Poseidon aus Syrakus mit Kugelwange?

Keltische Münzen

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wie-wolf
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Poseidon aus Syrakus mit Kugelwange?

Beitrag von wie-wolf » Mi 26.11.08 12:24

moin,
diese häufige AE 19 mm Münze läuft unter:
Syracuse, Hieron II. 275-215 v. Chr.
Vs: Poseidon n.l.
Rs: Dreizack, 2 Delphine.

die Stilisierung ist offensichtlich.
schaut man sich z.B. unter
http://www.wildwinds.com/coins/greece/s ... _II/t.html
diese Münzen an, gibt es eine Abstraktionsreihe bis zu dieser - fast keltisch - anmutenden Version.
Was denken die keltophilen darüber?
wie-wolf
Dateianhänge
kugelwange-poseidon-klein.jpg
Zuletzt geändert von wie-wolf am Do 27.11.08 10:29, insgesamt 1-mal geändert.

taurisker
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Beitrag von taurisker » Mi 26.11.08 12:33

hallo wie-wolf,

interessante Gegenüberstellung ... der Stil der Syracus Bronze ist feinstens hellenistisch auch wenn eine gewisse Vereinfachung sichtbar ist ... die Darstellung auf der Drachme Typ Kugelwange ist eine Nachahmung des Philippsreiter Motives.

Salü
taurisker

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harald
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Beitrag von harald » Mi 26.11.08 14:45

Hallo wie-wolf,

Nicht nur Du hast an diesem Münztyp Gefallen gefunden, sondern auch die Kelten.

Genau dieses AE wurde auf mehreren keltischen Siedlungsplätzen in Niederösterreich und Mähren gefunden.
Offenbar haben die in Norditalien siedelnden Boier im Zuge des zweiten punischen Krieges damit Kontakt gehabt und dieses Kleingeld nach ihrer Vertreibung in ihre neue Heimat mitgenommen.

Interessant bei Deiner Gegenüberstellung finde ich die Stilisierung und die kugelförmig dargestellte Wange.

Gruß
Harald

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Beitrag von wie-wolf » Do 27.11.08 10:36

moin,
danke für die interessanten hinweise, harald.
möglicherweise haben ja boier (als metallfacharbeiter/sklaven) in den syrakusischen werkstätten mitgearbeitet? wäre sowas denkbar? ich sollte mal aus dem web-material eine reihe zusammenstellen von einem voll hellenistisch ausgebildeten poseidon bis zu meinem stilisierten münzbild.
ich kenn so eine stilisierung von keiner anderen syrakusischen münze aus der zeit des hieron II.
w.

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Beitrag von harald » Do 27.11.08 16:09

Hallo wie-wolf

Für eine Tätigkeit von Kelten als Metallfacharbeiter in den Wekstätten von Syrakus gibt es m.W. keinen historischen oder archäologischen Nachweis.
Historisch belegt ist jedoch, dass Hieron II Rom in den punischen Kriegen unterstützte.
Um 218v.Chr. gelang es Hannibal bei seinem zweiten Feldzug gegen Rom einen Teil der in der Po-Ebene lebenden keltischen Stämme an sich zu binden.

Diese kriegerischen Auseinandersetzungen düften die Erklärung des Kontaktes der Boier mit dem Geld aus Syrakus sein.

Möglicherweise weiß einer unser Historiker im Forum noch mehr zu diesem Thema.

Gruß
harald

taurisker
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Beitrag von taurisker » Do 27.11.08 19:02

Um den von Harald angesprochene Zeitrahmen von va. 225-218v. war auch neben dem wieder aufkommenden Konflikt mit Karthago und Hannibal ein weiterer Kriegsschauplatz aktiv und zwar gegen die Kelten der Poebene und der südlichen Cisalpina:


Die Gallier der Poebene betrachtete der Italiker, nicht nur der Römer, als Eindringling auf den Boden der Halbinsel. Entsprechende Feldzüge der Römer in der Poebene knapp vor Beginn des zweiten Punischen Krieges, brachten die Boier wahrscheinlich aus Furcht vor einem ähnlichen Schicksal dazu, sich mit den Insubrern zu verbünden und weitere Söldner aus den Alpen der Rhonegegend anzuwerben. Römische Quellen berichten von einem Zug eines stattlichen Heeres unter zwei Königen von Norden her.

Vom Hochsommer 225v. wird berichtet, dass die Überschreitung der Grenzen durch die Insubrer und Boier, verstärkt durch Taurisker und den Kelten aus den Rhonealpen, mit einer geschätzt auf 50tsd Mann starken Fußtruppe und einer Reiterei aus 20tsd Mann stattfand. Ein Konsul der Römer stand bei Ariminum zur Abwehr bereit, während ein meist bundesgenössiches Heer unter einem Praetor Nordetrurien deckte.

Trotzdem überschritten die Kelten den Apennin und standen plötzlich vor Clusium (Chiusi). Den Kampf gegen das römische Nordheer führten die Boier und die Taurisker, gegen die Südtruppen kämpften die Insubrer und die Gallier aus den Rhonealpen. Trotz anfänglicher Erfolge gegen die Römer, gelang die erfolgreiche Niederwerfung der Kelten in den Jahren 224/223. Es war zwar die Vernichtung der kräftigen Keltenstämme nicht gelungen, jedoch der Gewinn des Landes zwischen dem Apennin und den Alpen.

Aus: Die Republik, E. Kornemann

218 war das Ziel Hannibals die befreundeten Völker der Insubrer und er gewann viele Krieger aus diesen Reihen. Übrigens standen auf Seiten der Römer ebenfalls keltische Söldner im Dienst der Auxiliareinheiten des Scipio, angeblich sind diese jedoch mit der Zeit übergelaufen.

Wenn man das alles berücksichtigt, dann ist der Kontakt der keltischen Welt mit der römischen nicht verwunderlich und es erklärt auch die Auffindung von entsprechenden Münzen an keltischen Siedlungsplätzen nördlich.

Salü
taurisker

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Beitrag von harald » Do 27.11.08 20:08

Hallo Herfied!

Freut mich wieder mal was von Dir zu hören.
Dacht ich mir´s doch, das da noch was kommt.
Danke für die interessanten Zusatzinfos.

Viele Grüße
Harald

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Beitrag von taurisker » Do 27.11.08 23:27

Dacht ich mir´s doch, das da noch was kommt.
Danke für die interessanten Zusatzinfos.
Das ist eine grobe Zusammenfassung der Ereignisse zwischen 230-210, tatsächlich ist da noch viel mehr passiert. Übrigens stammen lt. Castelin aus diesen Dekaden die Cisalpina Imitationen der schweren Massalia Drachmen, einige Autoren bringen die Prägungen in Zusammenhang mit den Insubrern. Gut möglich, dass diese Drachmen zur Bezahlung der Krieger/Söldner für den Kampf gegen die Römer dienten.

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