mal was anderes - m mit viel drumrum

Münzen des alten Byzanz

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Truben
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mal was anderes - m mit viel drumrum

Beitrag von Truben » Fr 16.06.06 23:41

Ich habe hier eine Münze, durchaus anonym, wie die in den "Reihen" der letzten Beiträge, aber auf ganz andere Art. Sie ist 2 bis 2,4 cm breit und genau 4 Gramm schwer. Sie ist nicht wirklich selten, aber ein ganz passabler Vertreter ihrer Art, wie mir ein freundlicher Geist zuflüsterte :)
Viele neue Erkenntnisse beim Enträtseln wünscht
Truben
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Beitrag von Wurzel » Sa 17.06.06 00:18

Ach du Schreck,

das sieht ja fast so aus als wäre da ein Salvador Dali in der Prägestätte als Stempelschneider tätig gewesen. 8O 8O 8O 8O

Erinnert mich ein bisschen an die keltischen Imitationen der griechischen Drachmen, da ist dann auch alles Stilisiert.

Außerdem scheint mir das Stück nicht geprägt.

Vielleicht eine Imitation eines Nachbarvolkes im Gussverfaren hergestellt?



Liebe Grüße Wurzel
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Beitrag von Wurzel » Sa 17.06.06 09:59

Hallo Truben,
was mich auch stört ist das Metall, ein Follis sollte aus Kupfer oder Bronze sein, aber diese Münze ist silbern.

Die neben dem "M" befindlichen Zeichen sind wahrscheinlich die verstümmelten Überreste des ANNO links und der Jahreszahl rechts.

Liebe Grüße Wurzel
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Beitrag von Wurzel » Sa 17.06.06 12:24

So,

nach langem Suchen und Forschen traue ich mich jetzt mehr zu sagen.

Ich denke das wir hier eine barbarische Imitation eines Follis von Constans II vor uns haben.

Welche " Barbaren" diese Münze geschaffen haben vermag ich nicht zu sagen, aber das Münzmaterial, welches ich für Silber halte, läßt mich an die Langobarden oder vielleicht die Awaren, Bulgaren denken.

Ein interesantes Gebiet diese barbarischen Imitationen,. leider habe ich dazu nur wenig Literutur vorligen, und die Quellen im Netz sind auch nicht gerade ein Hort des Wissens. Anscheinend gibt es hier noch viel Nachholbedarf.

Als kleiner Nachtrag: diese Geschnörkel neben dem"Kaiser" könnte auch ein arbischer Schriftzug sein, da bin ich mir aber auch nicht sicher. Dann würde mich das an einen "stehenden Kalifen" erinnern, weiß aber nicht ob diese auch in Silber geprägt wurden.

Liebe Grüße Michael
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Beitrag von Truben » Sa 17.06.06 13:26

Lieber Michael,
Deine Vermutungen gehen ja schon ganz kräftig in die richtige Richtung! :) Allerdings ist das Material sauberes, blankes Kupfer oder eine Kupferlegierung. Der silbrige Schein kommt vom Halogenanteil aus der Mischbeleuchtung beim Fotographieren.
Lieben Gruß
Truben

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Beitrag von Truben » Sa 17.06.06 20:09

Na, ich lege mal eine Fährte nach, denn das ist doch nicht so einfach :)
Die Vorderseite zeigt griech. "KALON" = gut und arabisch "Bi-Hims" =
in Hims.
Gruß
Truben

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Beitrag von Wurzel » Sa 17.06.06 20:24

Hallo Truben,

ich bin zur Zeit bei der Arbeit und kann mich berufsbedingt erst heute abend/ Nacht genauer informieren. Habe leider erst um 22:00 Uhr Feierabend.

Liebe Grüße Michael
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Beitrag von Wurzel » Sa 17.06.06 22:37

So da bin ich wieder,

meinen Dienst habe ich hinter mich gebracht und ich kann jetzt 2 Wochen Urlaub genießen.

Zu Deiner Münze lieber Truben,

ich halte diese Münze für Lokalgeld der Stadt Hims, früher Emesa ( andere Schreibweise Homs, Emessa ) die 637 von den Arabern erobert wurde und 969 von Kaiser Nikepohoros II Phokas wieder für 4 Jahre zurückerobern werden konnte. Ich lege deine Münze wegen der zweisprachigen Beschriftung in etwa diese Zeit.
Arabisches Mittelalter und Frühe Neuzeit

Als die Byzantiner nach ihrer Niederlage gegen die Araber in der Entscheidungsschlacht am Jarmuk Syrien räumen mussten, fiel 637 Emesa ohne Widerstand in die Hand der Sieger. Zahlreiche Prophetengefährten ließen sich dort nieder. Durch eine starke Einwanderung von Jemeniten änderten sich die demographischen Verhältnisse nachhaltig. Im Bürgerkrieg zwischen Muawiya I. und Ali ibn Abi Talib ergriffen die Einwohner für Ali Partei.

944 wurde die Stadt von Saif ad-Daula eingenommen und kam so unter die Herrschaft der Hamdaniden von Aleppo. 969 eroberte der byzantinische Kaiser Nikephoros II. Phokas Homs, aber als die Byzantiner 973 abzogen, kehrten die Hamdaniden zurück. 995 konnten die Byzantiner unter Kaiser Basileios II. Homs erneut vorübergehend unter ihre Kontrolle bringen. In diesen Kämpfen wurden furchtbare Verwüstungen angerichtet.

Den Kreuzfahrern gelang es nie, Homs einzunehmen, vielmehr wurde die Stadt ein wichtiger Stützpunkt ihrer Gegner. Sie war vorzüglich befestigt und verfügte über ausgezeichnete Bewässerungsanlagen, wurde aber 1157 und 1170 durch Erdbeben verwüstet. 1175 eroberte Saladin die Stadt, beließ sie dann aber unter der Kontrolle einer lokalen Dynastie, der Asadis.

Im Verlauf des Mongolensturms wurde Homs 1260 von den Truppen Hülägüs eingenommen. Nach der Vertreibung der Mongolen übernahmen die Mamluken die Macht.

1516 geriet Syrien und damit auch Homs unter die Herrschaft der Osmanen. Die Stadt war seit dem Mittelalter für ihre Weberei und Seidenproduktion bekannt und ist auch in der Moderne ein Zentrum der Textilindustrie geblieben. Sie erlebte aber in der Osmanenzeit einen Niedergang; im späten 18. Jahrhundert soll sie nur noch ein Dorf von etwa 2000 Einwohnern gewesen sein.
gefunden hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Emesa

Denkbar ist auch eine art Notgeld nach der Eroberung duch Nikephoros II, um den Lokalen Geldmangel zu beheben.

Nebenbei: Truben ich wußte nicht das Du Arabisch und Griechisch sprichst :wink:

Liebe Grüße Wurzel
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Beitrag von Truben » So 18.06.06 01:07

Nö, ich spreche weder arabisch noch griechisch, was ich durchaus bedauere. Emesea hat eine wirklich bewegenden Geschichte. Die Münze ist ein Arabo-Byzantiner, eine Münze die nach der Islamischen Besetzung Syriens im 7. Jahrhundert geprägt wurde. Das Stück stammt aus der Münzstätte Hims / Emesa und imitiert umlaufende Münzen von Constans II, die Schriftzeichen sind teils griechisch (Umgangssprache im Byzantinischen Syrien ) und teils arabisch. Die Vorderseite zeigt griech. "KALON" = gut und arabisch "Bi-Hims" = in Hims.
Die Rückseite griech. EMHCIC = Emesa und arab. tayyib = gut.
Ansonsten sind die Münzen von Hims / Emesa die häufigsten Arabo- Byzantiner.
Diese Informationen verdanke ich unserem guten Geist, dem ich auf diesem Weg herzlich danke. Der Geist wies noch darauf hin, dass diese Münzen von den byzantinischen Münzmeistern im Auftrag der neuen arabischen Herren gefertigt wurden.
Du hast in Deinem ersten Beitrag darauf hingewiesen, das diese Münze wie gegossen wirkt. Diesen Eindruck habe ich auch, er wird jedoch nicht von Anastasius geteilt. An diesem Punkt bin ich etwas ratlos, da die Münze Stellen aufweist, die an Luftblasen beim Guss erinnern.
Liebe Grüße und einen schönen Urlaub
Truben

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Beitrag von Wurzel » So 18.06.06 01:15

Also lag ich doch recht Falsch,

was mich nicht sehr wundert :wink:

Die Arabisch Byzantinischen Münzen sind ja doch ein weites Feld.

Zum Thema Guß:

Die Münzen hat sicherlich einige poröse Stellen, aber bei genaueren hinsehen sehe ich auch Zeichen für eine Prägung, so ist der Absatz zwischen Kaiserbild und Münzugrund für meine Meinung zu Scharf um gegossen zu sein.
Deswegen bin ich entgegen, meines ersten Postings, eher geneigt die "Löcher" als Korrosionspuren zu sehen.

Deine Münze ist aber recht interesant, Gratulation!
Ich hatte ja schon erwähnt, das sie mich ein bisschen an die Keltischen Imitiationen der griechischen Drachmen erinnert.

Der Verlust der normalen Byzantinischen Elemente, die durch Sinnlose Zeichen ersetzt wurden, die nur noch erahnen lassen was da im Ursprung gemeint war vollzog sich bei den Kelten genauso.

Liebe Grüße Michael
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Beitrag von Truben » So 18.06.06 01:31

Wurzel hat geschrieben:Also lag ich doch recht Falsch
Nein, überhaupt nicht. Du hast doch völlig richtig auf Constans II und arabische Schriftzeichen getippt. :D
Lieben Gruß und gute Nacht
Truben

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...hier habe ich auch gerätselt, bis...

Beitrag von Scheleck » So 18.06.06 10:49

ich durch unseren Ghost auf den richtigen Pfad gebracht wurde.
Gruß Scheleck
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Gew.: 3,66 gr., Dm.: 21,5 mm.
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Gew.: 3,4 gr., Dm.: 19,3 / 22,5 mm.
Das Auge schläft, bis es der Geist mit einer Frage weckt.

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