Bewertung Seltenheit

Interessante Auktionen zum Thema Münzen gesichtet?
numiphil
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Bewertung Seltenheit

Beitrag von numiphil » Sa 20.11.10 12:43

Hallo zusammen,

bin neu hier im Forum und möchte gleich eine Frage einstellen (bitte nicht böse sein, falls schon 100x gefragt):

Wer hat Erfahrung mit Auktionsfirmen, was deren Festlegung der Seltenheit einer Münze betrifft? Ist schon mal jemand krass getäuscht worden? Z. B. dass eine Münze im Katalog als "Äußerst selten" eingestuft wurde, obwohl sie relativ häufig anzutreffen ist?

Danke für Eure Mitteilungen,

numiphil

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Locnar
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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von Locnar » Sa 20.11.10 15:10

"Äußerst selten" OFT angeboten!
Gruß
Locnar

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Marc
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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von Marc » Sa 20.11.10 15:23

Es können immer Fehler bei der Seltenheit passieren, gerade bei Randgebieten. Kein Auktionator kann jedes Gebiet beherrschen, und ist deshalb häufig auf die Angaben der Einlieferer angewiesen. Jeder weis das Einlieferer gern seltene Münzen haben, sieht der Einlieferer nun irgendwo eine seltne Münze und denkt das sei seine, ohne zu bemerken das er die häufige Variante hat, wird er dem Auktionator sagen die sei sehr selten obwohl das Stück häufig ist. Dann kommt es darauf an. Manchmal bemerkt der Auktionator den Fehler, bei Randgebieten kann er aber auch nicht alles kennen. Letztlich kann ein selten im Auktionskatalog nur bedeuten das man mal genauer hinschaut, ob es eine seltenere Variante ist. Ich mag auch lieber genauere Angaben wie seltene Variante mit Mzz. X oder seltener Jahrgang, da weis man warum der Einlieferer oder Auktionator glaubt sie sei selten.

Aber einer sollte es wissen: Der Käufer. Er ist der Sammler, es ist sein Sammelgebiet. Bemerkungen wie selten können nur ein Hinweiser sein. Der Sammler sollte die entsprechende Fachliteratur haben.

Aber zur Frage, selbst bei den seriösesten Münzhandlungen hab ich als äußerst selten eingestufte Massenstücke gesehen, diese bleiben dann meist liegen, weil der Ausruf zu hoch ist. Aber viel häufiger hab ich bei gleichen Münzhandlungen bisher völlig unedierte Varianten oder sogar Typen gesehen, ohne die Bemerkung selten und sehr billig. Der Auktionator bemüht sich bestmöglich zu bestimmen, aber es währe schlimm wenn er mehr Ahnung hätte als die Fachsammler. Ich gebe ja auch kein unediertes Stück zurück weil das selten fehlte, also beschwere ich mich auch nicht wenn er ein meiner Meinung nach häufiges Stück als selten bezeichnet.

Wenn du fragen zu einem speziellen Stück hast, frag den Auktionator warum er selten geschrieben hat. Seriöse Händler stehen dir immer gern für Nachfragen zur Verfügung. Er wird dir sicher erklären warum er der Meinung ist es sei selten, oder sagen das es der Einlieferer behauptet habe und der sei ja der Fachsammler.

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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von numiphil » Di 23.11.10 12:21

Hallo Marc,

danke für Deine ausführliche Meinung. So sehe ich das grundsätzlich auch.

Deshalb habe ich den zuständigen Mitarbeiter der Auktionsfirma gefragt, wie er zu seiner Einschätzung gekommen ist. Darauf hat er sehr breit geantwortet, aber eindeutiger Tenor: So ein Stück sieht man als Auktionator nur einmal im Leben!

Ich habe das gute Stück für mehr als 2000 Mark geordert und - leider - erst jetzt erfahren, wie häufig die Münze wirklich ist. Für 500 € bekäme ich beliebig viele Exemplare (allein bei einem einzigen Händler) in deutlich besserer Erhaltung.

Schade, dass die Sache verjährt ist. Aber ich habe seitdem nie wieder bei der Firma gekauft.

Danke aber nochmals ausdrücklich für Deine Ausführungen,

numiphil.

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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von sigistenz » Di 23.11.10 17:09

?????
ein einziger Händler soll beliebig viele Exemplare einer 500-€-Münze liegen haben? :roll:
Nach dem Namen des Händlers will ich gar nicht fragen, wohl aber, von welcher Münze die Rede ist. ?????
Sigi

-

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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von *EPI* » Do 25.11.10 10:17

numiphil hat geschrieben: Deshalb habe ich den zuständigen Mitarbeiter der Auktionsfirma gefragt, wie er zu seiner Einschätzung gekommen ist. Darauf hat er sehr breit geantwortet, aber eindeutiger Tenor: So ein Stück sieht man als Auktionator nur einmal im Leben!

Ich habe das gute Stück für mehr als 2000 Mark geordert und - leider - erst jetzt erfahren, wie häufig die Münze wirklich ist. Für 500 € bekäme ich beliebig viele Exemplare (allein bei einem einzigen Händler) in deutlich besserer Erhaltung.
Wenn dem so wäre (siehe Hervorhebung), dann wäre sie wirklich selten. Selten, rar oder RRR werden aber gerne inflationär verwendet.
Dann gibt es noch die Möglichkeit, dass plötzlich neue echte Stücke auftauchen (z.B. 25 Gulden, Danzig). Dann sind ehemals seltenene Stücke nicht mehr selten und haben deutlich an Wert verloren. Ganz extrem bei Hortfunden.

Mich interessiert auch, um welche Münze, in welcher Erhaltung es sich handelt.

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Marc
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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von Marc » Do 25.11.10 13:51

*EPI* hat geschrieben: Dann sind ehemals seltenene Stücke nicht mehr selten und haben deutlich an Wert verloren. Ganz extrem bei Hortfunden.
Als Groschensammler erinnere ich mich da z. B. an einen Hortfund von Mariengroschen des 16. Jahrhunderts. Die hatten vorher in ss je nach Jahr und Prägestätte 2000-3000 DM gekostet, nach dem Fund gingen fast prägefrische Exemplare für 250,- DM über den Tresen. Also Stücke wie dies:
http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... 90264794c0

Das ist halt Sammlerpech für den der es schon hatte, und Glück für den der es immer schon mal wollte.

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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von arnold_hille » So 05.12.10 23:41

Moin,

ich perönlich finde es auch merkwürdig, dass es in Deutschland keine Auktionsfirma gibt die Definitionen ihrer Seltenheitsangabe liefert. Was ist z.B. der Unterschied zwischen "äußerst selten"und "von größter Seltenheit"? Mir sind Stücke bekannt, die mit "von größter Seltenheit" gekennzeichnet wurden und in drei auf einander folgenden Jahren jeweils einmal angeboten wurden. Demnach wäre so ziemlich jede Münze "selten".
Eine Definiton habe ich bei einer Schwedischen Auktionsfirma gefunden. Auf dem Bild unten findet ihr diese Beschreibung. RRR z.B. bedeute, dass eine so gekennzeichnete Münze dem Auktionator in höchstens 5 Exemplaren bekannt ist.
Eine solche Festlegung könnte helfen die inflationäre Verwendung des Buchstabens R einzudämmen. Denn es ließe sich ja z.B. mit 10 Bildern unterschiedlicher Münzen einesTyps beweisen, dass die Verwendung von RR bei einem anderen Stück dieses Typs übertrieben wäre. Da Auktionshäuser bestimmt keine Lust haben sich von Besserwissern mit Bildern zumailen zu lassen, würden Sie mit übertriebenen Seltenheitsbewertungen dann eher vorsichtig umgehen.
Ich denke, dass es nur mit einer für alle verbindlichen Defintion mögliche wäre Seltenheitsbewertungen auf eine Seriöse Art vornehmen.
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Marc
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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von Marc » Mo 06.12.10 01:34

Eine Normierung ist immer eine Krücke. Da 'selten' massiv vom Sammelgebiet abhängt.

Ich glaub jeder Mittelaltersammler der mehr als hundert Münzentypen hat, hat vermutlich mindestens ein Stück welches unediert ist, also bisher noch nie in Literatur oder Auktionen vorkam. Wenn die Sammlung dann wächst kommt sogar eine Wertung in die bisherigen (es kann ja immer einen neuen Fund geben) Unikums. So sind z. B. bisher unbekannte Jahrgänge bei Schillingen von Wismar weniger interessant als das einzig bisher bekannte Stück einer Gedenkprägung angesichts einer neuen Allianz im hundertjährigen Krieg, obwohl beide Stücke anscheinend bisher völlig unbekannt waren. Aber es gibt halt weniger Wismarsammler als England- und Frankreichsammer.
Bei den Reichsmünzen gilt z. B. das 3 Mark Stück zum 400jährigen Reformationsjubiläum als selten, obwohl von ihr hundert Stück geprägt würden.

Normiert man jetzt, sind entweder sehr viele Mittelaltermünzen extreme Raritäten, obwohl man sie unter 100 € bekommt. Oder das 3 Mark Stück nicht selten obwohl es laut Jäger über 100.000 € wegen der geringen Prägezahl kostet. Auch verschiedene Grenzen sind schwer, denn wer bestimmt das Jahr ab welchen andere Mengen für selten gelten.

Letztlich ist die Angabe selten eine persönliche Beurteilung genauso wie Erhaltungsgrade. Und da ist eine Inflation (wie beim Geld) üblich. Ich hatte vor einigen Jahren in einem Auktionskatalog eine Münze in 'vz+ (prägefrisch mit flauer Stelle)' gesehen, exakt dieses Stück wurde schon mal vor 120 Jahren versteigert, damals war das Stück noch 'ge' wohl wegen der großen flauen Stelle.

Genauso wie das Normen der Erhaltungsgrade scheitert. Auch der Versuch der insbesondere in Amerika gemacht wird mit den Plastkapseln scheint ja grad vor die Wand zu fahren. Bisher hörte ich meist von befreundeten Sachverständigen (die für Gericht und IHK und so arbeiten), dass die verpackten Münzen falsch bestimmt oder bekannte Fälschungen sind. Letzter Zeit erzählen sie aber öfters von offensichtlicheren Übertreibungen, so stark umgelaufenen Münzen die man als ss- bezeichnen würde und mit der Nummer für 'Prägefrisch-st' bewertet wurden. Da scheinen Anbieter auszunützen, das Käufer nach Grading-Nummern gehen anstatt sich die Münze in der Verpackung anzusehen und selbst zu bewerten. Letztlich kommt der Käufer nicht herum entweder selbst zu bewerten oder einen Händler seines Vertrauens zu haben, den er dafür halt einige Prozent mehr bezahlt (nicht um sonst hat sich ein System eingebürgert, dass wenn du statt selbst zu bieten einen Händler zur Auktion schickst, es dich nicht mehr kostet, da der Auktionator den Händler an seinen Prozenten beteiligt). Ich kann jedem Sammler der nicht sicher ist dieses gängige System empfehlen, nicht selbst bieten sonder einen Vertrauenshändler hin schicken (bei Auktionen kostet es nicht mal mehr). So hat man auch immer eine zweite Meinung, über Seltenheit, Erhaltung und marktüblichen Preis.

Fazit: Ich glaube letztlich gibt es nur eine Instanz, den Käufer. Er bewertet für sich Erhaltung und Seltenheit. Wer keine Ahnung hat, soll klein anfangen und sein Geld erst mal woanders anlegen. Denn jedes Sammelobjekt ist eine hochriskante spekulative Anlage da der Preis von den echten Sammlern abhängt (siehe Telefonkarten, Ü-Eier etc.). Wie gesagt, selten ist für mich nicht mehr als ein Hinweis des Verkäufers genauer hin zu sehen, nicht mehr und nicht weniger.

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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von arnold_hille » Mo 06.12.10 10:13

Moin,

an Marcs Ausführungen lässt sich erkennen, dass er entweder selbst Händler ist oder dem Gewerbe sehr nahe steht.
Warum hängt die Verwendung von RR vom Sammelgebiet oder dem zu erzielenden Preis ab? Wenn es von einer Münze 100 Exemplare in Sammlerhand gibt, dann besteht die Möglichkeit, dass diese 100 Exemplare in kurzer Zeit im Handel auftauchen können! Auch wenn nur 10 Stücke mit einem Mal zum Kauf angeboten würden, käme kein Mensch auf die Idee dann noch ein „selten“ zu verwenden. Trotz dem spricht nichts dagegen, dass diese Münze 50.000,- Euro oder mehr kosten kann, da ja bekanntlich die Nachfrage für die Ermittlung des Preises maßgeblich ist.
Auch ist der oben erwähnte unedierte Wismarer Schillingsjahrgang für den entsprechenden Sammler genau so interessant wie für den Medaillensammler eine unedierte Medaille (ich z.B. interessiere mich überhaupt nicht für Medaillen oder Gedenkprägungen da sie nie als Zahlungsmittel gedient haben). Beide Stücke sind jedoch von der Selben Seltenheit.
Es ist auch eine typische Händlermarotte Seltenheitsangaben auf Varianten mit z.B. gespiegelten Zahlen oder Buchstaben, Interpunktionen oder nicht so häufige Portraits anzuwenden. Kundige Sammler interessiert meist nur der Typ oder vielleicht ein bestimmter Jahrgang wenn er denn alle Jahrgänge eines Typs besitzen möchte. Mit der Verwendung von Seltenheitsangaben bei der kleinsten Abweichung vom „normalen“ Münzbild soll doch nur eins erreicht werden, nämlich den Preis zu pushen. Hier einmal ein Tipp an die Sammlerschaft: Geht doch mal mit einer seltenen Variante zu einem Händler und versucht damit mehr Geld zu bekommen als für eine häufigere Variante! „Varianten? Das interessiert doch niemanden!“. So oder so ähnlich wird seine Antwort sein. Letztendlich bekommt ihr das Selbe Geld wie für die normale Variante. Dem Händler habt ihr allerdings dank eures Hinweises ein verkaufsförderndes Argument geliefert. Er wird das Stück ganz sicher mit dem Vermerk „seltene Variante“ versehen.
Daher sollten Seltenheitsangaben nur Typen umfassen. Die Abgrenzung des Begriffs „Typ“ sollte dabei jedoch klar und unmissverständlich erfolgen.
Subjektive Faktoren bei der Bewertung von Typen könnten mit einer als Referenz dienenden Datenbank ausgeschlossen werden. Hier könnten z.B. die Coinarchives verwendet werden.
Anders als bei Erhaltungsangaben, die sich nicht normieren lassen, könnte so grober Unfug vermieden werden.
Zum Thema Erhaltungsangaben habe ich noch eine Frage an Marc. Was ist deiner Meinung nach Prägefrisch? Ich persönlich halte die Verwendung dieser Einstufung bei z.B. einer mittelalterlichen ungereinigten Münze mit Patina (oder meinetwegen Tönung) für unangebracht. Bei einem Vergleich zu einem prägefrischen Euro dürfte doch auch dem Laien aufgehen, dass hiermit nicht das gleiche gemeint sein kann. Ich versuche es zu vermeiden, bei Händlern zu kaufen die den Begriff „Prägefrisch“ bei altdeutschen Münzen verwenden, da dies oft einem ss-st gleich kommt. Dieser Begriff stammt -angewendet auf alte Münzen- aus der Wischiwaschi-Abteilung und dient wirklich nur dem Händler, da er sich nicht auf eine bestimmt Erhaltung festlegen muss und mit gut einstudierten Argumenten alle Einwendungen abschmettern kann, ähnlich wie bei überzogenen Seltenheitsangaben.
Auch ist den meisten alten Sammlern dieses Amerikanische einplasten von Münzen ein Suspekter Vorgang. 65 Erhaltungsgrade? Das kann gar nicht funktionieren. Schickt man ein und die Selbe Münze zwei Mal zum gleichen oder verschiedenen Anbietern erhält man selten die gleiche Bewertung.
Meiner Meinung nach sollten bei Erhaltungsangaben, anders als in Amerika, die Begriffe Abnutzung und Prägequalität getrennt betrachtet werden. Da es noch Händler gibt die ohne Abbildungen verkaufen, kann es nicht sein, dass eine Münze in vz mit Prägeschwäche automatisch als ss bezeichnet wird. Dieses Vorgehen ist sehr ungenau und Widerspruchsbehaftet. Denn, wie würde dann eine Münze in ss mit Prägeschwäche bewertet werden müssen? Schön? Was ist, wenn ich nur gut ausgeprägte Exemplare suche, die auch nur ss sein dürfen?
Letztendlich ist der Gesamteindruck preisbestimmend und nicht der Erhaltungsgrad.
Auch bitte ich um Vorsicht bei Beauftragung von Händlern als Auktionsvertretung. Nur wenige sind schwarze Schafe, aber es gibt sie. Mir sind Preisabsprachen bekannt, die für unüblich hohe Zuschläge gesorgt haben. Diese Ergebnisse dienen womöglich dem nächsten Händler als Grundlage für die Wertbestimmung einer seiner Münzen.
Ein verbessertes Vorgehen bei Bewertung von Seltenheit und Erhaltung kann letztendlich helfen mehr Leute zum sammeln zu bewegen und für weniger Frust sorgen.
Ich persönlich habe erst vor 10 Jahren damit angefangen und stand nicht nur einmal vor der Entscheidung damit aufzuhören weil ich wieder einmal erfahren durfte, dass mich ein älterer Sammler oder Händler über das Ohr gehauen hat. Vielen Sammlern, die nur kaufen und nie etwas verkauft haben, droht diese Erkenntnis erst wenn sie ihre „Schätze“ in großen Mengen auf den Markt bringen möchten. Ich kenne nicht nur einen Sammler der mehrere Investruinen in der Schublade zu liegen hat, weil er vom Verkäufer getäuscht wurde.
Gerade weil es für Anfänger sehr schwer ist sich mit Erhaltungen und Seltenheit von Münzen auszukennen, darf die Verantwortung nicht allein auf die Sammlerschaft abgewälzt werden.

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Marc
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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von Marc » Mo 06.12.10 12:58

Ich war nie Händler. Früher hab ich nur mal eine größere Münzsammlung ehrenamtlich betreut, und hatte für Stadt und Sammlerverein Beratungstermine abgehalten (für Sammer, Schatzfinder und Hinterbliebene welche wissen wollten was sie da haben). Ansonsten bin ich einfacher Sammler. Aber die Angabe selten ist doch nur bei Kauf oder Verkauf wichtig, deshalb ziele ich auf den Handel ab. Sie bestimmt den Preis. Ich mag Händlerfreundlich rüber kommen, weil ich die Verantwortung beim Sammler sehe. Aber ich halte Münzen für ein schlechtes Anlageobjekt, wer sammelt soll wissen was er sammelt und ansonsten an die Börse gehen.

Bleiben wir bei den Beispiel Wismar, war meine erste unedierte Münze die ich damals als Schüler erwerben konnte. Ein Wismarsammler hat Grimm, Gaettens und Jesse etc., denn er will ja den Überblick haben über sein Sammelgebiet. Wird jetzt ein Schilling, Witten oder Sechsling eines Jahrgangs angeboten schaut er natürlich in seine Fachliteratur nach. Fehlt dieser in allen seinen Werken, weis er das jenes Stück selten ist ohne dass der Händler es schreibt. Der Lokalsammler braucht keine Häufigkeitsangaben da er ein Beschränktes Sammelgebiet hat für welches er die Fachliteratur besitzt. Er bewertet die Seltenheit anhand seines Wissens nicht anhand von Händlerangaben. Es gibt nicht viele Wismarsammler, gibt es von einem Jahrgang hundert Stück, kann sich jeder ernsthafte Sammer ein Stück besorgen. Das Stück ist seltener, aber keine besondere Seltenheit. Gibt es von einer Reichsmünze wie dem 3 Mark Stück nur hundert Stück, ist sie aufgrund der viel größeren Sammlerschaft dieser Münzen so begehrt und selten, das sie sich ein normaler ernsthafter Sammer trotzdem vermutlich kaum leisten kann.
Diese Wismarsammler kommen auch schnell an einen Punkt, an dem sie alle häufigeren Stücke schon haben und warten müssen bis seltenere auf den Markt kommen. Er fängt an Varianten zu sammeln, welche mich als Globalsammer nur wenig interessieren. Es ist keine ‚Händlermarotte Seltenheitsangaben auf Varianten’ sondern es kommt von Sammlern. Aber so beginnt doch die Wertung, wie ich beschrieb: Ein Stempelvariante mit anderer Interpunktion interessiert kaum, eine Variante mit bisher unbekannten Münzzeichen interessiert weniger als ein bisher unbekannter Jahrgang welcher nicht so faszinierend ist wie ein bisher komplett unbekannter Münztyp. Das meinte ich mit der Wertung innerhalb der bisher unedierten Stücke. Will ich einem Wismarsammler verwehren, das er ein Stück als selten bezeichnet weil ein Buchstabe gespiegelt ist, und er das bei keinem anderen Stück aus Wismar je gesehen hat (und als Fachsammler hat er bestimmt viele gesehen). Seltenheit hängt eben vom Sammelgebiet ab.

Als Sammler von alten Münzen benutze ich nur Erhaltungsgrade bis vz, denn Bfrs oder gar st können sie nicht sein, der Stempelglanz wäre schon lange weg. Allerdings machen Angaben wie Prägefrisch oder ‚wie geprägt’ Sinn, denn hammergeprägte Münzen können völlig unzirkuliert schon ss sein. Eine Angabe ‚ss, prägefrisch’ besagt also, das das Stück z. B. dezentriert und flau ist somit nur ss, aber keinerlei Umlaufsbeschädigungen hat. Es gibt frühe Groschen welche Aufgrund der mangelnden Prägetechnik der entsprechenden Münzstätte immer zu meist 25%-50% des Prägebildes flau bis ungeprägt sind. Bei diesen Stücken kann der Händler sehr wohl darauf hinweisen und als prägefrisch bezeichnen. Was mich stört ist eher dass einige Händler meinen, ein prägefrisches Exemplar sei mindestes vz, eine Münze kann völlig unzirkuliert schon ge oder s sein. Aber auch hier sind wir wie bei den Seltenheitsangaben wider beim Verkauf. In meiner Sammlungsaufstellung habe ich keine Erhaltungsangaben (bis aus ganz selten mal die Bezeichnung ‚Kabinettstück’).

Wie selbst 65 Erhaltungsstufen nicht ausreichen zu beschreiben, ob das Stück durch Umlauf oder Prägung so ist, und gleichzeitig schon so extrem viele sind dass sie kaum Sinnvoll sind, genauso ist es mit Seltenheitsangaben. Der Typensammler braucht andere als der Variantensammer, Mittelalter ist mit Euro kaum vergleichbar etc. Ich bleib dabei Seltenheitsangaben sind immer subjektiv genauso wie Erhaltungsangaben.

Natürlich muss der Händler des Vertrauens, dein vertrauen besitzen, aber er will ja weiterhin der Händler deines Vertrauens sein. Ich habe gegenteilige Erfahrungen gemacht. Wenn du ein Gebot von den zehnfachen Aufruf an den Auktionator schickst, bist du darauf angewiesen das er interessewährend handelt wenn du der einzigste Bieter bist, und nicht einfach einen imaginären Gegenbieter hervorzaubert der immerhin das fünffache des Ausrufes geboten haben soll. Es gibt mehrere duzend Auktionshäuser mit Saalauktionen in Europa, ich weis von einigen (glücklicherweise wenigen) das sie nicht immer interessewährend für die Bieter handeln, darunter sind auch deutsche Häuser. Wie will ein normaler Sammler da jeden überprüfen. Hat er einen Händler des Vertrauens, erfährt der Auktionator gar nicht von dem Höchstgebot, er tut sich also schwer mit imaginären Bietern die Preise zu treiben. Einen Händler kannst du viel besser kontrollieren und vielleicht auch mal testen als duzende, und wenn du nicht zufrieden bist wechselst du.

Ich habe damals immer wieder Wittwehen oder Exsammler in den Beratungsstunden gehabt, welche übervorteilt wurden. Auf die Frage warum sie nicht vor dem Kauf mal zum Sammerverein gekommen sind oder sich Fachwissen angelesen haben, kamen meist Ausflüchte. Man merkte aber dass wohl viele Angst hatten ihnen würde das gute Angebot von den Experten weggekauft. Mit der Zeit fiel mir auf, die meisten hatten aus Geldgier gehandelt, und sich mangels Fachwissen damit verspekuliert. Wenn ich mich in Aktien verspekuliere bin ich selbst schuld, der Bankangestellte will nur verkaufen. Wenn ich ein abbruchreifes Haus überteuert kaufe bin ich selbst schuld, ich hätte ja einen Sachverständigen vor dem Kauf beauftragen können. Wenn die Leute nicht den Weg zum örtlichen Sammlerverein finden, sind sie selbst schuld. Jedem muss klar sein, wo Geld fließt gibt es auch Betrüger. Entweder ich habe selbst Fachahnung oder ich lasse mich beraten, z. B. in diesem Forum. Wenn sie unzählige male Hinterbliebenen sagen müssen, die Münzen sind nicht mal ein zehntel dessen Wert, was damals für sie gezahlt wurde, dann denken sie anders. Anfangs ärgern sie sich über die Händler, später aber über die blauäugigen Käufer die es den Händlern so einfach machen. Wenn ich eine teure Münze kaufen will, sollte ich mich informieren oder akzeptieren das ich übervorteilt werden kann.

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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von arnold_hille » Mo 06.12.10 19:43

Moin,

die Argumentation bezüglich der spezifischen Seltenheit kann ich nicht nachvollziehen. Du meinst also, dass alle Seltenheitsangaben relativ zu sehen sind? Wenn es von einem Typ z.B. 100 Münzen gibt, die sich alle in Sammlerhand befinden, dann ist dieser Typ seltener als ein anderer Typ von dem es ebenfalls nur 100 Exemplare gibt, von denen allerdings nur z.B. 50 einen Käufer gefunden haben? Dann ist doch die zweite Münze nur relativ häufiger im Handel zu finden. Absolut gesehen sind doch aber beide Stücke gleich häufig! Entscheiden sich nun 50 der 100 Sammler des ersten Typs ihre Münzen zu verkaufen, dann sind doch ebenfalls 50 Exemplare im Handel und dieser Typ müsste dann nach deiner Schilderung nicht mehr selten sein! Schlimmer noch: Bei einer Fluktuation des Handelsbestandes würde die Seltenheitseinstufung des Typs ebenfalls fluktuieren! So etwas ist nicht praktikabel!
M.E. muss eine verbindliche Definition alle potentiell käuflichen Exemplare eines Typs umfassen. Somit also alle Stücke, welche sich derzeit in Sammlerhand befinden und von heut auf Morgen angeboten werden könnten. Demnach keine Museumsstücke. Ein Nachweis könnte mit alten Auktionskatalogen erfolgen. Dieses Vorgehen ist bei wirklich seltenen Stücken durchaus üblich.
Ebenso nicht nachvollziehen kann ich folgenden Satz:
„Als Sammler von alten Münzen benutze ich nur Erhaltungsgrade bis vz, denn Bfrs oder gar st können sie nicht sein, der Stempelglanz wäre schon lange weg.“
Wie kann denn der Prägeglanz einer Münze (ich denke du meinst Prägeglanz und nicht Stempelglanz, denn das ist eine Erhaltungsangabe.) mit der Zeit verloren gehen, wenn diese nicht im Umlauf war und keiner mechanischen oder sonstiger Beanspruchung unterzogen wurde? Das geht nicht! Die Münze setzt eventuell Patina (oder Tönung) an, der Prägeglanz bleibt erhalten.
Weiterhin ist unter Berücksichtigung der Definition von „ss“ nicht davon auzugehen, dass
„machen Angaben wie Prägefrisch oder ‚wie geprägt’ Sinn“ [haben], „denn hammergeprägte Münzen können völlig unzirkuliert schon ss sein“.
Denn bei Wikipedia findet man dazu folgendes:
„Bei diesen Münzen sind die Umlaufspuren deutlich erkennbar. Die feineren Details sind teilweise abgenutzt, doch sind die mittleren Details noch klar sichtbar.“
Wie kann denn eine unzirkulierte Münze Umlaufspuren aufweisen? Wie kommt es weiterhin zu folgender Aussage: „Eine Angabe ‚ss, prägefrisch’ besagt also, das das Stück z. B. dezentriert und flau ist somit nur ss, aber keinerlei Umlaufsbeschädigungen hat.“ Eine derart lautende Definition kann ich nirgends finden!
Ebenso kann es nicht sein, dass eine frisch geschlagene Münze als Schön bezeichnet wird, denn laut Definition sind Details der Münze nach längerer Zirkulation verschwunden. Das Münzbild wirkt „stumpf“, doch alle Konturen und Inschriften sind noch vollständig erhalten.“
Mir scheint es so, als würden übliche Definitionen ignoriert. Denn sonst käme es nicht zu Aussagen wie folgender: „Ich bleib dabei Seltenheitsangaben sind immer subjektiv genauso wie Erhaltungsangaben.“
Bei einer harten Anwendung der bekannten Definitionen kann es durchaus zu sehr kleinen Differenzen zwischen den Beurteilenden kommen (z.B. können zwei Meinungen zwischen vz und f.vz tendieren), aber solche groben Abweichungen wie zwischen Marcs Erhaltungseinschätzungen und den meinen sind schlichtweg nicht möglich!
Erhaltungsangaben haben denn Grad der Abnutzung zu bewerten. Die Prägequalität ist gesondert zu beurteilen. Dies ist bei Auktionshäusern Praxis.
Findet dies keine Anwendung kann man Erhaltungsangaben auch würfeln oder gleich weg lassen.

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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von numiphil » Di 07.12.10 12:26

sigistenz hat geschrieben:?????
ein einziger Händler soll beliebig viele Exemplare einer 500-€-Münze liegen haben? :roll:
Nach dem Namen des Händlers will ich gar nicht fragen, wohl aber, von welcher Münze die Rede ist. ?????
Sigi

-
Hallo Sigi,
da habe ich vielleicht missverständlich formuliert. Tatsache ist: ein Händler hat mir angeboten, ich könnte mir für j e w e i l s 500 € eines von etlichen Exemplaren der Münze aus seinem Lagerbestand aussuchen, die andernorts als "äußerst selten" eingestuft wurde.
Gruß,
numiphil.

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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von Marc » Mi 08.12.10 08:28

Wir kennen nur selten die Prägezahlen von antiken und mittelalterlichen Münzen. Hin und wieder kann man sie mal rückschlissen aus Belegen über den Silberankauf welche überdauert haben, das ist aber selten. Dann gibt es Münzsorten die gezielt ausgesammelt wurden um in den Schmelztopf zu gelangen, andere sind über Jahrhunderte umgelaufen und hatten so viel größere Chance bei gleicher Prägezahl in Horte zu wandern.
Was in privaten Sammlungen liegt ist kaum überschaubar. Fundbeschreibungen gibt es nur von einem kleinen Teil der Funde. Unsere heutigen Seltenheitsangaben können neben den wenigen staatlichen Sammlungen und Fundbeschreibungen nur aus dem Vorkommen auf dem Münzenmarkt gezogen werden und sind nicht mehr als Vermutungen.
Ein seltener Doppeltaler bringt problemlos 50.000€ seltene Groschen selten mehr als 10.000€ seltene Sechslinge selten mehr als 500€. Geld regiert die Welt. Es ist also wahrscheinlich das fast alle Doppeltaler genau untersucht werden, ob es ein seltenes Stück ist. Ein Sechsling landet im Lot oder wird nur oberflächlich bestimmt. Es ist wahrscheinlich, dass wenn man mit der gleichen Sorgfalt 10.000 Doppeltaler und 10.000 Sechslinge untersuchen würde, bei den Sechslingen mehr bisher unbekannte oder seltene Typen oder Jahrgänge finden würde, da diese nicht so intensiv vorgesiebt sind. Deshalb glaube ich das teure viel gesammelte unederte Münzen häufig seltener sind als billigere seltener gesammelte unedierte Münzen. Denn eine Münze muss es erst mal in eine Edition schaffen. Vielleicht haben zehn Leute das Stück und wissen nicht voneinander. Also zurück zu Wismar und Reichsmünze. Jäger etc. wird jedes Jahr neu herausgegeben, taucht ein neuer Typ auf weis das nach kurzer Zeit jeder Sammler, ein Werk über Wismar wird höchstens alle 20 Jahre geschrieben. Dazu kommt man hat kein Ansprechpartner, ich weis nicht das der Herr Meier grad ein Werk über Wismar schreibt, also informiere ich ihn nicht, das ich unedierte Jahrgänge hab. Bei Reichsmünzen gibt es Ansprechpartner die bekannt sind.
Das bedeutet: Finde ich in den letzten 20 Jahren 10 Angebote eines Doppeltalertypes und 10 Angebote eines Sechslings in den Auktionskatalogen, so ist doch zu vermuten das vom Doppeltaler weniger Exemplare existieren, obwohl beide gleichselten durch Angebote auf dem Markt bekannt geworden sind. Seltenheitsangaben sind halt subjektiv und relativ, selbst wenn man eine objektive Grundlage hat wie alle Auktionskataloge der letzten 20 Jahre.

Nun zu Erhaltungen. Ich meinte Stempelglanz nicht Prägeglanz, aber es macht keinen unterschied. ‚Glanz’ durch Prägung ist weg wenn die Münze erst mal richtig oxidiert ist. Das gilt selbst für Herstellungsmethoden wie Polierte Platte. Das kann man schnell selbst testen indem man die Oxydationsschicht entfernt. Deshalb gibt es für mich bei alten Münzen kein Prägeglanz, sie mögen glänzen nach der Reinigung, das ist aber kein Prägeglanz.

Wer macht Definitionen? Ich finde (und so wurde es auch in fast allen Katalogen des 19. Jahrhunderts gesehen in dem unsere Seltenheitsangeben geschaffen wurden) das nicht nur Umlaufspuren Einfluss auf die Erhaltung haben, sondern alles. Deshalb kann für mich eine frisch geprägte Münze den Erhaltungszustand s haben. Heutige Händler sehen das meist anders, deshalb sagte ich ja, ein und das selbe Stück wurde vor 120 Jahren als ge verkauft und vor 10 Jahren als vz, und das ist Fakt. Der starke Unterschied kommt eben daher, weil der eine Auktionator den Gesamtzustand der Münze bewertete, der andere sagte, sie hat keine Umlaufsturen also kann sie nicht ss, s oder ge sein obwohl die Münze teilweise nicht ausgeprägt war. Erhaltungsgrade sind eben subjektiv, genauso wie Seltenheitsangaben. Deshalb werden die Erhaltungen der gleichen Münzen über die Jahre immer besser und immer mehr Münzen werden selten.

PS: Mit der heutigen Technik, wo fast jede Münze abgebildet wird, kann man wirklich auf Erhaltungsangaben verzichten, außer bei versteckten Mängeln. Ich finde das soll jeder Sammler für sich selbst bewerten. Einem ist der Rand wichtiger, dem anderen das Bild, der dritte will die Umschrift gut erhalten sehen.

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Marc
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Re: Bewertung Seltenheit

Beitrag von Marc » Mi 08.12.10 09:04

arnold_hille hat geschrieben: Wie kann denn eine unzirkulierte Münze Umlaufspuren aufweisen? Wie kommt es weiterhin zu folgender Aussage: „Eine Angabe ‚ss, prägefrisch’ besagt also, das das Stück z. B. dezentriert und flau ist somit nur ss, aber keinerlei Umlaufsbeschädigungen hat.“ Eine derart lautende Definition kann ich nirgends finden!
Ebenso kann es nicht sein, dass eine frisch geschlagene Münze als Schön bezeichnet wird, denn laut Definition sind Details der Münze nach längerer Zirkulation verschwunden. Das Münzbild wirkt „stumpf“, doch alle Konturen und Inschriften sind noch vollständig erhalten.“
Mir scheint es so, als würden übliche Definitionen ignoriert. Denn sonst käme es nicht zu Aussagen wie folgender: „Ich bleib dabei Seltenheitsangaben sind immer subjektiv genauso wie Erhaltungsangaben.“
Bei einer harten Anwendung der bekannten Definitionen kann es durchaus zu sehr kleinen Differenzen zwischen den Beurteilenden kommen (z.B. können zwei Meinungen zwischen vz und f.vz tendieren), aber solche groben Abweichungen wie zwischen Marcs Erhaltungseinschätzungen und den meinen sind schlichtweg nicht möglich!
Erhaltungsangaben haben denn Grad der Abnutzung zu bewerten. Die Prägequalität ist gesondert zu beurteilen. Dies ist bei Auktionshäusern Praxis.
Dazu mal ein Beispiel. Die Sammlung Saurma-Jeltsch ist ja mit Bildern im Netz. Sie wurde 1898 bei L. & L. Hamburger versteigert. Nehmen wir einfach die ersten Stücke (das geht aber weiter so). Nummer 1 und 2 sind mit ‚ge’ bewertet:

[ externes Bild ]
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Ich wette beide Stücke würde heute garantiert mindestens mit ‚s’ bewertet, wenn nicht sogar mit ‚ss-, flaue Stellen’.

Nr. 3 mit ‚zge’ was heute einem ‚ge-’ entsprechen würde:

[ externes Bild ]
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Schaut man mal genau hin, sieht man das die Münzen kaum Kratzer oder Umlaufspuren haben, sie sind nur flau wie sehr viele Schlesischen Münzen dieser Zeit. Also ein ähnlicher Fall wie der Groschen den ich als Beispiel erwähnte, welcher von ge auf vz gewandert ist.

Es gibt definitiv eine Inflation bei den Erhaltungsangaben.

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