Wir dürfen die protobyzantinischen Gepräge nicht vergessen

Münzen des alten Byzanz

Moderator: Wurzel

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Wir dürfen die protobyzantinischen Gepräge nicht vergessen

Beitrag von Task_Force » Mi 20.04.05 20:53

... deswegen soll dieser Bursche hier vorgestellt werden.
Gruß
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Beitrag von Pscipio » Mi 20.04.05 22:32

Hallo Task_Force

Ein hübscher Arcadius! Ich kann die Prägestätte nicht gut erkennen, ein CONST lässt sich nur erahnen... Ahnungen sind aber nicht immer zutreffend!

Av: D N ARCADIVS P F AVG, gepanzerte und drapierte Büste mit Perlendiadem nach rechts, wird von Gottes Hand bekränzigt.
Rev: GLORIA ROMANORVM, Arcadius steht, hält Schild mit der Linken und Feldzeichen mit Christogramm mit der Rechten, zu seinen Füssen Gefangener.
Ex: CONST ?

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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Beitrag von Task_Force » Do 21.04.05 09:12

Hallo Pscipio,
exakt durch den weströmischen Gesandten bestimmt: Münzstätte CONST ist zutreffend.
Übrigens habe ich gerade in Ostrogorsky, "Byzantinische Geschichte", München 1952, einen trefflichen Satz gelesen, den ich zur Belebung der spätrömischen/protobyzantinischen Diskussion in eine Gleichung umwandle:

Römisches Staatswesen
+ griechische Kultur
+ christlicher Glaube
------------------------------------
= Byzanz

"Läßt man auch nur eines dieser Elemente weg, wird man dem byzantinischen Wesen nicht gerecht."

Gruß
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Beitrag von Pscipio » Do 21.04.05 11:43

Hallo Task Force

Eine interessante Gleichung, die, wenn auch als zusammenfassende Beschreibung einer Kultur zwingendermassen vereinfachend, doch die wichtigsten Einflüsse umfasst, die Byzanz ausmachten. Mir kommt dabei eine hübsche Lobeshymne in den Sinn, die ich bei einem amerikanischen Händler als Motto seiner Homepage gesehen habe:

To the glory that was Greece
And the grandeur that was Rome

Vielleicht könnte man in einem dritten Vers auch Byzanz würdigen? Irgendwelche Vorschläge von der Byzantinerfraktion? :D

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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Beitrag von Gast » Do 21.04.05 12:14

...

and the heritage of either
was held by Byzantium

petzi

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Beitrag von Task_Force » Do 21.04.05 12:17

Pscipio hat geschrieben:Vielleicht könnte man in einem dritten Vers auch Byzanz würdigen? Irgendwelche Vorschläge von der Byzantinerfraktion? :D
Um es mal im IT-Jargon auszudrücken: Da ist natürlich schon zu überlegen, ob die Beta-Versionen Griechenland und Rom in einer Lobeshymne gleichberechtigt mit der perfekten Endversion Byzanz genannt werden sollten?
8)
Gruß
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Beitrag von Pscipio » Do 21.04.05 12:30

Task_Force hat geschrieben:Um es mal im IT-Jargon auszudrücken: Da ist natürlich schon zu überlegen, ob die Beta-Versionen Griechenland und Rom in einer Lobeshymne gleichberechtigt mit der perfekten Endversion Byzanz genannt werden sollten?
Ich kann verstehen, wie sich Abgesandte aus irgendwelchen barbarischen Völkern gefühlt haben müssen, als Ihnen im prunkvollen überheblichen Byzanz klar gemacht wurde, dass Sie ein "nichts" sind :mrgreen: Zum Glück komme ich ja aus (West-)Rom, bin mir also sowohl Überheblichkeit wie auch Prunk in einem Masse gewohnt, dass mich Byzanz in dieser Hinsicht nicht mehr gross beeindrucken kann :D

Aber petzi's Vorschlag hört sich doch gut an!

To the glory that was Greece
And the grandeur that was Rome
and the heritage of either
(that) was held by Byzantium

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Task_Force » Do 21.04.05 12:50

@ Pscipio:
:D Spass muss ab und zu sein - schon allein deshalb, weil die Griechen- und Römerfraktionen sich in regelmäßigen Abständen über das Qualitätsniveau unserer Stempelschneider mokieren.
Aber wer 1000 Jahre in einen Meer von Feinden überleben will, kann halt nicht wochenlang an einem Stempelchen herumsticheln.
Gruß
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Zuletzt geändert von Task_Force am Do 21.04.05 17:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Pscipio » Do 21.04.05 13:08

Task_Force hat geschrieben: :D Spass muss ab und zu sein
Das sehe ich auch so :D Übrigens möchte ich dabei gleich ein Kompliment an die Byzantinerfraktion loswerden, es ist immer wieder angenehm, hier mit zu lesen, nicht nur aufgrund der numismatischen Diskussionen, sondern auch wegen der angenehmen Gesprächskultur.
Task_Force hat geschrieben:Aber wer 1000 Jahre in einen Meer von Feinden überleben will, kann halt nicht wochenlang an einem Stempelchen herumsticheln.
Krieg allein kann nicht die Ursache sein, sonst hätten die sich ewig zankenden Griechen keine solchen Kunstwerke hervorgebracht. Aber der Vergleich zwischen griechischen, römischen und byzantinischen Münzen ist eigentlich müssig, genauso wie man einen Picasso nicht mit der Mona Lisa vergleichen sollte, denn sie alle üben einen eigenen Reiz aus! Kürzlich fiel mir übrigens dieser prachtvolle anonyme Follis auf, ein wunderschönes Stück:
http://www.vcoins.com/victoram/store/vi ... 23&large=0
Nicht dass ich auf soviel Geld rumsitze, aber vielleicht kann der eine oder andere Byzantiner etwas über diese Münze erzählen?

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Gast » Do 21.04.05 13:57

@pscipio

ein wahrhaft hervorragendes Exemplar eines normalerweise recht häufigen Anonymen Follis Typ I (Sear 1889), welches dem NIKEPHOROS III, 1078-1081 zugeordnet wird.

Früher gab es auch schon Zuordnungen zu ALEXOIS I (1081-1118), die besagen, der Basieleus ALEXIOS hätte dies Münze für die Krieger des ersten Kreuzzugs prägen lassen. Es ist ja bekannt, dass diese zwielichtigen, machtgeilen Herrschaften nur gegen einen von ihnen geleisteten Meineid, allen voran Gottfried von Bouillon und Bohemund, Antiochia, Edessa und Jerusalem zu befreien und wieder unter Byzantinische Herrschaft zu stellen von ALEXIOS die Durchreise des Reiches gestattet bekamen.

Die Lumpen zogen mordend und plündernd durch die Lande und eroberten sich ein Herzogtum nach dem anderen, ohne sich an ihren Eid gegenüber ALEXIOS erinnern zu wollen. Als sie während der Belagerung von Antiochia zu verhungern drohten, leisteten sie den nächsten Meineid gegenüber dem Exil-Patriarchen SIMEON von Jerusalem, ihn nach der Eroberung von Jerusalem ihn dort als Bischof wieder einzusetzen - und zwar ohne der zunächst geforderten Unterwerfung unter die römische Papstherrschaft. Was hatte die päpstliche Autorität des Westens schon mit den griechischen Abtrünnigen zu tun.

Ist übrigens bekannt, dass Bohemund seine Truppen aus Turkvölkern rekrutiert hatte, die ihre gefallenen Kameraden mangels normal erhältlicher bzw. käuflicher Nahrung am Spieß grillten, um sie anschliessend aufzufressen?

Zurück zu der Münze.

Inzwischen ist erwiesen, dass der Anonyme Follis Typ I bereits vor ALEXIOS geprägt wurde, und zwar unter NIKEPHOROS.

Wie bereits angedeutet ist dieses Stück, auch in besserer Erhaltung sehr häufig (viel zu häufig, als dass während des Marsches von Konstantinopel bis Antiochia, während dessen sich das Kreuzfahrerheer von 30.000 auf knapp 10.000 Mann dezimiert hatte, jenes so viel Kleingeld benötigt hätte - wieso wären sonst die meisten von den "Pilgern", denen die Provencalischen Bischöfe für ihre Teilnahme am Kreuzzug unbedingte Absolution aller ihrer vergangenen und zukünftigen Sünden in Gottes Namen erteilt hatten, zu über 50% verhungert ?).

Das abgebildete Stück ist etwas Besonderes:

Normalerweise zeigt das Gebetbuch, welches Christus in der Hand hält fünf, wie auf einem Würfel angeordnete Perlen. Das, was ich auf der abgebildeten Münze als Verzierung sehen kann ist etwas völlig anderes. Möglicherweise ein Andreaskreuz oder sogar 9 Perlen. Beides ist jedoch erst viel später bekannt und auf Anonym Typ I bisher nicht dokumentiert.

Diskussion frei gegeben

Ich würde den Autor diese Threads gern darum bitten, das Foto für mein nächstes Handbuch (über die Anonymen Folles) zu verwenden, aber das Teil ist von vcoins.

(Ich denke aber, trotzdem etwas zu überteuert 8) )

Lieben Gruß - petzlaff
Zuletzt geändert von Gast am Sa 23.04.05 20:29, insgesamt 2-mal geändert.

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Beitrag von Pscipio » Do 21.04.05 18:34

Hallo petzi, herzlichen Dank für die ausführlichen Informationen!

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Anastasius » Do 21.04.05 23:26

Task_Force hat geschrieben:Um es mal im IT-Jargon auszudrücken: Da ist natürlich schon zu überlegen, ob die Beta-Versionen Griechenland und Rom in einer Lobeshymne gleichberechtigt mit der perfekten Endversion Byzanz genannt werden sollten?
:angel: :angel: :angel: :angel:
Anastasius

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Beitrag von Anastasius » Do 16.06.05 10:31

@ Task_Force

Du hast mich überzeugt, ich werde doch einige dieser Protos in
meinen Schubern beherbergen, habe kürzlich diese doch recht attraktive Proto-Lady abgeschleppt:

Gruss
Anastasius
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Beitrag von Pscipio » Do 16.06.05 10:49

Hallo Anastasius

Eine hübsche Münze, die du da hast, Gratulation!

Aelia Eudoxia AE3, geprägt 383-404 n. Chr. in Alexandria, 1. Offizine.
Av: AEL EVDOXIA AVG, drapierte Büste mit Diadem nach rechts, wird von Gottes Hand bekränzigt.
Rev: GLORIA ROMANORVM, Eudoxia frontal thronend, wird von der Hand Gottes bekränzigt, rechts Kreuz.
Abschnitt: ALEA

Alexandria ist eine eher rare Prägestätte. Ich habe das Stück auch weder bei wildwinds noch bei Coinarchives gefunden, weshalb es von meiner Seite, da ich den RIC für diese Zeit nicht besitze, in diesem Falle auch keine Referenzangabe gibt :oops:

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Task_Force » Do 16.06.05 10:57

Pscipio hat geschrieben:Eine hübsche Münze, die du da hast, Gratulation!
Der weströmische Gesandte liegt wie immer richtig!
Bei dirtyoldcoins habe ich etwas gefunden - es scheint RIC 84 zu sein:
http://www.dirtyoldcoins.com/natto/id/eudoxia.htm
http://www.dirtyoldcoins.com/natto/id/e ... dox012.jpg
Außerdem wird es wirklich mal wieder Zeit, den Protobereich mit Leben zu erfüllen - nach der Arbeit geht es los ...
Gruß
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