Kleinsilber Typ Gurina

Keltische Münzen

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frank61
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Kleinsilber Typ Gurina

Beitrag von frank61 » Di 23.12.14 22:14

Hallo zusammen,

derzeit versuche ich, die Geschichte der keltischen Kleinsilbermünzen der Typen "Gurina" (in Kärnten) und "Eis" (Fundort eines Hortes bei Völkermarkt) zu recherchieren. Ich möchte möglichst viel über diese Münze herausfinden, die ich in der Anlage dargestellt habe. Sie wurde in der Nähe von Salzburg gefunden und befindet sich derzeit in einem lokalen Museum (ich hatte sie heute aber einmal in meiner Hand).

Die Literatur ist leider so schnelllebig, dass ich kaum verlässliche Informationen finden kann.
Wer kann bitte etwas zu der Historie der beiden Typen Gurina und Eis sagen?
Wurden diese Kleinsilbermünzen, auch Obole genannt, zusammen mit den Tetradrachmen von Adnamati, Nemet & Co etwa ab 80 v. Chr. geprägt oder doch schon früher?
Bezüglich der Prägestätten scheint es wirklich keine verlässliche Info zu geben (Magdalensberg, Karlstein etc.), oder?

Daten der gezeigten Münze:
Dm: 8-9mm, Gewicht: 0,67g

Welchem Typen nach Dembski (z.B. 832...839) entspricht der Rv-Stempel?

Hoffentlich gibt es jemanden, der mir helfen kann...

Herzliche Grüße in die Runde und ...schöne Weihnachten!
Frank
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pottina
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Re: Kleinsilber Typ Gurina

Beitrag von pottina » Mi 24.12.14 09:20

Hallo frank61,

erst einmal "Herzlich Willkommen" im Numismatikforum.

Leider kann ich dir nicht helfen.
Habe solch eine Münze wie du sie zeigst noch nie gesehen.
Sie gefällt mir ausgesprochen gut.

Hier im Forum gibt es aber einige Spezialisten von denen dir bestimmt einer helfen kann.

Wünsche dir ein frohes Fest,
PoTTINA

docisam
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Re: Kleinsilber Typ Gurina

Beitrag von docisam » Mi 24.12.14 16:01

Hallo Frank,

auch von mir herzlich Willkommen. Einige Münzen des von Dir gezeigten Typs sind in folgendem Aufsatz publiziert (Nr. 1-40):

Peter Kos, Ein "Schatzfundkomplex" norischen Kleinsilbers aus Celje. Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 26, 1976, 25-29.

Online unter:

http://www.academia.edu/361946/Ein_Scha ... _pp._25-29

http://www.bngev.de/wp-content/uploads/ ... d-XXVI.pdf

BNGeV = Bayerische Numismatische Gesellschaft e.V.

Viele Grüße und schöne Weihnachten,

Docisam

PS: Für alle anderen auch frohe Weihnachten und guten Rutsch!

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Re: Kleinsilber Typ Gurina

Beitrag von frank61 » Do 25.12.14 12:47

Hallo Docisam,

vielen Dank für die Antwort. P. Kos hat einige frei zugängliche und gute Artikel geschrieben, die gerade die früheren Aussagen anderer Numismatiker mindestens in Frage gestellt haben. Diese Informationen sind bereits in meiner Frage verarbeitet.
Auch geht es nicht um andere Kleinsilbermünzen, die bereits zur Zeit der Kugelreiteremissionen geprägt wurden (hierzu ist der Artikel von P.Kos 2013, "Silver fractions of the "Kugelreiter" tetradrachms" sehr hilfreich gewesen).

Fraglich ist also nur das folgende:
1. Gab es zuerst die "Eis"-Kleinsilberemissionen oder waren die Gurina-Prägungen womöglich gleichzeitig?
2. Wurden diese beiden Gruppen bereits ab 80 v. Chr. geprägt oder erst später?
3. Gibt es aktuelle Hinweise zu den Prägeorten?

Ich weiß, dass diese Fragen sehr speziell sind, aber wenn es im Forum Experten gibt, dann freue ich mich sehr auf eine Diskussion.

Herzlichen Dank für jede Antwort!

Viele weihnachtliche Grüße
Frank

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Re: Kleinsilber Typ Gurina

Beitrag von docisam » Do 25.12.14 14:29

Hallo Frank,

da ich gerade nicht zuhause bin und bis Anfang Januar nicht in der Lage bin, ausgiebig zu recherchieren, kann ich derzeit auf die Fragen 1 und 2 nicht antworten, und zur Klärung von 3 nur sehr bedingt beitragen. - Münzstempel "die beide Male über ein Doppelkreuz mit Punkten in den Winkeln verfügen und zur Herstellung von Kleinsilbermünzen Verwendung gefunden hatten" (Ziegaus 2014, S. 20), wurden in Karlstein und auf der Grurina gefunden (Ziegaus 2014, Abb. 7, 1 und 7, 2):

www.academia.edu/8188791/Die_Werkzeuge_ ... _2014_3_29

Allerdings tauchen keltische Münzwerkzeuge oftmals weit abseits der vermuteten Prägeorte auf. Die Lokalisierung von Prägestätten kann wohl eher durch Fundkartierungen geschehen, als durch einzelne Stempel. Insofern bin ich selbst auch auf weitere Antworten gespannt.

Viele Grüße,
Docisam

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Re: Kleinsilber Typ Gurina

Beitrag von docisam » So 04.01.15 21:35

Hallo Frank,

in dem Aufsatz

Andreas Lippert und Günther Dembski, Ein weiterer keltischer Münzopferplatz am Mallnitzer Tauern (Salzburg/Kärnten). Archäologisches Korrespondenzblatt 43 (4), 2013, 523-534.
Zusammenfassung : http://web.rgzm.de/a/article/ein-weiter ... rnten.html

gehen die Autoren auf die Datierung der Obole vom Typ Gurina ein. Am Anfang der Entwicklungsreihe stehen die von Dir erwähnten Kleinsilbermünzen vom Typ Kugelreiter (Nr. 1 des Aufsatzes), die "um 150 v. Chr. oder nur knapp danach" angesetzt werden. Danach datieren anscheinend Münzen (Nr. 2 und 3 des Aufsatzes) mit einem "schönen, ebenfalls nach links gerichteten Kopf und im Revers ein dreifaches Linienkreuz, das nur einen Zentralpunkt besitzt". Sie könnten noch zur ersten norischen Prägegruppe zählen, die nach 150 v. Chr. eingesetzt hatte und "wohl nicht über den Raubzug der Kimbern und Teutonen (113 v. Chr. / Schlacht von Noreia) hinausreichen dürfte". Die übrigen norischen Obole (Nr. 9-15 des Aufsatzes) "gehören sicherlich in die zweite norische Prägephase, die vermutlich von etwa 90 v. Chr bis zur Mitte des 1. Jahrhunderts gereicht hat".

So wie ich verstanden habe, beruht die Datierung der verschiedenen Prägephasen auf verschiedenen Indizien und Vermutungen, es gibt aber nur für die ältesten Münzen der Entwicklungsreihe eine wirklich gute Begründung der Datierung.

In dem Aufsatz

Peter Kos & Beatriče Žbona Trkman, A Hoard of Roman Republican and Norican coins from the vicinity of Kobarid. Arheološki vestnik 60, 2009, 271–282.

online: http://av.zrc-sazu.si/pdf/60/AV_60_Kos_Zbona.pdf

wird u.a. eine Kleinsilbermünze vorgestellt, die den Nrn. 2 und 3 von Lippert und Dembski entspricht. Sie wiegt 0,68 g. Der Münzfund aus der Umgebung von Kobarid wird aufgrund der römischen Münzen in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. datiert. Da der von Dir vorgestellte Obol mit 0,67 g nur unwesentlich leichter ist, können diese Münze und auch einige andere, die ich im östereichischen Forum vorgestellt hatte, eigentlich nicht viel jünger sein.

http://www.numismatik-cafe.at/viewtopic ... ina#p43349

Die Datierungsansätze von Lippert & Dembski halte ich deshalb für plausibel.

Viele Grüße,
Docisam

PS: Dir und allen anderen alles Gute für 2015!

frank61
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Re: Kleinsilber Typ Gurina

Beitrag von frank61 » Sa 07.02.15 19:20

Hallo Docisam,

vielen Dank für die Antwort. Inzwischen habe ich weiter recherchiert und möchte zu deinen Ausführungen noch hinzufügen, dass die letzten Kleinsilberprägungen der sog. "Westnoriker" wohl doch bis in die Zeit des Kaisers Claudius nicht nur in Umlauf gewesen sind, sondern auch noch geprägt wurden, um den Mangel an kleinen Silbermünzen (unterhalb des Denars) auszugleichen. Diese Meinung wird auch von Prof. Strobel aus Klagenfurt vertreten, Prof. Demski ist hingegen eher skeptisch.

Quelle:
K. Strobel, Das Regnum Noricum, die sogenannte norische Münzprägung und Rom. Frühe Kontakte als Vorspiel von Annexion und Romanisierung – Fiktion oder Realität? Mit einem Appendix zur Noreia-Frage. Archaeologia Austriaca 96, 2012, 11-34.

Bezüglich der Prägestätten kann ich noch ergänzen, dass kürzlich ein Prägestempel in Schwarzach i. Pongau gefunden wurde, der für eine keltische Kleinsilbermünze genutzt worden ist. Leider lag er in der Humusschicht und taugt so wenig zur exakten Datierung. Zusammen mit diesem Stempel wurde auch eine Tetradrachme des Copo gefunden, die dem Ende der ersten Prägephase der "Noriker" zuzurechnen ist (am Ende der Kugelreiterphase, wohl von den Karnern in Norditalien geprägt), also etwa 120 v. Chr. So war diese Münze extrem lange im Umlauf (sie sieht auch entsprechend abgegriffen aus). Wie dies mit dem Greshamschen Gesetz zu vereinen ist, dass die silberärmeren die silberreicheren Münzen im Geldumlauf verdrängen, ist mir nicht ganz klar, denn nach 82 v. Chr. beginnt ja die zweite Phase der norischen Münzprägung mit Tetradrachmen fast ohne Silbergehalt. Hier suche ich noch nach Antworten...

Quelle:
R. Kastler/W. Moser-Schmidl, Ein Stempel prägt die Wirtschaft. In: M. Hochleitner (Hrsg.), Archäologie in Salzburg. Begleitband zu den Ausstellungen „Archäologie?! - Spurensuche in der Gegenwart“, Salzburg Museum, 19. Oktober 2013 bis 8. Juni 2014 und „Wirklich wichtig - archäologische Highlights erzählen ihre Geschichte“, Keltenmuseum Hallein, 19. Oktober 2013 bis 27. Juli 2014. Archäologie in Salzburg 6 (Salzburg 2013), 158-159.

Herzliche Grüße in die Runde
Frank61

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Re: Kleinsilber Typ Gurina

Beitrag von docisam » So 22.02.15 10:18

Hallo Frank61,

wenn auch spät herzlichen Dank für die Literaturhinweise! Ich möchte meinerseits einen Link aus dem österreichschen Forum angeben, in dem ein norischer Obol mit Eberkopf vorgestellt wird:

http://www.numismatik-cafe.at/viewtopic.php?f=44&t=5776

Die norische Münzprägung bleibt ein spannendes Thema.

Viele Grüße,
docisam

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