. (https://www.biddr.com/auctions/nummitra ... &l=7282936)
Av: Kopf einer bärtigen Gottheit mit Lorbeerkranz nach rechts; Punze mit A in rundem Incusum
Rv: Galeere mit Gallionsfigur nach rechts, darunter Wellen, alles in Perlquadrat in Incusum
AR, 12 mm, 3,43 g, ca. 400-300 v. Chr., Referenzen sind Babelon Perses 886-893; BMC S. 7, 37-44; SNG Cop 15-18;
Am intensivsten beschäftigt mit der vorhellenistischen Münzprägung von Arados haben sich in den letzten Jahren Josette und Alain G. Elay. Ein Standardwerk dazu ist ihr Buch "Arwad, cité phénicienne du nord", Pendé 2015, auf das ich jedoch keinen Zugriff habe

Recht genau beschrieben werden die Drittelschekel des Typs der Münze hier aber schon in Josette Elayi und Alain G. Elayi, "Un nouveau trésor d’Arwad du ive siècle av. J.-C.", Revue numismatique 167, 2011, S. 403-421

Der Kopf auf dem Avers wird dort einfach als Bärtiger mit Lorbeerkranz und Auge im Profil beschrieben. Letzteres dient zur zeitlichen Einordung, da die frühen Münzen aus Arados Augen in Frontalansicht zeigen. Elayi und Elayi gehen davon aus, dass die Athener Tetradrachmen hierfür Vorbild waren und die Änderung in der Darstellung des Auges der Athena zeitnah in Arados übernommen wurde.
Die Galeere auf dem Revers fährt nach rechts, darunter befinden sich mehrere Wellenzüge. Auf dem Bug steht eine Galionsfigur, entlang der Bordwand hängt eine Anzahl runder Schilde und am hinteren Ende sieht man ein Aphlaston und eine Stylis. Oder man sieht es nicht

Auf den Münzen dieser Serie stehen über der Galeere phönizische Buchstaben, meist sind es nur ein Aleph links und ein Mem rechts. Erklärt wird das als die Abkürzung für MLK RWD, was für "König von Arados" steht. Zusätzlich zu den zwei Buchstaben treten manchmal auch Zahlen auf, ein dritter Buchstabe wird als Abkürzung eines Königsnamens gesehen, wirklich sicher ist dies jedoch nicht

Elayi und Elayi vermuten auch, dass dies die zeitliche Reihenfolge der Prägung ist, also zuerst zwei Buchstaben, dann zusätzlich eine Zahl, danach statt der Zahl ein dritter Buchstabe. Datiert werden diese Drittelschekel grob in das vierte Jahrhundert v. Chr., man findet dazu leicht unterschiedliche Angaben.
Die Galionsfigur auf der Galeere wird nun meist als patèque (Babelon, Elayi und Elayi) oder Pataecus (BMC) bezeichnet (oder auch gar nicht erwähnt, wie in SNG Cop), und da fängt es an interessant zu werden

Der Begriff des Patäken (griechisch Pataikos) taucht erstmals in einer Stelle in Herodots Historien auf (3,37). Dort beschreibt er, wie der achämenidische Herrscher Kambyses II (regierte von 529 bis 522 v. Chr.) nach der Eroberung des ägyptischen Memphis sich im Tempel des Ptah über das dort aufgestellte Kultbild lustig macht. Dieses gleiche den Pataikoi am Bug phönizischer Triremen, die wie Zwerge aussähen. Dies ist die erste und lange auch einzige Erwähnung von Patäken in antiken Quellen.
Aufgrund dieser Stelle bei Herodot wurde die Galionsfigur auf Münzen aus Arados schon früh als Patäke bezeichnet. Die älteste Erwähnung, die ich gefunden habe (es mag da noch ältere geben) ist Ernest Babelon, "Aradus", Revue Numismatique 1891, S. 283-314:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... to,-31,767
Seitdem wird die Bezeichnung Patäke für die Galionsfigur auf diesen Münzen ständig verwendet, ohne dass sich das jemand mal genauer angeschaut hätte

Dies taten erst 1986 Josette und Alain Elayi in "The Aradian Pataecus", ANS Museum Notes 31, 1986, S. 1-5: https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id= ... 180&seq=11
Sie kommen zum Ergebnis, dass die im Verhältnis zum Schiff recht große, gedrungene Figur mit den langen Gliedmaßen, der lurchartigen Schnauze, dem erhobenen rechten Arm und der seltsamen Kopfbedeckung kein Zwerg sein könne. Es müsse sich also um eine andere, aber vorerst nicht identifizierbare phönizische Gottheit handeln, eventuell in Tiergestalt (was Elayi und Elayi aber nicht davon abgehalten hat, in späteren Veröffentlichungen den Begriff Patäke weiterhin fröhlich zu verwenden

Es gibt inzwischen auch eine Reihe von Exemplaren von Stateren aus dieser Münzserie, auf denen man diese Galionsfigur recht gut sehen kann:
. (https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b11318174v , https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b11318176r , https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b11318178n , https://www.britishmuseum.org/collectio ... 62-0614-58 , https://www.acsearch.info/search.html?id=14126748)
Man erkennt, dass hier sehr wohl eine einheitliche Vorstellung davon bestand, wie diese Gestalt auszusehen hat. Nur was es genau ist, erkennt man leider nicht

Im Kleinen Pauly gibt es in Band 4 in Spalten 543-544 einen kurzen Artikel über Pataikoi, die als "Zwergfiguren am Vorderteil der phoinik. Trieren, wie sie tatsächlich auf Mz. von Arados und Sidon dargestellt sind" definiert werden, als Quelle wird wieder Herodot 3,37 genannt. Im Griechischen sei der Begriff dann allgemein für Zwergengestalten und auch als Eigenname verwendet worden, die Phönizier hätten diese Figur aus Ägypten übernommen.
Es wird aber auch angemerkt, "der Name der P. ist auf äg. Boden selber noch unbezeugt, und es will nicht gelingen, ihn sprachwissenschaftlich von Ptah herzuleiten. Zusammenhang der P. mit den Kabiren ist auch nicht verifizierbar." (den Zusammenhang mit den Kabiren kann man auch über die Stelle bei Herodot aufstellen).
In der Kunstgeschichte und Archäologie werden schließlich als Patäken (auch Ptah-Patäken genannt) kleine zwergengestaltige Wesen bezeichent, die im Gefolge des ägyptischen Gottes Ptah auftreten. Von ihnen wurden in großer Anzahl kleine Figuren und Amulette angefertigt, die im Mittelmeerraum bis weit außerhalb Ägyptens verbreitet waren.
. (https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Pataikos)
Diese Figuren besitzen zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit Bes, einer ebenfalls zwergenhaften, aus Ägypten stammenden und weit darüber hinaus verbreiteten Gottheit, lassen sich aber klar von Bes unterscheiden (https://de.wikipedia.org/wiki/Bes_(%C3% ... ythologie) ).
Über die in der Antike gesehenen Ähnlichkeiten oder gar Gleichsetzungen von Gottheiten aus verschiedenen Kulturkreisen gelangten Figuren wie der Ptah-Patäke aus Ägypten auch nach Phönizien (Ptah = Hephaistos = Chusor) und wurden dort in die lokale religiöse Welt integriert. Siehe dazu beispielsweise Günther Hölbl, "Beziehungen der ägyptischen Kultur zu Altitalien, I", Leiden 1979, S. 121 ff.:
https://www.academia.edu/43124825/Bezie ... Brill_1979_
Zu diesen kleinen Figuren findet man dann ziemlich viel an Literatur, es ist insgesamt aber alles recht unübersichtlich. Jeder Autor scheint da wieder mit neuen Datails der Zusammenhänge und Funktion der Patäken aufzuwarten, ein klares und einheitliches Bild ergibt sich mir da nicht

Dass die Galionsfigur auf den Galeerenmünzen aus Arados (um auf diese mal wieder zurückzukommen



Gruß
Altamura