Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

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Basti aus Berlin
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Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von Basti aus Berlin » Sa 24.12.22 01:03

Hey Leute

Habe Lot Schüsselpfennige getauscht. Stimmt das im Titel geschriebene? Mainz/Erfurt?

LG
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friedberg
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von friedberg » Sa 24.12.22 01:30

Hallo,

das sollte sein: Kurmainz, Johann Adam von Bicken 1601 - 1604, Schüsselpfennig ohne Jahr,
I A über geviertem Wappen Kurmainz - v. Bicken, Sammlung Walther 222.

https://www.acsearch.info/search.html?id=7886053
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Adam_von_Bicken
https://de.wikipedia.org/wiki/Bicken_(Adelsgeschlecht)

Für Kurmainz gibt es bis heute keine Standardliteratur, da hat sich nie jemand ran getraut.
Zitiert wird bei dem Gebiet immer noch nach der umfangreichen Sammlung Walther.

Mit freundlichen Grüßen
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von Basti aus Berlin » Sa 24.12.22 08:12

Das ist sehr lieb von dir. Danke dafür. Schöne Weihnachtsfeiertage dir 😊
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von Basti aus Berlin » Sa 24.12.22 08:25

Unabhängig davon frage ich mich manchmal, wie es so weit abgelegenen kleinen katholischen Posten, wie Lübeck, Erfurt, Hildesheim oder Fulda, gelang zu überleben. Die waren umgeben von mächtigen, riesigen evangelischen Flächenstaaten Hannover, Dänemark, Brandenburg. Da war doch sicher selbst die Bevölkerung evangelisch. Und zwischen Reformation und dem Untergang 1803 waren es 300 Jahre. Das habe ich nie verstanden.
Zuletzt geändert von Basti aus Berlin am Sa 24.12.22 09:42, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von friedberg » Sa 24.12.22 09:18

Hallo Basti,
Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 08:25
Unabhängig davon frage ich mich manchmal, wie es so weit abgelegenen kleinen katholischen Posten, wie Lübeck, Erfurt, Hildesheim oder Fulda gelang zu überleben
Kurmainz der altdeutsche Staat der Deinen Schüsselpfennig geprägt hat ist eine "andere Hausnummer"
als die obigen von Dir genannten geistlichen katholischen Territorien !

https://de.wikipedia.org/wiki/Kurmainz# ... n_im_Reich

Der Mainzer Kurfürst war Vorsitzender des Kurfürstenkollegiums sowie Erzkanzler für den
deutschen Teil des Heiligen Römischen Reiches. Im Rahmen der damaligen ständischen Ordnung
der Gesellschaft war er nach dem Kaiser in Wien die "Nummer Eins", der Adlige mit dem
höchsten Rang im Reich.

Seine militärische Macht war eher Mittelmaß aber wirtschaftlich stand er ausgezeichnet dar.
In einer streng nach Rang und Ansehen geordneten Gesellschaft war er die "Nummer Eins"
innerhalb der verschiedenen Glieder des Reiches (abgesehen vom Kaiser selbst).


Was das "Überleben" der anderen obigen von Dir genannten geistlichen Territorien angeht
kann man sagen das die territoriale Integrität mit dem Westfälischen Frieden von 1648
festgeschrieben / zementiert war: https://de.wikipedia.org/wiki/Westf%C3%A4lischer_Friede
Braunschweig - Hannover hätte das Bistum Hildesheim als Beispiel nicht einfach "schlucken"
können weil das dann die einmal in Münster und Osnabrück mühsam ausgehandelten
Machtverhältnisse durcheinander gebracht hätte und wieder letztendlich zu einem umfassenden
Krieg innerhalb des Reiches geführt hätte.

Der Westfälische Friede sicherte die Existenz jedes noch so kleinen Gliedstaats und
der Kaiser in Wien sowie Frankreich / Schweden als ausländische Garantiemächte
sicherten das ganze ab.

Nehmen wir mein "Burg Friedberg" als Beispiel. Winzig klein und völlig unbedeutend.
Umgeben von mächtigen Staaten wie Hessen - Kassel / Darmstadt aber die Bedingungen
des Westfälischen Friedens sicherten seine bloße staatliche Existenz bis zum Ende
des alten Reiches 1803.

Mit freundlichen Grüßen
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von Basti aus Berlin » Sa 24.12.22 09:51

Interessant, was du erzählst. Nur sind die Bistümer Bremen an Schweden und Magdeburg an Brandenburg gefallen. Darum fragte ich.

Dann noch ein Gedanke: Die Hansestädte waren Liberal und in Hamburg und Bremen herrschte Kontakt bis Amerika und Indien. Da musste der Fürstbischoff von Lübeck sicher einen extrem liberalen Kurs fahren um bei den evangelischen Nachbarn nicht in Ungnade zu fallen. Wenn Fernhandel herrscht, Leute aller Art am Hafen Handel treiben und auch Juden und Frauen akzeptiert sind ... Dann verliert doch der abgrundtiefe Katholizismus von Eichstätt, Bamberg, Ellwangen usw. jegliche Legitimation. Das habe ich nie verstanden. Da ist doch nicht ein Funken Gemeinsamkeit.
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von friedberg » Sa 24.12.22 10:32

Hallo Basti,
Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 09:51
Die beiden Fürstbistümer Bremen und Magdeburg wurden verweltlicht und sind an Schweden und Brandenburg gefallen.
hier muss ich leider ein klein wenig ausgreifen um den Sachverhalt für die beiden oben genannten
Territorien wirklich zu erklären.

Der vorhergehende Dreißigjährige Krieg unterteilt sich selbst in verschiedene zeitliche Abschnitte.
- Böhmisch - pfälzischer Kriegsverlauf 1618 - 1623
- Niedersächsisch - Dänischer Kriegsverlauf 1625 - 1629
Im Jahr 1629 erreichte die kaiserlich (katholische) Macht im Reich ihren Höhepunkt.
Alle anderen Kriegsteilnehmer (Mächte) waren zwischenzeitlich durch den Kaiser und seine
Unterstützer seitens der katholischen Liga besiegt worden.
Der Kaiser und die katholische Seite wollten die Gunst der Stunde nunmehr nutzen
und die jenigen geistlichen (katholischen) Territorien die seit 1552 in weltlichen Besitz
evangelischer und katholischer Reichsstände (Staaten) übergegangen waren wieder herstellen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Restitutionsedikt

Das hätte einen massiven Machtzuwachs für den Kaiser und einen ebenso massiven Machtverlust
für die evangelischen weltlichen Reichsstände bedeuted !
Zusätzlich war es selbst den katholischen weltlichen Reichsständen wie dem Herzogtum Bayern
unheimlich das der Kaiser in Wien schlussendlich damit derartig viel Machtzuwachs erlangen würde.

Im Ergebnis setzte die evangelische Seite dem Vorhaben erbitterten Wiederstand entgegen
und auch "Bayern" torpedierte das ganze Vorhaben.

Der damalige Kaiser Ferdinand II überspannte schlicht weg den Rahmen des möglichen
und bestand starrsinnig auf seinen Forderungen.

Das ganze "Restitutionsedikt" betraf insbesondere die Rückgabe der beiden Fürstbistümer
Bremen - Verden und Magdeburg sowie weiterer Bistümer und hunderte Klöster.

Als man 1648 in den Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück dann endlich
"alle unter einen Hut" bringen wollte erkannte man das gerade die Rückgabe der beiden
oben genannten Fürstbistümer unmöglich war und den Krieg nur wieder verlängert hätte.
Aus diesem Grund standen die beiden genannten Bistümer 1648 allein auf weiter Flur.

T'schuldigung wenn ich ein wenig ausgegriffen habe aber anders ist der Sachverhalt
Bremen - Verden und Magdeburg schlicht nicht erklärbar.

Bei offenen Fragen nur zu und ansonsten mit freundlichen Grüßen

P.S.: ich sehe gerade das Du Deine Frage zwischenzeitlich verändert hast, meine Antwort
steht nun ein wenig verloren im Raum ... .
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von friedberg » Sa 24.12.22 10:44

Hallo Basti,
Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 09:51
Nur sind die Bistümer Bremen an Schweden und Magdeburg an Brandenburg gefallen
Schweden konzentrierte sich machtpolitisch auf die Enden der großen Flüsse.
Die Weser mündet hinter Bremen - Verden in die Nordsee. Da waren dann
Zölle / Einnahmen abgreifbar und darum war Schweden "scharf" auf Bremen - Verden.

Magdeburg viel als Kompensation an Kurbrandenburg. Eigentlich hätte nach dem
Aussterben der einheimischen Dynastie in Pommern ganz Pommern an Kurbrandenburg
erbrechtlich fallen sollen. Hier das gleiche Schauspiel ! Schweden hatte vorrangig
Interesse an den Flussläufen (siehe oben) und verhinderte das Kurbrandenburg das
Ende der Oder in Pommern vollumfänglich in Besitz bekam !
Ausgleich für Kurbrandenburg war dann unter anderem Magdeburg, vereinfacht !


Die Reichsstätte / Hansestätte waren mehrheitlich zwar evangelisch und "liberal"
aber auch hier gilt, ihre stattliche Existenz / Integrität sicherte vorrangig
der Kaiser in Wien ! Sie standen politisch mehr oder weniger auf "des Kaiser Seite", vereinfacht.
Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 09:51
Die Hansestädte waren Liberal und in Hamburg und Bremen herrschte Kontakt bis Amerika und Indien
Mit freundlichen Grüßen

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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von Basti aus Berlin » Sa 24.12.22 10:54

Nur Rechtschreibfehler. So Wörter, wie "Fürstbistum" oder "Verweltlichung" werden nicht erkannt. Wir denken in anderen Sphären 😋

Von den schwedischen Besatzungsausgaben im Reich habe ich gar nicht so viel. Die Pfennige, Groschen und Pölker, auch 1/6 Taler gehen noch, aber Gulden, Taler und Dukaten sind unbezahlbar. Dabei sind die von Bremen-Verden so wunderschön 😰
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von friedberg » Sa 24.12.22 11:19

Hallo Basti,
Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 10:54
aber Gulden, Taler und Dukaten sind unbezahlbar
nun die betreffenden Stücke haben halt neben ihrem numismatischen Wert
auch einen teils enormen Handelswert / Kaufpreis.
Unterlieg bitte nicht der falschen Einschätzung, ich bin selbst von Beruf
auch "nur" ein ganz kleiner einfacher Kfz.-Elektriker: :D
dj.jpg
Glaub mal ja das ich da auch kein Vermögen mit verdiene und mir auch
überlegen muss was ich wofür ausgebe und was ich mir im Zweifel
anderweitig sparen muss um mir eine betreffende Münze überhaupt
kaufen zu können.

Aber zurück zum Thema, Eingangs hast Du von einem Lot Schüsselpfennige
geschrieben, magst Du die anderen Stücke auch noch hier zeigen ?

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von KarlAntonMartini » Sa 24.12.22 11:56

Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 09:51
Interessant, was du erzählst. Nur sind die Bistümer Bremen an Schweden und Magdeburg an Brandenburg gefallen. Darum fragte ich.

Dann noch ein Gedanke: Die Hansestädte waren Liberal und in Hamburg und Bremen herrschte Kontakt bis Amerika und Indien. Da musste der Fürstbischoff von Lübeck sicher einen extrem liberalen Kurs fahren um bei den evangelischen Nachbarn nicht in Ungnade zu fallen. Wenn Fernhandel herrscht, Leute aller Art am Hafen Handel treiben und auch Juden und Frauen akzeptiert sind ... Dann verliert doch der abgrundtiefe Katholizismus von Eichstätt, Bamberg, Ellwangen usw. jegliche Legitimation. Das habe ich nie verstanden. Da ist doch nicht ein Funken Gemeinsamkeit.
Was meinst Du mit "abgrundtiefem" Katholizismus. Gerade in der kulturvollen Barockzeit galt der populäre Satz "Unterm Krummstab ist gut leben". Die Sozialordnung in den katholischen Kleinstaaten war relativ egalitär, oben dran stand der Fürstbischof, der aus dem kleinen Landadel stammte, dann gab es ein Handels- und Ackerbürgertum (Großbürgertum war ganz selten, in Bamberg nur Böttinger) und auf dem Land die freien Bauern. Die Steuerlast war gering und in Friedenszeiten hatten die Leute ein gutes Auskommen. Die Evangelischen aus den oft ritterschaftlichen Nachbardörfern ließ man in Ruhe, bis ins späte 19. Jahrhundert auch die wenigen Juden. Kinder zu haben war wichtig, deshalb heirateten die Bräute meist schon schwanger. Also im Verhältnis zu heute finde ich das gar nicht so schlecht. - Und schau mal auf die andere Seite des Fernhandels: Indien, China etc.: Die blieben in großer Breite bei ihren angestammten Religionen, obwohl sie die technologische Überlegenheit des Westens natürlich mitbekamen. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von Steffl0815 » Sa 24.12.22 12:20

Ich denke, das auch früher schon viele Menschen an der katholischen Kirche starke Zweifel hatten, nur hat sich das halt keiner sagen trauen. Ist ja auch bisschen problematisch wenn man im Fall der Fälle auf dem Scheiterhaufen landen könnte ;-)

MfG Stefan
Angesichts der Tatsache, dass die Menschheit nicht fähig ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, dürfen wir uns in Zukunft keine Fehler mehr leisten.
– Ernst Ferstl-

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Basti aus Berlin
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von Basti aus Berlin » Sa 24.12.22 12:33

KarlAntonMartini hat geschrieben:
Sa 24.12.22 11:56
Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 09:51
Interessant, was du erzählst. Nur sind die Bistümer Bremen an Schweden und Magdeburg an Brandenburg gefallen. Darum fragte ich.

Dann noch ein Gedanke: Die Hansestädte waren Liberal und in Hamburg und Bremen herrschte Kontakt bis Amerika und Indien. Da musste der Fürstbischoff von Lübeck sicher einen extrem liberalen Kurs fahren um bei den evangelischen Nachbarn nicht in Ungnade zu fallen. Wenn Fernhandel herrscht, Leute aller Art am Hafen Handel treiben und auch Juden und Frauen akzeptiert sind ... Dann verliert doch der abgrundtiefe Katholizismus von Eichstätt, Bamberg, Ellwangen usw. jegliche Legitimation. Das habe ich nie verstanden. Da ist doch nicht ein Funken Gemeinsamkeit.
Was meinst Du mit "abgrundtiefem" Katholizismus. Gerade in der kulturvollen Barockzeit galt der populäre Satz "Unterm Krummstab ist gut leben". Die Sozialordnung in den katholischen Kleinstaaten war relativ egalitär, oben dran stand der Fürstbischof, der aus dem kleinen Landadel stammte, dann gab es ein Handels- und Ackerbürgertum (Großbürgertum war ganz selten, in Bamberg nur Böttinger) und auf dem Land die freien Bauern. Die Steuerlast war gering und in Friedenszeiten hatten die Leute ein gutes Auskommen. Die Evangelischen aus den oft ritterschaftlichen Nachbardörfern ließ man in Ruhe, bis ins späte 19. Jahrhundert auch die wenigen Juden. Kinder zu haben war wichtig, deshalb heirateten die Bräute meist schon schwanger. Also im Verhältnis zu heute finde ich das gar nicht so schlecht. - Und schau mal auf die andere Seite des Fernhandels: Indien, China etc.: Die blieben in großer Breite bei ihren angestammten Religionen, obwohl sie die technologische Überlegenheit des Westens natürlich mitbekamen. Grüße, KarlAntonMartini
Soll jetzt nichts politische Gehen. Nur sehe ich das durch eine andere Perspektive. Also Grundschüler bin ich in Treptow auf die Bouchégrundschule gegangen. Und wer war das? Ein Botaniker, Hugenotte. 1685 kamen 20.000 nach Brandenburg. 1732 kamen 40.000 aus Salzburg. Eins zu eins der selbe Hintergrund. Die großen Städte Mainz, Köln, Trier bzw. München, Eichstätt oder Freising lagen auf dem Weg, dort wollten sie, aus welchem Grund auch immer, nicht bleiben.
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von KarlAntonMartini » Sa 24.12.22 14:48

Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 12:33
KarlAntonMartini hat geschrieben:
Sa 24.12.22 11:56
Basti aus Berlin hat geschrieben:
Sa 24.12.22 09:51
Interessant, was du erzählst. Nur sind die Bistümer Bremen an Schweden und Magdeburg an Brandenburg gefallen. Darum fragte ich.

Dann noch ein Gedanke: Die Hansestädte waren Liberal und in Hamburg und Bremen herrschte Kontakt bis Amerika und Indien. Da musste der Fürstbischoff von Lübeck sicher einen extrem liberalen Kurs fahren um bei den evangelischen Nachbarn nicht in Ungnade zu fallen. Wenn Fernhandel herrscht, Leute aller Art am Hafen Handel treiben und auch Juden und Frauen akzeptiert sind ... Dann verliert doch der abgrundtiefe Katholizismus von Eichstätt, Bamberg, Ellwangen usw. jegliche Legitimation. Das habe ich nie verstanden. Da ist doch nicht ein Funken Gemeinsamkeit.
Was meinst Du mit "abgrundtiefem" Katholizismus. Gerade in der kulturvollen Barockzeit galt der populäre Satz "Unterm Krummstab ist gut leben". Die Sozialordnung in den katholischen Kleinstaaten war relativ egalitär, oben dran stand der Fürstbischof, der aus dem kleinen Landadel stammte, dann gab es ein Handels- und Ackerbürgertum (Großbürgertum war ganz selten, in Bamberg nur Böttinger) und auf dem Land die freien Bauern. Die Steuerlast war gering und in Friedenszeiten hatten die Leute ein gutes Auskommen. Die Evangelischen aus den oft ritterschaftlichen Nachbardörfern ließ man in Ruhe, bis ins späte 19. Jahrhundert auch die wenigen Juden. Kinder zu haben war wichtig, deshalb heirateten die Bräute meist schon schwanger. Also im Verhältnis zu heute finde ich das gar nicht so schlecht. - Und schau mal auf die andere Seite des Fernhandels: Indien, China etc.: Die blieben in großer Breite bei ihren angestammten Religionen, obwohl sie die technologische Überlegenheit des Westens natürlich mitbekamen. Grüße, KarlAntonMartini
Soll jetzt nichts politische Gehen. Nur sehe ich das durch eine andere Perspektive. Also Grundschüler bin ich in Treptow auf die Bouchégrundschule gegangen. Und wer war das? Ein Botaniker, Hugenotte. 1685 kamen 20.000 nach Brandenburg. 1732 kamen 40.000 aus Salzburg. Eins zu eins der selbe Hintergrund. Die großen Städte Mainz, Köln, Trier bzw. München, Eichstätt oder Freising lagen auf dem Weg, dort wollten sie, aus welchem Grund auch immer, nicht bleiben.
Sehe ich auch nicht politisch. Der Brandenburger Kurfürst nahm die hugenottischen Fachkräfte gern, des "Hl. Römischen Reiches Streusandbüchse" konnte sie gut brauchen. So einfach niederlassen konnte man sich damals nicht, das Recht zur Auswanderung wurde in der Aufklärung zum Menschenrecht. So gingen die englischen Nonkonformisten gern in die nordamerikanischen Kolonien. Böhmische Handwerker wurden in Sachsen gern genommen. Nach der Ära der vielen Auch-Konfessionskriege sah man in der räumlichen Trennung eine friedensstiftende Maßnahme. Das hat ja dann bis zum Aufkommen des Nationalismus ganz gut funktioniert. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Bitte um Bestimmung. Erfurt/Mainz?

Beitrag von Ruford » So 25.12.22 10:49

Hallo zusammen,

vielleicht kann ich etwas Licht ins Dunkle bringen, so ich die Diskussion nicht falsch verstanden habe.
Denn die Erlärung, wie die Bistümer Bremen und Lübeck in den protestantischen Gebieten überleben konnten, ist recht einfach und es hat wenig mit "liberal sein" zu tun. Die einfache Lösung: Sie waren nicht katholisch. Die Lübecker Bischöfe waren die ersten protestantischen Bischöfe überhaupt.

Klingt vielleicht erstmal merkwürdig, aber in der Zeit des ausgehenden 16. und beginnenden 17 Jh. waren in Lübeck die Fürstbischöfe an der Macht.
Namentlich Johann Adolf 1586 bis 1607 und danach Johann Friedrich bis 1634. Beide waren übriegens Brüder und Söhne von Adolf I. von Schleswig-Holstein-Gottorf.
Beide kamen aus dem Haus Schleswig-Holstein-Gottorf und prägten auch weltliche Münzen.
Die bischöflichen Münzstätten, wie Burg auf Fehmarn oder Eutin, gab es neben den weltlichen auch (und waren berühmt berüchtigt sich nicht an die Maße zu halten).
Über den Kampf ums Erbe und wie sie ins Amt kamen könnte man eine ganze Abhandlung schreiben.
Denn Johann Aolf war erst 15 als er ins Amt sollte und die Landstände verweigerten im dies. Dazu eben der Bruder, der später auch etwas haben wollte und auch bekam (Johann Friedrich).
Wenn Ihr mögt, kann ich gerne mal mehr dazu schreiben.

Wie auch immer, Johann Adolf wurde der erste evangelische Fürstbischof zu Lübeck und der zweite evangelische Erzbischof zu Bremen.
Johann Friedrich war ebenfalls protestantischer Erzbischof von Bremen, Fürstbischof von Lübeck und Bischof von Verden.
Zu sehen ist dies auch on den Münzen.
Ich habe heute hier mal zwei Münzen angehängt und kurz beschrieben was Ihr seht:

4 Schilling nach Art der russischen Tropfkopeke o.J.:
4Schilling.JPG
Ihr seht Hf einen geharnischter Reiter von der rechten Seite, in der rechten Hand das nach rückwärts erhobende Schwert haltend. Vor der Brust des Pferdes das bischöfliche-lübeckische Kreuz, über / vor dem Kopf die gekreuzten Bremer Schlüssel, hinter dem Rücken des Reiters das holsteinische Nesselblatt.
Rf sieht man Schrift in 5 Reihen:
V ∙ G ∙ G ∙
IOH ∙ FRID
E ∙ B ∙ Z ∙ B ∙ V ∙
L ∙ E ∙ Z ∙ N ∙ H ∙
Z ∙ S ∙ H
Zu lesen als: Von Gottes Gnaden Iohann Friedrich, Erzbischof zu Bremen und Lübeck [...]

1/16 Taler (Dütchen) von 1616:
116Taler.JPG
Ihr seht HF: 8 feldiger Wappenschild, Umschrift:
Hf. IOHAN ∙ FRID ∙ D ∙ G ∙ ARC ∙ E ∙ EP ∙ B ∙ E ∙ L ∙
Auch hier wieder EP Bremen Und Lübeck.
RF: Rf. HER ∙ NOR ∙ DVX ∙ SLES ∙ E ∙ HOL ∙ 1616 ∙
Hier sieht man auch, dass sie auch Herscher von Norwegen und Dux Schleswig und Holstein waren.

Ich hoffe, dass erklärt es etwas, wieso es im protestantischen Norden ein Bistum zu der Zeit gab und wie es überleben konnte.
Falls es Interesse gibt, kann ich auch mal mehr über die Beschöfe des 17. Jahrhunderts schreiben.
Ich hoffe mal, ich habe nun nichst am Morgen hier nach Weihnachten vertauscht / durcheinander gebracht.
Euch ein frohes Fest.

Beste Grüße
Ruford.
Zuletzt geändert von Ruford am So 25.12.22 11:26, insgesamt 1-mal geändert.
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ischbierra (So 25.12.22 11:51)

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