Deutscher Orden

Deutschland vor 1871
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JanssenT
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Deutscher Orden

Beitrag von JanssenT » Do 12.10.06 22:23

Guten Abend zusammen,

ich gebe zu, ich bin relativ neu in der Szene. Deshalb überfalle ich die hier Anwesenden mal mit meinen Fragen (ich hiffe, ich bin auch im richtigen Forum gelandet...).
Meine Sammelgebiete sind Deutscher Orden, Kreuzzüge und Niederrheinische Münzen bis ca. 1648.
Zu den niedrrheinischen Münzen gibt es ja den weltberühmten "Noss". Habe ich jedenfalls gelesen und er wird auch überall als Referenzwerk herangezogen... nur wo bekomme ich ihn??? Gibt es zufällig Nachdrucke etc?
Zu den Themen Deutscher Orden und Kreuzzüge stehe ich vollkommen auf dem Schlauch. Natürlich kann ich mich an die Namen der Hochmeister bzw. Kreuzzugsteilnehmer halten, aber gibt es auch hier irgendwelche Werke, die die Münzbestimmung erleichtern? Wenn ja, wo sind diese erhältlich?
Ach ja, noch etwas... sind mittelalterliche Münzen immer so "platt"?
Ich bin für jede Hilfe dankbar.
Grüße
JanssenT

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Marc
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Beitrag von Marc » Fr 13.10.06 01:00

Hallo, erst mal. Willkommen im Forum. Hier die Literatur :

Ein simpler aber für den Anfang ausreichender Katalog :
R. Neumann : Die Münzen des Deutschen Ordens in Preußen, Livland und Mergentheim, derer weltlicher Nachfolger die Herzogtümer Preußen, Livland und Kurland sowie die Gepräge der baltischen Geistlichkeit, Köln 1995

Standartwerke ( von beiden gibt es Nachrücke )
F. A. Vossberg : Preußische Münzen und Siegel bis 1535, Berlin 1843
B. Dudik : Des hohen Deutschen Ritterorden’s Münzsammlung,Wien 1858


Als Anfänger würde ich in die Stadtbibliothek gehen (bei kleinen Städten per Fernleihe), und mir ggf. Fotokopien machen.

Und ja, das wird fast immer in Filmen falsch dargestellt ( da gibt es immer so dicke Dukaten und Goldmünzen), sie waren bis zur Einführung des Talers immer so platt ;)

Ach PS : zu Kreuzügen empfehle ich folgendes Werk ( es ist zwar nicht das Standartwert, aber dafür Preisgünstig ) :
A. B. Berman : Coins of the crusader states 1098-1291, New York 1994

Und auf deine Frage, die Kategorie Mittelalter wäre treffender gewesen, aber gut das du als Anfänger in dieses Forum gefunden hast. Denn hier oder im örtlichen Münzverein, kannst du vor den üblichen Anfängerfehlen bewart werden, welche manch einem die Lust am sammeln wieder nahm.

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Gerhard Schön
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Beitrag von Gerhard Schön » Fr 13.10.06 18:08

Das Standardwerk für die Münzen des Deutschen Ordens ist:

Prokisch, Bernhard: Die Münzen und Medaillen des Deutschen Ordens in der Neuzeit. Wien 2006
(= Veröffentlichungen des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte Wien; 11)
ISBN 3-9500530-8-5

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Marc
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Beitrag von Marc » Fr 13.10.06 18:45

Also für ein Standardwerk ist der Prokisch wohl noch zu neu, man wird kaum Zitate finden, da er bisher nicht zitierbar war. Er mag in ein par Jahren zum Standard werden, das wird die Zeit zeigen.
Ich verstehe unter Standardkatalog, das Werk dessen Nummern in Auktionskatalogen in der Regel zitiert werden. Und wenn man sich nun die Auktionen der letzten 10-20 Jahre anschaut zitiert man Vossberg oder Neumann, Prokisch ist einfach zu neu um Standard zu sein.
Zuletzt geändert von Marc am Fr 13.10.06 19:59, insgesamt 1-mal geändert.

JanssenT
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Beitrag von JanssenT » Fr 13.10.06 19:27

Vielen dank für die Informationen!!! Ich bin begeistert von diesem Forum und von der Hilfe, die hier geboten wird.
Marc, die Idee mit der Stadtbücherei war gar nicht so schlecht, aber du kennst unsere Stadtbücherei wohl nicht... ;-)
Leider konnte ich keines der genannten Werke bisher im Antiquariatsbuchhandel (die üblichen Foren, wie ZVAB, ILAB etc.) ausfindig machen, aber ich bleibe am Ball...
Vielen dank nochmal!!! Ich bin wirklich für jeden Hinweis dankbar.

JanssenT
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Beitrag von JanssenT » Mo 23.10.06 19:26

Ist eigentlich jeder Großmeister des Deutschen Ordens auch mit einer Münze geehrt worden (oder mehreren)?
Auf meinen Exemplaren ist die Schrift leider nicht mehr zu entziffern.Was steht z. B. auf einer Münze des Großmeisters Paul von Rußdorf?
An dieser Stelle mal wieder vielen Dank an alle, die antworten.

Gruß
JanssenT

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mumde
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Beitrag von mumde » Mo 23.10.06 22:14

Seit Winrich von Kniprode, 1351-1382, gab es nur einen Hochmeister, dessen Name nicht auf Münzen erscheint, das war Konrad von Wallenborn, 1391-1393. Sonst steht der Name des Hochmeisters jeweils drauf. Meist wurden Schillinge geprägt, deren Umschriften dem Schema folgen: MAGST PAVLVS PRIM (= Magister Paulus primus = Meister Paul der Erste = Paul von Rußdorf), Rv. MONETA DNORVM PRVCI (= moneta dominorum Prussiae = Münze der Herren von Preußen).
Gruß mumde

JanssenT
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Beitrag von JanssenT » Fr 27.10.06 19:54

Hallo zusammen,
erst einmal besten dank an Mumde für die Infos. Je mehr ich in die einzelnen Gebiete einsteige, desto mehr Fragen tauchen auf.
Dem Deutschen Orden werden auch immer die sogenannten Hohlpfennige zugeordnet (in allen möglichen Variationen: Burg-, Kreuz-, Schildpfennige etc.). Wann und wie sind diese denn entstanden und in welche Periode des Deutschen Ordens fallen diese? Gibt es auch Literatur zu diesen Ausgaben?
Abermals danke an alle (insbesondere an Mumde!!!).

Gruß
JanssenT

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mumde
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Beitrag von mumde » Fr 27.10.06 21:32

Ich zitiere aus Danuta Miehle, Monety Zakonu Krzyzackiego, Warschau 1998 (Sammlung von 806 Münzen des Deutschen Ordens im Nationalmuseum in Warschau): „Die inschriftlosen Denare des Deutschen Ordens, die sog. Brakteaten, bilden ein bis heute eigenartiges und nicht gelöstes Problem für den Forscher. Die Frage ihrer Datierung und Bindung mit einzelnen Münzstätten steht bis jetzt offen ... Das Münzwesen des Deutschen Ordens wird weiterhin geforscht. Manche Typen von Brakteaten, die früher mit den Münzstätten des Deutschen Ordens gebunden waren, werden heute nicht für die Emission dieses Ordens gehalten, und die Datierung der Brakteaten, wie schon oben gesagt, stellt weiterhin ein Problem dar, das noch zu lösen ist.“ (aus der deutschsprachigen Einleitung des sonst auf Polnisch geschriebenen Katalogs).
Numismatiker wie Vossberg, Dudik, Bahrfeldt, Waschinski, Gumowski und zuletzt Suchodolski haben die Münzen untersucht, Archivstudien angestellt, Metallanalysen durchgeführt usw. usw. Aber es ist eben schwer, eine Münze zu datieren, auf der nichts weiter zu sehen ist als ein Kreuz.

Vossberg, Neumann und Dudik hat Marc Dir schon als empfehlenswerte Literatur genannt. Da sind auch jeweils die Brakteaten mit erfasst.

1233 wird in der Kulmer Handfeste die Prägung von Pfennigen geregelt; etwa um 1380 geht Winrich von Kniprode zur Prägung größerer Münzen über. In diesen ungefähr 150 Jahren sind die Brakteaten-Pfennige entstanden. Zitiert werden sie meist nach Emil Waschinski, Brakteaten und Denare des Deutschen Ordens, Frankfurt/M. 1934, da er die meisten Varianten erfasst hat. Aber das Buch ist schwer zu bekommen. (Nicht verwechseln mit Emil Waschinski, Die Münz- und Währungspolitik des Deutschen Ordens in Preußen, Göttingen 1952, denn das ist eine reine Münzgeschichte, kein Katalog).
Gruß mumde

JanssenT
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Beitrag von JanssenT » Fr 27.10.06 22:17

Hallo Mumde,

zum wiederholten Male vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Ich habe mich bisher eigentlich immer auf die Münzen der Hochmeister gestürzt. halte aber auch die Brakteaten für äußerst sammelwürdig (vielleicht gerade wegen deren unklarer Herkunft).

Leider liegt mir der Neumann (noch) nicht vor, er ist aber bestellt. Kann ich davon ausgehen, daß ein bei Waschinski aufgeführter Brakteat denn auch tatsächlich dem Deutschen Orden zuzurechnen ist? Zumindest aller Wahrscheinlichkeit nach?

Gruß
JanssenT

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Beitrag von mumde » Fr 27.10.06 23:18

Von den Forschungsergebnissen Stanislaw Suchodolskis ist mir nur ein Aufsatz in den Hamburger Beiträgen zur Numismatik Heft 36/38, 1982/84 bekannt: Ein Datierungsversuch für die Brakteaten des Deutschen Ordens aus dem 14.-15. Jh. Dort untersucht er Funde mit Münzen des Deutschen Ordens und bringt die Typen in eine grobe zeitliche Reihenfolge. Einige Arbeiten von ihm erschienen in polnischen Zeitschriften, die mir nicht zugänglich und auch nicht verständlich sind. Ich kenne den letzten Forschungsstand auf diesem Gebiet deshalb nicht. Grundsätzlich besteht schon Klarheit, dass die Brakteaten mit dem Kreuz, dem Kreuzschild, der Krone mit Kreuz, dem Tor mit Kreuz usw. Münzen des Deutschen Ordens sind. Es gibt nur manchmal Stücke, auf denen schwer zu erkennen ist, ob das Dargestellte z. B. eine Krone oder ein Burgtor ist. Das ist doch immer so mit diesen Hohlpfennigen. Hier im Forum kommen ja auch ab und zu Fragen zu Hohlpfennigen: „Ist das ein Königskopf oder ein Ochsenschädel?“, und niemand weiß es. So ist es mit diesen Hohlpfennigen auch. Da kommen dann unsichere Zuschreibungen zustande.

Ich muß die in meinem letzten Beitrag genannte Zeit "1233-1380 = 150 Jahre" korrigieren: Die Pfennigprägung hört ja nicht auf, nur weil auch größere Münzen geprägt werden. Pfennige wurden sicher auch später geprägt. Aber sie zu datieren ist schwer.
Gruß mumde

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Beitrag von JanssenT » Sa 28.10.06 19:17

Die genaue Bestimmung der Brakteaten ist wirklich schwierig. Ich habe gerade ein Angebot vorliegen, das angeblich ein Brakteat mit Krone und Kreuz sein soll. Der Erhaltungszustand ist nicht optimal aber durchaus sammelwürdig, ich erkenne aber eher eine Burg mit 3 Türmen. Ich muß wohl doch erst einmal auf vernünftige Literatur warten.

Gruß
JanssenT

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