Wie vor zwei Tagen angekündigt, habe ich ein paar Gedanken bildhaft zusammengefasst.
Persönliche Betrachtung zum Thema: Patina
Alles beginnt mit der Prägung. Die Münze hat eine prägefrische Oberfläche:
Fall I:

- Oberflaeche stilisiert 001 praegefrisch.png (4.94 KiB) 1510 mal betrachtet
Danach patiniert die Münze unter idealen Bedingungen:

- Oberflaeche stilisiert 002 praegefrisch ideal patiniert.png (5.13 KiB) 1510 mal betrachtet
Die Patina ist stabil und schützt die Münze (begrenzt) vor weiteren Umwelteinflüssen. Eine weitere Verdickung der Patina findet nicht statt. Nun können unter halbwegs konstanten Umweltbedingungen sehr viele Jahre vergehen, ohne daß sich an der Münze viel verändert.
Fall II:
Die Münze patiniert unter wechselnden Umwelteinflüssen:

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Ungleichmäßige Patina, teilweise Muldenkorrosion, verschiedene Korrosionsprodukte/Verbindungen.
Die ungleichmäßig patinierte Münze wird nun von einem Schnäppchenjäger/Sammler preiswert erstanden und zu allererst einmal von Ihren häßlichen Verkrustungen und Korrosionsschichten befreit, also sie wird entkleidet:

- Oberflaeche stilisiert 004 entpatiniert.png (5.04 KiB) 1510 mal betrachtet
Nun hat man eine blanke Münze vor sich, allerdings mit sichtbaren Spuren einer ungleichmäßigen Korrosion und teilweise mit einigen prägefrischen Stellen. Ehemals plane Bereiche sind durch Korrosion und nachfolgende Entfernung der korrodierten Schichten nicht mehr plan bzw. weisen Löcher und Mulden auf – das ist die typische narbige Oberfläche von entkleideten Münzen (z.B. mit Säure gereinigte Münzen weisen diese Art von Oberfläche häufig auf, was dann als „rauh“ oder „porös“ bezeichnet wird):
Jetzt sorgt der Sammler für eine erneute Korrosion/Patinierung unter konstanten chemischen Bedingungen und erzeugt DIE tolle Patina die sich jeder wünscht: gleichmäßige Schichtdicke, homogener Bereich, keine Fehlstellen, gleichmäßige Farbe:

- Oberflaeche stilisiert 005 neu patiniert.png (6.22 KiB) 1510 mal betrachtet
Leider ist das Basismaterial durch vorhergehende ungleichmäßige Korrosion bereits gezeichnet, so daß selbst die perfekte Patina diesen Zustand nicht verdecken kann, sondern diesen nur etwas weichzeichnet.
Der unbedarfte Sammler kann das mangels Kenntnis und dem richtigen „Blick“ dafür nicht feststellen und meint, eine Münze mit echter Patina vor sich zu haben, was jedoch nicht der Fall ist.
Im Vergleich dazu noch einmal die originär patinierte Münze:

- Oberflaeche stilisiert 002 praegefrisch ideal patiniert.png (5.13 KiB) 1510 mal betrachtet
Die „Echtheit“ der Patina bezieht sich dabei auf ihre Originalität – nicht ob sie wirklich aus bspw. Malachit besteht, sondern ob sie auf einer ursprünglichen Oberfläche direkt gebildet oder auf einer chemisch/mechanisch gereinigten Oberfläche nachgebildet wurde.
Die wenigen Münzen, deren erste Patina gleichmäßig entstand – DAS sind die echten Sahnestücke!
Es gibt sie – jedoch selten. Und genau das erklärt den Preis.
Eine wie auch immer erzeugte sekundäre Patina mag als Patina chemisch und äußerlich identisch sein, sie vermag nicht die Spuren der vorherigen Patinae und deren Entfernung vollständig zu überdecken und hat Potential, unbedarfte Sammler enorm zu täuschen, die „alten Hasen“ werden diese erkennen, auch wenn sie noch so gleichmäßig ist, denn sie müßte (paradoxerweise) ungleichmäßig sein: In den Mulden dicker, auf den originalen Stellen dünner – und das hat bislang noch keiner hinbekommen, dann könnte aus jeder Ruine durch exakte Patinabildung in definierter Höhe das originäre Münzbild rekonstruiert werden.
Das geht verfahrenstechnisch nicht mit vertretbarem Aufwand.
Zusammenfassend kann man sagen, daß der Ausgangszustand maßgeblich ist: hat man eine prägefrische Münze vor sich, bedarf es keiner Patina. Durch das hohe Alter der prägefrischen Münzen ist davon auszugehen, daß fast alle patiniert sind bzw. daß die Oberfläche irgendwelche Reaktionen mit der Umgebung eingeht.
Sind diese Reaktionen gleichmäßig, gibt es ein Sahnestück.
Das passiert so gut wie nie!!!
Sind die Reaktionen ungleichmäßig, entsteht eine teilpatinierte Münze mit unterschiedlichen Substanzen als Patina. Deren Entpatinierung und anschließende Neupatinierung sorgen jedoch keineswegs für eine Verbesserung, unabhängig davon wie gut die neue Patina gelingt.
Daher entsteht die Überzeugung, daß nach einer guten mechanischen Reinigung einer Bronze in der Regel Schluß ist, da mehr oft nicht machbar ist und ästhetisch keine Verbesserung bringt – es sei denn, die ungleichmäßige Patina hat an jeder Stelle annähernd gleich viel originales Münzmaterial umgewandelt. Dann jedoch wäre sie gleichmäßig und wir hätten ein o.g. Sahnestück.
Die Vermutung, daß die Sahnestücken mit einer künstlichen Patina versehen sind und ehemals ungleichmäßig patiniert, anschließend entkleidet und danach *perfekt* neu patiniert wurden, ist in meinen Augen damit widerlegt. Damit erübrigt sich der Versuch, aus einer ungleichmäßig patinierten Münze eine perfekte Münze mittels technisch einwandfreier Patinierung zu erzeugen.
Der Beitrag ist nun etwas länger geraten, aber manchmal bedarf ein komplexer Gedanke einer längeren Erklärung
Einen entspannten Freitagnachmittag wünscht
klunch
edit: wechstaben verbuchselt...
Lernen, lernen und nochmals lernen.