Gaius Cassius Longinus, der Cäsarmörder
Endlich ist es mir gelungen, mir eine Münze des Gaius Cassius Longinus in die Sammlung zu legen.
Die Münze: '
Römische Republik, C. Cassius Longinus, gens Cassia, und P. Cornelius Spinther, gens Cornelia
AR - Denar, 3.74g, 20.81mm, 180°
geprägt während des Feldzugs von Brutus und Cassius, wahrscheinlich 42 v. Chr. in Smyrna
Av.: Kopf der Libertas, diademiert und drapiert, n. r.
davor von unten nach oben LEIBERTAS
dahinter von unten nach oben C.CASSIVS.IMP
Rv.:
Capis und
Lituus
darunter in 2 Zeilen LENTVLVS / SPINT
Ref.: Crawford 500/3; CRI 221; RSC 4; Sydenham 1307; BMCRR East 77; Kestner 3767; RBW 1762
Selten, S+
Zur Münze:
Die Abbildung der Libertas auf der Vorderseite ist natürlich als Gegensatz zur Tyrannei des Caesars gedacht. Libertas war auch das Codewort von Brutus und Cassius bei Philippi, wurde im Bürgerkrieg aber von beiden Seiten benutzt. Cassius und Brutus haben 43/42
Capis und
Lituus auf 3 Münzen gesetzt. Das zeigt die Bedeutung, die sie diesen beiden Attributen beigemessen haben. Crawford hat die Ikonographie von Vs. und R. getrennt interpretiert und
Capis und
Lituus auf das Augurenamt des Spinther bezogen. Nach Wallace-Hadrill muß aber Vs. und Rs. zusammengesehen werden. wie es auch auf Münzen des Augustus getan werden muß. Es ging den beiden um die Legitimation durch den Senat. Diese Symbole sollten dazu dienen, den Anspruch zu unterstreichen, daß Brutus und Cassius traditionelle republikanische Heerführer (
imperatores) waren, wie sie sich auch nannten.
Vor dem Attentat:
Über das frühere Leben des C. Cassius Longinus (vor 85 v. Ch.-42 v. Chr.) ist nicht viel bekannt. Er gehörte der alten plebeischen Senatorenfamilie der Cassier an und war kurz vor 53 v. Chr. Quästor. Als solcher nahm er am Feldzug des Crassus gegen die Parther teil, entkam aber der Katastrophe von Carrhae 53 v. Chr. und konnte sich mit dem Rest der Truppen nach Syrien zurückziehen und es gegen die Parther verteidigen. In diesen Jahren erwarb er sich den Ruf eines hervorragenden Militärs, zeigte aber auch eine rücksichtslose Habgier. Wegen Erpressung und Ausbeutung in Syrien sollte er angeklagt werden, konnte sich dem aber durch seine Wahl zum Volkstribun entziehen.
Im Bürgerkrieg war er erfolgreicher Flottenkommandant auf der Seite des Pompeius gegen Caesar. Nach der Schlacht von Pharsalus 48 v. Chr. begnadigte Caesar ihn ("
clementia Caesaris") und machte ihn zu seinem Legaten.
Innerlich aber hatte Caesar ihn nicht gewinnen können. Besonders philosophische Vorträge, die er bei Cicero hörte, verstärkten ihn in seiner Verbitterung und Widerstandsstimmung (Pauly). Daran konnte auch das für 43 versprochene proconsularische Imperium in Syrien nichts ändern.
Nach Plutarch war Cassius, Schwager des Brutus, die treibende Kraft hinter der Verschwörung gegen Caesar. Der Grund für die Verschwörung war die Unzufriedenheit vieler Senatoren mit dem Alleinherrschaftsanspruch Caesars und der Verlust der führenden Rolle des Senats. Cassius soll den Brutus gewonnen haben, verlor aber bald die Führung an ihn.
An den Iden des März 44 v. Chr. wurde Caesar von den Verschwörern ermordet. Die Ermordung des Marcus Antonius, die Cassius vorgeschlagen hatte, wurde von Brutus abgelehnt, was sich als großer Fehler herausstellen sollte. Der größte Fehler aber war, daß die Verschwörer keine konkreten Pläne für die Zeit nach dem Attentat hatten!
Nach dem Attentat:
Cassius sprach sich ohne Erfolg gegen eine Leichenfeier für Caesar aus. Nach der feindseligen Haltung des Volkes gegen die Atttentäter entzog der Senat ihm die versprochene Provinz und sprach ihm dafür die Kyrenaika zu. Im September begab er sich trotzdem nach Syrien, daß Dolabella gegeben worden war, besiegte ihn und erhielt dadurch Syrien und ein schlagkräftiges Heer. Nachdem 43 Antonius bei Mutina geschlagen worden war, wurde er vom Senat bestätigt.
Im November 43 traf Cassius sich mit Brutus in Smyrna, um das weitere Vorgehen gegen Antonius und Octavian zu beraten. Zu diesem Anlaß wurde auch unsere Münze geprägt. Sie vereinbarten, daß Cassius Rhodos nehmen und dann die Provinz Asia säubern sollte. Anfang 42 traf er mit Brutus in Sardes zusammen, wo beide vom Heer die imperatorische Akklamation erhielten. Dann ging man über den Hellespont und marschierte nach Philippi gegen Antonius und Octavian. Der Schlachtverlauf wird von Appian minutiös geschildert. Er verlief tragisch. Antonius gelang es, trotz der günstigen Stellung das Lager des Cassius zu erobern. Cassius entkam auf einen Hügel bei Philippi, hatte aber keinen Überblick über den Verlauf der Schlacht. So wußte er nicht, daß Brutus auf der anderen Seite das Lager des Octavian erobert hatte, hielt alles für verloren und stürzte sich in sein Schwert. Brutus nannte ihn "den letzten Römer" und bestattete ihn auf Thasos.
Beurteilung:
Cassius wurde zwar wegen seiner militärishen Fähigkeiten bewundert und positiv beurteilt, aber es wird auch behauptet, daß er wegen seines unbefriedigten Ehrgeizes zum Meuchelmörder geworden sei. Dante hat ihn in seiner Göttlichen Komödie zusammen mit Brutus und Judas zu den größten Verrätern der Menschheit gezählt und in den innersten Kreis der Hölle eingeschlossen.
Im Gegensatz zu heutigen Politikern waren in der Antike die meisten Politiker auch philosophisch aktiv oder Anhänger von philosophischen Richtungen. Cassius "konvertierte" um 48 v. Chr. zum Epikureismus, aber zu einem eher "heroischen". In Briefen, die er mit Cicero wechselte, kann das nachgelesen werden. Der Widerspruch zwischen dem traditionellen Epikureismus, der sich von der Politik fernhalten wollte, und dem politisch aktiven, der die Freiheit sichern sollte, konnte letztendlich nicht aufgelöst werden, und die Philosophie der politischen Opposition im römischen Reich neigte sowieso eher zur Stoa. Das war mit ein Grund, daß die Historiker Cassius schwerer zu verstehen fanden als Brutus, und weniger bewundernswürdig (Momigliano).
Eine der berühmtesten Schilderungen seines Charakters findet man in Shakespeares "Julius Caesar", Akt I, Szene II, Hier ist sie:
Caesar: "Let me have men about me that are fat;
Sleek-headed men and such as sleep a-nights.
Yond Cassius has a lean and hungry look;
He thinks too much; such men are dangerous;
...
I do not know the man I should avoid
So soon as that spare Cassius. He reads too much;
He is a great observer, and looks
Quite through the deeds of men; he loves no plays,
As thou dost, Antony; he hears no music;
Seldom he smiles, and smiles in such a sort
As if he mock'd himself, and scorn'd his spirit
That could be mov'd to smile at any thing.
Such men as he be never at heart's ease
Whiles they behold a greater than themselves,
And therefore are they very dangerous."
Das Bild zeigt den sog. "Pseudo-Corbulo", einst für das Portrait des Gnaeus Domitius Corbulo gehalten, wahrscheinlich aber das Portrait des Gaius Cassius Longinus. Parischer Marmor, 1. Jh. v. Chr., Centrale Montemartini, Rom
Quellen:
(1) Dio Cassius, Römische Geschichte
(2) Sueton, Kaiserviten
(3) Plutarch, Brutus
(4) Appian, Bürgerkriege
(5) Cicero, Ad familiares
Literatur:
(1) Theodor Mommsen, Römische Geschichte
(2) Der Kleine Pauly
(3) Dante, Comedia Divina
(4) Shakespeare, Julius Caesar
(5) Thornton Wilder, Die Iden des März
(6) Roberta Stewart, The Jug and Lituus on Roman Republican Coin Types: Ritual Symbols and Political Power, Phoenix, 1997
(7) Wallace-Hadrill, A. 1986. "Image and Authority in the Coinage of Augustus," JRS 76
Online-Quellen:
(1) Wildwinds
(2) Wikipedia
(3)
www.jewishencyclopedia.com/articles/411 ... s-longinus
Liebe Grüße
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.