Münzen in asiatischem Teeschränkchen

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Maxheinrich
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Münzen in asiatischem Teeschränkchen

Beitrag von Maxheinrich » Mi 28.09.11 00:16

Hallo liebe Numismatiker.
Ich besitze ein kleines Teeschränkchen,
das sich Urgroßvater nach meinen Informationen um 1900 rum
hat schicken lassen.
In die zwei Flügeltüren sind sechs Münzen eingelassen.
Drei davon sind rechteckig.
Mich würde es interessieren, ob es sich dabei überhaupt um Geld handelt.
Auf den drei runden Münzen steht "Kanai".
Lt. Google Maps soll es in Japan einen Ort namens Kanai geben:
This place is situated in Gumma, Kanto,
Tja, ich wäre froh, wenn mir jemand Informationen,
vlt. sogar zur Funktion dieser Münzen geben könnte.
Jemand meinte, diese Münzen könnten mit dem Porto des Schränkchens zutun haben.
Das leuchtet mir allerdings nicht ganz ein, denn wie sollte man das entwerten?
Vielen Dank im Voraus für Sachdienliches.
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pingu
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Re: Münzen in asiatischem Teeschränkchen

Beitrag von pingu » Mi 28.09.11 13:04

Hallo,

die eckigen Stücke sind japanischen Münzen nachempfunden, die im 18. und 19. Jahrhundert in Japan gültig waren.
Die runden Stücke sind vermutlich lokalen Markt-Token nachempfunden (oder auch Originale - mir fehlt Zuordnung, Vergleichsstücke und Literaturhinweise) oder aber was wahrscheinlicher ist, frei erschaffene Phantasiestücke aus der Stadt Kanai. Inschrift Kanai in für uns lesbaren Buchstaben und Groß Japan sowie die Datierung in Kanji.
Sie tragen das Datum 1895. Somit kann das ganze recht gut zeitlich eingeordnet werden.

Sei bitte so nett und zeige uns doch Bilder von dem Schränkchen - ich kann mir vorstellen, das es eine interessante Bemalung hat und rein Handwerklich sicher super interessant ist.
Ich vermute in dem Stück ein Souvenir. Man müsste mal danach suchen, ob es in Kanai im Jahre 1895 ein bedeutendes Fest stattgefunden hat. Dann wäre eine weitere Eingrenzung der Herkunft gegeben. Auch Malereien und Schriften auf dem Schränkchen könnten Hinweise liefern - nur fragt sich ob meine begrenzten Kanji-Kenntnisse da überhaupt hilfreich sind.

Ein Stück, das für Japaner hergestellt wurde würde ich zu dem genannten Datum ausschließen, denn dann wären alle Zeichen darauf japanisch. Die Stücke zielen eindeutig auf eine Kundschaft die im westlichen Ausland zu suchen und immer auf der Jagd nach japanischen und chinesischen Antiquitäten war.
Dies passt auch zum geschichtlichen Hintergrund, die Japaner haben sich erst kurz zuvor der Welt geöffnet und holen in wenigen Jahrzehnten mehrere Jahrhunderte an Entwicklung auf.

Auf jeden Fall ein Andenken an deinen Großvater und wenn es dich mal so sehr stören sollte, das du dich davon trennen würdest - dann melde dich einfach per PN bei mir :wink: .

Grüße
pingu
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Maxheinrich
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Re: Münzen in asiatischem Teeschränkchen

Beitrag von Maxheinrich » Mi 28.09.11 18:20

Vielen Dank für die sachkundige Bewertung!
Freut mich auch sehr, daß mein Schränkchen gefällt :).
Es hat seit der vorletzten Jahrhundertwende sein Dasein im Trockenen verbracht,
zwei Weltkriege unbeschadet überlebt und sieht noch sehr gut aus.
Leider nicht perfekt, denn es gab schon einen Unfall in den Achzigern.
Dank unserer Hausratversicherung ist es aber fachgerecht
mit Hasenknochenleim restauriert worden.
Ich zeigs auch gerne her, da ich die Bemalung auch sehr schön finde,
dachte aber, das wäre hier o.t. .
Auf der Rückseite habe ich noch ein kleines "Branding" gefunden.
Darf ich noch fragen, was "Markt-Token" bedeutet?
Und warum sollte es sich bei den rechteckigen Münzen um Nachbildungen handeln?
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Re: Münzen in asiatischem Teeschränkchen

Beitrag von pingu » Mi 28.09.11 20:49

Hallo,

bei den rechteckigen Stücken sind die Kani von der Schreibweise her anders, einzig bei dem Stück zu 1-Shu (dein 1. Bild links) stimmt die Schreibweise der Kanji, jedoch ist das obere Kanji "Tai" auf den echten Stücken eine eingeschlagene Punze die das Gewicht und die Zusammensetzung (880'iger Silber) der Münze garantierte.
Die anderen 2 Stücke stellen ein Stück zu 1 und 2 Bu dar, jedoch mit abweichender Zeichnung. Diese Stücke müssten aus Gold sein (bei deinen sehr wahrscheinlich Messing).

Die Schriftzeichen auf der Rückseite des Schränkchens geben sehr wahrscheinlich den Händler (Verkäufer) des Stückes an, da die Kanji sonst nicht sinnvoll übersetzt werden können (zumindest entzieht sich mir die Bedeutung).

Markt-Token sind Stücke die in Japan zur besonderen Verwendung auf großen Märkten vorgesehen waren (der wohl bekannteste war der Nanbu-Pferdemarkt).
Bei einem zentralen (staatlich bestellten) Geldwechsler wurde vor Beginn des Marktes Geld in diese Token eingetauscht und nur mit diesen Token durfte gehandelt werden. Dies betraf fast alle hochpreisigen Handelsgüter. Dadurch konnte gewährleistet werden, das kein Diebstahl passierte denn keiner, der nichts zu handeln hatte, kam in den Besitz dieser Token.
Vor allem aber wurde so gewährleistet das am Ende des Marktes alle Händler ihre Steuern auf die Verkäufe zahlten, da sie die Token wieder nur bei dem einen Geldwechsler zurücktauschen konnten.

Vielen Dank für die Bilder, ein wirklich schönes Stück.
Besonders gefällt mir die Schlichtheit der Verzierungen. Bei vergleichbaren Stücken aus dem chinesischen Raum sind alle Flächen meist regelrecht überladen von Darstellungen.
Im Gegensatz zu rein japanischen Stücken, auf denen sich die Darstellungen fast ausschließlich um die "Teezeremonie selbst" drehen ist bei diesem Stück auffällig, das es um die Samurai geht.
Daher wird die Vermutung das es sich um ein reines Souvenir handelt untermauert.

Man sieht z.B. die typischen Schwerter und Samurai-Helme. - Nur das beides zu dieser Zeit schon nicht mehr öffentlich getragen werden durfte (gemäß kaiserlichem Dekret von 1876). Dieses Verbot war eines der letzten I-tüpfelchen die zum großen Samuraiaufstand von 1877 führten. Bei diesem Aufstand traten unter Samurai Saigo Takamori etwa 400.000 Krieger gegen die Kaiserlichen Truppen an und wurden "dank" Artillerie und moderner Maschienengewehre vernichtend geschlagen. Es sollen nur 400 von Takamori's Kriegern die Schlacht überlebt haben.
Diese Umstände (und der unbesiegbarkeits Mythos) machten die Kriegerkaste jedoch gerade für die Europäer interessant, herrschten sie doch von 1192 - 1868 über Japan. Die Kaiserliche Familie führte ihre Titel zwar die ganze Zeit weiter, hatte jedoch im eigenen Land nicht's zu sagen.


Grüße
pingu
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Re: Münzen in asiatischem Teeschränkchen

Beitrag von Maxheinrich » Do 29.09.11 00:37

Das ist soviel mehr, als ich erwartet habe -bin richtig "baff"!
Habe vielen, vielen Dank für Deine Ausführungen.
Ich habe mehrere Jahrgänge der "Illustrirte Chronik der Zeit",
ebenfalls noch aus dem Besitz meines Urgroßvaters.
U.A. die Jahrgänge mit und um 1877.
Ich habe gerade mal geguckt, ob ich da was finde über den Samuraiaufstand.
Leider erfolglos. Sonst hätte ich das als Dankeschön hier reingestellt.
Die einzigen Artikel, die ich hier über Japan und die "Japanesen"
gefunden habe sind einer über eine "japanesische Fähre" in Jeddo
und einen über das Matsurifest.
Nur in einem Artikel ist kurz die Rede von gewaltigen Umbrüchen in Japan.
Mein Urgroßvater war Professor für ornamentale, bzw. Gebrauchskunst
an der Lehranstalt des kaiserlichen Kunstgewerbemuseums zu Berlin.
Das Schränkchen ist eins von wenigen Stücken seiner Sammlung, die den
2. Weltkrieg überlebt haben.

Naja, dann weiß ich ja, was ich habe.
Nicht ganz authentisch, da es ja wohl schon für den westlichen Markt produziert wurde.
Und eine weitere Weisheit ziehen wir aus dem Bezug zu den Samurai:
Traditionen werden meist erst hochgehalten, wenn sie eigentlich schon erloschen sind :).
Vielen Dank nochmal.
Max(Opa)-heinrich(Uropa)
:)

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