Träume zu haben ist wichtig und gut!
Eine Frage ist die Notwendigkeit: Brauchen wir überhaupt eine europäische (und im nächsten Schritt eine Welt-)Regierung? Das "wozu" hat sich mir noch nicht erschlossen. Ein paar globale Unterschiede finde ich ganz gut, erst das Nebeneinander verschiedener Konzepte zeigt deren Vor- und Nachteile. Je mehr zentralistisch geregelt und einheitlich entschieden wird, desto mehr bleibt die Vielfalt auf der Strecke. Das sieht man ganz gut im Handel (und in den Handelsbestimmungen) auf europäischer Ebene, bei dem auf einmal regionale Besonderheiten verboten werden sollen, weil sie nicht so recht in einheitliche Bild passen. Bsp: Apfelwein - quasi DAS Nationalgetränk in Frankfurt sollte neulich nicht mehr so heißen dürfen, weil "Wein" laut neuester Definition aus Brüssel nur vergorener Traubenmost heißen darf, alles andere plötzlich nicht mehr.
Von Obst, was keine genormte Einheitsgröße hat, fange ich gar nicht an zu sprechen. Wer alte Obstsorten in seinem Garten hat, der weiß, was Vielfalt auch in der Fruchtgröße bedeutet und welcher Zusammenhang zwischen Aussehen und Geschmack/Aroma besteht (nämlich keiner
). Manchmal haben gerade die kleinen reifen Äpfel richtig gutes Aroma, aber die passen eben nicht in die standardisierte Mulde der Einheitstransportkiste und werden früher oder später aus dem Handel verschwinden bzw. sind es bereits.
Mehr politische Zentralisierung auf europäischer Ebene bedeutet also weniger Vielfalt - das mißfällt mir.
Eine weitere Frage auf gesellschaftlicher Ebene ist: gibt es ein funktionierendes Gesellschaftssystem, was über die Grenzen eines Nationalstaates hinaus funktioniert? Die Demokratie existiert bislang nur in Nationalstaaten. Diese auf europäischer Ebene zu installieren, ist genauso absurd wie "Demokratie" nach Afghanistan zu bringen. Demokratie funktioniert auf Staatsebene gut, für größere Gebilde fehlt mangels Erfahrungen das System. Bestehende Lösungen für kleinere Gebilde müssen da zwangsläufig an Ihre Grenzen stoßen. Allerdings hat keiner den Mut, wirklich etwas komplett Neues zu wagen, was aber schlicht notwendig ist, da es ein "Staatengebilde" wie es die EU ist, bislang noch nicht gegeben hat.
Das bisherige Modell der Demokratie auf Gesamteuropa ohne grundsätzliche Anpassungen anzuwenden, betrachte ich daher als zum Scheitern verurteilt.
Insofern bleibt es spannend in der nächsten Zeit zu beobachten, wohin die Reise geht und wie sich das gesamtpolitische innereuropäische Verhältnis verändern wird. Sobald man nicht mehr das eigene Süppchen kocht, muß man kochen lassen - denn viele Köche verderben den Brei
Solange jedoch auf europäischer Bühne die Lenker von Einzelstaaten versuchen, den Kochlöffel zu halten und zu rühren, kommt am Ende nur Eintopf, also minderwertige Suppe raus. Das Chaos sieht man hervorragend in der Qualität der letzten Beschlussfassung unserer Außenminister dieser Tage: Weil man sich nicht einig wird, was man will, macht jeder einfach was er will. Und weil man mit Waffenexporten nach Syrien Einfluß nehmen und auch ganz gut verdienen kann, ist man sich in diesem Punkt überhaupt nicht einig geworden. Schönes Beispiel für das fehlende "Wir"-Bewußtsein. Bis es wirklich zu einem europäischen Empfinden kommt und nicht jeder nur sein eigenes Süppchen kocht, dauert es meiner Meinung nach noch eine ganze Weile. Mal schauen, ob wir das noch richtig erleben werden.
Gruß klunch
Jetzt sind es doch wieder viel mehr Worte, als geplant ...
Lernen, lernen und nochmals lernen.