Friesacher Pfennig (war mal: 'Unbekannter Silberling')

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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klosterschueler
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Friesacher Pfennig (war mal: 'Unbekannter Silberling')

Beitrag von klosterschueler » Sa 11.08.07 11:17

Liebe Numismatikfreunde!

Anbei ein kleiner Silberling, und wie ihr wisst, Mittelalter a) nicht mein Spezialgebiet und b) bei Münzen aus dieser Zeit ist ja mehr an Erfahrung nötig als zu späterer Zeit.

Euer Klosterschüler, der hofft, mit dem Mittelalter nicht denebengehaut zu haben
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Zuletzt geändert von klosterschueler am Sa 11.08.07 13:21, insgesamt 3-mal geändert.
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Salier
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Beitrag von Salier » Sa 11.08.07 13:05

Hallo Klosterschüler,
das ist ein sogenannter Friesacher Pfennig, Münzstätte Krems geprägt unter Bischof Eberhard II. 1200-1246.

schöne Grüße
Salier
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Beitrag von klosterschueler » Sa 11.08.07 13:18

Hallo Salier!

Vielen herzlichen Dank für die Info - jetzt kann ich auch den sauber einordnen.

Anbei eine Erklärung von der Website des Kunsthistorischen Museums:
Vorderseite: Brustbild des Erzbischofs frontal, in der Rechten Krummstab, die Linke segnend erhoben.
Rückseite: Dreitürmiges Kirchengebäude.

Der Friesacher Pfennig aus Kärnten entwickelte sich zur ersten überregionalen Handelsmünze des Mittelalters im Südostalpenraum. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen schufen die neuentdeckten Silbergruben des Kärntner Landes, die gerade um Friesach besonders ergiebig waren. Hauptmünzstätte war die namengebende Stadt Friesach, die damals im Besitz des Erzbistums Salzburg stand und von Erzbischof Konrad I. zum Verwaltungszentrum der Salzburger Besitzungen in Kärnten ausgebaut wurde. Neben den Salzburger Erzbischof trat der Kärntner Herzog, der in St. Veit ein eigenes Münzamt errichtete. Darüber hinaus versuchten noch zahlreiche andere geistliche und weltliche Herren, die in Kärnten oder angrenzenden Gebieten Besitzungen hatten, den Friesacher Pfennig zu imitieren. Am Höhepunkt seiner Verbreitung in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts war der Friesacher Pfennig von Friaul, der nördlichen Adria, Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Ungarn und Siebenbürgen bis in die Slowakei als Handelsgeld im Umlauf; unter König Andreas II. (1205-1235) wurde er in Ungarn sogar als offizielle Landeswährung zugelassen.
http://www.khm.at/system2.html?/static/page632.html
edit:
....und ein link der Österreichischen Nationalbank
http://www.oenb.at/de/ueber_die_oenb/ge ... ennigs.jsp

Klosterschüler
Zuletzt geändert von klosterschueler am Sa 11.08.07 16:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von klosterschueler » Sa 11.08.07 15:25

@Salier,

gewähre mir eine Frage: Warum Krems?
Krems hat doch meines Wissens nicht zu Salzburg gehört sondern zum Babenbergerreich?
Soweit meine ich, den Artikel auf der Seite der Österreichischen Nationalbank verstanden zu haben.

Klosterschueler
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Beitrag von Salier » Sa 11.08.07 17:11

@ klosterschüler,
Eberhard II. war ein treuer Anhänger der Stauferkaiser und mit Billigung dieser verleibte er sich während seiner Regierungszeit Grafschaften, Vogteien und Gerichte ein und schuf so ein in sich geschlossenes Erzbistum.

schöne Grüße
Salier
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Beitrag von klosterschueler » Sa 11.08.07 17:19

Hallo Salier!

Vielen Dank für die Info - muss ja ein schlauer Bursche gewesen sein!

Edit:
Hallo Salier!
Was du sagst, is zweifelsfrei richtig. Eberhards Treue zu den Stauffern hat ihm sogar einen Kirchenbann eingetragen. Die Szene muss aber recht theatralisch gewesen sein, weil er die Bannbulle während einer Priesterweihe in Empfang genommen hat und den Überbringer angeblich gleich abgewatscht hat. Si non e vero, e buon trovato.
Jdenfalls ließ Eberhard angeblich Alpenpässe für Boten aus dem Vatikan sperren, sodaß der Papst auf alte Weiblein als Postboten zurückgreifen musste. :lol:
So, aber nun zu der Frage, ob Münzstätte Krems: Meinst du das Krems in Niederösterreich? Welchen Sinn würde das machen, Silber über die Alpen zu karren und dort zu prägen und dann wieder im südlichen Alpenraum zu verwenden?
Und die Blütezeit der Friesacher Pfennige wurde angeblich unter Eberhard erreicht? Als alternative Prägestätte des "Friesacher Pfennigs" habe ich noch Pettau an der Drau herausgefunden. St. Veith an der Glan hat sich ebenfalls versucht, war aber nicht so erfolgreich.

Ein ganz leicht verunsicherter Klosterschüler, der sich ein bissl geniert, einam Salier so oft zu widersprechen


Herzlichst
Der Klosterschüler
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Beitrag von Salier » So 12.08.07 18:05

Hallo Klosterschüler,
das Stück taucht in einigen meiner Auktionskataloge unter der Münzstätte Krems auf ,leider steht mir der CNA nicht zur Verfügung,
aber ich habe hier einen Artikel gefunden der vielleicht einiges erklärt.
http://www.oenb.at/de/ueber_die_oenb/ge ... cm:14-1165

schöne Grüße
Salier
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Beitrag von klosterschueler » So 12.08.07 18:44

Hallo Salier!

Hmja, genau aus diesem Artikel hab ich auch die Informationen und mir meinen Reim drauf gemacht.
Jedenfalls bin ich sehr froh, dass du mir bei der Bestimmung geholfen hast, daraufhin hab ich mich tief in die Seiten der Nationalbank gegraben, was meinem Numismatischen Wissen einen gewaltigen Schub verpasst hat - und das ist ja die Hauptsache. :lol:

Einen fröhlichen Wochenendausklang wünscht
Der Klosterschüler
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Beitrag von taurisker » Di 14.08.07 10:19

Hallo zusammen,

Münzstätte Krems kann nicht sein, da diese mit dem Beginn der Machtübernahme durch die Habsburger geschlossen wurde.

Der Pfennig von klosterschueler ist folgender:

Mzst. Friesach, Eberhard II v. Regensberg (1200-1246)
Av. Bischof mit Buch und Krummstab enface [+ERIACENSIS]
Rv. Bischof Brustbild zwischen Türmen mit Kringel und Punkten, über dem Haupt Kreuz, doppelter Punktkranz
Koch CNA Cg 17/18

Gruß
taurisker

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Beitrag von Salier » Di 14.08.07 17:48

Hallo Taurisker,
ich habe hier mal ein Vergleichstück wo Krems als Münzstätte angeben wird, aber ich lass mich gerne eines Besseren belehren.
Wie gesagt besitze ich den CNA leider nicht.
http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... 90&Lot=365

schöne Grüße
Salier
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Beitrag von taurisker » Di 14.08.07 19:33

Hallo Salier;

die Münzstätte Krems scheidet definitiv aus, da sie Ende des 12. Jhdts von den Habsburgern zugunsten der neu errichteten Münze Wien/Hoher Markt aufgegeben wurde.

Die hier vorliegende Pfennigprägung unter Eberhard II. v. Regensberg entstand erst zu Beginn bis Mitte des 13. Jhdts.

Dazu folgender Artikel:

Die Babenbergischen Münzstätten verfügten mangels Edelmetallvorkommen im Donauraum über keine eigene Silberbasis. Dies dürfte auch der Grund für die späte Einrichtung der ersten eigenen Münzstätte in Krems gewesen sein. Diese wurde 1193/94 durch die neu errichtete Münzstätte in Wien abgelöst. Eine wichtige Rolle spielte dabei – neben dem Erwerb der Steiermark 1192, durch den das günstiger gelegene Wien aufgewertet wurde – das für die Freilassung des englischen Königs Richard Löwenherz erpresste Lösegeld.

Richard Löwenherz war auf der Rückreise von einem Kreuzzug durch den Besitz von Goldmünzen verdächtig erschienen und in Erdberg bei Wien festgenommen worden. Herzog Leopold V. (1177 bis 1194) und Kaiser Heinrich VI. (1190 bis 1197) forderten für ihren Gefangenen 100.000 Mark Silber Kölner Gewichts, eine für die damalige Zeit unerhörte Summe, die die Jahreseinnahmen des österreichischen Herzoges an Steuern und Abgaben (etwa 60.000 Mark Silber) weit überstieg. Leopolds Anteil in der Höhe von 50.000 Mark – etwa 12 Tonnen Silber – erleichterte vorübergehend den chronischen Mangel an Edelmetall. Das Lösegeld wurde – soweit es nicht in die Wiener Münzprägung floss – zur Erneuerung der Befestigungsanlagen von Enns und Hainburg, zur Stadterweiterung Wiens und zur Gründung von Wiener Neustadt verwendet.

edit: ich muss noch hinzufügen, dass Ende 12. Anfang 13. Jhdt. in Friesach reiche Silbererzvorkommen entdeckt wurden, die Salzburger Bischöfe hatten damals ihre Finger auf dieser Abbaustätte. Dieser Art von Pfennigen (extrem guthaltig und mit einem Gewicht, das ziemlich genau dem Kölner Münzfuß entsprach ca. 1,3g) war lange Zeit die beliebteste Handelswährung der Kaufleute von den südösterr. Landen bis in den Raum Venedig.

Zu Eberhard:
Eberhard II. von Regensberg (Schweiz), * um 1170, + 30. 11. 1246 Friesach (Kärnten), 1196 Bischof von Brixen, 1200 Erzbischof von Salzburg. Gründete die Salzburger Eigenbistümer Chiemsee (Bayern) 1215, Seckau 1218, Lavant 1228 sowie die Kollegiatsstifte Völkermarkt und Friesach, dort 1217 auch ein Prämonstratenserkloster. Mit der Erwerbung der Grafschaften Pongau und Lungau schuf er ein geschlossenes Territorium und damit die Voraussetzung für die Landeshoheit des geistlichen Fürstentums; er war einer der bedeutendsten Reichsfürsten seiner Zeit.

LG
taurisker

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Beitrag von Salier » Di 14.08.07 19:58

@ taurisker,
danke für die sehr aufschlußreichen Informationen , man lernt eben nie aus.
Ich werde mir wohl nun doch endlich mal den CNA zulegen müssen. Das ein Teil des Lösegeldes in die Wiener Münze floss war mir bekannt ,das mit Krems leider nicht. Dann ist die Zuordnung in den Auktionskatalogen was die Münzstätte betrifft falsch , was uns sagt, auch Händler können sich irren. :wink:

schöne Grüße
Salier
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Beitrag von Schwarzschaf » Di 14.08.07 20:24

Ist ein Fehler im coin Archives!
Im CNA:
CNA Ca 17 Vs: + EBERHARDUS...Brustbild mit Buch in der rechten und Krumstab in der linken.
Rs: Bischofsbrustbild zwischen 2 Türmchen, über dem Kopf des Brustbildes ein Kreuz zwischen Punkten.
L Fr. 21; BB S.18 Bz. I,S 84 ff.
Fund von Abapuszta
Es steht KEIN Wort von Krems bei der Beschreibung (wäre wie weiter oben ausgeführt auch nicht möglich)
Schöner Gruß
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Beitrag von Schwarzschaf » Di 14.08.07 20:32

Nachtrag:
nach Probst: Österr. Münz und Geldgeschichte prägte die Babenberger-Münzstätte KREMS in der Zeit von ca´ 1157 bis 1196. Dann wurde die MZST nach Wien Verlegt wo die ersten Münzen urkundlich im Jahre 1204 aufscheinen (Zitat)
lG. Schwarzschaf
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Beitrag von klosterschueler » Di 14.08.07 22:15

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Hab noch einen weiteren Artikel gefunden:
http://www.landesmuseum-ktn.at/Landesmu ... enzpr.html

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