Hallo!
Um das Forum wieder etwas 'wissenschaftlicher' zu gestalten hier ein neues Thema: Retrograde
Legenden auf Münzen sind aus vielen Münzstätten bekannt. In Nikopolis ad Istrum
allerdings sind sie selten. Um so mehr freue ich mich, hier 2 aus meiner Sammlung vorstellen zu
können, die beide nicht in AMNG vorkommen.
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Septimius Severus, 193-211
AE 16, 2.28g
Av.: [AV K]L C - CEVHROC
Kopf belorbeert, n.r.
Rv: NIKOPO - LIT PROC (retrograd, von re unten gegen den Uhrzeigersinn)
Hermes, nackt, die Chlamys über dem li Arm, n.l. stehend, das Kerykeion im li Arm und die
Geldbörse in der re Hand.
Ref.: a) nicht in AMNG:
Vs. AMNG I/1, 1377
Rs. AMNG I/1, [1381] var. (nur Legende, hat aber PROC IC. Aber Pick scheint diese
Münze nicht ibn der Hand gehabt zu haben, sodaß die Legende vielleicht unsicher ist.)
AMNG I/1, 1373 (Abb.)
b) Varbanov (engl.) 2344 var. (hat AV C - CEVHROC, aber sehr undeutliche Abb.),
Rv. stempelgleich
Hier meine 2. Münze, die ich von Curtis Clay bekommen habe:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Septimius Severus, 193-211
AE 25
geprägt unter dem Statthalter Aurelius Gallus
Av.: [AV KL CEP] - CEVHR[OC P]
Büste, drapiert und cürassiert, von hinten gesehen, belorbeert, n.r.
Rv.: VP AVR GALL - OV NIKOPOLIT / PROC I (retrograd, von re unten gegen den Uhrzeigersinn)
Dionysos, nackt, in Stiefeln, n.l. stehend, stützt sich mit der erhobenen Linken auf Thyrsos
und hält in der gesenkten Rechten Kantharos, aus dem er Wein gießt.
Ref.: a) nicht in AMNG:
Vs. AMNG I/1, 1304
Rs. Legende nicht in AMNG
AMNG I/1, 1306 (Abb.)
b) nicht in Varbanov (engl.)
c) Blancon List 41, 2003, 587. (korrigiert!)
Eine 3. Münze, die nicht in AMNG gelistet ist, findet sich bei CoinArchives:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Septimius Severus, 193-211
AE, 2.71g
Av.: ΑV ΚΑΙ - CΕVΗΡΟC
Kopf, belorbeert, n.r.
Rv.: ΝΙΚΟΠΟ-ΛΙ ΠΡΟC ΙC (retrograd, von re unten gegen den Uhrzeigersinn).
Priapos nach rechts stehend, das Gewand mit beiden Händen zurückschlagend und seinen
erigierten Penis entblößend.
Ref.: a) AMNG I/1, 1381 var. (Priapos n.l. stehend)
b) Varbanov (engl.) 2281
Gelistet von Pick (als einzige mit retrograder Legende) ist AMNG I/1, 1381, die Priapos n.l.
stehend zeigt.
Auf meiner 1. Münze mit Hermes ist die Abbildung korrekt, nur die Legende ist retrograd, oder
spiegelverkehrt wie ich lieber sage. Die 3. Münze mit Priapos gibt es in 2 verschiedenen Versionen:
AMNG I/1, 1381 (von Pick gelistet) zeigt Priapos wie auf der korrekten Type AMNG I/1 1830 n.l.
stehend. Daneben gibt es aber die Münze von CoinArchives, die auch den Priapos nach der
falschen Seite stehend zeigt. Allerdings habe ich die von Pick erwähnte Münze mit Priapos n.l.
stehend nirgends gefunden. Curtis meint deshalb, daß dies ein Fehler von Pick oder von Mionnet bzw,
Dumersan sein,muß, die er zitiert. Die Münze von Dumersan mit der retrograden Legende muß vom
selben Rs.-Stempel gewesen sein, wie die Ex., die man ketzt bei CoinArchives findet.
Meine 2. Münze mit Dionysos hat auch die Abb. wie bei der korrekten Münze AMNG I/1, 1306,
sodaß nur die Legende spiegelbildlich ist.
Bei allen diesen Varianten handelt es sich natürlich um Fehler des Stempelschneiders, der vergessen
hat, seine Legende verkehrt herum zu schneiden, sodaß sie dann auf der geprägten Münze wieder
richtig herum steht. Eine interessante Variante hat Dough Smith zu dieser Diskussion beigesteuert:
Wieder eine Kleinbronze von Septimius Severus, wo der Stempelschneider erst ganz am Schluß
seine Orientierung verloren hat: Nur das TP am Ende des Abschnitts steht auf dem Kopf!
Mit freundlichem Gruß
Retrograde Legenden aus Nikopolis
Moderator: Homer J. Simpson
- Peter43
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Retrograde Legenden aus Nikopolis
Zuletzt geändert von Peter43 am Fr 17.04.09 23:31, insgesamt 2-mal geändert.
Omnes vulnerant, ultima necat.
Leider kann ich nichts zu dieser interessanten wissenschaftlichen Abhandlung beitragen, aber eine allgemeine Frage stellen:
Diese retrograden Entgleisungen der Stempel- bzw. Legendenschneider habe ich jetzt nur auf den provinzialen Prägungen finden können. Ist solches eigentlich auch von regulären Prägungen bekannt?
Diese retrograden Entgleisungen der Stempel- bzw. Legendenschneider habe ich jetzt nur auf den provinzialen Prägungen finden können. Ist solches eigentlich auch von regulären Prägungen bekannt?
- Peter43
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Provinzialprägungen sind auch regulär. Du meinst sicherlich imperiale Prägungen. Da ist es mir nur von einzelnen Buchstaben bekannt, besonders N, S (Digamma), aber auch Sigma oder B, besonders bei Offizina-Nummern des späten Reiches. Wahrscheinlich wurden solche falschen Stempel bei der Kontrolle verworfen.
Anders ist es bei griechischen Münzen, besonders sehr alten. Aber da war die Schreibrichtung, glaube ich, noch nicht so festgelegt.
Mit freundlichem Gruß
Anders ist es bei griechischen Münzen, besonders sehr alten. Aber da war die Schreibrichtung, glaube ich, noch nicht so festgelegt.
Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.
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