Fachfrage?

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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Bertolt
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Fachfrage?

Beitrag von Bertolt » Mi 05.06.13 07:36

(Mal vereinfacht ausgedrückt) Im Hochmittelalter hatten die Deutschen Könige und Kaiser das Recht, während ihres Aufenthaltes an Orten des Reiches an welchen sich Münzstätten befanden, dort auf Rechnung des Münzherren der Münzstätte für sich zu Prägen. Weis jemand, ob das auch möglich war, das für Könige oder Kaiser an solchen Orten geprägt wurde, ohne das sie anwesend waren? Gruß Bertolt
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Andechser
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Re: Fachfrage?

Beitrag von Andechser » Mi 05.06.13 09:07

Hallo Bertolt,
in Prägestätten anderer Herren ist eine Prägung für den König bei Abwesenheit des Königs eigentlich ausgeschlossen. Allerdings gab es z.B. in Regensburg sowohl eine königlich-herzogliche Prägestätte, wie auch eine bischöfliche Prägestätte. Allerdings ist dieses Recht nach dem Ende der Salierherrschaft immer mehr ausgehöhlt worden und unter Kaiser Friedrich II. wurde dieses Recht komplett außer Kraft gesetzt.

Viele Grüße
Andechser

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Re: Fachfrage?

Beitrag von Bertolt » Mi 05.06.13 09:59

Hallo Andechser, vielen Dank für Deine Antwort. Ja, ich hab mir das auch schon so gedacht. Trotzdem muss es in diesem Bereich einige Ungereimtheiten, wie ich es mal nennen möchte, geben. Ich denke zum einen an die vielen Feldzüge, die die Könige und Kaiser bewältigt haben. Neben den Pflichten der Heeresfolge durch die weltlichen Fürsten und auch den kirchlichen, musste ja so etwas auch finanziert werden, woher kam das Geld, mussten das die Fürsten eventuell mitbringen? Hintergrund meine Frage sind die für Halberstadt zugewiesenen Münzen Nr. 28 – 30 aus dem Fund von Burge. Wenn sie tatsächlich dem König Lothar III. von Supplinburg zugeschrieben werden müssen, dann können sie ja nur vor seiner Kaiserkrönung entstanden sein und das kann wiederum dann nur mit einem Besuch des Königs in Halberstadt selbst zusammen hängen. Ein solcher Besuch lässt sich aber nicht nachweisen. Im Jahre 1134 war er nachweislich in Halberstadt, da war er aber schon Kaiser?
Gruß Bertolt.
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Re: Fachfrage?

Beitrag von Andechser » Mi 05.06.13 10:25

Hallo Bertholt,
ich habe die von dir angesprochenen Stücke nicht vor Augen. Wie lauten denn die Umschriften? Ist eine Datierung in die Zeit nach der Kaiserkrönung wirklich unmöglich?
Die Lehensnehmer der Königs bzw. Kaisers waren zur Stellung von Truppen auf eigene Kosten verpflichtet und "bezahlt" wurden die Truppen meist aus der Kriegsbeute. Söldnerheere oder professionelle Soldaten mit Gehaltsanspruch gab es in dieser Zeit noch nicht. Die Entlohung treuer Kriegsdienste für die Grafen, Herzöge oder Bischöfe erfolgte meist durch Privilegien, Lehen oder Teile der Beute.

Viele Grüße
Andechser

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Re: Fachfrage?

Beitrag von Bertolt » Mi 05.06.13 16:13

Hallo Andechser, ich denke mal, das eine Entstehung der Münzen nach der Kaiserkrönung nicht moglich ist. Zum einen gab es eine besondere Verbindung zwischen dem König und späteren Kaiser Lothar von Supplinburg und dem zu dieser Zeit das Bischofsamt innehabenden Otto von Schkeuditz (1123 – 1128 und 1131 – 1135). Nach dem Reichstag im Jahre 1134 in Halberstadt war Lothar nicht wieder dort. Zum anderen sind die Fundbearbeiter des Fundes von Burge keine geringeren als Gert und Vera Hatz, das stimmt denn so auch, es fehlt eben nur der Beweis für ihre Zuweisung. (Bilder hab ich leider nicht, nur die Textbeschreibungen).
Von den Umschriften ist nur folgendes bekannt, was aber bei 28 + 29 doch schon deutlich auf seine Zeit als König hindeutet.:
28. Avers:  S ●● OREX ●●●
Revers:  S/SCOINVO (Das O mit aufgesetztem Strich dargestellt) A
29. Avers: undeutlich, am Ende X
Revers:  S/SSCINVO (Das O auch hier mit aufgesetztem Strich dargestellt) A
30. Avers:  R[oder N]Vd ●●●● i NVS
Revers:  ●●●● HEN ●●●●
Gruß Bertolt.
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Re: Fachfrage?

Beitrag von Andechser » Mi 05.06.13 16:28

Hallo Bertholt,
das REX in der Umschrift würde mich nicht stören, da mehrere Kaiser nur den Titel Rex auf ihren Prägungen hatten, obwohl sie gekrönte Kaiser waren und die Prägungen eh nur selten so genau zu datieren sind. Der Reichstag zu Halberstadt klingt als möglicher Termin logisch, da weitere längere Aufenthalte in Halberstadt wohl nicht nachzuweisen sind. Zumindest konnte ich auf die Schnelle in den Urkunden nichts entsprechendes finden. Wenn man jedoch den Reichstag 1134 annimmt, dann läge die Prägung bekanntlich nach seiner Krönung zum Kaiser durch einen der beiden Päpste des Schismas.

Viele Grüße
Andechser

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Re: Fachfrage?

Beitrag von Bertolt » Mi 05.06.13 18:28

Hallo Andechser, nun sind wir doch immer mehr in Richtung Reichstag im Jahre 1134 abgedriftet, was ich eigentlich nicht wollte. Der Grund ist folgender. Bischof Otto von Schkeuditz hat im Jahre 1123 den Halberstädter Bischofsstuhl gegen den Widerstand wesentlicher Teile des Domkapitels bestiegen. Das war ihm nur möglich, da er massive Hilfe vom damaligen Herzog Lothar von Supplinburg hatte, was für ihn Veranlassung war, sich für Ottone einzusetzen, ist nicht bekannt. Das führte aber dazu, das Bischoff Ottone während seiner gesamten Amtszeit erhebliche Probleme mit seinem Klerus hatte. So kam es dann auch, dass er beim Papst angeschwärzt wurde, er hätte eine Simonie begangen, was er zeitlebens bestritten hat. Papst Honorius hat ihn dann aber 1128 als Bischof abgesetzt. Nach drei Jahren, wie schreiben das Jahr 1131, wurde er nunmehr durch König Lothar III fürsprache erneut in sein Bischofsamt eingeführt. Dieses Ereignis nehmen Gert und Vera Hatz als Prägeanlass. Es muss noch gesagt werden, dass zum Reichstag 1134 in Halberstadt für den Kaiser Lothar Dünnpfennige geprägt wurden. Sie sind eindeutig durch eine auf ihn in Form der LOTHARIUS – Umschrift gesichert. Mit diesen Münzen haben sich schon Numismatiker wie Meier, Menadier, Suhle, Tornau und Johann Leitzmann, in dessen Sammlung sich einige Exemplare befanden, befasst. Da waren die durch Gert und Vera Hatz beschriebenen aus dem Fund von Burge aber noch nicht bekannt. Die Burge Münzen weichen auch erheblich von den gesicherten 1134er Kaisermünzen ab. Darum meine Eingangsfrage, ob es eben auch möglich ist, das in Abwesenheit des Königs oder Kaiser für ihn geprägt werden kann? Was du ja schon beantwortet hast, aber noch nicht die Lösung ist.
Gruß Bertolt.
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Re: Fachfrage?

Beitrag von Andechser » Mi 05.06.13 18:41

Hallo Bertholt,
im Mittelalter ist vieles möglich. Eine solche Prägung zum Anlass der Wiedereinsetzung wäre zwar ungewöhnlich, aber vielleicht denkbar. Um da etwas sicheres sagen zu können, kenne ich mich in dem Raum zu wenig aus.

Viele Grüße
Andechser

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