Offline-Experiment: Ungereinigtes Römerlot

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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KarlAntonMartini
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Offline-Experiment: Ungereinigtes Römerlot

Beitrag von KarlAntonMartini » Fr 22.04.05 18:34

Viel wurde ja gepostet über die Frage: soll man ungereinigte Römerlots kaufen. Jetzt habe ich mir einmal so ein Lot gekauft und will getreulich über das Ergebnis in unregelmäßigen Abständen berichten. - Gestern kam das Lot an. Es sollte sich um 50 Münzen handeln, geliefert wurden 52. Eine erste Sichtung hat folgendes ergeben: Zwei größere Bronzemünzen (23, 25 mm), ein gutes halbes Dutzend im Format ca. 18 mm, dann viele kleine. Zwei Silbermünzen türkisch oder arabisch-indischer Herkunft, drei quadratische schüsselartig gebogene Münzen, vermutlich byzantinischen Ursprungs. Es muß sich um Münzen aus verschiedenen Funden handeln, denn die Patinierung und Verschmutzung ist nicht einheitlich. Etwa zehn prozent sind so stark ausgebrochen, daß keine rettbare Münze darunter verborgen sein kann. Allso ab ins Ölbad, ich werde weiterberichten.
Grüße, kam.
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Fr 22.04.05 20:34

Bin gespannt, was da rauskommt! Ich habe mir 2x ungereinigte gekauft, um mitreden zu können. Beides Mal war es eine große Enttäuschung! Also, viel Glück!

Mit freundlichem Gruß
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n.......s
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Beitrag von n.......s » Sa 23.04.05 14:21

...lediglich ein paar recht interessante Spätrömer habe ich damals aus den unzähligen ungereinigten Münzen retten können. Diese sogenannten unsortierten Münzen sind von den Verkäufern meist schon derart ausgeschlachtet , daß man wirklich selten mit Überraschungen rechnen darf.
viele Grüße
Torsten

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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Mo 25.04.05 09:54

Damit, daß jemand Silber- oder Goldmünzen in ungereinigten Lots läßt, hätte ich auch nicht gerechnet. Schaun wir mal. Nach drei Tagen Ölbad hat sich das vorher hellgelbe Öl grün gefärbt. (Echtes Olivenöl hätte mich doch gereut, da hab ichs mit Rapsöl versucht, die Puristen mögen das verzeihen.) Grüße, KAM
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Beitrag von s69_de » Mo 25.04.05 20:53

Hallo KAM, also das mit dem Rapsoel ist schon ein arger Patzer. Wie wir streng orthodoxen Olivenoelfundamentalisten damit klar kommen werden - ich weiss es noch nicht... ;-)
Spaessle
Da bin ich ja mal echt gespannt auf Deine Ergebnisse. Ich habe seit Mitte letzten Jahres auch so ein Langzeitprojekt (allerdings mit OLIVENOEL), mich in den letzten Monaten aufgrund Zeitmangels aber kaum darum gekuemmert.
So schlummern die lieben Roemerlein weiterhin im Oel, bis ich mich hoffentlich diesen Sommer wieder mal ihrer annehme.
Ganz klar, dass man keine Goldstuecke erwartet. Fuer mich macht eher das Entdecken und Bestimmen den Reiz dessen aus. So ein verkrustetes Stueck ist fuer mich wie ein Ueberraschungsei :-)
Also, ich wuensche Dir viel Spass und Erfolg und halte uns bitte auf dem Laufenden.
PS: mittlerweile habe ich auch schon einige NZ Token ergattert. Wenn mein Lappi wieder aus der Reparatur zurueck ist, schicke ich Dir mal einen Scan.
Viele Gruesse nach Dresden - s69

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Beitrag von gorostiza » Mo 25.04.05 21:37

KAM: Ein unverzeihlicher Fehler! Das wird die Oliven mächtig ärgern, wachsen sie doch extra für den Münzreinigern und nicht für Salat und Pasta, da diese Zeugs ohne alle Emotionen geschluckt werden. Niemand wird Dir diese Sünde vergeben - Rapsöl, mein Gott, Rapsöl für die kostbaren Stücke! Sollte ein Goldstück zum Vorschein kommen, werden wir es konfiszieren müssen lol!

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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 26.04.05 09:13

Gut, ich sehe es ein, beim ersten Ölwechsel werde ich tätige Reue üben. Ist Extra vergine gestattet, kaltgepreßt sollte es wohl sein? (Der Geiz flüstert: gibts auch beim ALDI) Grüße, KAM
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Beitrag von richard55-47 » Di 26.04.05 19:24

Hoffentlich bekommt Moneta deine Reue mit, ihre Gaben so zu misshandeln, ist schon verwerflich.
do ut des.

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Di 26.04.05 22:23

Ich bin selbst kein Fachmann für ungereinigte Münzen. Aber ich habe gelesen, daß die billigen Olivenöle besser sein sollen als die Extra vergine, weil sie etwas mehr Säuren enthalten, und so die Reinigung schneller vor sich geht!

MfG
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Lojoer
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Beitrag von Lojoer » Mi 27.04.05 21:27

Hallo zusammen,
jetzt mal eine ganz dumme Frage: "Ihr reinigt die Münzen wirklich mit Olivenöl 8O ?"
Nach dem derzeitigen Stand der Restaurationtechnik ist die Anwendung dieser archaische Praxis doch mehr als verwunderlich.
Olivenöl greift die Patina an, das ist eine unumstößliche Tatsache.
Gruß Jörg

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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Mi 27.04.05 21:33

Diese archaische Praxis wird hier von langjährigen Sammlern geübt und empfohlen. Wenn du Bilderstürmer was besseres weißt, dann laß uns nicht dumm sterben!
Grüße, KAM
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Beitrag von Zwerg » Mi 27.04.05 22:00

Hallo KAM

Es gibt diverse Threads zum Olivenöl in diesem Forum, zu denen ich immer den Beitrag geleistet habe, daß Olivenöl nur für die mediterrane Küche gut ist.

Ich kann Lojer nur beipflichten - Olivenöl ist absoluter Blödsinn! Jeder Restaurator wird sein weisen Haupt ob solchen Unverstandes schütteln. Irgendjemand hat irgendwann in einem deutschen Forum diese Reinigungsmethode auf dem Weg gebracht - und seitdem wird es nachgeplappert. (Den Link zu der Seite mit den Reinigunganweisungen poste ich nicht! :twisted:

Nun gut, bei ungereinigten antiken Unterlegscheiben kann man alles probieren - es schadet nichts - nützt aber auch nichts.

Aber möglicherweise könnte ja jemand diese "Reinigungsmethode" auch an guten patinierten Antiken ausprobieren - es fragt sich, wie eine gute Patina darauf antwortet.

Die nächste Antwort schreibe ich dann in sechs Monaten - aber die Olivenölfetischisten sind eh unbelehrbar. :D

Grüße
Zwerg

Lojoer
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Beitrag von Lojoer » Mi 27.04.05 23:23

Hallo :lol:,
jetzt giftet mich doch nicht gleich an.
Ich habe mich doch sehr moderat ausgedrückt. Das hat nichts mit Bilderstürmen zu tun.
Meine Arkumentation ist rein wissenschaftlich. Nun ein bischen zur Chemie des Pflanzenöls und der Patina.
Wie Peter 43 schon richtig geschrieben hat enthält Ölivenöl, je nach Qualität mehr oder minder viel Ölsäure. Auf der anderen Seite haben wir die Patina der Bronze- oder Kupfermünzen. Dies sind Kupfersalze unterschiedlicher schwacher Säuren, wie z.B. das Carbonat. Diese werden von der Ölsäure, sprich dem Olein gelöst und es bildet sich das entsprechende Salz das Kupferoleat. Dies färbt dann das Öl grün. Die Grünverfärbung dürfte ja jedem der diese Reinigungsmethode anwendet bekannt sein. Die Reinigung besteht nun darin, dass die Oberfläche der Patina angelöst wird und damit der Schmutz keinen Halt mehr besitzt. Das mag bei einer geschlossenen Glanzpatina noch gehen und keinen großen Schaden anrichten, bei einer porösen patina dringt das Öl und damit die Säure ein und lockert die kristaline Struktur.
Deshalb verwendet man zum konservieren der Münzen ja auch säurefreies Restaurationswachs und nicht Teelichterwachs. :oops: oder habe ich jetzt schon wieder was falsches gesagt.

Da ich ja Antiksucher und nicht Münzsammler bin, hat die Münze ansich mit der Bestimmung ihren Zweck erfüllt, und wandert ins Archiv. Nur die besonders schönen Exemplare werden von mir auch gereinigt und wandern in die Vitrine.
Zur Reinigung wird die Münze erst einmal zum entfernen der Fremdsalze im Wasser entsalzt. Dann Reinige ich sie mechanisch unter dem Stereomikroskop mit Stiften und Stichel unterschiedlicher Härte und Material je nach Beschaffenheit der Münze bzw. der Patina. das ganze ist sehr aufwendig, ist aber die gängige Praxis bei Museumsrestauratoren. Anschließend wird die Münze getrocknet und mit säurefreiem, niedrigschmelzendem Wachs bei mäßiger Wärme konserviert.
So jetzt zerreist mich :lol:
Gruß Jörg

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chinamul
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Beitrag von chinamul » Do 28.04.05 11:05

Auf die Gefahr hin, daß man mich jetzt lyncht:
Wenn es bei einer ohnehin nicht sammelwürdigen Fundmünze überhaupt nur noch darum geht, sie zu bestimmen, gibt es als ultima ratio noch eine brutalstmögliche Behandlungsmethode, mit der mir in vielen zunächst aussichtslos erscheinenden Fällen eine Identifikation gelungen ist.
Dazu erhitze ich das Objekt bis kurz vor dem Glühen und schrecke es dann in Wasser ab. Diesen Vorgang wiederhole ich mehrmals. Die meisten Auflagerungen werden dann krümelig-mürbe und lassen sich unter fließendem Wasser mit einer kurzgeschnittenen Zahnbürste oder einer Messing-Zündkerzenbürste entfernen. Ist dann auf der metallisch reinen Münze immer noch nichts zu erkennen, hilft manchmal ein leichtes flächiges Überschleifen mit 600er Schmirgelpapier, und wo selbst das ergebnislos bleibt, kann man immer noch die Münze allmählich von unten erhitzen. Bisweilen gibt sie dann ihr Geheimnis preis, weil die beim Prägevorgang stark verdichteten Stellen - also die Feldpartien - beim Erhitzen mit einer anderen Verfärbung reagieren als die weniger verdichteten, also etwa die Buchstaben.
Wie schon gesagt ist das eine Methode, mit der sich sicher kein Sammlerstück erzielen läßt, aber oft ist es eben aus wissenschaftlichen Gründen wichtig zu wissen, welche Münze man da vor sich hat.

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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Zwerg
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Beitrag von Zwerg » Do 28.04.05 12:02

Die letzten beiden Beiträge sind m. E. das Vernünftigste, was in der letzten Zeit zu dieser Thematik geschrieben wurde.

Danke und beste Grüße
Zwerg
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