Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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Bertolt
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Mi 29.05.24 10:23

Hallo QVINTVS, schön mal wieder was von dir zu lesen. Es ist einfach nervig. Ich versuch mal mir was einfallen zu lassen. Gruß Bertolt
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » So 02.06.24 13:50

Hallo, ich dachte ja, dass sich Anders mal zu meiner Frage und seinem wohl koptischen Symbol meldet. Hallo Comthur, dafür habe ich Deinen Artikel sehr sorgfältig gelesen. Respekt vor dieser Arbeit. Ich musste feststellen, dass ich vieles ähnlich oder auch genauso gemacht habe. Allerdings musste ich bei der Untersuchung der Buchstaben auf meinen Münzen einige Abstriche machen. Ich wollte die Stempelschneider-Eisengraber , die die Umschrift auf den Dünnpfennigen geschnitten haben, identifizieren. Das ist mir glaube ich auch gelungen. Das Problem bestand darin, dass auf dem Avers aller 224 Münzen SCS STEPHANVS oder SANCTVSSTE zu lesen war. Auf dem Revers RVDOLPHVS, Die Umschriften der Reversseiten in sehr vielen Fällen undeutlich, ja sogar unlesbar bzw. tragen auch sogenannten Trugschriftcharakter. Ich hätte also zu jeder Münze über 20 Buchstaben oder auch Signaturen untersuchen müssen. Dass ist aber wohl eher eine Aufgabe für ein Team. Mit dem dadurch ständig anwachsenden Datenbestand wäre ich überfordert gewesen. Nun sind die Dünnpfennige überwiegend in sehr schlechtem Erhaltungszustand wobei noch dazu kommt, dass auch prägebedingte negative Ergebnisse vorhanden sind, was die Erhaltung betrifft. Was wäre das Bestmögliche, auf das man sich konzentrieren könnte. Im Wort STEPHANVS kommt der Buchstabe „S“ zweimal vor, bei SCS STEPHANVS dagegen viermal. Bei SANCTVS STE dreimal und auf der Rückseite einmal. Eine ideale Konstellation, sich mit diesen „S“ (Signaturen) zu befassen. Einfach auch deshalb, weil die Wahrscheinlichkeit besteht, auf diesen Buchstaben, auch in Hinsicht auf die schlechten Erhaltungszustände dieser Münzen, am häufigsten zu treffen. Auf „S“ zutreffen, auch in den Fällen, wo die STEPHANVS oder SANCTVS STE Buchstabenfolge so nicht mehr sicher zu erkennen ist, es sich z.B. um einzeln erhaltene Buchstaben handelt. Der Sachverhalt ist sehr komplex und ich bemühe mich ihn zu straffen. Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Comthur » So 02.06.24 15:28

Du bist wirklich mutig und wir auf einer Welle unterwegs ! Auch ich sah schon hier und da das materielle Wasser Oberkannte Unterlippe stehen :-)) und dann kam doch DER Einfall, verbunden mit einem Durchbruch und plötzlich sieht die Welt gleich wieder anders aus ! Stichwort Tabellenform. Rüttle das Puzzle an gefundenen Einzeldetails durch und Du bekommst mit etwas Glück Informationen über mehrere Ebenen hinweg. Stempelschneider können bzw. werden auch an mehreren Orten tätig geworden sein. Neben den einzelnen Stempeln sind da die Stempelkopplungen ebenfalls nicht aus dem Blick zu lassen.

In Deinem Gebiet hat man meist schlechte Erhaltungen / größere Prägeschwächen.
Ich kann anhand meiner Methode allein aufgrund einzelner Buchstaben / anhand des charakteristischen Stempelschnittes, ggf. einer Kombination verschiedener Charakteristika in den Stempeln, Schillinge bestimmten Hochmeistern zuordnen. Da genügt mitunter auch ein einzelner Buchstabe, der Rest kann völlig verschlagen sein.

So kam es vor einigen Jahren, daß ein Sammler hier 4 Bilder von Deutschordensmünzen (um 1400) einstellte - aber die Av.-Rv.-Abbildungen von 3 oder gar 4 Schillingen durcheinandergewürfelt wurden. Anhand von Buchstaben- und Adlerschnitt gelang mir die Ordnung aller Münzen + korrekte Zuschreibung eines Av.-Stempels zu "Marienburg". Der dem entsprechende Rv.-Stempel mit dem "m" über dem Ordensschild war nicht dabei, konnte aber durch den nun auch staunenden Sammler bestätigt werden.

Durch einen jeweils relativ begrenzten Präge-Zeitrahmen, nur wenige Münzstätten und dazu die veränderte Technik zur Stempelherstellung habe ich es - selbst über mehrere Nominale hinweg - durchaus etwas einfacher. Allerdings hatte ich auch keine Vorbilder und so muß man sich alles selbst ersteinmal ausdenken und erarbeiten.

An Deiner Stelle hätte ich vermutlich mit örtlich und zeitlich - sicher - verorteten Exemplaren angefangen, deren Charakteristik exakt notiert - beginnend bei den Buchstaben und was Dir sonst noch einfällt. Der Rest ist das 10`000 Teile-Puzzle und die Gabe, etwas daraus zu erkennen.
Vorab die Literatur hin zu den Urkundenbüchern (falls überhaupt vorhanden), um wenigstens die Ansätze einer Beweisführung bzgl. der angedachten Münzstätte zu bekommen. Wobei Buchdruck und unsere Ebene der Stempelcharakteristika schon wieder 2 Welten darstellen können, welche zusätzlich geordnet gehören.

Zu "Anders" - schreibe ihm doch eine PN . Da bekommt er in jedem Falle eine Infomail.

P.S.: Ich habe auch mehrere hundert Münzen durchzusehen ... da muß man dann durch bei diesem Thema :-))
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » So 02.06.24 20:02

Also, das ist ja so, neben der fasst an eine Sisyphus-Arbeit grenzenden Betätigung, hat man natürlich auch Erfolge zu verzei95chnen. Ich habe tatsächlich auf den zu untersuchenden Münzen bis jetzt, exakt 30 verschiedene, sprich unterschiedliche Signaturen des Buchstaben „S“ festgestellt. Wie auch bei dir, münden diese Feststellungen in, aus einer oder mehreren Händen. Ich konnte nicht erkennen, wie du sie unterschieden hast. So habe ich meine Signaturen katalogisiert und jeder Feststellung eine Bezeichnung gegeben. Zunächst dachte ich an „manus creatur est“ (Meine Hand erschuf es) doch dann entschied ich mich für „Me fecit“ (ich habe es geschaffen), was ja auch so schon auf Münzen des Mittelalters in Verbindung mit Stempelschneiders so festgestellt wurde. Die Frage ist nur, ob solche Begriffe urheberrechtlich geschützt sind. Nach Einzelsignaturen auf beiden Münzseiten, ergaben sich tatsächlich auch solche Feststellungen, dass ich unterschiedliche Signaturen auf dem Avers und dem Revers festgestellt habe. Was ich wiederum als Zeichen arbeitsteiligem Vorgehen gewertet habe. Das ja wohl auf eine Werkstattarbeit hindeutet. Im Zuge der laufenden Untersuchung ergaben sich, durch wiederholte Feststellungen einzelner dann bereits bekannter Signaturen unterschiedliche Häufigkeitszahlen, aus denen die einzelnen Aktivitäten abzulesen waren. Ich konnte nun angeben, wieviel Stempelschneider haben allein wieviel Stempel aus dieser Reihung geschnitten. Wieviel unterschiedliche Signaturen auf dem Avers und Revers traten auf. Rückschlüsse darauf, wie groß das beteiligte Werkstattspotenzial war. Dann Feststellungen über unterschiedliche Signaturen auf einer Münzseite. Inzwischen schon 13 Feststellungen bisher. Was ich in diesem Zusammenhang in deiner Arbeit gelesen habe, dass es zweigeteilte Signaturen des Buchstaben „S“ gibt und Gott sei Dank in deiner Anlage 1 auch abgebildet ist, konnte ich mir so gedanklich gar nicht vorstellen, überprüfe aber nun meine Signaturen nochmal nach diesem ‚Hinweis, da ich natürlich auch eine ganze Reihe unvollständiger Buchstaben habe. Ich glaube, dass die Geschichte dieser Münzen, mit denen ich mich hier befasse, bisher noch nicht aufgeschrieben wurde. Im Jahre 1936 unternahm der Numismatiker Otto Tornau den Versuch, die gesamte Halberstädter Münzgeschichte zu Papier zu bringen. Er hat sich auch mit den Dünnpfennigen mit der CRVX-Rückseite beschäftigt, sein handschriftliches Manuskript, befindet sich im Halberstädter Museum. Für meine Arbeit nur dahingehend relevant, indem das Manuskript, Bestandsangaben über das Vorhandensein dieser Münzen in Kabinetten von ganz Deutschland beinhaltet, die zusammenzutragen ich wie schon gesagt immer noch bemüht bin.
Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Comthur » Mo 03.06.24 15:56

@Bertolt
Ich vermute mal, daß Du gleich auf ein Buch hinarbeitest und somit bis in die Details alles ausarbeiten und verabeiten kannst. Am Ende steht dann Dein Werk, welches gegen eventuelle anderweitige Begehrlichkeiten geschützt ist. Da ich auch in den von Dir angesprochenen Bezeichnungen, so sie bisher nicht im Rahmen eines Titels in Erscheinung getreten sind, keine urheberrechtlich geschützten Redewendungen.
Für eine Münzzeitschrift wie die Moneytrend musste ich mich möglichst einschränken und einen Kompromiss zwischen Information der Sammler bzgl. dem Sammelgebiet, allgemeine wie auch konkrete Punkte der Information über meine speziellen (neuen) Erkenntnisse samt Vorhaben einer neuen Katalogisierung aber auch der Vorsicht vor Kaperung meiner Ideen samt Verwertung der Spezialkenntnisse durch moderne Fälscher (Königsberg / Polen) finden. Nicht zu vergessen, meine durchaus berechtigte Kritik gegen das Sammelgebiet vergiftende Äußerungen eines bzw. zweier „Numismatiker“, die eine Plattform in deutschen Fachzeitschriften gefunden haben (- ich mit einer Gegendarstellung abgelehnt wurde..), denen der Handel aber häufig folgt.

Ist alles recht komplex und da hast Du völlig richtig empfunden, daß die letzten Details in der Moneytrend (wo selbst die Rechtefrage am Artikel [an deinen Ideen ! ] diskutiert werden könnte / fraglich ist…) nur kursorisch benannt aber nicht sonderlich viel auch im Bild gezeigt wurden. Die sind für ein mehr oder minder in einem Stück geplantes Katalogwerk geplant, wo ich alles bzw. möglichst viel abbilden und im Detail beschreiben werde. Somit werde ich auch auf „die Hände“ der Stempelschneider und die definitive (vermutete) Zuordnung kommen.
Dadurch wird der Umfang der Arbeit, dann aber für ein Buch, wieder erheblich steigen.
Mein Katalog, um ein Beispiel zu bringen, beinhaltet unter der Nummer Br.(andhof) 15 die mit in Klammern gesetzte Großbuchstaben benannten Unterpunkte [A] und , welche die „Hand“ kennzeichnen sollen. Kleinbuchstaben stehen bei mir für anderweitig - katalogisierte - Details im Stempelschnitt. Hand „A“, Br.15 [A], also für „Marienburger Hand“ und Hand „B“, Br.15 für die Thorner Hand auf Münzen dieser Münzstätte. Die Klammern zur besseren Abgrenzung bzw. zur Vermeidung von Verwechslungen. Es gibt also auch verschiedenen Prioritäten in der Abgrenzung gewisser Charakteristika, welche in die Katalogisierung auf Basis der Details einfließt : Schrifttrennung , Beizeichen , bestimmte Buchstabenschnitte (welche für eine Unterscheidung charakteristisch sind), sonstige Besonderheiten wie z.B. auch Mischformen … - schon darin ergeben sich verschiedene Ebenen die Du aber erst anhand meiner Übersichten sehen und besser verstehen kannst. Vermutlich wärest Du genauso verblüfft von der Stimmigkeit, wie auch ich nach vollbrachtem Werk. So manch einer hätte wohl schon dafür seinen „Dr.“ bekommen, was bei mir wohl ausfallen wird … :(
Aber weiter. Und dann folgen die dem o.g. untergeordnete Zuordnungen zu den „Händen“ (der Stempelschneider), welche nach meiner o.g. Bezeichnung flexibel (=Zauberwort ;-) ) an jede einzelne Katalogisierung / Unterteilung angehangen werden kann. Wie kommt man drauf ? Durch die Kombination der / mehrerer Merkmale sowie in der nächsten Ebene ggf. vergleichbare Äquivalente im Schnitt derselben Hand (letztere aber nicht zwingend) und schon sind wir bei z.B. Stempelfolgen. Münzstätte A oder B steht dahin, besonders wenn urkundliche Quellen fehlen. Einzelne Merkmale können kritisch sein - umso mehr charakteristische Merkmale aber zusammenkommen, umso sicherer auch die Zuordnung zu [nur] „einer Hand“.
Somit meine ich ein für weitere Arbeiten offenes System zu schaffen und nicht mein „Werk“ starr als der Weisheit letzter Schluß in die Welt zu setzen … welches irgendwann durch eine Erweiterung (neue Art entdeckt etc.) u.U. alles hinfällig wird.
Dein entdecktes „Sonderzeichen“ könnte theoretisch auf stempelgleichen oder verschiedenen Varianten, von einer oder mehreren „Händen“ stammen.

Wie ich die Sache sehe, wird ein für Sammler und seriösem Handel sicher sehr nützlicher wie praktikabler Katalog entstehen und damit verbunden / ggf. entkoppelbar, die über mehrere Ebenen tiefere Möglichkeit einer völligen Neuordnung der Prägetätigkeit per se über „die Hand“, welches aber eher für die echten Numismatiker / die Forschung von großer Bedeutung sein kann. Also ein Kompromiss zwischen dem reinen Umschriftenwerk a la Vossberg und dem nun erweiterbaren Spezialwerk für wissenschaftliche Arbeiten im Detail.
Nur kurz zum Vergleich : Das i.J. 1843 von Vossberg erstellte Standardwerk umfasste mit Blick auf Umschrift- / Buchstabenvarianten und Schrifttrennungszeichen, eingestreut auch Beizeichen, ein Umschriftverzeichnis der Nummern V.147 - 458 in 5 (6) Arten in 15 Abteilungen ;
Das seit 1987 allseits im Handel genutzte Zitierwerk, „Neumann“ genannt, nüchtern betrachtet ohnehin ein auf Nahe „0“ verkürzter Vossberg(!) aber in der Erstauflage für den normalen Sammler geeignet. Die Ausgabe von 2003, unter katastrophalen sachlichen „Erweiterungen“ + Abbildungen von Fälschungen, von E. Neumann (?!), kommt für denselben Hochmeister meiner derzeitigen Arbeit - Konrad von Jungingen - auf die Untergliederung von 7a-d (= 4 !). Wobei die N.7d als willkürliche wie unbegründete Spekulation an dieser Stelle verworfen werden muß.
Mein angedachter Katalog - Konrad von Jungingen betreffend - steht derzeit, nahe am Abschluß, bei den Nummern Br.6 - 23a-d in zur Gänze 31 (einunddreißig) Untergliederungen. Diese beinhaltend 2 bis 3 hypothetisch angenommene Nummern. Hypothetisch, da sie angesichts der bekannten Exemplare typologisch angenommen werden (können resp. werden müssen). Letztere aber nicht als „Existent“ und Bewiesen gesetzt sondern in kursiv und hypothetisch eingefügt. Im Text auch ausführlich erklärt / in der Übersicht wie im Katalogteil logisch integriert.

Sollten wir uns vielleicht einmal auf einen Kaffe treffen, kann ich Dir die Unterlagen mal zeigen. Derzeit möchte ich aber noch nichts Unveröffentlichtes aus der Hand geben.
So, aber jetzt komme ich wieder mal zum Schluß !

Viele Grüße

P.S.: Einige Zeichen werden mir in der Vorschau angezeigt aber nicht im abgespeicherten Forumstext, somit kommt es zu einigen Fehlstellen im obigen Text ??
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Di 04.06.24 20:47

Hallo Comthur, da liegst du völlig richtig, ich versuche die Reihe der Magdeburger Münzblätter fortzusetzen, die ich wie ich schon sagte, mit dem Heft begonnen habe. Hier, in dieser Sache stand ich vor der Aufgabe, mein Vorgehen zumindest gedanklich so vorzubereiten, dass ich die gewaltigen Datenmengen ordnungsgemäß verwalten und beherrschen konnte. Als erstes schuf ich eine Haupttabelle, in welcher die Zusammenstellung und Erfassung der Avers- und Reversumschriften, der Gewichte und Durchmesserangaben, sowie der Nachweis über vorhandene Bilddokumente Avers- und Reverstypenbilder, Bei- und Sonderzeichen erfasst wurden und darüber hinaus zu jedem Datensatz die Signatur des jeweiligen Stempelschneider-Eisengraber erkennbar ist. Als nächstes war es dringend notwendig ein Kriterium zur Unterscheidung der einzelnen Münzen zu erstellten. Damit die lästige und für viele Stempelvarianten total falsche Einordnung dieser Münzen, vor allem im Handel, mit z.B. Verweisen auf Leuckfeld Tafel III/38 endlich in einer ordentliche Münznummerierung mündete. Eine unzählige Anzahl dieser Münzen wird an diese Zitierstelle gelegt, da es nicht viel anderes gibt. Den Dünnpfennigen des Bischofs Rudolf I. von Schladen habe ich die Ordnungszahl 20 zugewiesen. Das geschah nicht willkürlich, sondern hat den Hintergrund, dass dieser Münztyp der 20. Dünnpfennigtyp ist, den Halberstadt hat schlagen lassen. Dir Dünnpfennigzeit beginnt im Jahre 1092 unter dem Halberstädter Bischof Friedrich I. (1089-1106), der zwei Typen hat prägen lassen. Sein numismatischer Nachfolger, Bischof Reinhard von Blankenburg (1106-1123), brachte es auf 6 Typen usw. über Bischof Otto von Schkeuditz (1123 – 1128 und 1131 – 1135). Vor Bischof Rudolf I. Prägte noch das Halberstädter Domkapitel, nach der Absetzung von Otto. Um auch mal dein paar geschichtliche Eckdaten für Halberstadt zu liefern, wie du das für die DO-Münzen getan hast. Nun hatte ich zwar eine verbindliche Schlüsselnummer, aber die Unterscheidung der einzelnen Typen und Stempelvarianten war allein mit der Nummer 20 nicht möglich. Dann stellte ich fest, dass sich zwar alle Münzmotive der Avers- und Reversseite glichen und somit schlecht zu unterscheiden waren. Den Durchbruch brachten dann die im linken und rechten Felde positionierten Kugeln (sollen natürlich die Steine symbolisieren, mit den der Heilige Stephanus ca. im Jahre 49 nach Christus, zu Tode gesteinigt wurde.) Hier geht es von null Kugeln bis auf viel Kugeln nebst einigen Beizeichen und merkbaren bildlichen Veränderungen. Nun glaube ich für heute muss ich Schluss machen, die Geschichte findet sonst kein Ende. Mit dem Treffen zu einem Kaffee, denk ich mal, sind wir in der gleichen Situation, wie die berühmten Königskinder, bei denen das Wasser zu tief war und bei uns ist es wohl die Entfernung. Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Comthur » Do 06.06.24 11:55

Hallo Bertolt,

vielen Dank für Deine interessanten Ausführungen. Wie man sieht, hast auch Du so Deinen Frust mit mehr oder minder willkürlichen Zuschreibungen des Handels. Da bleibt mir nur, Dir persönlich den gebührenden Erfolg und Einsicht auf der Seite der mit den Münzen Handelnden zu wünschen...

Entfernung - soll nicht das Problem sein, da ich in Nordsachsen ebenfalls verwurzelt ... und mangels Hilfen vom Land Sachsen hin zur Kommune, noch verdammt lange mit einem sehr erheblichen Tornadoschaden (Mai 2010) beschäftigt sein werde.
Ich hatte ohnehin mal vor, auf den Spuren der Geschichte (11.Jh.) durch die Landschaft zu wandeln. Magdeburg stelle ich mir als kaiserliche Residenzstadt besonders interessant vor aber da muß ich mir noch Gedanken machen.

Deine Zeitspanne vom 11. bis in das 13.Jh. ist sicherlich, zumindest für die ersten 100 Jahre, durch das Fehlen von Quellenmaterial besonders gekennzeichnet oder was kannst Du an Dokumenten(-Werken) nutzen, welches bzgl. der Privilegien, Handel und Münzprägung aussagekräftig ist ?

Viele Grüße
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Do 06.06.24 17:54

Hallo, zur Frage nach Literatur, das ist leider nicht so üppig. Konkret zu den Dünnpfennigen mit denen ich mich befasse, gibt es nur das handschriftliche Manuskript von Otto Tornau, der im Jahre 1936 den Versuch unternommen hat, die Halberstädter Münzgeschichte in ihrer Gesamtheit zu veröffentlichen. Durch seinen Tod ist dieses Vorhaben im Manuskriptstadium geblieben. Dieses Manuskript befindet sich im Original im Städtischen Museum in Halberstadt. Des Weiteren ist da noch das Archiv für Bracteatenkunde in vier Bänden zu nennen und die Standartwerke wie Hermann Dannenberg, Bahrfeld und einige besondere alte Sammlungen. An neuerer Literatur ist ein Beitrag in "Geprägte Bilderwelten der Romanik. Münzkunst und Währungsräume zwischen Brixen und Prag. Runkelsteiner Schriften zur Kulturgeschichte, Band 11, Herausgeber Stiftung Bozner Schlösser, A. Hylla/H. Winter, Münztechnik - Münzkunst. Neue Aspekte zur Entstehung mittelalterlicher Münzen, S. 13 ff". Möchte man "Münzmeister" nachweisen, verfolgen, usw., dann ist es notwendig den Blick auch auf die zeitgenössischen Kunstwerke auszuweiten. Empfohlen von QVINTVS zu erwähnen.
Zugegebenermaßen, sind auch Fehler aufgetreten. So wie es nicht für alle untersuchten Münzen Bildmaterial gibt, verhält es sich auch ähnlich mit Gewichtsangaben und Durchmesserwerten und in diesem Zusammenhang möchte ich nochmal auf Lackland seinen Beitrag zurückkommen, indem ich die Wichtigkeit dieser Daten ausdrücklich unterstreiche. Ich wollte nun noch einen draufzusetzen und habe begonnen die Münzdicke mit einem Zentelmaß zu messen und zu erfassen. Interessante Ergebnisse, die für eine vergleichende Untersuchung geeignet erschienen. Doch dann sah ich auf einem 1Mittelaltertreffen in Halle vor einigen Jahren einen Vortrag von zwei Numismatikern, die sich mit dieser Thematik befassten. Es kam heraus, dass eine einzige Stärkemessung nur zu einem Teilergebnis führt. Die Zaine, aus der die Schrötlinge zum Prägen geschnitten werden, wurden durch Hammerschläge ausgetrieben und somit, zwar augenscheinlich nicht erkennbar, doch völlig unterschiedliche Münzstärken vorhanden sind. Noch ein Problem trat bei der Erstellung des umfangreichen Münzkataloges auf. Ich halte es für wichtig, die Herkunft und den Standort der einzelnen Münzen anzugeben.
Herkunft - Provenienz – oder auch die Geschichte dieser Münze – Zitierstelle – Literaturverweis. Wofür sollte man sich entscheiden, oder einfach alle Begriffe nehmen? Gruß Bertolt
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Comthur » Fr 07.06.24 11:05

Ja, gerade in Zeiten von Datenschutz hin zu Bildrechten muß schon aufpassen, wer kein Rechtsanwalt ist. Da habe auch ich schon hin und her überlegt - wie schon zu sehen an einem meiner Moneytrend-Artikel, wo mir Hintergrundinformationen + Bildrechte für die Veröffentlichung ausdrücklich verweigert wurden. Half dem "Bösewicht" aber nichts, da ich - freilich als Kollateralschaden die ihn veröffentlichen "wissenschaftlichen" Fachzeitschriften benennend - nun auf seine Veröffentlichungen / dortigen Bilder hingewiesen habe und ihn sachlich mittels anderweitigen dokumentarischen Quellen + meiner eigenen Erkenntnisse m.E. vollständig widerlegen konnte.

So ist man gut beraten, möglichst die eigene Sammlung zu verwenden. Zumal Bildrechte auch teuer werden können - das Kunsthistorische Museum in Wien hätte mir z.B. für die Erlaubnis die David-Platte der Kaiserkrone abbilden zu dürfen (in der Moneytrend) meine gesamte Provision für den Artikel einkassiert .... .
Bezüglich der Verweise im Katalog habe ich mich, wenn eine Abbildung gebracht werden kann, für den Begriff "Provenienz der Abbildung" entschieden, da somit der aktuelle Standort ausgeklammert wird und für uns ohnehin nur die Abbildung von übergeordnetem Interesse ist. Ob öffentliche Sammlung, Abbildung in einem Auktionskatalog oder per Cod aus der eigenen Sammlung belegt. Falls keine Abbildung gebracht werden kann oder soll, habe ich die Bezeichnung "Nachweis" und danach eine Quelle, z.B. nur verzeichnete (Umschriften-)Variante in einem der numismatischen Werke oder wo auch sonst belegt, verwendet. Der Übersichtlichkeit halber bleibe ich möglichst bei diesen Begriffen. Die Wichtigkeit steht ausser Frage.
Wenn ein Wort nicht passend erscheint, müssen wir eben auch mal nach Synonymen suchen.
Übertragungsfehler, Irrtümer und Verwechslungen kommen überall mal vor und sind völlig normal - sollten sich aber doch in kleineren, für das Sammelgebiet in allgemein unschädlichen Grenzen halten. Da werden dann eben Fehlerberichtigungen geschrieben und alles wird gut.

Hüten sollte man sich allerdings vor Hypothesen, welche zu Tatsachenbehauptungen werden und diese sich dann verbreiten. So geschehen in meinem Sammelgebiet. Ich war nur zufällig zur selben Zeit am Thema, woraufhin ich nun ernsthaft - privat - kämpfe, um den Unsinn wieder aus der Welt zu schaffen. Und da steht kein Institut oder sonstige wohlklingenden Adressen / Namen Schlange, um mir zu helfen ... im Gegenteil, da wird häufig der Unsinn nachgeschrieben, auch ohne Belege resp. Erklärungen !
Meinungen, Hypothesen aufstellen, spekulieren, kann man alles machen - aber dann auch so(!) in den Raum stellen und tunlichst so stehen lassen, bis Beweise oder wenigstens starke Indizien gefunden werden können.

Die Münzdicke habe ich nur sporadisch mit aufgenommen, wird aber nicht veröffentlicht da die Münzen ja per Hand geschlagen wurden und wohl kaum ein Stempel exakt gerade angesetzt wurde. Eher ein Merkmal für eine eventuelle Fälschungserkennung ;-)

Die wichtigsten Werke sind für mich die Urkundenbücher / Regestenwerke mit echter Beweiskraft. Vom Landesherrn über Städte, Geistlichkeit, Hanse ... Ständedokumente (Recesse / Ständetage etc.). Selbst Kaufverträge und Abgabenlisten können Dir nachweisen, was wann woher und in welcher Menge im Umlauf war. Dann die Schatzfunde, wobei ich diese, je nach Umständen und nur für sich betrachtet, für relativ in zeitlicher / örtlicher Zuschreibung halte. Denn schon früher wurden Schätze gefunden und das Silber ggf. vereinigt wieder in den Boden gebracht. Andere Nominale blieben Jahrhunderte, weit verstreut, im Umlauf.

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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » So 09.06.24 15:14

Forumbild 5.jpg
Forumbild 5.jpg (8.7 KiB) 396 mal betrachtet
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Hallo, ja, so mache ich das auch, wenn möglich, greife ich auf Bilder aus meiner Studiensammlung zurück. Gestern war mein Münzverein zu einer Exkursion im Museum in Bernburg in Sachsen-Anhalt. Kann ich nur empfehlen. Als Ergebnis habe ich ein altes Museumsheft aus dem Jahre 1966 von. F.I. Katzer, „Anhaltinische Münzen und Medaillen“ bekommen. Dass ich eigentlich für meine Forschungstätigkeit schon 20 Jahre früher gebraucht hätte. Nun zurück zum Thema, ich hatte ja schon geschrieben, dass ich die Problematik eine oder mehrere Hände auf etwas andere Art, zwar auch so festgestellt, gelöst habe. Eine der ersten Signaturen des Buchstaben „S“ habe ich auf einer Münze festgestellt, den die Fa. Künker auf ihrer 237 Auktion unter der Losnummer 2735 versteigert hat. Ich habe dieser Signatur die Bezeichnung „Me fecit 1“ zugewiesen. Eine glückliche Lösung, da sich im weiteren Verlauf meiner Untersuchungen herausgestellt hat, dass diese Signatur auf bisher 46 Münzen dieses Typs festgestellt wurde. In sieben Fällen hat diese Stempelschneider-Eisengraber beide Münzseitenstempel allein geschnitten. Für bisher 17 Münzen ist er arbeitsteilig mit anderen Signaturen festgestellt wurden. Ich gehe davon aus, dass arbeitsteiliges Vorgehen auf eine Werkstattarbeit hindeutet. Diese, ist vom Prinzip auf allen Münzen gleich, mit Ausnahme geringer Veränderungen, in Form von unterschiedlich stark erkennbaren Hohlkehlen Gestaltungen und Serifen und den Ober- und Unterbogenverläufen, die wiederum, die Entstehung dieses Buchstabens mittels Handarbeit festmachen. Es ist, wie man sehen kann, eine sehr raumgreifende Signatur, die eigenartigerweise auf den nachfolgenden Emissionen von Dünnpfennigen (Kreuzseiten ohne CRVX, PETVS Dünnpfennigen, Sixtus Dünnpfennigen und auch nicht auf den mit dem Motiv des zusammenbrechenden Heiligen) feststellbar. Aber, zusammen mit „Me fecit1“ wurde eine Signatur mit der Kennung „Me fecit 1a“ von mir erfasst, welche sich wiederum über die Dünnpfennigzeit bis hin zur Brakteatenprägung nach 1150 verfolgen lässt. Ich kann all die erfassten Daten zu jeder Signatur hier nicht deutlich machen, es würde zu weit führen.
Nur noch abschließend, ich glaube, dass hinter dieser Signatur der Meister dieser Werkstatt erkennbar wird. Alle anderen Signaturen, ich komme das später noch dazu, zeigen teilweise erhebliche Veränderungen und benutzen mehrere Schnittformen auf dem Weg zu ihrer, ich nenne es so, Endform. Diese Signatur hat sich bei allen Feststellungen, mit Ausnahme der Angeführten, nicht verändert und war wohl von Anfang an die Endform. Gruß Bertolt.
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Comthur (Do 13.06.24 15:22)
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Comthur » Do 13.06.24 09:46

Dann hast Du eher eine Indizienkette, Stellenweise aber Beweise auf einen zeitlichen wie örtlichen Zusammenhang bestimmter Prägungen.

Ich würde in Deinen Zeitspannen auch dazu tendieren, selbst "sicher" geglaubte Schatzfunddatierungen (-auf welcher Basis eigentlich wenn schriftliche Quellen fehlen ...?) als relativ im Raume stehen lassen und ggf. nur zur groben Einordnung in Betracht ziehen. Denn leicht können durch Deine nachgewiesenen(!) zeitlichen wie örtlichen Zusammenhänge der Stempelverwendung ... ALLES vorher als "sicher" geglaubte über den Haufen werfen und ein völlig neues Licht auf bestimmte Prägeperioden werfen. So, wie es mir hier und da in meinem Bereich geht und ersteinmal ungläubiges Staunen / Nichtbeachten bei den vermeintlich "Wissenden" als Reaktion zu verzeichnen ist.

Hast Du auch Schatzfundverzeichnisse im Blick / gibt es die überhaupt für Deinen Bereich und deuten sich da evtl. schon Verschiebungen an durch Deine Erkenntnisse ?
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Do 13.06.24 13:21

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Also, zu fasst allen Münzen in dieser Kategorie fehlen Fundprovenienzen, sie stammen aus dem Handel oder Privatsammlungen. Das trifft auch für die sich in den Kabinetten befindlichen Stücke zu. In einem Fall gibt es den Hinweis auf den Fund von 1713 bei Halberstadt. Publiziert von dem damaligen Kurator des Welfenkabinetts in Braunschweig, P.J. Meier, in Archiv für Brakteatenkunde, der aber kein Stück Einzel beschrieben hat. Teile dieses Fundes befinden sich in der Sammlung der Deutschen Bank in Hannover, war ich schon, kam aber nicht wirklich weiter. Weiterführend müsste jetzt eigentlich die Signatur mit der Kennung „Me fecit 2“ kommen. Habe ich aber nicht, da die Zweite die Nummer 1a hat. Nun aber, um chronologisch fortzufahren, kommt „Me fecit 3“. Wie man sehen kann, wieder eine sehr raumgreifende, in die Länge gezogene Signatur des Buchstaben „S“, die insgesamt nur 4-mal aufgetreten ist. Dieser Stempelschneider-Eisengraber ist auch nur arbeitsteilig festgestellt wurden, hat selbst allein in drei Fällen den Stempel für eine Avers- und in einem Fall für eine Reversseite geschnitten. Ich habe aber auch festgestellt, dass er dennoch zur Werkstatt gehören muss, da sein arbeitsteiliges Stempelschneiden immer mit solchen Signagtururhebern erfolgte, die durch ihre großen Häufigkeitszahlen mit Sicherheit zur Werkstatt gehören. Seine Schnittform scheint sich aber nicht durchgesetzt zu haben. Auf weiteren 5 Münzen stellte ich eine ähnliche Signatur fest, „Me fecit 3a“. Eine sehr einfache, im Prinzip aus einem waagerechten Strich mit Bogen bestehende Form, wo man tatsächlich nur aus der Position innerhalb der Umschrift darauf kommen kann, dass es sich um einen Buchstaben „S“ handeln könnte. Da ist aber auch eine Feststellung, die deutlich macht, dass die Lösung einer solchen Aufgabe eben nicht so einfach ist. Ob beide Signaturen tatsächlich aus einer Hand stammen. Gruß Bertolt
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Sa 15.06.24 12:54

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Die riesigen Datenmengen, die sich im Laufe der Untersuchungen ergeben haben, sind in ihrer Komplexität, aber vor allen Dingen im Rahmen ihrer Zusammenhänge und gegenseitigen Bezugnahme schwer zu überblicken. Dennoch möchte ich mit den von mir festgestellten Signaturen fortfahren, verbunden mit der Hoffnung, dass vielleicht doch jemand auf seinen mittelalterlichen Münzen (Dünnpfennigen) eine dieser Signaturen ebenfalls feststellt und dieses hier mitteilt. Denn eine der Fakten aus meiner Untersuchung bestehen dahingehend, dass einige
der festgestellten Stempelschneider-Eisengraber auf den nachfolgenden Emissionen nicht mehr vorhanden sind. Sie sind offensichtlich regelrecht abgewandert und übten dann ihre Tätigkeit in anderen Münzstätten aus, die Frage ist nur wo. Um fortzufahren, käme jetzt eine Signatur zur Vorstellung, zu der insgesamt 5 unterschiedliche Schnittformen existieren, es ist aber ein enger Zusammenhang zwischen allen nicht abzustreiten. “Me fecit 4“, gefolgt von “Me fecit 4a “, “Me fecit 4b“ und schließlich “Me fecit 4c“ und „Me fecit 4d“. Diese fünf Signaturen des Buchstaben „S“ stammen aller Wahrscheinlichkeit aus der Hand eines Stempelschneiders - Eisengraber. Ohne Mitteldorne, Kehlungen, nur mit spitzen Ausläufen versehen und sehr abstrakt gestaltet, kommen diese vier einzeln festgestellt auf eine Gesamtstempelzahl von 9 Exemplaren. Im Einzelnen: 4 = 4; 4a = 1; 4b = 2 und 4c = 2, 4d = 1. Vermutlich ist die Form 4c oder respektive 4d als seine Endform anzusehen. Die Signatur “Me fecit 4c“ ist zusammen mit „Me fecit 6“ auf einer Münze festgestellt wurden. Dieser Stempelschneider gehört anhand seiner Häufigkeitszahlen zum Führungsquartett der Werkstatt. Gruß Bertolt
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Comthur » Sa 15.06.24 14:40

Bertolt hat geschrieben:
Sa 15.06.24 12:54
Sie sind offensichtlich regelrecht abgewandert und übten dann ihre Tätigkeit in anderen Münzstätten aus, die Frage ist nur wo.
Ich denke, wir dürfen uns bzgl. der relativen Häufigkeit gewisser Prägungen nicht über die Zufälligkeit von mehr oder weniger erhaltenen / gehobenen Schatzfunden täuschen lassen.
Ich begann gerade die Stempelzahl und damit die Anzahl der geschlagenen Denare zu überschlagen, als ich Deine Zahl von (Minimum) 9 Stempeln zur Kenntnis nahm. Mangels Dokumenten ist es nun schwer, den Jahresbedarf / den Umlauf zu überschlagen. Könnte sein, daß diese innerhalb eines Jahres(-Vertrages) gefertigt wurden, da die Menge für diese Zeit aber eine erhebliche Summe darstellte, womöglich auch 2 oder 3 Jahre. So würden sich die varianten Charakterisierungen aus einer Hand erklären lassen. Und die absolute Zahl der Stempel ist durchaus fraglich.

Und jetzt kommt mir eine (gut gemeinte) provokante Frage in den Sinn : Wie sieht die Beweislage zur örtlichen und zeitlichen Zuschreibung der Prägungen aus ? Wenn es gar keine Dokumente gibt, anhand welcher man Münzstätte(n) und Zeit festmachen könnte ... scheint mir die nur abstrakt zeitlich wie örtlich - durch Deine Beweisführung anhand des Stempelschnittes - naheliegende Prägung (=evtl. aus einem Fundzusammenhang stammend und somit selbsterklärend) angreifbar. Zu jederzeit könnte jemand kommen und meinen, daß Deine zusammenhängenden Prägungen in der XY-Nachbarmünzstätte und X Jahre vorher oder später geschlagen seinen ... ?

Gäbe es dokumentarisch gesicherte Münzstätten in der Umgebung / Herrschaft, dann müsste man die zeitlich relevanten Prägungen alle miteinander vergleichen um über wirklich charakteristische Elemente Verbindungen herstellen zu können.
Ohne zeitliche wie örtliche Anhaltspunkte befindet man sich da aber - selbst mit objektiv betrachtet und bewiesen zusammengehörigen Stempeln - wie in einem völlig dunklem Raum ohne Halt und Orientierung.(?)
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Mo 17.06.24 18:20

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Hallo Comthur, deine Antworten erwecken bei mir den Verdacht, dass du den Maßstab deiner Forschungsergebnisse an meinen Versuch anlegst, die Halberstädter Münzgeschichte für die beiden Jahre 1136/37 etwas aufzuhellen. Die von mir festgestellten Signaturen auf den Dünnpfennigen sind deskriptiv. Die dürftige Urkundenlage habe ich schon angesprochen. So ist den auch die Münzstätte Halberstadt selbst, für den Zeitraum ab der Stuhlbesteigung durch Bischof Rudolf I. von Schladen (1136 – 1149), umstritten. Dieser Bischof, hat seinen Bischofssitz, den Halberstädter „Petershof“ in der Zeit seines Pontifikats vom Grunde aus erneuert. Schon Theodor Stenzel hat im Fund von Freckleben den Verdacht geäußert, dass sich die Halberstädter Münze in diesem Komplex, indem der Bischof auch der angegliederten Kirche „unserer lieben Frauen“ die beiden neuen Westtürme errichten ließ, befindet. Es ist schwer vorstellbar, das Halberstadt unter diesen Bedingungen dort ihre Münzstätte betrieben hat. Nun kommt ein Hinweis zu dieser Problematik, von keinem geringeren als Julius Menadier, um 1900 Direktor des königlichen Münzkabinetts in Berlin, welcher die Münzstätte Kroppenstedt, nicht weit östlich von Halberstadt gelegen, ins Gespräch bringt. Nach seiner Meinung wurden in Kroppenstedt Beischläge zu den Halberstädter Münzen geschlagen. Als Beweis führte er drei Münzen an, die vom Typ und der Machart her offensichtlich in Aschersleben entstanden sind. Anzusehen im Archiv für Bracteatenkunde Tafel XIII Nr. 5 – 8. Die beiden ersten zeigen die Stirnseite der Aschersleber Kirche, mit den beiden charakteristischen Türmen und das dazwischen positionierte Kopfbildnis des heiligen Stephanus. Auch die Aschersleber Kirche ist dem heiligen Stephanus, genauso wie die Halberstädter, geweiht. Somit hatte Albrecht der Bär das Recht, den heiligen Stephanus auf seinen Münzen darzustellen. Aber auch die Theorie ist umstritten. Nachdem der Kaiser Lothar II. von Supplingenburg im Jahre 1137 auf dem Rückweg von seinem zweiten Italienfeldzug noch in den Alpen gestorben war, stand das Reich vor der Aufgabe einen neuen König zu Wählen. Der Welfenherzog Heinrich der Stolze, hatte die besten Aussichten die Nachfolge Lothars anzutreten. Der Kaiser hatte ihn auch schon zu seinem Nachfolger bestimmt und die Reichsinsignien übergeben. Mehrere bedeutende Ereignisse trafen nun aufeinander. Zum einen wählte eine kleine Gruppe rheinisch schwäbischer Reichsfürsten in Koblenz nicht wie vorgesehen den Welfenherzog Heinrich den Stolzen zum neuen König, sondern den Hohenstaufen Konrad (später als Konrad III. 1138 – 1152 auch Waiblinger genannt, von der Burg Waiblingen in Schwaben). Es war eine illegale Wahl. Aus diesen Es kam zum Krieg, dessen Auswirkungen auch in der Münzprägung Spuren hinterlassen hat. Die letzte gezeigte Münze zeigt König Konrad. Ich werde weiter berichten. Gruß Bertolt
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