertinax in Rom am 28. März 193 n.Chr. nutzte Lucius Septimius Severus die sich bietende Chance und ließ sich zwischen dem 09. und 15. April 193 n.Chr. von den pannonischen Truppen in Carnuntum zum Kaiser und damit zum Augustus ausrufen. Wahrscheinlich spielte die stationierte Legio XIV gemina eine besondere Rolle, da Severus allein für diese Legion zur Ehre auch Goldmünzen schlagen ließ. Wie bereits erwähnt, soll die Ausrufung zum Kaiser zwischen dem 09. Und 15. April erfolgt sein. Letzteres Datum könnte einen abergläubischen oder auch religiösen Hintergrund haben. So soll er die drei Tage von seinem Geburtstag (11. April) an bis zur Proklamation im Glauben an die glückbringende Wirkung der Dreizahl gewartet haben.
Seit dem Jahr 195 n.Chr. nannte sich Septimius Severus in der offiziellen Titulatur der Militärdiplome, in der Mehrzahl der Inschriften und Münzen, in dem er nicht aus bloßer Eitelkeit, sondern zur Einführung der göttlichen Verehrung des Kaiserhauses im Staate seine Adoption durch Marcus Aurelius offiziell verkündete: imperatoris Caesaris divi Marcus Antonini Pii Sarmatici Germanici filius, divi Commodi frater, divi Antonini Pii nepos, divi Hadriani pronepos, divi Traiani Parthici abnepos, divi Nervae adnepos Lucius Septimius Severus Pius Pertinax Augustus. Vor dem Jahr 195 n.Chr. fehlen die Bezeichnungen Pius und Pertinax ausnahmslos in der Titulatur.
Anfang 194 n.Chr. besiegte Septimius Severus seinen Rivalen Pescennius Niger bei Kyzikos, dann entscheidend am 31. März bei Issos. Anschließend verlor dieser auf der Flucht zu den Parthern seinen Kopf und damit sein Leben. Nun konnte sich Severus weiter dem Osten zuwenden. Im Jahr 195 n.Chr. (vor dem 28. August) erfolgte die dreimalige Annahme des Imperatorentitels durch die Siege über Osroene, Arabien und Adiabene. Der römische Senat zeichnete daraufhin Severus durch die Ehrennamen Adiabenicus, Arabicus und Parthicus aus, welche sich auf zahlreichen Münzen und Inschriften in den verschiedensten Kombinationen, wie PART ARAB und PART ADIAB, finden lassen. Die Verleihung des Titels Parthicus ist jedoch insofern merkwürdig, da doch Severus gar keinen Zug gegen die Parther unternommen hatte, und nur so zu verstehen ist, dass die Adiabener und mesopotamischen Araber Vasallen der Parther gewesen sind.
Im Herbst 197 n.Chr. unternahm der Kaiser seinen zweiten Feldzug gegen die Parther und Mesopotamien. Dabei eroberte er unter anderem Babylon, Seleukeia und Ktesiphon. Mit der Belagerung von Hatra scheiterte Septimius Severus jedoch zweimal, so dass später Friedensbedingungen ausgehandelt werden mussten. Durch den insgesamt erfolgreichen Feldzug nahm Septimius Severus Anfang des Jahres 198 n.Chr. den Beinamen „Parthicus Maximus“ an, welcher auch auf Münzen mit der Titulatur „PART MAX“ geprägt wurde. Diesen Titel hatte vor ihm nur Traian getragen, an dessen militärische Erfolge und Größe Septimius erinnern und somit für sich propagandieren wollte.
Im selben Jahr erhielt Septimius die elfte Akklamation zum Imperator durch den siegreichen Abschluss des Parther Feldzuges. Als Imperator bezeichnete man in der Römischen Republik ursprünglich den Träger einer militärischen Gewalt (imperium). Ab dem späten 3. Jahrhundert v.Chr. (Scipio Africanus) aber wurde die Bezeichnung zunehmend speziell für einen militärischen Kommandeur verwendet, den seine Soldaten nach einem Sieg zum Imperator ausgerufen hatten (Akklamation). Bei einem militärischen Erfolg ihrer Legionen erhielten die Kaiser, auch wenn sie persönlich nicht beteiligt waren, weiterhin die imperatorische Akklamation, die mit ihrer Zählung ebenfalls in der Titulatur erschien.
Den Titel Pius findet man, wie bei seinem Sohn Caracalla, das erste Mal 201 n.Chr. auf den Münzen des Septimius Severus. Der Titel Felix erscheint zwar offiziell, wie zum Beispiel auf dem berühmten Triumphbogen des Septimius Severus, auf Münzen sucht man ihn jedoch vergebens. Einer seiner letzten Ehrentitel erhielt der Kaiser neben Caracalla und seinem zweiten Sohn Geta im Jahr 210 n.Chr. durch die erfolgreichen Feldzüge in Britannien gegen die Kaledonier und Mäaten. Der vergebene Ehrentitel Britannicus findet sich ab diesem Zeitpunkt bis zum Ende der Münzprägung für Septimius Severus auf einigen Münzen mit der Legendeninschrift BRIT wieder.
Von Septimius Severus sind vier Bildnistypen überliefert. In der Gestaltung der beiden ersten ist eine klare Programmatik zu erkennen, anders als bei den beiden folgenden. Der erste Typus ist bis ins Jahr 196 n.Chr. gültig. Septimius Severus ist hier mit kräftig-gedrungenem Gesicht, leichten Gesichtsfalten und kürzerem, durch Bohrungen aufgelockertem Haar und Bart wiedergegeben. In seinem Erscheinungsbild ist er kaum von dem hier auf Clodius Albinus bezogenen Bildnis zu unterscheiden. Sicher war die Ähnlichkeit beabsichtigt und die Bildaussage dieselbe. Zugleich wurde die allzu enge Anlehnung an die überfeinerte Tradition der Antoninen gemieden, wie sie Didius Julianus vertreten hatte.
Dann aber, in der schwelenden Auseinandersetzung mit Clodius Albinus und den damit einhergehenden Legitimationsproblemen, suchte Severus symbolisch den Rückhalt im antoninischen Kaiserhaus. Seit 195 n.Chr. propagierte er seine Abstammung von den Antoninen bzw. seine Adoption in dieses Kaiserhaus. Haar und Bart sind bei diesem Typus wesentlich üppiger und länger als vorher. Das Haar wölbt sich an den Schläfen in großen Schwüngen nach außen, nur in der Mitte sitzen einige kleine kurze Locken. Alle Falten sind aus dem Gesicht getilgt. Bis auf die kurzen Locken in der Stirnmitte sind damit die charakteristischen Züge des letzten Typus des Marc Aurel wiederholt. Auf den Münzen ist der Typenwandel im Jahr 196/197 n.Chr. zu beobachten.
Ein neuer Bildnistypus des Kaisers, der nur wenige Jahre später entstand, ist aus dem Typus des Jahres 196/197 n.Chr. entwickelt, mit einer auffallenden Veränderung. An die Stelle der kurzen Löckchen in der Stirnmitte treten vier lang herabhängende Locken. Diese können gewellt sein, es können aber auch richtige Korkenzieherlocken sein. Dieser Typus ist seit ca. 200 n.Chr. auf Münzen gut erkennbar. Die Forschung hat in den Stirnlocken lange eine Nachahmung der Stirnlocken des graeco-ägyptischen Gottes Sarapis sehen wollen. Deshalb wird der Typus gern als „Sarapistypus“ bezeichnet. Septimius soll den Gott auf einer Reise nach Ägypten in den Jahren um 200 n.Chr. besonders schätzen gelernt haben, sein Sohn Caracalla hat ihm später in Rom einen aufwendigen Tempel errichtet. Doch ist diese Vermutung inzwischen mit guten Gründen in Frage gestellt und vorgeschlagen worden, in der Frisur eine auch sonst verbreitete Modefrisur zu sehen.
In einem späteren Typus, der auf dem nach 204 n.Chr. zu datierenden Ehrenbogen für Septimius Severus in seiner Heimat Leptis Magna erscheint, hat Septimius Severus einen längeren, aber weniger voluminösen Bart und sehr kurz geschnittenes Haar, das zungenförmig ins Gesicht gekämmt ist und dem Kopf eng anliegt. Nach den retardierenden Rückgriffen auf die antoninische Tradition scheint Severus sich damit der schon lange beliebten und programmatisch von seinen Söhnen getragenen Kurzhaarmode der Zeit anzunähern.
Revers:
Zu sehen ist die nach links stehende Personifikation der Annona. Der rechte Fuß ist auf einem Bug abgestützt, in der linken Hand hält sie ein Cornucopia (Füllhorn) und in der rechten Hand Kornähren. Die Inschrift lautet: ANNONAE AVGG für Annonae Augustorum (die Getreideversorgung der Kaiser).
Annona stellte die römische Personifikation des segenspendenden Jahresertrages bei Lebensmitteln, allen voran des Getreides, dar. Der Name leitet sich von lat. annus (Jahr) her und meint damit den jährlichen Ertrag nicht nur direkt von Feldfrüchten (Getreide), sondern auch von Veredelungen (z.B. Wein) oder tierischen Produkten (etwa Milch). Im weiteren beinhaltete annona auch die über das Meer erfolgten Getreidelieferungen (speziell nach Rom, aber auch an andere Städte) und ganz im Sinne einer entwickelten Wirtschaft den gerechten Marktpreis. Dieser bedurfte abgesehen vom Mechanismus von Angebot und Nachfrage einer besonderen cura (Fürsorge) der Regierenden (in der Republik der Aedilen, später der Kaiser), damit die Grundversorgung gewährleistet blieb. In der Spätantike erlangte neben der annona civica (Getreideversorgung der Städte und Provinzen) auch die annona militaris an Bedeutung, bei der es um die Naturalversorgung der Armee und der Beamten ging.
Als Personifikation erschien sie gerne auf Münzen von Nero bis Carus, in der eine ausreichende Versorgung der stadtrömischen Bevölkerung mit Lebensmittel eben eine der wichtigsten Aufgaben der Kaiser war. Demzufolge eignete sie sich besonders für Propagandazwecke auf Münzen. In religiösem Handeln wandte man sich an Annona um reichen Ertrag, den sicheren Transport der Ernte und den erwähnten gerechten Preis.
Von der Gestalt her dachte man sich Annona als weibliche Person mit langem Kleid, jedoch mit entblößtem rechtem Arm und Schulter. In ihrer rechten Hand hielt sie ein Ährenbündel, in ihrer Linken ein Füllhorn. Hinzu konnten noch ein modius (Getreidemessscheffel), Fruchtkorb (wenn es nicht vordergründig um Getreide ging), Anker, Rammsporn oder Steuerruder (diese drei zur Repräsentation der transmarinen Verschiffung) treten. Um die Herkunft der Nahrungsmittel zu verdeutlichen, gab man Annona die Personifikation des jeweiligen Landes bei (z.B. Africa oder Aegyptus). Aus der Zeit des Kaisers Hadrianus ist als Attribut noch ein Kornspeicher mit der Aufschrift ANNONA bekannt geworden.
Die Attribute stellen eine Vermengung jener der Ceres als Göttin des Landbaues und der Fortuna als für Transporte zuständige Gottheit dar. Eine Kultnähe bestand zudem zu Mercurius, dem Gott des Handels und damit der Warenanlieferung. So erwähnt der Historiker Livius, dass der die Weihe des Merkurtempels vollzog, auch der Getreideversorgung vorstehen sollte.
Ikonografisch ist Annona von den Göttinnen Ceres oder Abundantia nur schwer zu unterscheiden, mit denen sie Attribute wie Kornähre oder Füllhorn teilt. Die hier geprägte Legendeninschrift ANNONAE AVGG vereinfacht die Identifikation natürlich. Auf diesem Denar stützt Annona zusätzlich den rechten Fuß auf einem Schiffsbug ab. Dies ist ein Verweis darauf, dass die Hauptstadt des Römischen Reiches zu dieser Zeit längst nicht mehr in der Lage war, sich allein aus dem unmittelbaren Umland zu versorgen, sondern auf Getreidelieferungen angewiesen blieb, die mit Schiffen aus den Provinzen des südlichen Mittelmeerraums nach Rom eingeführt wurden.
Annona symbolisierte neben Reichtum und Überfluss des Römischen Reiches vor allem die Fähigkeit des Herrschers, sein Volk zu versorgen. So wurde sie in der Propaganda fast aller Kaiser verwendet und, wie auf diesem Denar, mit dem Zusatz AVGG versehen, um zu unterstreichen, wem die Getreideversorgung zu verdanken war. In diesem Fall dem Kaiser Septimius Severus und seinem Sohn und Mitkaiser Caracalla.
Hintergrund:
Cura Annonae war der Begriff, der im alten Rom zu Ehren der Annona verwendet wurde, um den Import und die Verteilung von Getreide an die Bewohner der Stadt Rom zu beschreiben. Rom importierte den größten Teil des von seiner Bevölkerung konsumierten Getreides, das im zweiten Jahrhundert n.Chr. auf eine Million Menschen geschätzt wurde. Etwa 200.000 der ärmeren Einwohner der Stadt Rom erhielten von der Regierung eine Verteilung subventioniertes oder freies Getreide und später Brot zur Verfügung – ein frühes und langlebiges Beispiel für ein soziales Sicherheitsnetz.
Eine regelmäßige und vorhersehbare Versorgung mit Getreide und Getreide war Teil der Strategie der römischen Führung, die Ruhe einer unruhigen Stadtbevölkerung aufrechtzuerhalten, indem sie mit dem versorgt wurde, was der Dichter Decimus Iunius Iuvenalis sarkastisch „Panem et circenses“ nannte. Im Jahr 22 n.Chr. sagte der Kaiser Tiberius, dass die Cura Annonae, wenn sie vernachlässigt würde, „der völlige Ruin des Staates“ wäre.
Die wichtigsten Getreidequellen, hauptsächlich Hartweizen, waren Ägypten, Nordafrica und Sizilien. Die Logistik, um das Getreide auf dem Seeweg von diesen Orten nach Rom zu transportieren, erforderte viele hundert Schiffe, von denen einige sehr groß waren. Zudem erforderte es ein umfangreiches System, um das Getreide zu sammeln und innerhalb Roms selbst wiederum zu verteilen. Die archäologischen Aufzeichnungen des Getreidehandels sind aufgrund der Verderblichkeit des Getreides, die den Archäologen den Nachweis erschwert hat, spärlich.
Gegen 200 v.Chr. wurde das meiste Getreide von Sizilien und Sardinien nach Rom verschifft. Im ersten Jahrhundert v.Chr. waren die drei Hauptweizenquellen Sardinien, Sizilien und Nordafrica. Mit der Eingliederung Ägyptens in das Römische Reich und der Herrschaft des Kaisers Augustus wurde Ägypten zur Hauptversorgungsquelle für Rom. In den 70er Jahren n.Chr. behauptete der Historiker Flavius Iosephus, Africa habe Rom acht Monate im Jahr und Ägypten nur vier Monate lang ernährt. Obwohl diese Aussage Getreidelieferungen aus Sizilien ignorieren und die Bedeutung Africas überschätzen mag, gibt es unter Historikern kaum Zweifel, dass Africa und Ägypten die wichtigsten Getreidequellen für Rom waren. Um sicherzustellen, dass die Getreideversorgung für Rom angemessen ist, ließ Gracchus im zweiten Jahrhundert v.Chr. rund 6.000 Kolonisten in der Nähe von Karthago nieder und gab ihnen jeweils etwa 25 Hektar für den Getreideanbau.
Die Schifffahrtswege, die Rom mit seinen Getreideversorgungszentren verbanden, hatten strategische Bedeutung. Wer auch immer die Getreideversorgung kontrollierte, hatte ein wichtiges Maß an Kontrolle über die Stadt Rom. Die Lieferung von Getreide nach Rom war für die Römer eine wichtige Schifffahrts- und Verwaltungsaufgabe. Es war nicht möglich, Roms Bedürfnisse per Landtransport zu decken. Es sei „billiger, Getreide auf dem Seeweg von einem Ende des Mittelmeers zum anderen zu transportieren, als es etwa 75 Meilen auf dem Landweg zu befördern.“ (Rickman). Daher war eine große Flotte seetüchtiger Getreideschiffe erforderlich, um Getreide aus dem relativ nahe gelegenen Sizilien und Sardinien, dem weiter entfernten Nordafrica und dem viel weiter entfernten Ägypten zu bringen.
Hunderte oder gar tausende Schiffe waren erforderlich, um Getreide nach Rom zu transportieren. Die Regierung von Rom ermutigte den Bau großer Schiffe für den Getreidetransport. Einige hatten eine Kapazität von 50.000 Modi (350 Tonnen) oder sogar mehr. Schiffe mit viel größerer Kapazität werden bei Lucian und in der Apostelgeschichte erwähnt. Der Getreidetransport war mit besonderen Problemen verbunden. Das Getreide muss kühl und trocken gehalten werden, um das Keimen und den Befall von Schädlingen und Schimmelpilzen zu verhindern und um zu verhindern, dass es sich im Laderaum des Schiffes hin und her bewegt, was die Seetüchtigkeit des Transportschiffs beeinträchtigen könnte. Nasses Getreide konnte das Schiff versenken, indem es die Planken des Rumpfes ausdehnte und spaltete. Lucian beschrieb ein sehr großes Getreideschiff, das im Hafen von Piräus Zuflucht gesucht hatte. Die Isis war rund 55 Meter lang, vom Deck bis zum Boden des Frachtraums waren es 13 Meter. Casson errechnete eine Ladekapazität von etwa 1200 bis 1300 Tonnen Getreide – eine Schätzung, die allerdings nicht durch archäologische Funde verifiziert wurde. Die Getreideschiffe wurden ausschließlich von Segeln angetrieben und nicht wie römische Kriegsschiffe von Rudererbänken. Die am Getreidehandel beteiligten Schiffe befanden sich in Privatbesitz. Die römische Regierung stellte Subventionen und Steuerausschlüsse zur Verfügung, um den Schiffbau und den Getreidehandel zu fördern. Sie ging auch das Risiko der jeweiligen Schifffahrt ein, indem sie den Schiffseignern eine Form der Versicherung anbot.
Die Stadt Rom wuchs in den Jahrhunderten der Römischen Republik und des Römischen Reiches schnell und erreichte im zweiten Jahrhundert n.Chr. eine Bevölkerung von fast einer Million. Die Bevölkerung der Stadt überstieg dabei die Kapazität der nahen gelegenen ländlichen Gebiete hinaus, so dass der Nahrungsmittelbedarf der Stadt so hieraus nicht mehr zu decken war. Neben der Notwendigkeit kommerzieller Getreideimporte nach Rom wurde freies oder subventioniertes Getreide zu einem großen Prozentsatz der römischen Bevölkerung verteilt. Die Verteilung im frühen Römischen Reich macht schätzungsweise 15 bis 33 Prozent des gesamten in Rom importierten und konsumierten Getreides aus.
In den frühen Jahrhunderten der Republik intervenierte die römische Regierung sporadisch, um freies oder subventioniertes Getreide an ihre Bevölkerung zu verteilen. Die regelmäßige Verteilung begann 123 v.Chr. mit einem von Gaius Gracchus vorgeschlagenen und von der römischen Volksversammlung genehmigten Getreidegesetz. Erwachsene männliche Staatsbürger (älter 14 Jahre) aus Rom waren berechtigt monatlich bis zu 5 modii (etwa 33kg) Getreide zu einem Preis unter dem Marktpreis zu kaufen. Ungefähr 40.000 erwachsene Männer waren zu dieser Zeit für das Getreide berechtigt. In den Jahren 62 und 58 v.Chr. wurde die Zahl, der für Getreide in Frage kommenden Römer erhöht und das Getreide für die Empfänger frei. Die Zahl derer, die freies oder subventioniertes Getreide erhielten, stieg auf geschätzte 320.000, bevor sie von Iulius Caesar auf 150.000 reduziert und von Augustus auf 200.000 festgelegt wurde, eine Zahl, die bis zum Ende des Weströmischen Reiches mehr oder weniger stabil blieb.
Im 3. Jahrhundert n.Chr. wurde die Getreidespende durch Brot ersetzt, wahrscheinlich während der Regierungszeit von Septimius Severus. Severus begann auch, die Bewohner Roms mit Olivenöl zu versorgen. Später befahl Kaiser Aurelian die Verteilung von Wein und Schweinefleisch. Die Verteilung von Brot, Olivenöl, Wein und Schweinefleisch hielten offenbar bis zum Ende des Weströmischen Reiches im Jahr 476 n.Chr. an, obwohl der Bevölkerungsrückgang der Stadt Rom den Bedarf an Nahrungsmitteln verringerte.
Zu Brot gemachtes Getreide war bei weitem das wichtigste Element in der römischen Ernährung. Mehrere Wissenschaftler haben versucht, die Gesamtmenge an Getreide zu berechnen, die zur Versorgung der Stadt Rom benötigt wurde. Rickman schätzte, dass Rom pro Jahr etwa 40 Millionen modii (200.000 Tonnen) Getreide brauchte, um die Bevölkerung zu ernähren. Erdkamp schätzte die benötigte Menge auf mindestens 150.000 Tonnen und rechnete damit, dass jeder Einwohner der Stadt 200 Kilogramm Getreide pro Jahr konsumierte. Die bei der Berechnung dieser Schätzungen angenommene Gesamtbevölkerung Roms lag zwischen 750.000 und einer Million Menschen. David Mattingly und Gregory Aldrete schätzten die Menge an importiertem Getreide auf 237.000 Tonnen für 1 Million Einwohner. Diese Getreidemenge würde täglich knapp über 2.000 Kalorien pro Person liefern, ohne andere Lebensmittel wie Fleisch, Meeresfrüchte, Obst, Hülsenfrüchte, Gemüse und Milchprodukte mit einzurechnen. Die Historia Augusta gibt an, dass Septimius Severus 27 Millionen modii in Rom lagern ließ, genug für 800.000 Einwohner für 225 Kilogramm Brot pro Person und Jahr.
Quellen:
* Wikipedia: Septimius Severus
* Wikipedia: Cura Annonae
* Sonja Hommen: Annona
* Wikipedia: Laodikeia, Latakia
* Imperium-Romanum.com: Annona
* Archäologisches Institut Göttingen: Porträttypen römischer Kaiser
Blog:
https://roma-aeterna.de/roemische-kaise ... _pertinax/
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Ja ich habe das Exemplar "eben" auch in den Laodicea Thread gepostet. Da ich aber die Zahlen des Molochs "Rom" so faszinierend finde - habe ich das was ich bisher zusammen tragen konnte nochmals hier im eigenen Thread (und Blog) rein kopiert. Faszinierend was so Rom an einem Tag, in einem Monat oder in einem ganzen Jahr benötigte und einfach verschlang! Rom der lebende Moloch! Und welch Leistung, dass man über die Jahrhunderte hinweg recht zuverlässig diese Masse versorgen konnte (natürlich gab es immer wieder Engpässe, Hungersnöte und viele Tote) - aber im Gro konnten die Verantwortlichen diese Massen doch stemmen - welch Leistung!