Lehrlingsarbeit?

Münzen des alten Byzanz

Moderator: Wurzel

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Truben
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Lehrlingsarbeit?

Beitrag von Truben » Di 20.11.07 21:55

Helft mir doch bitte weiter.

AV Christusbüste und Umschrift
RV Kaiser und St. Konstantin
Müßte ein Alexios III ANGELOS (1195-1203) sein,oder? Eine recht häufige Münze.

Bei der "Feinbestimmung" müßte jetzt der Petzlaff weiter helfen, wenn, ja wenn zunächst mal die Gürtelschnalle des Herrschers aufzuklären wäre.

Auf den ersten Blick besteht sie aus 6 Perlen wie die rechte Gürtelschnalle des Heiligen. Dann wäre diese Münze eine bulgarische "Imitation". Aber ich sehe, dass die obere Perlenreihe rechts und links über den Perlen diagonale Streifen hat, wie bei einem Andreaskreuz.
Bei genauer Betrachtung kann man auf dem Detailfoto sehen, dass die beiden oberen Eckperlen zunächst da waren und im Stempel nachträglich die diagonalen Striche des Andreaskreuzes geschnitten wurden.

Wenn die Bulgaren tatsächlich bewußt andere Merkmale prägten (wovon ich überzeugt bin), dann hätten sie auf die Diagonalen verzichtet. Wenn diese Münze also von den Byzantinern hergestellt wurde, dann wurde hier ziemlich geschlampt. Oder ist das eine "Lehrlingsarbeit"? Dagegen spricht eigentlich die ansonsten ganz ordentliche Ausprägung des Münzbildes. Ist das also eine "echte" Fehlprägung?

Nebenbei - wenn dies ein Byzantiner ist, dann gibt die Münze einen hübschen Hinweis auf die Herstellungstechnik der Andreaskreuze. Zuerst wurden Kugelpunzen gesetzt, die im zweiten Schritt zu den diagonalen Strichen erweitert wurden. Im Falle dieser Münze hier geschah das nur nachlässig.

Was haltet Ihr davon? Wie würdet Ihr die Münze bestimmen? Ich bin gespannt auf Eure Meinung!

Gruß

Truben
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Truben
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Beitrag von Truben » Mi 21.11.07 08:05

Gerade gefunden, eine kleine Ergänzung. Im Vergleich mit diesem Prachtexemplar
http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?t=19331
fallen mir noch zwei nicht mit der Gürtelschnalle zusammenhängende Auffälligkeiten auf! :-)

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petzlaff
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Beitrag von petzlaff » Mi 21.11.07 11:43

@truben

Ich denke, es handelt sich um einen Ersatz von abgenutzten Punzen, insofern ein reines Zufallsprodukt zweifellos original byz. Ursprungs.

Dem kommt mit Sicherheit KEINE administrative Bedeutung zu, aber ist schön anzusehen und als feine kleine Rarität zu betrachten.

@scheleck

dein Andreaskreuz ist vermutlich von einem übereifrigen, sich profilierenden Graveur aus einer "Gold-Offizin" graviert worden - ebenfalls ein wundervolles Stück, welches aber auch nur als Präge§zufall" zu katalogisieren wäre.

LG
petzlaff
Liebe Grüsse

petzlaff

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Beitrag von Truben » Mi 21.11.07 16:21

Danke Petzi! :-)

Dann liefere ich mal noch die zwei Auffälligkeiten nach.

Auf der obrigen Münze verlaufen die Schäfte beider Labaren vor den Armen, auf Schelecks Münze (siehe Link weiter oben) dahinter. Dies scheint der Regelfall zu sein, zumindest auf den paar, die ich mir heute früh noch angesehen habe.
Zu der Position des Schaftes hatten wir hier mal eine Diskussion, aber ich erinnere mich nicht mehr, ob es sich um diese Münze handelte und welche Bedeutung dies hatte.

Zweite Auffälligkeit: Auf Schelecks Münze haben der Herrscher und der Heilige auf den Oberarmen eine zusätzliche, in eine Falte gefaßte Perle, bei der obrigen sind die Oberarme "glatt". Vielleicht wurde das vor sehr langer Zeit mal unter dem Stichwort Schulterperle diskutiert.

Danke noch einmal und viele Grüße
Truben
Zuletzt geändert von Truben am Mi 21.11.07 16:45, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von dionysus » Mi 21.11.07 16:34

Hallo,

Das Phänomen mit Labarumschaft und Schulterperle kann ich scheinbar bestätigen.

Ich hab bei meinen Alexiussen mit Andreaskreuz folgende Kombinationen vorliegen:
Schaft vor dem Arm, Perle in Halbkreis auf Alexius`r. Oberarm. - Pe. 8.2a1-xx (?/?/A//6/4/6).
Schaft vor dem Arm, ohne Perle und Halbkreis auf Alexius`r. Oberarm. - Pe. 8.2a1-010 (6/3/A//5/3/6) mit Sternen!
Schaft hinter dem Arm, Perle in Halbkreis auf Alexius`r. Oberarm. - Pe. 8.1-xx (5/3/A//?/3/6).

Gruß
Maico
Wer nicht von dreitausend Jahren
sich weiß Rechenschaft zu geben,
bleib im Dunkeln unerfahren,
mag von Tag zu Tage leben. - Goethe -

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Beitrag von Basil » Mi 21.11.07 17:19

Hallo Truben,

ich habe mir Deine Münze lange angeschaut und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß hier ein nachgeschnittener Stempel vorliegt und zwar eine wirklich professionelle Arbeit. Deutlich zu sehen ist der Nachschnitt von Gürtelschnalle und Labarum. Erstens die Profiltiefen von Labarum und Legende passen nicht zusammen. Zweitens der untere Rand der Gürtel- schnalle ist doppelt von unterschiedlicher Tiefe. Die beiden Perlen in der Gürtelschnalle wurden in der Nachbearbeitung nicht punziert sondern mit einem Ziseliermeißel gestochen (sie sind nicht gleich).

Gruß Basil

Truben
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Beitrag von Truben » Do 22.11.07 05:52

Hallo Basil,
der Nachschnitt des Labarums ist mir garnicht aufgefallen :oops:
Ich habe mir daraufhin bei stärkerer Vergrößerung die Münze flach über den Rand angesehen und festgestellt, dass es wohl noch mehr Stellen gibt, bei denen am Stempel nachgebessert worden sein kann. Was am Stempel nachgeschnitten wurde, das ist ja auf der Münze dann erhabener. Und mehrere Linien machen ziemliche Kurvenfahrten in ihrer Höhe, ohne nachträglich beschädigt zu wirken.
Das ist eine ungewöhnliche Perspektive, die ich in Zukunft öfter einnehmen werde. Vielen Dank Basil!

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