Im Dialog mit dem Denkmalschutz

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Mithras
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Im Dialog mit dem Denkmalschutz

Beitrag von Mithras » Do 25.10.12 16:38

Im Dialog mit einem Denkmalschützer

oder
Warum das englische Modell des Denkmalschutzes die einzig sinnvolle Lösung ist


Eine fiktive Geschichte mit wahrem Kern,
alle Namen sind frei erfunden und Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen purer Zufall

Am Dialog beteiligte:

Der Denkmalschützer Hr. Maier Kluge (ein aufrechter engagierter Mann mittleren Alters mit viel Fachwissen und großen Ambitionen für das Sammeln von historischem Wissen und dem Schutz kulturhistorischer Stätten – unterwegs in unser aller Auftrag, bezahlt mit Steuergeldern für eine durchaus sehr wichtige Mission der Menschheit)

Der Müzsammler Hr. Schmidt (ein redlicher Mensch wie Du und Ich, ein Kunst-, Geschichts- und Kultur-interessierte Malermeister, zuverlässiger Steuerzahler, der in seiner Freizeit seit dem 16. Lebensjahr Münzen sammelt, in seinem Hobby inzwischen aufgeht, dafür einen erheblichen Teil seines Freizeitbudgets und Zeitbudgets einsetzt)

Hr. Maier Kluge trifft Hr. Schmidt auf einer Sammlerbörse für Münzsammler hinter einer liebevoll gestalteten Auslage seiner Münzen an, welche er anderen Sammlern dort zum Tausch oder Kauf anbieten möchte

Hr. Maier Kluge beugt sich über die Münzen, Zornesröte steigt plötzlich in ihm auf, sieht er doch unter den Münzen viele, die älter als 100 Jahre sind und nach seinem Verständnis nicht von privater Hand gehandelt werden sollen

Besorgt fragt Hr. Schmidt nach dem Wohlergehen jenes Hr. Maier Kluge, sieht er doch an der wechselnden Gesichtsfarbe, dass mit jenem etwas nicht zu stimmen scheint!

Hr. Schmidt: „Kann ich ihnen helfen? Geht es ihnen gut?“

Hr. Maier Kluge: „Mir geht es wieder gut, wenn ich sie hinter Gittern weiß!“

Hr. Schmidt, der nun einen zu Scherzen aufgelegten Hr. Maier Kluge vermutet, fragt verschmitzt: „Sind denn meine Preise so unverschämt teuer, dass sie mich deswegen gleich hinter Gitter bringen wollen?“

Hr. Maier Kluge, nun wieder etwas gefasster und aufrecht sich vor dem Hr. Schmidt aufbauend: „Glauben sie, dass sie der rechtmäßige Eigentümer dieser Münzen sind?“ Gleichzeitig zückt er sein Handy und wählt eine 1

Hr. Schmidt nun ein wenig verwundert über den Sonderling vor seinem Stand: „Ja, natürlich! Ich habe jede Münze, die sie hier sehen, selber gekauft!“

Hr. Maier Kluge: „So, wo denn? Zeigen sie mir doch bitte mal die Papiere!“ Er wählt eine weitere 1 auf seinem Handy

Hr. Schmidt: „Wie meinen sie das? Was für Papiere?“

Hr. Maier Kluge: „Ihre Kaufbelege für die Münzen! Herkunftsnachweise!“

Hr. Schmidt: „Über solche verfüge ich nicht! Viele der Münzen wurden über viele Jahre auf Münzbörsen wie dieser erworben. Ein Kaufbeleg ist hier nicht üblich. Einige habe ich auch von verschiedenen Händlern gekauft oder in Auktionen erworben, aber die Quittungen habe ich schon lange nicht mehr, da die Münzen eh nicht von der Steuer absetzbar sind!“ Hr. Schmidt lacht und schüttelt den Kopf über die seltsamen Forderungen seines Gastes

Hr. Maier Kluge wählt nun die 0 auf seinem Handy. Minuten später steigen zwei Polizeibeamte aus einem Blaulicht-funkelnden Dienstwagen und sammlen auf Forderung von Hr. Maier Kluge all die Münzen des Hr. Schmidt von seiner Auslage ein.

Der verdutzte Hr. Schmidt zu Hr. Maier Kluge: „Ist denn etwa eine Münze dabei, die ihnen mal gestohlen wurde? Davon wusste ich nichts!“

Hr. Maier Kluge: „Die Münzen wurden der ganzen Menschheit gestohlen! Sie wurden mit großer Sicherheit illegal ausgegraben!“

Hr. Schmidt: „Das ist wohl recht wahrscheinlich, dass die Münzen irgendwann mal im Boden gefunden wurden, aber was gibt ihnen die Gewissheit, hier behaupten zu können, dass das illegal geschah?“

Hr. Maier Kluge: „Sie haben keinen Nachweis, das reicht mir als Indiz! Und schauen sie hier, da klebt sogar noch Erde an den Münzen!“

Hr. Schmidt: „Ja, na klar! Die habe ich ja auch als Lot ungereinigter Münzen erworben samt der Erklärung des Verkäufers, dass die Münzen legal angeboten werden und mit Zollgenehmigung eingeführt wurden.“

Hr. Maier Kluge: „Das reicht! Die Münzen sind hiermit eingezogen und gehören ab sofort dem Staat!“ Er schaut sich um und erspäht auch auf all den Auslagen rechts und links neben Hr. Schmidt Münzen, die älter als hundert Jahre sind. Münzen ohne Herkunftsnachweise. Säcke füllen sich, erst kiloweise, dann tonnenweise. Tumult macht sich breit.

Hr. Schmidt wählt nun auch die 110 und meldet einen Raubüberfall. Minuten später ist die Anzahl der anwesenden Polizeibeamten größer als die der Münzsammler.

Ein hinzugerufener Staatsanwalt befragt Hr. Maier Kluge, wo denn die von ihm geforderten Nachweise von den Münzsammlern zu bekommen seien und wie sie nach seiner Meinung denn verfahren sollten, um seiner Rechtsauffassung gerecht zu werden?

Hr. Maier Kluge: „Sie dürfen gar keine Münzen sammeln, die antik sind, also älter als 100 Jahre! Die stammen sowieso nur aus Raubgrabungen!“

Ein Brite im groben Baumwolljacket hat den Disput verfolgt, schüttelt den Kopf, bittet Hr. Maier Kluge und den Staatsanwalt an seinen Stand: „Sehen sie, hier: All die Münzen, welche ich anbiete, stammen aus Grabungen! Sehen sie die Erdreste? Für jede Münze und jedes Artefakt gibt es eine Fundnummer. Jedes Stück wurde von britischen Denkmalschützern gesichtet, der Fundzusammenhang in einer Datenbak erfasst, die jedermann im Internet samt Bildern und Beschreibung einsehen kann. Diese Münzen hier erzählen alle eine Geschichte und haben zum Sammeln von Wissen über unsere Vergangenheit einen erheblichen Beitrag geleistet!“

Der Staatsanwalt: „Interessant! Also suchen und verkaufen in England die Denkmalschützer selbst die Münzen?“

Der Brite: „Nein, natürlich nicht! Dafür haben wir viel zu wenig Fachpersonal und viel zu wenig finanzielle Mittel. Die Finder melden ihre Fundstücke den Denkmalpflegern.“

Der Staatsanwalt: „ Also wird in England doch illegal gesucht und gegraben? Dann hat Hr. Maier Kluge recht!“

Der Brite: „Bei uns darf man legal suchen und graben, muss jedoch jeden Fund melden. Seit wir diese Praxis eingeführt haben, häufen sich die Fundmeldungen, bedeutende Funde konnten von Museen angekauft werden. Die Finder präsentieren der Öffentlichkeit oft sehr stolz, was sie nach Jahrhunderten und Jahrtausenden wieder zurück ans Tageslicht bringen konnten. Eine Quelle fast unerschöpflichen Wissens über Fundorte und historische Zusammenhänge ist seit Einführung dieser Regelung dem britischen Volk und der Wissenschaft ermöglicht. Schauen sie sich die veröffentlichten Fundmeldungen an und staunen sie! Besuchen sie unsere Ausstellungen und Museen!“

Der Staatsanwalt zu Hr. Maier Kluge: Werden sie nicht neidisch, wenn sie von ihren britischen Kollegen derartige Fundmeldungen zu hören bekommen? Wie ist die Regelung denn hier bei uns?“

Hr. Maier Kluge: „Das Suchen ist selbstverständlich in den meisten Bundesländern verboten!“

Der Staatsanwalt: „Und glauben sie, dass die Praxis so ausschaut, dass deswegen keiner sucht? Glauben sie, dass keiner mehr alte Münzen sammeln oder handeln wird?“

Hr. Maier Kluge: „Die, die suchen und auch mit Antiken handeln, werden wir mit aller Macht bekämpfen!“

Der Brite schüttelt mitleidig den Kopf, zu Hr. Maier Kluge: „Ich verstehe sie, aber ihr Ansatz führt zu keiner Lösung! Glauben sie, dass diese Praxis der Verunsicherung und Jagd auf Münzsammler das Problem lösen wird? Glauben sie nicht, dass die zunehmende Armut in der ganzen Welt nicht doch und immer mehr die Menschen dazu treibt, trotzdem zu graben, zu suchen, die Fundstücke dann irgendwie heimlich auf den Markt zu bringen für ein kleines Geld? Glauben sie, dass sie so an Wissen über Fundzusammenhänge kommen werden? Womit werden sie ihre Museen füllen? Mit bei Sammlern konfiszierten Münzen ohne Fundzusammenhang?“

Der Staatsanwalt notiert: Britisches Modell! Spannend! Ein gangbarer und naheliegender Weg für alle! Muss mal Hr. Maier Kluge befragen, warum er sich nicht für eine schnellstmögliche Umsetzung eines derartigen Weges wie den der Briten weltweit einsetzen will!? Dialog und Kooperation statt nicht haltbaren Verboten wären doch eine so naheliegende Lösung!

Der Staatsanwalt zu den Polizeibeamten: „Bitte alles Eingesammelte sofort wieder den rechtmäßigen Besitzern aushändigen!“

Er schnappt sich sein Mäntelchen und eilt zum nächsten Termin – Parteiversammlung. Einen neuen Tagesordnungspunkt wird er einbringen: Einen Blick auf die Insel werfen! Rechtssicherheit auch in Deutschland schaffen! Er denkt sich noch im Gehen: Eigentlich hat Hr. Maier Kluge Glück, dass er von Hr. Schmidt nicht auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt wurde... hat dieser ihm doch sicher gründlich den Tag versaut.
Und der Brite ist offensichtlich zu beneiden, war doch seine Kasse deutlich mehr gefüllt als die von Hr. Schmidt! Ob es daran lag, dass die Münzen des Briten ihre Geschichte preisgeben durften? Ob sie den Käufern und Sammlern deswegen mehr wert waren?
So muss es wohl sein! Gut für den Briten! Gut für die Briten! Ich freue mich auf meinen nächsten Flug auf die Insel und bin auf die vielen Ausstellungsstücke und Fundstücke gespannt! Vielleicht werde ich auch eine alte Münze als Souvenir kaufen?

Pro Dialog mit dem Denkmalschutz!
Pro gangbare Lösungen!
Gegen das unsichere Gefühl beim Münzensammeln, das man momentan noch haben muss!
Es gänge auch anders, wenn alle wöllten!

Mich interessiert, warum die britische Lösung sich noch nicht über die Insel hinaus in gewollte Praxis umgesetzt hat? Gibt es dafür eine plausible Erklärung?

http://www.muenzenwoche.de/de/Archiv/8?&id=15&type=n
http://www.muenzenwoche.de/de/Archiv/8?&id=42&type=a
http://www.muenzenwoche.de/de/Archiv/8?&id=176&type=n

LG
Mithras
Zuletzt geändert von Mithras am Do 25.10.12 19:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Im Dialog mit dem Denkmalschutz

Beitrag von Antoninus Pius » Do 25.10.12 16:57

Netter Dialog. Ich fände Münzen mit dokumentierten Fundumständen, etc. viel interessanter. Leider ist mir noch keine über den Weg gelaufen.

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Mithras
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Re: Im Dialog mit dem Denkmalschutz

Beitrag von Mithras » Do 25.10.12 18:53

Mithras hat geschrieben:Im Dialog mit einem Denkmalschützer

oder
Warum das englische Modell des Denkmalschutzes die einzig sinnvolle Lösung ist

...
Mich interessiert, warum die britische Lösung sich noch nicht über die Insel hinaus in gewollte Praxis umgesetzt hat? Gibt es dafür eine plausible Erklärung?
...
LG
Mithras
Und ich würde mich über einen (vielleicht hier?) tatsächlich stattfindenden Dialog frei von Anschuldigungen und Unsachlichkeit aller Beteiligten freuen, bei welchem sich auch mal die Denkmalschützer zu Wort melden!

LG
Mithras
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