An mir soll's nicht liegen!pingu hat geschrieben:Mit dem Vorstellen des Stückes hoffe ich zugleich auf eine Wiederbelebung des Thred's und die Vorstellung von vielen weiteren interessanten Stücken aus diesem schier endlosen numismatischen Nebenbereich.
Die Deutung schriftloser Amulette ist, wie ich schon in einem früheren Posting unter diesem Thema bemerkt habe, oft nicht befriedigend möglich. Mit den Affen sind wohl nicht nur die Tiere als solche gemeint, sondern sie haben Zeichencharakter. Um die Symboltiere des chinesischen Tierkreises handelt es sich hier jedoch eher nicht, da sie zu zweien auftreten. Es bliebe noch die folgende Möglichkeit (Erläuterung zu "Affe" aus meinem Katalog):
Affe (猴 hou)
(als Symboltier des Kalenders dem 9. Erdzweig zugeordnet: 申 shen)
Wie der Drache, der Tiger, die Schlange und der Hase ist auch der Affe ein Symboltier des chinesischen Kalenders. Durch Gleichlauten (Homonymie) mit dem Wort für „Graf“ (侯) kann seine Abbildung aber auch den Wunsch nach einem entsprechenden Adelstitel ausdrücken.
Mit dem folgenden Stück aus der Serie der konfuzianischen Lehrgeschichten setze ich auf Deinen Wunsch die Vorstellung neuerworbener Amulette fort.
Rundamulett (Ø 66 mm) mit quadratischem Mittelloch
Eine der 24 Lehrgeschichten nach den Idealen des Konfuzianismus: Der alte Lai zur Zeit der Zhou-Dynastie war bekannt für seine respektvolle Art gegenüber seinen Eltern. Er kümmerte sich liebevoll um sie und bereitete ihnen schmackhafte Mahlzeiten. Er war schon über siebzig, aber er erwähnte sein Alter nie. Er trug fünffarbig gemusterte Kleidung und spielte wie ein Kind vor seinen Eltern. Oft brachte er Wasser mit ins Haus und rutschte absichtlich aus und fiel hin. Er brüllte dann wie ein Baby, um seine Eltern zu amüsieren.
Av.: 戲綵娛親 „xi cai yu qin“ = „Er erheitert seine Eltern mit Theater und bunten Kleidern.“
Rv.: Lai wälzt sich am Boden, während seine Eltern zuschauen.
Wie man sieht, hat im chinesischen Denken das hohe Alter eine besondere Würde, die es zu respektieren gilt, selbst wenn die Eltern Lais inzwischen ziemlich kindisch geworden sind. Lai ist sich sehr wohl bewußt, daß sein eigenes Verhalten objektiv betrachtet unwürdig ist, was er aber wegen der Liebe zu seinen Eltern in Kauf nimmt. Auch wenn uns Europäer diese Geschichte übertrieben und befremdlich anmutet, könnte sie doch vielleicht manchen vorlauten Grünschnabel, der im Zusammenhang mit alten Menschen gern mal die Begriffe verkalkt, senil, vertrottelt und gaga in den Mund nimmt, zum Nachdenken veranlassen.
Gruß
chinamul