Prager Groschen - für Anfänger

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MünzenPeter
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Prager Groschen - für Anfänger

Beitrag von MünzenPeter » Mo 07.08.06 11:51

Hallo an alle!

Ich möchte euch um eure Hilfe bitten! Ich habe hier einen Prager Groschen (mein neustes Stück :D , 2,6303g, 28,14mm).

Da ich mich in diesem Bereich nicht auskenne, möchte ich einige (vielleicht dilettantische :? ) Fragen an euch richten.

So wie ich das sehe, handelt es sich um ein Prägung von Wladislaus II 1471-1516 ? Könnt ihr mir das bestätigen?

Kann man das Prägedatum genauer bestimmen und wie?

Wie viele Pfennige gingen den so auf diesen Groschen?

Wurde er von Hand geprägt und wurde er (wie ich vermute) mit der Schere zurecht geschnitten?

Und zu allerletzte, im Schriftzug „PRAGENSES“ ist das „N“ falsch geschrieben (Spiegelverkehrt), ist das normal?

Jede menge Fragen von einem wissbegierigen Sammler. Ich hoffe ich überstrapaziere euch nicht?

Für eure Mühen und eure Hilfe bedanke ich mich schon mal im voraus!!!

Grüße Peter
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... und sollte die Welt einmal in Flammen aufgehen, dann wird man am Rande der Brandkatastrophe den Sammler sitzen sehen, wie er unbeirrt seine Kollektionen ordnet.

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Marc
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Beitrag von Marc » Mo 07.08.06 14:35

Ja er ist von Wladislaus II. Die Ronden wurden gestanzt. Man kann anhand von Beizeichen ( z. B. 'N' ) die Emission ( Prägezeit auf 1-3 Jahre genau ) bestimmen, dazu schreibe ich dir heut abend mehr ;)

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Marc
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Beitrag von Marc » Mo 07.08.06 14:36

So benutze ich den versehendlichen Doppelpost mal sinvoll für eine ausfühlichere Antwort 8)


Also, noch mal mit etwas mehr Zeit auf deine Fragen eingegangen :

Es handelt sich wie schon gesagt um einen Prager Groschen von Wladislaus II. 1471-1516. Da der König sehr lang lebte, und unter ihm der Prager Groschen seine 2. Blütezeit hatte, sind seine Groschen die häufigsten.

Als ich anfing zu sammeln ( Mitte 80ger Jahre ), waren Prager Groschen die günstigsten Groschen die es gab, problemlos unter 5 DM in maßen zu kaufen. Vor dem Mauerfall war Ostdeutschland und Osteuropa deutlich günstiger als heute ;)
Da ich Schüler war, waren sie eine kostengünstige Gelegenheit für mich. Ich kaufte einige und bestimmte sie, deshalb ist meine Literatur zu diesem Gebiet 20-40 Jahre alt und sicher überholt. Vielleicht kann ein anderer Sammler mit neuerer Literatur dienen. Ich kann dir nur mit dem Wissenstand um 1970 ( der war in den 80gern noch aktuell ) dienen.

Wenn du dich intensiver mit Prager Groschen beschäftigen willst kann ich dir die kurze aber einführende Beschreibung von Castelin empfehlen ( achte aber darauf das du die 2. Auflage bekommst ) :
Castelin, Karel : Grossus Pragensis, Der Prager Groschen und seine Teilstücke 1300-1547, Berlin 1967

Wenn du dich genauer mit den Prager Groschen und seinen Hintergründen zur Zeit Wladislaus II. beschäftigen willst :
Haskova, J. : Die Währungs- und Münzentwicklung unter den Jagellonen in Böhmen und Mähren (1471-1526), in : Sbornik narodniho muzea v Praze, Band 23, Prag 1969

Wenn du dich für die Varianten der Prager Groschen unter Wladislaus II. interessierst :
Haskova, J. : Studie o Jagellonskych grosich ( mit kurzer deutscher Zusammenfassung : Studie über die Jagellonengroschen aus den Jahren 1471-1526), in : Sbornik narodniho muzea v Praze, Band 22, Prag 1968
( ist aber nicht vollständig, ich besitze mehrere in der Aufstellung von 1968 noch fehlende Emissionen )

Wie du siehst ist meine Literatur schon recht veraltet ;)


So nun zu den weiteren Fragen :

- Dein Stück wurde höchst wahrscheinlich um das Jahr 1479 geprägt.

- Ab der Zeit Wladislaus II. nennet man den Pfennige 'Weispfennig' ( weise Farbe wegen des Silbergehaltes ) und er galt 1/7 Prager Groschen. Dann gab es noch Heller oder Schwarzpfennig zu 1/14 Prager Groschen.

- Sie sind von Hand geprägt, die Ronden wurden meines Wissen nach zu dieser Zeit ausgestanzt, die Schere benutzte man nur noch zum justieren.

- Es gib mehrere N-Variationen um die Stempel zu unterscheiden. Deine ist recht häufig, neben N und II.


So ich hoffe das beantwortet erst mal die drängensten Fragen ;)

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Marc
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Beitrag von Marc » Mo 07.08.06 17:33

Interessant wäre vielleicht noch, das im Jahr 1479 Böhmen kurz vor dem Staatsbankrott stand. Zu dieser Zeit war die Einnahmen der zentrale Münzstätte in Kuttenberg eine der wichtigsten Quellen zur Deckung der Schulden. Aber auch sie konnte nicht in geringsten genug erwirtschaften um die Zinsen zu bezahlen, obwohl sich Wladislaus nach seinem Regierungsantritt sofort um die unter seinen Vorgängern fast brach liegende Münzstätte kümmerte.

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Beitrag von MünzenPeter » Mo 07.08.06 21:57

Hallo Marc!

Zuerst meinen aller herzlichsten Dank für deine umfangreichen Ausführungen!
Ich habe gehofft einige Invormationen zu bekommen, du hast diese Hoffnungen bei weitem übertroffen. Nochmal meinen aller herzlichsten Dank.

Ich habe bisher nur Antike Münzen gesammelt, bis ich vor einiger Zeit auf einen Ludwig XVI (1779,1/2 Ecu) gestoßen bin. Ab da hat es mich dann ganz erwischt. Das Mittelalter hat mich schon immer interesiert, aber ich habe mich nicht recht getraut damit an zu fangen. In meinem ersten Münzenbuch war auch ein Bild von einem Prager Groschen. In den habe ich mich verliebt. Dann habe ich einen bei meinem Münzhändler gesehen und ich konte nicht wiederstehen (so kam ich zu meiner ersten MA-Münze). Jetzt habe ich mich entschlossen (auch durch deine ausführliche Beschreibung) mich mehr mit dem Mittelalter zu beschäftigen. Ich werde mich auch nach der von dier angegebenen Literatur umsehen und natürlich auch nach dem ein oder anderen Prager Groschen.
Besonders hat mir deine Ausführung in deinem dritten Beitrag gefallen, ich glaube mämlich das eine Münze erst recht wertvoll wird, wenn man die sie betreffende Geschichte kennt.

Von mir nochmal meinen besten Dank!

Grüße
Peter
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