Münzmeister der römischen Republik: L. Titurius L.f. Sabinus

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Karsten
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Münzmeister der römischen Republik: L. Titurius L.f. Sabinus

Beitrag von Karsten » So 18.04.04 01:47

Hallo,

Bild 1 und 2 zeigt auf dem AV den Kopf des Tatius

Das Geschlecht Tituria führte sich auf die Sabiner und deren König Titus Tatius zurück.

Das Volk der Sabiner war ein Teil der indogermanischen Sabeller in Mittelitalien. Sie waren unmittelbare Nachbarn der Römer und kamen 290 v. Chr. endgültig unter deren Herrschaft.

Bild 1 zeigt auf dem RV den Raub der Sabinerinnen

(http://de.wikipedia.org/wiki/Remus)
Die Sage von Romulus und Remus
...
Nach der Ermordung seines Bruders herrschte Romulus weise und umsichtig über der Stadt. Um seine Bevölkerung zu vergrößern, erklärte er Rom zur Freistadt. In der Folge kamen viele Männer in die Stadt, jedoch wenige Frauen.

Der Raub der Sabinerinnen
Um dieses Problem zu lösen verwendete Romulus eine List. Er lud die Bewohner der benachbarten Städte zu einem großen Kampfspiel. Mitten im Spiel stürzten sich die römischen Krieger auf die kaum bewaffneten Gäste, und sprengten sie auseinander. Dabei ergriffen sie alle Mädchen, deren sie habhaft werden konnten. Die Brüder und Väter schworen Rache. Die Mädchen, von denen die meisten Sabinerinnen waren, ließen sich jedoch eine nach der anderen zur Heirat bewegen.
Als die Sabiner später mit einem starken Heer kamen und sich mit den Römern eine Schlacht lieferten, drängten sich die Frauen aufs Schlachtfeld und flehten darum den Kampf zu beenden, der um sie geführt wurde, da auf der einen Seite ihre Brüder und Väter, auf der anderen ihre Männer und Kinder sterben würden. Ihre Bitten hatten schließlich Erfolg, Romulus und Titus Tatius, Herrscher der Sabiner, reichten einander die Hand. Die Kämpfer verbrüderten sich und Römer und Sabiner verschmolzen ihren Staat unter der Doppelherrschaft von Romulus und Titus Tatius.

Bild 2 zeigt auf dem RV wie Tarpeia zwei Soldaten zur Seite stößt

Das Mädchen Tarpeia hatte den Sabinern, die ihre geraubten Frauen wiederhaben wollten, mit List den Zugang zu einem Vorwerk des Kapitols geöffnet. Tarpei gilt seither in Rom als Urbild von Verrat.

Interessant finde ich hier das beide Münzen auf den Raub der Sabinerinnen und einen Rachezug der Sabiner hinweisen. Der Münzmeister selber scheint ein Nachfahre des sabinischen Herscherhauses zu sein wobei der Name Sabinius hier recht eindeutig ist.

Nun, wir habe hier einen Raub und eine abgewehrte Befreiung (Stockholm Syndrom :wink: ) wo meines erachtens nach eher die Sabiner die Verlierer sind. In welcher Form wurden die Sabiner in die römische Herrschaft aufgenommen - kriegerisch oder wurden sie auf anderer Art und Weise integriert ? Die Sabiner hat es ja wirklich gegeben, aber war der oben beschriebene Raub auch real oder war er nur Teil der Legende um Romulus? Sollte der Raub so geschehen sein, warum wählt der Münzmeister eine Thematik die eher eine negative Phase seiner Vorfahren beschreibt oder wurde dieser Raub am Ende als positives Ereignis angesehen ?
Gruß,
Karsten

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chinamul
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Beitrag von chinamul » So 18.04.04 11:43

Hallo Karsten!
Schönen Dank für deinen interessanten Beitrag. Die Legende besagt, daß sich Tarpeia für ihren Verrat dasjenige hatte versprechen lassen, was die Soldaten am linken Arm trugen, und dabei an deren goldenen Armschmuck gedacht. Am linken Arm aber trugen die Soldaten Schilde, mit denen sie Tarpeja zu Boden drückten und so töteten. Merke: Der Verräter ist auch demjenigen verhaßt, dem er mit seinem Verrat nützt.
Nach Tarpeia dürfte auch das Tarpeium Saxum benannt worden sein, der Tarpeische Felsen. Es handelt sich dabei um eine steile Felsklippe am Capitol, von der Verräter zu Tode gestürzt wurden.
Die beiden Denare sind sehr schöne Beispiele für das durchgängige Bestreben der Münzmeister, durch mehr oder weniger stichhaltige Hinweise auf ihre Abkunft von legendären Figuren der römischen Geschichte die Stellung ihrer Familien aufzuwerten. Caesar ging dabei sogar so weit, eine leibhaftige Göttin als Vorfahrin in Anspruch zu nehmen.
Vielleicht sollten wir uns diesem ganz speziellen Thema noch näher widmen, weil es für die Diskussion über die republikanische Geschichte noch jede Menge hochinteressanten Stoffs liefern könnte.
Gruß
chinamul
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Beitrag von Iotapianus » So 18.04.04 12:51

Brautraubsagen sind in agrarischen Gesellschaften nicht unbedingt negativ belegt. Solche Gesellschaften entwickeln meistens strikte Vorschriften zur Exogamie; die Männer müssen sich ihre Frauen von außerhalb holen, um Inzucht mit allen genetischen Folgen zu vermeiden. Das wird häufig friedlich durch Verabredungen der Väter geregelt, aber Entführungen - Gewalteinsatz als Beweis der Stärke - sind nur dann ein Grund für Racheaktionen, wenn der Entführer das Mädchen nicht heiratet.

Die Darstellung, die Livius im I. Buch seines Geschichtswerks gibt, ist sehr differenziert: nach den moralischen Maßstäben des 1. Jh. v.u.Z. spricht er von Unrecht (iniuria), Bruch des Gastrechts (violatum hospitii foedus) - ein sehr schwerer Vorwurf - und Treuebruch (fides decepta). Romulus selbst räumt das gegenüber den Mädchen ein, weist aber deren Eltern Mitschuld zu, weil diese aus Stolz Verbindungen mit den Römern abgelehnt hätten; oft sei aus Unrecht später Gunst entstanden (saepe ex iniuria postmodum gratiam ortam). Und nach dem Friedensschluss werden die beiden Gemeinschaften mit einem Doppelkönigtum unter Romulus und Titus Tatius, dem Sabinerkönig, vereinigt - aus der Perspektive des 1. Jh. Roms erster Schritt zur Bildung des Imperium. Somit ist die Entführung im Nachhinein gerechtfertigt, aus römischer Sicht ebenso ein positives Ereignis wie alle anderen erfolgreichen Schritte zur Pax Augusta.

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Beitrag von Attacke » So 18.04.04 13:10

Salvete!

Super-Beitrag: toller Münzmeister, dem ich mich auch bald gewidmet hätte. Suche schon lange nach einem preiswerten Exemplar der Sabinerinnenraub-Münze.

Im Kontrast zur Römischen Geschichtsschreibung und -darstellung, die eine Mischung aus Mythos und Wunschdenken, lese man Augustinus De Civitate Dei Buch III: da legt er - freilich in antiheidnischer Darstellungsabsicht - dar, daß die Römische Geschichte mit einem Brudermord beginnt, die Stadt als eine Art Verbrecherkolonie wächst und, weil mit diesen wüsten Gesellen niemand etwas zu tun habn will, nur durch einen Frauenraub solche erwirbt. Der weitere Verlauf der Dinge stürze dann entweder die Römer oder ihre Feinde von einer Katastrophe in die nächste. :wink:

Beide Seiten sind freilich tendenziös: aber eine Korrekturperspektive ist manchmal ganz sinnvoll.

PS: Bastele gerade am nächsten Münzmeister.
Es lebe die Republik! Tod Caesar! Kampf Marc Anton! Cicero!

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Beitrag von Attacke » So 18.04.04 13:14

Wie wäre es mit ein paar Beispielen für die Behauptung göttlicher oder quasi-göttlicher Ankunft in einigen gentes? Da läßt sich doch bestimmt einiges zusammentragen. Die gens Marcia fällt mir da noch ein, Euch wahrscheinlich noch mehr. Aber das wäre ein eigener Thread. Hier könnte man vorerst bei der Darstellung röm. Geschichte im Münzmotiv verweilen!
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Beitrag von Karsten » So 18.04.04 17:14

Die oben dargestelten Stücke befinden sich seit einiger Zeit in meiner Sammlung, doch bisher habe ich ihren Zusammenhang nicht erkannt - Schande über mein Haupt -.

Zum Thema 'göttliche Vorfahren' habe ich leider kein Material vor Ort. Und da ich ja Attacke den Vortritt mit dem nächsten Beitrag lassen wollte (konnte mich aber mit diesem hier nicht zurückhalten) werde ich auch erst einmal abwarten was ihr so zu bieten habt.
Gruß,
Karsten

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Beitrag von Attacke » Mo 19.04.04 14:49

Heute abend habt Ihr den nächsten Münzmeister: versprochen. Werde n Bierchen aufmachen und überlegen, welchen ich nehm, ´mich beim 2. Bierchen entscheiden, beim 3. ein paar Bücher aus dem Regal nehmen und beim 4. über ihn schreiben.

:drinking:
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Beitrag von Attacke » Mo 19.04.04 14:50

Und zur römischen Geschichte im Münzmotiv find ich sicher auch nochwas.
Es lebe die Republik! Tod Caesar! Kampf Marc Anton! Cicero!

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Beitrag von Karsten » Mi 09.02.05 00:12

so, da bin ich noch mal.... eine Überarbeitete Zusammenfassung dieses Beitrages befindet sich ja (wie mitlerweile jeder weiß) in der Numispedia.de

Münzmeister der Römischen Republik, L. Titurius L.f. Sabinus

was mir noch fehlt währe das Warum zu argento publico = aus staatlichen Silberreserven; warum wird so etwas auf einer Münze festgehalten
Gruß,
Karsten

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Beitrag von Karsten » Sa 12.02.05 20:11

Karsten hat geschrieben:so, da bin ich noch mal.... eine Überarbeitete Zusammenfassung dieses Beitrages befindet sich ja (wie mitlerweile jeder weiß) in der Numispedia.de

Münzmeister der Römischen Republik, L. Titurius L.f. Sabinus

was mir noch fehlt währe das Warum zu argento publico = aus staatlichen Silberreserven; warum wird so etwas auf einer Münze festgehalten
Gruß,
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