Antike Kriegsfinanzierung

Wie zahlten unsere Vorfahren? Was war überhaupt das Geld wert? Vormünzliche Zahlungsmittel

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Lutz-der-liebe
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Antike Kriegsfinanzierung

Beitrag von Lutz-der-liebe » Mi 09.04.08 13:33

Am 02.April 2008 stellte Dr. Friedrich Burrer aus Stuttgart in Frankfurt bei der Frankfurter Numismatischen Gesellschaft
ein laufendes Forschungsprojekt der Universität Mannheim vor zum Thema

„Antike Kriegsfinanzierung - Kriegskosten und Kriegsfinanzierung aus althistorischer und numismatischer Perspektive“

Aus finanziellen Gründen wurden die Untersuchungen auf die ersten 5 vorchristlichen Jahrhunderte beschränkt.
An den Anfang des Vortrages stellte Dr. Burrer die zum Thema passende These, dass die „Erfindung“ der Münze in der Zeit vor 560 v.Chr. durchaus aus der Notwendigkeit von Soldzahlungen resultieren könne.
Das antike Zitat „Im Krieg ist die Beschaffung von Geld Gefährtin des Erfolges“ soll die Bedeutung der Finanzierung für die Führung von Kriegen noch mal explizit herausstellen.
Als Grundlage für die Forschung wurden über 1000 antike Quellenangaben und Zitate zusammengetragen, die sortiert, interpretiert und in ihrer Glaubwürdigkeit bewertet werden mussten. Dabei ist die Quellenlage je nach Region und Zeitraum sehr unterschiedlich. Während aus griechischen Kriegen relativ viele Informationen zu finanziellen Aspekten vorliegen, gibt es recht wenige Angaben zu den römischen Kriegskosten.

Die gesichteten Quellen wurden sortiert und gruppiert nach
1. Ausgaben und Kosten
1.1. Ausgaben für Ausrüstung und Unterhalt der Streitkräfte (Sold, Verpflegung, Militärgerät)
1.2. Ausgaben für Logistik (Schiffe, Pferde, Fuhrwerke etc.)
1.3. sonstige Ausgaben (Bestechungsgelder, Subsidien an Verbündete etc.)

2. Einnahmen
2.1. Eigenmittel (Staatsvermögen, Kriegssteuern, Erträge aus staatlichen Minen, Spenden vermögender Bürger)
2.2. Fremdmittel (Kriegsbeute, Lösegelder, Tribute, Reparationszahlungen, Brandschatzungen und Subsidien von Verbündeten)
2.3. Drittmittel (Zölle, Kredite inkl. Zwangsanleihen)

Da die überlieferten Informationen lückenhaft sind, werden die Kosten nach den verschiedenen Kostenarten aufgeschlüsselt und beim einzelnen Soldaten beginnend über das Heer bis hin zum Gesamtkrieg aggregiert oder nach unten aufgesplittet, um vorhandene Lücken zu schließen.
Selten überliefert wurden ökonomische Erwägungen, ob es „sich finanziell lohne, einen Krieg zu führen“ oder ob es besser wäre, auf ihn zu verzichten. Aus der Zeit des Augustus (kurz vor der Zeitenwende) ist eine entsprechende Betrachtung von Strabon überliefert, dass es sich finanziell nicht lohne, Britannien militärisch zu besetzen. Die zu erwartenden Tribute abzüglich der Kosten für einen dauerhafte militärische Besetzung (mindestens eine Legion hält er für nötig) wären nicht größer, als die aktuellen Zölle aus dem Handel mit Britannien.

Für einige Kriege sind die Kriegsausgaben anhand von Rechnungen (und mit etwas Phantasie) nachvollziehbar. Der Krieg Athens gegen das abtrünnige Samos (441 bis 439 v.Chr.) kostete Athen eine Summe von 1.400 Talenten Silber, was umgerechnet ca. 36 Tonnen Silber bzw. 2,1 Mio Athener Tetradrachmen entsprach. Da Samos in diesem Krieg unterlag, musste es eine entsprechende Kriegskostenentschädigung an Athen zahlen. Zur Illustration zeigte der Vortragende Bilder von Tetradrachmen jener Zeit aus Athen und Samos.

Aus der Zeit des persischen Bruderkrieges zwischen Kyros d.J. und Artaxerxes II. im Jahr 401 v.Chr. ist überliefert, dass der Monatssold für die griechischen Söldner des Xenophon einen Dareikos (die gängige Goldmünze dieser Zeit) betrug und nach Verhandlungen erhöht wurde auf 1 ½ Dereiken. Es wurden Bilder von Dareiken gezeigt und gleichzeitig der Umstand thematisiert, dass es zu jener Zeit keine halben Dareiken gab. Die Söldner müssen also zusätzlich zu den Gold-Dareiken noch Zahlungen in Silber erhalten haben.

Eine überlieferte Rechnung über „440 Statere für den Bau eines Turmes der Stadtmauer von Kyzikos“ macht auf ein weiteres Problem der Kostenbetrachtungen aufmerksam. Je nachdem, welche „Statere“ gemeint sind, können es im infragekommenden 4. bis 3. vorchristlichen Jahrhundert Kosten zwischen 1.500 bis 9.500 Athener Drachmen gewesen sein.
Bei der Überlieferung von Zahlungen werden die Nominalwerte manchmal nur ungenau, manchmal sogar falsch angegeben – oder auch gar nicht (Bezeichnung nur als „Münzen“ oder „Stücke“). Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Es kann für den Schreiber selbstverständlich gewesen sein, welche Münze gemeint ist. Andererseits kann durch großen zeitlichen Abstand zwischen Ereignis und dessen Aufzeichnung Unklarheit über das frühere Nominal geherrscht haben. Mitunter sind die Informationen im Laufe der Jahrhunderte beim wiederholten Abschreiben einfach verloren gegangen.

Anschließend wurde über „Kriegsmünzen“ oder „Kriegskostengeld“ gesprochen. Dabei handelt es sich um Münzen, die entweder für die Vorbereitung und Finanzierung der Kriegsführung geprägt wurden oder aber für die Bewältigung von Kriegsfolgekosten (Wiederaufbau, Kontributionen).
Verschiedene Kriterien deuten auf eine solche „Kriegsprägung“ hin, besonders wenn sie in Kombination auftreten:
- Steigerung der Prägemenge
- Änderung in Münzfuß / Feingehalt (oft heimliche Verschlechterung)
- Änderung in Schrift und Bild (Bezug auf die Ereignisse)
- Hortbildungen
- Verschwinden von Geld aus dem Umlauf (wegen Tributzahlungen)
- Notprägungen (z.B. Belagerungsmünzen)

Beispiele solcher Kriegsgeldprägungen wurde vorgestellt:

1. Die Goldprägungen Athens 407 bis 406 v.Chr.
Es sind die ersten Goldprägungen Athens überhaupt. Sie wurden notwendig, da Sparta die Athener Silberminen besetzt hielt und das Silber für die Vermünzung fehlte.

2. Rom eroberte während des 2. punischen Krieges die Stadt Capua, wodurch ihm große Edelmetallvorräte in die Hände fielen. Diese waren Voraussetzung für die um 211 v.Chr. einsetzende goldene „Mars/Adler“-Prägung zu 60 Asses und für die silbernen Denare zu 10 Asses.
Diese Münzen waren für die Finanzierung des Krieges sicher auch praktischer als die bis dahin in Rom üblichen Kupfer-Asse mit einem Gewicht von 54 Gramm....

3. Tetradrachmen von Thasos
Aus der Zeit 175 bis 170 v.Chr. sind städtische Prägungen für die eher unbedeutende griechische Stadt bekannt. Nach 110 v.Chr. begann unter römischem Einfluss die massenhafte Prägung des bereits bekannten Münztyps. Es ist anzunehmen, dass mit diesen Münzen Grenzkriege gegen die Thraker finanziert wurden, was das häufige Vorkommen dieser Prägungen in Funden im Donaugebiet erklären würde.
Dieser Münztyp wurde (in ständig schlechter werdender Qualität) noch bis ins erste nachchristliche Jahrhundert weitergeprägt, da er bekannt und akzeptiert war.

4. Quinare und Legionsdenare des Marc Aurel:
Quinare aus Lugdunum (43 v.Chr.) und Lagergeld-Denare (32-31 v.Chr.) wurden zur Bezahlung seiner Truppen und zum Abwerben fremder Truppen (vor allem von Octavian) verwendet.

Abschließend wurde eine typische noch offene Frage der Forschung angesprochen:
Im Verhältnis zu den bekannten, ungeheuren Kriegskosten (inklusive Reparationszahlungen an die Römer) aus der Regierungszeit des makedonischen Königs Philips V. (220 bis 179 v.Chr.) sind nur relativ wenige makedonische Prägungen aus dieser Zeit bekannt. Auch sprechen Hochrechnungen aus den bisher gefundenen Münztypen und verschiedenen Stempelvarianten für eine nicht zu umfangreiche Münzprägung.
Mit welchen Münzen also wurden die Kriege des Makedoniers bezahlt?

Homepage zum Forschungsprojekt: http://kriegskosten.uni-mannheim.de

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