Münzrecht...

Alles was von Europäern so geprägt wurde
Antworten
dodo9999
Beiträge: 22
Registriert: Fr 03.01.03 23:25
Wohnort: Thüringen & IN
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Münzrecht...

Beitrag von dodo9999 » Mo 17.02.03 19:20

hallo,

wer hatte im mittelalter alles münzrecht nur stätte oder auch marktgemeinden?
hatte jede stadt mit dem stadtrecht automatisch das münzrecht (müsste es somit von jeder stadt münzen geben)? :roll:

heripo
Beiträge: 1518
Registriert: Fr 26.04.02 15:30
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von heripo » Mo 17.02.03 21:38

... hei dodo ... darüber könnte ich Dir ein Buch schreiben ! Ich versuch's trotzdem mal hier in "aller Kürze" !
Münzreform Karls d. Großen 2/3 des 7. HJ. - Das "Münzregal" steht grundsätzlich dem König zu ! ( sog. königl./ kaiserliche Prägeanstalten).
Es gab nun aber noch kein "Finanzamt" ... ergo - allein hätte der König das Geldwesen nicht überwachen und gewährleisten können - daher wurde bald das Münzregal - wenngleich weiterhin königliches Privileg - gegen
"Anteile" weiterverliehen an Königs- oder Kaisertreue "Beamte" ... deren Titel du ja kennst z.B. Comes - Dux ( denn dies sind zunächst, wenn man so will. "Beamtentitel" ). - Wegen sowohl des zunehmenden Einflusses der Kirche , und ( es gab ja den Zölibat noch nicht ) der Tatsache, daß
Bischöfe - sie einzusetzen "in Investur zu setzen" war damals ja auch noch das Recht des Königs ( wir sind ja noch weit vor dem Investiturstreit ) - zugleich meist auch daneben noch königliche Beamte waren, also gleichzeitig Comes oder andere Ränge einnahmen - wurde konsequenterweise auch ihnen das Münzregal - gegen Beteiligung des Königs - eingeräumt. Immerhin - die karol. Münzreform hatte ja mit dem "denar" eine Geldeinheit hervorgebracht, die nach Maß und Gewicht ja lange im ganzen Reich ( damals incl. Neustrien - das spätere Francien)
Gültigkeit bewahrte.
Die Reichs-Teilung nach Ludwig I. - an Karl - Lother und Ludwig "d.Deutschen" nußte ja zur "Schwächung" des Reichs - und damit auch des Geldes - führen ... und nachdem sich die zwei älteren Brüder
ihren jüngsten - des Lothars - entledigt hatten und sein Erbe unter sich aufteilten ... begann sich das Geldwesen im "Frankenreich" von dem im
"deutschen Reichsgebiet" zu differzieren !
In Frankreich blieb es stabil - der Sammler bemerkt dies, da z.B. noch relativ häufig deniers von "Charles II dm Kahlen" angeboten werden ... von Ludwig dem Deutschen schon ganz selten ! Und wo sind gar die Münzen der dt. Karolinger-nachfolger - Karlmann - Arnolf - Ludwig d.Kind ...geblieben ?

Bald taucht in Frankreich der "denier tournois" auf - wenn auch in mannig-fältiger Prägeart - blieb überregional das Maß des Geldes.

Mit den Aussterben der dt. Karolinger hören wir alsbald von einer Münzreform des Sachsen/Salier-Königs Konrad I. - Anfangs d. 10. JH -
und seine "denare" werden schon bedeutend kleiner ... und - von ihm wissen wir, daß er z.B. den Langobardischen Städten - z.B. Genua - das
Münzregal einräumte ! ( lang erinnert das CONRADVS aif den genueser denaren an dieses Ereignis ).

Mit Beginn der Sachsen-Könige und Gründung des hl. röm. Reichs durch
Otto I. ist bereits eine Viefalt von Geprägen festzustellen - was darauf schliessen lässt - das eben Geldentwertungen allenthalben die alten Münz-Ordnungen längst überholt haben ... ich erinnere nun an die neueren
Münztypen - z.B. die sehr dünnen und schwach geprägten denare, die man
z.B. als "Otto-Adelheid"-Pfennige kennt - die kleineren aber ebenso dünnen
und mit einem kleinen Wulst versehenen Typen der Bisschöfte Trier, Metz,
Worms - um nur einige zu nennen. Regional aber bleiben auch Münztypen
erhalten, die - wie die inzwischen in Frankreich immer noch recht einheitlich gebliebenen "deniers feodals" - wohl des überregionalen Handels wegen versuchen, eine gewisse "Einheitlichkeit" zu wahren - um
Vertrauen in das Geld zu bewahren. Ähnlich ( in Anlehnung an die deniers feodals ) entwickelt sich nun auch in der Normandie und in England der Sterling-Typus. Und - eine "kleinere Variante" - der obol(us) - als halber denar - taucht (nicht überall) wieder auf.
Ende des 9. JH war das sehr geschwächte Königstum gezwungen neue
sog. Stammesherzöge zu bilden - dies führte auch dazu, daß mehr und mehr Münzprivilegien ausbedungen wurden. Ca. 90 bereits bestehende Münzstätten wurden nun suzessive von den jeweils neuen Königen weiter
verliehen. In Berd Kluge "die Salier" oder im "Grierson " Mü des MA" lässt sich das alles schön nachvollziehen.

In der Zeit der Kreuzzüge wird erkennbar, daß offenbar die Einheitlichkeit der "deniers" ihre überregionalen Vorzüge hatte.

Im "deutschen Reichsgebiet" beginnt quasi mit dem Ende der Ottonen und Beginn des Salierreichs die "Artenvielfalt" der Pfennige - vom Dick-Pfennig über den Dünnpfennig und den Vierschlagpfennige - und auch das Unwesen
de Geldverschlechterung ( Billion ) griff um sich.

Die Staufer Konrad III und nach ihm Barbarossa versuchten einmalmehr wieder Stabilität zu schaffen - dies führte - zum Einen natürlich wieder zu neuen Münzprivilegien ( man mußte auch damals schon seinen Wählern was bieten ) - inzwischen auch an Äbte- und Klöster - zum anderen auch zu neuen "Formen" des Geldes - wie die bekannten Brakteaten und den
"Verruf" von Münzen - also "Münzen auf Zeit" ... Dies förderte zwar ungemein die Warenwirtschaft, denn, kein Mensch dachte mehr ans Sparen, wenn doch das Geld alsbald "verrufen" wird ... andererseits - der überregionale Handel wurde stark beeinträchtig, denn überregional konnte man ja diesem Geld nicht trauen ! So kam es auch bald zu den ersten Formen der "ewigen Pfennige" - also Münzen die nicht widerrufen würden - z.B. der sog. "Händlein-Heller".
Zwischenzeitlich jedoch haben wir im RDR eine wirklich nicht mehr überschaubare "Artenvielfalt" mit den unterschiedlichsten Formen - vgl. Brakteaten aus Meißen mit mehr als 40 mm Durchmesser und die kleinsten Hälblinge die einem fast in der hand zerbröselten !

Und wiedereinmal war es der frz. König der seit 1266 mit dem "gros tournois" den richtigen "Riecher" hatte - der Silbergroschen . Mit Anfangs über 4 gr. Silbergewicht und 25 mm Grösse erwarb dieses Geld bald überregionales Vertrauen und Bedeutung für den Handel ... was Wunder,
daß dieser "gros tournois" alsbald auch im RDR geprägt wurde und auch im
"Prager Groschen" oder " Meißner Groschen" sein Pendant fand.

So - ich glaube so ganz "kurz" ist mir das nicht gelungen .... aber als Einführung müsste es reichen! - Jedem, der an Mittelalter Freude entwickeln könnte, kann ich wirklich das Buch "Münzen des Mittelalters" von Philip Grierson / Battenbergverlag nur empfeheln - es werden alle
wichtigen Münzarten und alle Region des Einflussgebiets des RDR darin abgehandelt ! ( die Goldmünzen habe ich bewußt nicht behandelt ).
Gruß, heripo

Benutzeravatar
mumde
Beiträge: 1507
Registriert: Mo 06.05.02 23:08
Wohnort: Weil am Rhein
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 18 Mal

Beitrag von mumde » Mo 17.02.03 23:07

Hallo dodo, ich versuche mal, mich auf Deine Frage zu konzentrieren. Nicht jede Stadt hatte automatisch mit dem Stadtrecht das Münzrecht. Es war zwar sinnvoll, daß dort, wo Handel getrieben und Zoll eingenommen wurde, auch Geld zur Verfügung stand. Die Verleihung des Markt-, Zoll- und Münzrechts geschieht deshalb meist gleichzeitig. Aber einerseits gehörten viele Städte einem Landesherrn, der selber prägen ließ und nicht auf die Münze als Einnahmequelle verzichten wollte, andererseits war die Einrichtung und der Betrieb einer Münzstätte mit Kosten verbunden, die sich für eine kleine Stadt manchmal nicht lohnten. Deshalb hat nicht jede Stadt Münzen geprägt.
Gruß mumde

dodo9999
Beiträge: 22
Registriert: Fr 03.01.03 23:25
Wohnort: Thüringen & IN
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von dodo9999 » Di 18.02.03 13:04

danke!

wo kann man da etwas genaueres zu bestimmten städten erfahren?
ansässige archive? oder per zufallsprinzip in katalogen suchen?

gruss dodo

Benutzeravatar
mumde
Beiträge: 1507
Registriert: Mo 06.05.02 23:08
Wohnort: Weil am Rhein
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 18 Mal

Beitrag von mumde » Di 18.02.03 17:39

Hallo dodo, soweit ich Deine Beiträge verfolgt habe, interessierst Du Dich ja hauptsächlich für Münzen aus Thüringen. Das Schloßmuseum Gotha hat 1981 eine Broschüre herausgegeben: Wolfgang Steguweit, Thüringische Brakteaten des Münzkabinetts Gotha, Gotha 1981. Es gibt darin ein Register der Münzstätten Thüringens in der Periode des regionalen Pfennigs, Abbildungen einer Auswahl der Thüringer Brakteaten aus den Beständen des Museums, und ein Literaturverzeichnis usw. Ob die Broschüre beim Museum noch zu haben ist, weiß ich nicht. Sie wird aber auch sonst ab und zu angeboten. Münzrechtsverleihungen werden dort aber nicht diskutiert, es ist eben nur eine kurze Museumsbroschüre. Auf Posern-Klett, der immer noch das Standardwerk ist, hatte ich Dich in anderem Zusammenhang ja schon mal hingewiesen.
Gruß mumde

dodo9999
Beiträge: 22
Registriert: Fr 03.01.03 23:25
Wohnort: Thüringen & IN
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von dodo9999 » Di 18.02.03 23:08

über das gothaer müzkabinet bin ich auch schon gestolpert, wird im ebay
oft angeboten dann werd ich dort mal versuchen was zu bekommen.

danke

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste