Was ist das?

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supershine
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Was ist das?

Beitrag von supershine » Di 29.01.08 17:31

Hallo Zusammen,

mir ist eine Münze aufgefallen, die "so nicht stimmt".
1/2 Mark 1918 J, allerdings ist diese Münze etwas dünner, dafür aber mit mehr Durchmesser als meine Vergleichsstücke.
Gewicht überdurchschnittlich: 2,81g.

Auffällig sind die Streifen, und vom obersten bilde ich mir ein, dass er hinter der Krone längsgeht.
Woher rührt das? War der Rohling schon so, oder ein ein Stempelbruch?

Gruß supershine
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Pflock
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Beitrag von Pflock » Di 29.01.08 18:14

Also ich meine zu erkennen, daß die oberen 2 Kratzer auch auf der Krone zu sehen sind.
Ansonsten kann ich Dir nichts weiter dazu sagen.
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diwidat
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Beitrag von diwidat » Di 29.01.08 19:30

Wenn man das Prägejahr und die Deutsche Geschichte in einem festen Zusammenhang bringt, wird schon einiges klarer.
1918 war das letzte Jahr des 1. Weltkrieges und verlief chaotisch genug.
Silber wurde seltener und die Leute, die es sonst verarbeitet haben, standen an der Front.
In den Münzstätten arbeiteten Aushilfskräfte (mit Mindestlohn) die keine Beziehung zu den Münzen hatten und nur ihre Arbeit machten (meistens Frauen).
Da kommt es vor, dass beim Walzen der Zainen mal Unregelmäßigkeiten auftraten (Steifen, Maßunterschreitungen oder Dopplungen) die durch den Prägevorgang nicht mehr beseitigt werden konnten.
Die letzten Halb Mark Stücke wurden auch noch geschwärzt abgegeben, um die Hortung zu unterbinden.
Bei einem geschwärztem Stück hätte man die Streifen nicht gesehen.
Zuletzt geändert von diwidat am Mi 30.01.08 15:23, insgesamt 1-mal geändert.

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supershine
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Beitrag von supershine » Di 29.01.08 20:54

Das ist für mich interessant genug, um die Münze trotz Dublettenstatus zu behalten.

Danke diwidat für die schlüssige Erklärung.
Gruß supershine

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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Mi 30.01.08 19:27

Hallo diwidat,

wie sollte denn die Schwärzung die Hortung unterbinden?
Aus Silber waren sie ja trotzdem und hatten damit das richtige Gewicht, oder?
Viele Grüße
helcaraxe
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Beitrag von Dietemann » Mi 30.01.08 19:44

helcaraxe hat geschrieben:wie sollte denn die Schwärzung die Hortung unterbinden?
Aus Silber waren sie ja trotzdem und hatten damit das richtige Gewicht, oder?
Ja, aber sie sahen aus wie die Zinkmünzen und man hoffte einfach, dass sich die Leute täuschen ließen. Dass es Silber war wusste ja damals keiner. Vermutlich haben es die Leute trotzdem gemerkt und weiter gehortet.

Gruß Dietemann

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Beitrag von diwidat » Do 31.01.08 00:18

helcaraxe hat geschrieben:Hallo diwidat,

wie sollte denn die Schwärzung die Hortung unterbinden?
Aus Silber waren sie ja trotzdem und hatten damit das richtige Gewicht, oder?
Um sich in den Gedankengängen eines spätkaiserzeitlichen Finanzministers zurecht zu finden braucht es mehr als eine Taschenlampe.

Dass aber Leute keine Ahnung von dem haben, was sie in der Hand halten, kann man hier täglich nachvollziehen. und war sicherlich auch im Kalkül der damaligen Entscheidungsträger.

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Beitrag von memyself » Do 31.01.08 16:37

... Schließlich redet der Volksmund auch heute noch mit unbeugsamer Penetranz von "Silbermünzen", wenn die Teile aus Kupfer-Nickel oder von "Kupfer", wenn die Stücke aus dünn Kupfer-beschichtetem Eisen sind.

Was mich am Rande viel mehr interessiert ist die Anwort auf die Frage, zu welchem prozentualen Verhältnis die geschwärzten vs. normalen 1/2-Mark Stücken ausgegeben wurden.

Habe bisher noch keie Literaturzitat diesbezüglich gefunden - auch meine Anfrage an dieses Forum vor ca. 2 Jahren blieb leider unbeantwortet.

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Beitrag von supershine » Do 31.01.08 17:21

Ich meine mal gelesen zu haben, dass die Silbermünzen, resp. die Zaine damals aus Kostengründen nicht mehr gebeizt wurden
(wodurch sie sonst so schön silbern glänzten), und dadurch von alleine schon schwärzer wirkten.
Weiss jemand mehr darüber ?
Vielleicht wurde dann ja in der Tat noch zusätzlich geschwärzt, weil man festgestellt hat, dass der Hortungstrieb dadurch etwas nachliess.
Oder besteht vielleicht sogar die Möglichkeit, das gar nicht geschwärzt, sondern einfach nur nicht gebeizt wurde ?

neugieriger Gruß
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Beitrag von memyself » Do 31.01.08 19:44

worauf sich direkt die Frage aufdrängt: WIE wurde eigentlich geschwärzt bzw. gebeizt.

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Beitrag von supershine » Do 31.01.08 20:09

Zum Beizen, bzw. Weißsieden (Vorläufer) kann der geneigte Leser hier Etwas finden:
http://www.muenzen-lexikon.de/lexikon/b/pb099.html

Zum Schwärzen gibt heutzutage wohl verschieden chemische Helferlein,
namentlich ist mir nur NOIRIT ein Begriff (frisch ergooglet *g*), was damals Usus war, entzieht sich meiner Erkenntnis.

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Beitrag von diwidat » Do 31.01.08 22:52

Lange sammle ich meine Münzen noch nicht, aber der Beiz-Artikel in Anumis lässt einem den Numissaft auf dem Münzentablett gefrieren.

Warum sollen die BRD 5 Mark Stücke ein Messingaussehen haben??
Man war froh, dass die Silberschicht (Silber = weiß) an der Oberfläche durch das Beizen etwas dicker und höher konzentriert wurde, DAMIT die Münzen bei dem 625er Silber nicht so schnell wie Messing aussehen.

Weißsieden (wie beschrieben) ist eine alte Technik der Münzer und ihrer Herren (Münzherren) um die Münzen-Benutzer zu betrügen. Die Technik war schon den Römern bekannt.

Die Schwärzung von Silbermünzen war noch nicht so sehr in Anwendung. Understatement ist eine relativ neue Erfindung.
Man kann auch Gold versilbern, damit es unkenntlich wird. :lol:

Die Schwärzung wurde vermutlich mit Schwefel (z.B. Schwefelwasserstoff) vorgenommem.
Die schwarzen Münzen sehen schon abenteuerlich aus.
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Beitrag von memyself » Fr 01.02.08 07:46

Ich besitze selbst ein vz erhaltenes geschwärztes 1/2-Mark Stück.
Mir gefällt das irgendwie viel besser als die silbernen Verwandten in gleicher Erhaltung.

Nach wie vor würde mich interessieren, welchen Anteil am Gesamtvolumen die schwarzen Teile ausmachen. Es ist schon erstaunlich, dass diese Münzen ausgesprochen selten im Handel auftauchen. Sollte es tatsächlich so gewesen sein, dass die Leute damals auf den Trick hereingefallen sind und lieber die silbernen statt die schwarzen gehortet haben?

LG
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Beitrag von diwidat » Fr 01.02.08 13:38

Zur gleichen Zeit liefen im Reich noch viele andere Kleingeldmünzen um, die fast das gleiche Aussehen hatten, aber aus Eisen gefertigt waren.
Wie schon gesagt, die meisten Leute wissen nicht was sie in der Hand haben, abgesehen von den paar informierten Münzensammlern unter uns.

Der Mengenanteil der noch gut schwarzen Silber Halbmarks an der Gesamtmenge dürfte schon recht klein sein. Erstens hat sich das Schwarze abgerieben (und sieht dann noch wüster aus), zum anderen dürften wegen der Hortung der weißen Münzen diese ganz schnell eingetaucht worden sein, da die Besitzer an ein Schnäppchen dachten -> es ist ja nur Eisen (wie heute auch noch weit verbreitet).
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Beitrag von Pflock » Fr 01.02.08 17:47

diwidat hat geschrieben:...Weißsieden (wie beschrieben) ist eine alte Technik der Münzer und ihrer Herren (Münzherren) um die Münzen-Benutzer zu betrügen. ...
Das Weißsieden ist vom Verfahren her eigentlich nicht zum Betrügen geeignet. Mit diesem Verfahren wurde der Silbergehalt an der Oberfläche der Münzen angereichert, um zu verhindern, daß der hohe Anteil von Nicht-Silber-Metallen (Kupfer?) korrodiert. Zumindest war dies die Absicht bei den mittelalterlichen Hohlpfennigen.
Die Erhöhung des Silbergehaltes erreichte man aber nicht dadurch, daß man Silber hinzufügte, sonder daß man aus der Oberfläche die unedlen Metalle durch Säuren (?) herauslöste. Auf die ganze Münze gesehen verbesserte man damit den Silbergehalt.

Okay, die Münze sah dann vermutlich nach mehr Silber aus als sie tatsächlich enthielt. Vielleicht lag da das Potenzial zum Betrügen. :roll:
Gruß Pflock

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