Anfrage zur regionalen Geldentwicklung Ostthüringens

Deutschland vor 1871
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Hinz und Kunz
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Anfrage zur regionalen Geldentwicklung Ostthüringens

Beitrag von Hinz und Kunz » Mo 25.01.10 00:16

Werte Forumsmitglieder

Da ich, ein dilettantischer Laie, hier bereits als passiver Leser sehr viel Interessantes und auch hilfreiches erfahren habe über die verschiedensten Aspekte der Numismatik und Geldentwicklung – hierfür möchte ich mich bei Ihnen allen bedanken - , wende ich mich nun auch einmal an Sie alle, mit einer Frage, die mir bei der Beschäftigung mit der Geldgeschichte in Ostthüringen aufkam.

Bis zur Neuordnung der ernestinischen Herzogtümer gehörten große Teile des heutigen Ostthüringen zu Sachsen-Gotha-Altenburg. Dieses Herzogtum prägte Taler im 13 1/3 Taler-Fuß (Sofern ich das der Literatur richtig entnommen habe). Nach der Neuordnung 1826 wurde das Herzogtum Sachsen-Altenburg neugegründet. Dieses prägte erst ab 1841, also deutlich nach der Dresdner Münzkonvention von 1838, (Vereins-)Taler im 14-Taler-Fuß.
Nun ist meine erste Teilfrage an Sie, im historischen Kontext: Was war in der Zwischenzeit, also zwischen 1826 und 1841. Welches Münzsystem galt? Galten Kurantmünzen des 13 1/3 Fußes (Also die des älteren Herzogtums und vergleichbarer Prägungen anderer Staaten) bis zum Beitritt zur Dresdner Münzkonvention, bzw. zur Neuausprägung der Vereinstaler? Welches Währungssystem und dementsprechend, welche Münzen galten für die Region? Welche Münzen kann man für die Region als alltäglich und offiziell in dieser Zeit annehmen?

Meine zweite Teilfrage ist vielmehr praktischer, numismatischer Natur: Inwieweit wurden Münzen ausgeprägt zum Ende des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg. So ist die letzte durch mich in den Wirren des Netzes gefundene Münze (http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... 4&Lot=1049) von Ernst II, auf den aber noch weitere Regenten folgten, bis zum Aussterben der männlichen Linie. Gab es noch Prägungen, die weiter in der Übergangszeit liegen?

Soviel soll es erst einmal gewesen sein. Ich möchte mich bei Ihnen allen schon einmal für Ihre Hilfe bedanken. Sollte mein doch sehr spärliches Gerüst fehlerhaft und voller Lücken sein, bitte ich um Nachsicht und bin für jede Ergänzung von Ihrer Seite her dankbar.

Einen angenehmen Abend und einen guten Start in die Woche,

Marcus, ein für Numismatik entflammter Anfänger

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Gerhard Schön
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Re: Anfrage zur regionalen Geldentwicklung Ostthüringens

Beitrag von Gerhard Schön » Mo 25.01.10 01:49

Werter Herr Hinz und Kunz,
wegen der interessanten Kleinmünze von Sachsen-Eisenberg im Benutzerbild will ich Ihre Frage gerne beantworten. In Ostthüringen wurde nach Talern zu 24 Groschen gerechnet, lediglich die Silberparität veränderte sich im Lauf der Zeit. Die von Sachsen-Gotha bis 1835 nicht zuletzt wegen des nach süddeutscher Währung rechnenden Coburger Landesteiles geprägten Konventionsspeziestaler (13⅓ Taler aus der Kölner Mark) mit einem Nennwert von 32 Groschen (1 Taler 8 Groschen) liefen schließlich mit Aufgeld um. Der von den Vertragsstaaten der Dresdener Münzkonvention ab 1838 nach preußischem Vorbild geprägte Taler (14 Taler aus der Kölner Mark) hatte wieder einen Nennwert von 24 Groschen. Im Geldumlauf waren naturgemäß die landeseigenen Münzen in der Minderzahl, auch liefen die Konventionsspeziestaler (im Kurswert inzwischen um 5% gestiegen) und Kronentaler zunächst weiterhin um. Was die zweite Frage betrifft, so waren die Konventionsspeziestaler von 1776 tatsächlich der letzte Ausläufer der Prägetätigkeit der Gothaer Linie. 1774 hatte sich die Münzstätte Gotha von privaten Geschäftemachern dazu bewegen lassen, ganz unübliche Münzen zu 10⅔ Groschen (statt 16 Groschen) und 21⅓ Groschen (statt 32 Groschen) mit leicht zu übersehendem Hinweis auf den niedrigeren Wert, dafür aber in genau derselben Gestaltung und Größe wie die gängigen höherwertigen Münzen, herzustellen. Die deswegen aus allen Teilen des Reiches einlangenden Beschwerden mögen den Herzog Ernst II. dazu bewogen haben, den Münzbetrieb zu schließen.
Gruß,
gs
Deutscher Münzkatalog, Euro Münzkatalog, Weltmünzkatalog.

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Hinz und Kunz
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Beitrag von Hinz und Kunz » Mo 25.01.10 13:45

Werter Herr Schön,

Ich möchte mich herzlichst bei Ihnen für Ihre Ausführungen bedanken. Ich verneige mich vor Ihnen und Ihrem Wissen, welches Sie immer wieder in diesem Forum unter Beweis stellen. Ja, ich beneide Sie förmlich um eben dieses Wissen. Doch ebenso freut es mich, dass Sie uns Anderen mit diesem Wissen stets hilfreich zur Seite stehen und so viele Fragen beantworten, die uns in unserer Leidenschaft weiter voranbringen.

So haben Sie natürlich vollkommen Recht – was mich wiederum in Erstaunen versetzt, zumal ich auf dem Bild, in seiner doch eher schlechten Qualität, nichts entdecke, was explizit darauf hinweist - mit meinem Benutzerbild, dass die kurze Episode der Münzprägung des Herzog Christians und seines Herzogtums darstellt. Eine sentimentale Verbundenheit zu meiner Region.

Sie erwähnten den Konventionsspeciestaler im Zusammenhang mit dem 13 ⅓ Fuß. Richtete sich diese Ausprägung nach der Wiener Münzkonvention von 1753, die eigentlich für Bayern und Österreich maßgeblich war? Und ist eben dieser 13 ⅓ Fuß für alle Mitgliedsstaaten der Wiener Münzkonvention, sofern das zutrifft, verbindlich gewesen?

Und hier stellt sich nochmal für mich die abstrakte Frage: Hatten im monetären Alltag der Menschen die Münzen des oben genannten Fußes anderer Staaten (möglicherweise anderer ernestinischer Nachbarstaaten, wie eben Sachsen-Coburg und Gotha) Gültigkeit, da Sachsen-Altenburg noch keine eigenen Münzen prägte?

Wie Sie sehen können, haben Ihre interessanten Ausführungen mein Interesse an den Umständen zu Beginn des 19. Jahrhunderts nur noch bestärkt. Ich danke Ihnen, dass Sie mir bei der Komplettierung meines Bildes geholfen haben.

Ihnen und allen anderen Forumsnutzern noch einen angenehmen Tag,
Viele Grüße,

Marcus

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