Frage uber "Groschen"

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Byron L. Reed
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Frage uber "Groschen"

Beitrag von Byron L. Reed » Sa 05.07.03 06:31

Können Sie jemanden erklärt den Unterschied zwischen dem Folgenden:

Groschen
Silbergroschen
Furstengroschen
Mariengroschen
Mariengroschen Landmunze
Mariengroschen Feinsilber

Ich habe alle diese Bezeichnungen gefunden in Welter, aber ich bin unwissend von den präzisen Definitionen.
Byron L. Reed

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payler
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Beitrag von payler » Sa 05.07.03 10:02

Groschen

Da der Denar (Pfennig) den gestiegenen Anforderungen des Geldumlaufs nicht mehr genügte, entwickelte sich in der 2. Hälfte des 13. Jh.s eine neue Münzsorte, die sich in Europa verbreitete, je nach wirtschaftlicher Anforderung bzw. verbunden mit der Entdeckung neuer Silbervorkommen. Die Benennung der Sorte entwickelte sich aus der lateinischen Bezeichnung grossus (crassus) denarius (dicker Denar). Wenn auch zeitlich nicht das erste Denar-Vielfache (Grosso), so wurde dennoch der französische Gros tournois (lat.: grossus denarius turnosus) im Wert von 12 Deniers tournois zum Vorbild der neuen Münzsorte. Dieser und seine Nachahmungen wurden im deutschsprachigen Raum Turnosegroschen oder kurz Turnosen genannt. Zuerst auch in Form von Beischlägen, verbreitete sich die Münzsorte seit dem ausgehenden 13. Jh. in Lothringen, der Provence, den Niederlanden (Groot) und England (Groat). In den deutschen Landen ist im Jahr 1295 in Köln zum ersten Mal die Zahlung mit Turnosen belegt, das Stück galt 3 (alte) Kölner Pfennige oder 3 Sterlinge. Seit ca. 1340 wurden im Rheinland die Turnosen mit eigenständigem Münzbild in Werten von 18 bis 22 Pfennigen nachgeprägt, jedoch bereits in der 2. Hälfte des Jh.s zugunsten des Albus wieder aufgegeben.
Aufgrund der Ausbeutung der neuen Silbermine in Kuttenberg/Böhmen ließ König Wenzel II. (1278-1305) seit 1300 den Prager Groschen zu 12 Pfennigen prägen, der sich aufgrund der negativen Handelsbilanz Böhmens als Ausgleich schnell in den Nachbarländern bis nach Westfalen und ins Bodenseegebiet verbreitete. Nach diesem Vorbild ließen die Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen seit 1339 die Meißner oder sächsischen Groschen ausgeben, die aus den Silbervorkommen des Erzgebirges geprägt wurden. Der Meißner Groschen erreichte eine ähnlich große Bedeutung wie sein Vorbild und wurde seinerseits in Niedersachsen nachgeahmt. Die vielen Typen und Varianten des Meißner Groschen, die sich im Laufe der Zeit entwickelten, werden als sächsische Groschenprägung bezeichnet. Im Spätmittelalter und der beginnenden Neuzeit entstanden in den deutschen Landen eine ganze Reihe von Pfennigvielfachen. Von den verschiedenen Typen der Groschen (u.a. Annen-, Bauerngroschen, Engelköpfe, Fürsten-, Horn-, Judenkopf-, Kaiser-, Neugroschen, Schildgroschen, Schreckenberger, Zinsgroschen) wurden meist auch Teil- und Mehrfachstücke geschlagen. Da man das anfängliche Vertrauen in die Groschen durch ständige Münzverschlechterung verlor, gingen viele Städte im 14./15. Jh. zur Gegenstempelung der Groschen über, die für den Umlauf einer Region berechtigten oder verriefen. Auch in Norddeutschland (Groten), Skandinavien (vor allem Dänemark), in Polen (Grosz) und in Russland, vor allem nach der an westlichem Vorbild orientierten Münzreform Peters des Großen (Grosch), wurden Groschenmünzen ausgegeben.
Da aber das Bedürfnis nach größeren und wertvolleren Münzen weiterhin bestand, wurden mit der Einführung der Talermünzen die verschiedenen Groschen zur Scheidemünze. Die Augsburger Reichsmünzordnungen machten zwar den Kreuzer zum Bewertungsmaßstab der Reichsmünzen, aber in Mittel- und Norddeutschland hielt man weiterhin am Groschen fest. Dort setzten sich nach 1570 der Gute Groschen zu 1/24 Taler sowie der norddeutsche Mariengroschen zu 1/36 Taler durch. In Österreich, Süddeutschland und Böhmen war das Dreikreuzer-Stück, ebenso wie der Gute Groschen, in 12 Pfennige unterteilt. Im Jahr 1821 wurde in Preußen der Silbergroschen als Scheidemünze für alle preußischen Provinzen geschaffen. Auf den (preußischen) Taler gingen 30 Silbergroschen. Noch heute wird in Deutschland wie schon zur Zeit der Reichswährung, das Stück zu zehn Pfennigen umgangssprachlich als Groschen bezeichnet. In Österreich ist der Groschen zu 100 Schilling seit 1923 Münzeinheit des Währungssystems.

Fürstengroschen
1. Die ersten Fürstengroschen wurden wohl zur Regierungszeit des Landgrafen Balthasar von Thüringen (1367-1401) zu 8 Pfennigen ausgegeben. Ihre Vs. zeigt ein Lilienkreuz, die Rs. einen Löwen, die späteren aus der ersten Hälfte des 16. Jh.s den Landsberger Schild. Letztere wurden deshalb auch als Landsberger Groschen oder Schildgroschen bezeichnet; sie galten 12 Heller. Bei stark schwankendem Feingehalt lag ihr durchschnittliches Feingewicht bei ca. 1,6 g Feinsilber.

2. Groschenmünze zu 12 meißnischen Pfennigen, die der niedersächsische Münzverein ab 1555 schlagen ließ. Die Vorläufer der Apfelgroschen sollten ein Feingewicht von 1,03 g Silber halten, erreichten diese Vorgabe aber sehr selten.

Mariengroschen

Niedersächsische Groschenmünze vom 16. bis zum 19. Jh., deren Name sich von der Darstellung der Mutter Gottes mit Kind auf dem ursprünglichen Münzbild ableitet. Kennzeichnend für Niedersachsen waren die seit dem Spätmittelalter relativ mächtigen, unabhängigen Städte, die neben den Fürsten der Welfen-Dynastie das Münzwesen der Region bestimmten. Abgesehen von der Nachahmung der Meißner Groschen durch die Welfen begann die Groschenprägung in Niedersachsen erst spät. Im 15. Jh. entstanden allmählich Groschennominale verschiedener Wertstufen, am wichtigsten wohl der Matthiasgroschen, der später zum Teilstück des Mariengroschens wurde. Im 16./17. Jh. wurde das erst kurz zuvor von den Städten und Fürsten geschaffene Groschensystem durch den Mariengroschen abgelöst, der zuerst im Jahr 1505 in Goslar ausgemünzt wurde. Andere Städte und das Welfenhaus folgten mit Mariengroschen in verschiedenem Gewicht. Um 1555 entschied der Niedersächsische Münzverein, den schwereren Fürstengroschen (2) auszumünzen, der den Mariengroschen allerdings nicht vollständig verdrängen konnte. Nach der Kipper- und Wipperzeit lebte die Prägung der Mariengroschen und ihrer Mehrfachstücke (vor allem 2, 4, 6, 12, 24) wieder auf. 36 Mariengroschen à 8 Pfennige gingen auf einen Taler. Sie wurden häufig sogar aus Feinsilber geprägt; ihr Münzbild veränderte sich zusehends: Die Darstellungen zeigten den hl. Andreas, das Monogramm des Fürsten, den Wilden Mann und das Springende Pferd. Sie verbreiteten sich auch in Westfalen und wurden von dort aus als verschlechterte Spekulationsprägungen im 17. und 18. Jh. wieder nach Niedersachsen ausgeführt. Manchmal trugen die Ein- und Zweidritteltaler die Wertbezeichnung 12 bzw. 24 Mariengroschen. Die letzten Mehrfachstücke der Mariengroschen (24 Mariengroschen) wurden im Jahr 1834 im Herzogtum Braunschweig geprägt.

Diese Infos wurden entnommen von: http://www.muenzenjournal.de/lexikon/index.html

mfr
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Re: Frage uber "Groschen"

Beitrag von mfr » Sa 05.07.03 11:49

Hallo,
einiges hat payler ja schon erklärt.
Nach der Kipper- und Wipperzeit setzte sich der Mariengroschen gegenüber den anderen Sorten durch. Er galt 8 Pfennige während der normale Groschen (auch guter Groschen) 12 Pfennige wert war.
Feinsilber gibt an das die Münze einen hohen Silberanteil hat während Landmünzen oft aus minderwertigem Silber und nicht nach dem Reichsmünzfuß geprägt wurden. Sie galten deshalb nur im Regierungsgebiet des ausprägenden Münzherrn.

heripo
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Beitrag von heripo » Mi 09.07.03 09:03

... hallo payler - prima Beitrag - beispielhaft für Jungsammler !!! ( aber auch den Profis schadet's nicht, immer wieder mal zusammenfassendes zu lesen ).
... und last noch least: ... noch in meiner Kindheit wurde ich für kleinere
Dienstleistungen gelegentlich "fürstlich" belohnt, mit einem "Groschen" ...
so nannte der Volksmund das "Zehnerle" - und bei Euch Habsburgern war
das ja in der Tat das gängige Nominal.
Gruß heripo

payler
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Beitrag von payler » Mi 09.07.03 15:40

Lieber Heripo!

Genau erkannt. Wir Habsburger :wink: haben die 3 Kreuzer - im Volksmund Groschen - sehr geliebt.

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