Zerknautschtes aus Milet

Griechische Münzen des Altertums

Moderator: Numis-Student

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Altamura2
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Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von Altamura2 » So 30.12.12 17:45

Beim Durchsehen meiner 1/12 Stater aus Milet ist mir dieser hier aufgefallen, der mir etwas merkwürdig vorkommt:
Milet_seltsam_05.JPG
Er ist mit 8 mm vielleicht ein wenig kleiner als üblich, mit einem Gewicht von 0,84 g aber schon am unteren Rand, der Schnitt liegt da eher bei knapp 1,2 g.

Der Avers ist ziemlich abgenutzt, aber man erkennt am unteren Rand die Löwentatze nach rechts, so dass es schon ein zurückblickender Löwe mit Kopf nach links sein wird.

Stutzig macht mich der Revers. Zum Einen ist der Rand des Incusums nicht sauber begrenzt, auf der rechten Seite läuft er in das Ornament hinein. Vielleicht ein Stempelbruch?
Zum Anderen kommt mir das "florale Element" sehr grobschlächtig vor. Die kleinen Palmetten sind fast zu Kugeln verkümmert, die Kugel in der Mitte ist recht deformiert (oder der Stempel hier auch gebrochen), und von den Linien, die die Palmetten sonst verbinden, ist rein gar nichts zu sehen.

Ich dachte auch schon an eine antike Nachahmung oder eine gefütterte Münze. Von Letzterem hab' ich nämlich auch eine (vielleicht mein interessantester 1/12 Stater :wink: ), die wäre vom Gewicht her ähnlich, vom Stil oder der Ausführung her (sofern man da noch was erkennen kann :? ) aber besser.
Milet_fourrée_04.JPG
Habt Ihr so etwas wie mein leicht verunglücktes Exemplar oben schonmal gesehen?

Gruß

Altamura

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quinctilius
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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von quinctilius » So 30.12.12 21:14

Hallo Altamura,

wir haben ja vorhin schon anderenorts über die milesischen 12tel Stater diskutiert ;-)
ich habe eine ganze Reihe von denen aber ich habe ähnliches wie die von Dir gezeigten Stücke noch nicht gesehen.
Beides sehr interessante Exemplare.
Vielleicht ein Hinweis zu Deinem "verunglückten Exemplar", Becker schreibt:

"Es gibt vereinzelte Obole, die im 5. Jh. geprägt wurden und sich klar von den archaischen, inklusive aller unseres Fundes, unterscheiden46. Es sind flache Gepräge mit einem neuen Rosettenschema, von dem Vorstufen bereits in der letzten Serie des Fundes auftauchen47. Ausserdem wird auf attischen Hemidrachmen zusätzlich ein neuer Vorderseitentypus eingeführt: der geduckte Löwe. Die Rosette auf der Rückseite bleibt48. "


Möglicherweise ein spätes Exemplar aus dem 5. Jhd. ? Die Stücke wurden bekannterweise in kriegerischen Zeiten geprägt, möglicherweise eine Art Notprägung aus der Zeit des Ionischen Aufstandes ?

VG
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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von Altamura2 » So 30.12.12 22:57

quinctilius hat geschrieben:... Becker schreibt: ...
Damit ist was Anderes gemeint, z.B. hier http://retro.seals.ch/digbib/view?rid=s ... owse2&id3= auf Seite 20 die Nummer 1.
Diese Münzen sehen genauso aus, wie Prägungen, die mit einem E über der Löwennase eindeutig Hekatomnos zugeordnet werden können:
http://www.acsearch.info/record.html?id=467944
http://www.acsearch.info/record.html?id=138126
http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=143778

Gruß

Altamura

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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von quinctilius » So 30.12.12 23:18

..hm aber das Stück liegt auf jeden Fall außerhalb der normalen Variationsbreite. Ich frage mich, ob eine Nachahmung mit geringerem Gewicht Sinn gemacht hätte. Ich vermute, dass das Gewicht solcher Münzen eh bei Geldtransaktionen überprüft wurde. Ich halte die Vorstellung für reizvoll, dass es sich um ein späteres Stück (oder evtl. auch früher ? Prototyp ?) handelt. Die von Dir gezeigten Exemplare belegen ja, dass das Münzbild mit 494 v. Chr, nicht endete, also irgendeine Kontinuität muss es wohl gegeben haben.

VG
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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von quinctilius » Mo 31.12.12 11:13

...kennst Du dieses Stück ? Sieht auch irgendwie "verwildert" aus.

VG
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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Mo 31.12.12 16:51

Angesichts des dicken Löwenkinns und des von rechts in das Incusum auf dem Revers hineinragenden Zapfens (den Becker als M interpretiert) müsste das zu Beckers Früher Serie gehören, die er auf 540-530 BC datiert.
Die Palmetten sehen schon ein Bisschen arg linienförmig aus, aber so ungewöhnlich finde ich das jetzt nicht. Hier z.B. ein diesbezüglich ähnliches Exemplar: http://www.acsearch.info/record.html?id=601468

Gruß (und guten Rutsch :D )

Altamura

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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von quinctilius » Di 01.01.13 13:46

...bei dem Stück gibts auch einen Stempelbruch auf dem Revers. Die einfachste Erklärung (auch für Dein o.a. Stück ?) wären ja unterschiedliche Qualtitäten bei den Stempelschneidern, wäre ja ganz normal, dass mal ein Stempel in der Qualität abweicht, würde auch die Seltenheit solcher Stücke erklären. - Ja von der Serie mit Zapfen habe ich auch einige Stücke. Mein schönstes Exemplar ist hier abgebildet.
Frohes Neues Jahr :-)

VG
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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von divus » Mi 02.01.13 16:16

Hallo liebe Freunde des kleinen Geldes - ich wünsche Euch ein Gutes Neues Jahr!

Das Stück von Altamura ist in der Tat eigenartig und kommt mir nicht unbedingt so vor wie ein vernutzter Stempel (wie im Beispiel von Quinctilius).

Kannst Du eine subaerate Fütterung sicher ausschließen?

Grüße!

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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Mi 02.01.13 18:06

divus hat geschrieben:... Kannst Du eine subaerate Fütterung sicher ausschließen? ...
Um das tun zu können, müsste ich die Münze wohl aufsägen, da mir Gerätschaften der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung leider nicht zur Verfügung stehen :? .
Und darauf (also das Zersägen) würde ich dann eigentlich doch lieber verzichten :wink: .

Von außen sehe ich nichts, was direkt auf eine Fütterung schließen ließe. Es gibt allenfalls eine Stelle auf dem Avers, am unteren Rand der Löwenmähne direkt oberhalb der Tatze, die verdächtig sein könnte.
Dort wird die Mähne nach unten durch eine recht scharfe Kante abgeschlossen, was fast wie der Rand einer aufgelagerten Schicht aussieht. Ein Bisschen erkennt man das auch auf dem Photo. Aber ob das als Indiz ausreichen ist?

Gruß

Altamura

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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von divus » Mi 02.01.13 21:18

Altamura2 hat geschrieben:Von außen sehe ich nichts, was direkt auf eine Fütterung schließen ließe. Es gibt allenfalls eine Stelle auf dem Avers, am unteren Rand der Löwenmähne direkt oberhalb der Tatze, die verdächtig sein könnte.
Dort wird die Mähne nach unten durch eine recht scharfe Kante abgeschlossen, was fast wie der Rand einer aufgelagerten Schicht aussieht. Ein Bisschen erkennt man das auch auf dem Photo. Aber ob das als Indiz ausreichen ist?

Gruß

Altamura
Hmm... Die Stelle habe ich auch bemerkt und dachte, möglicherweise kann man dort etwas subaerates entdecken. Aber es sieht in der Tat eigentlich nicht typisch aus.

Interessant, ob es nun doch ein so stark vernutzter Rv.-Stempel war, der vielleicht mangelhaft nachgeschnitten, also erneuert wurde?

Oder vielleicht doch eine zeitgenössische Imitation? Was ja nicht ganz auszuschließen wäre, mir sind aber keine frühen, imitativen Kleinsilberstücke bekannt (zumindest fällt mir dazu nichts ein)...

Grüße!

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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von quinctilius » Mi 09.01.13 20:15

ich poste mal einige 12tel Stater aus Milet, die mir im Avers relativ - sagen wir mal vereinfacht - vorkommen. Ich habe noch keinen Versuch unternommen, sie einer der Gruppen von Pfeiler oder Becker zuzuordnen. Alle 3 Stücke werden derzeit vom selben Ebay Händler angeboten.

VG
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Re: Zerknautschtes aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Mi 09.01.13 21:31

quinctilius hat geschrieben:... die mir im Avers relativ - sagen wir mal vereinfacht - vorkommen. ...
8O . :wink: .

Gruß

Altamura

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