Römische Kränze und Kronen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Peter43
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Römische Kränze und Kronen

Beitrag von Peter43 » Sa 10.06.06 19:35

Kränze

Angeregt durch die Münze aus Alexandria, die Chinamul heute eingestellt hat, und auf der Euthenia zu sehen ist mit einem Ährenkranz, bin ich einmal der Frage nachgegangen, welche verschiedenen Arten von Kränzen in der Antike überhaupt bekannt waren. Ob die Liste vollständig ist, weiß ich nicht. Sollte jemand noch eine weitere Kranzart kennen, soll er sie hinzufügen!

Kranz, lat. corona, gr. stephanos
Bei Homer noch nicht erwähnt. Zuerst als sportliche Auszeichnung für den Sieger bei Pindar. Von dort von den Römern übernommen, die bald eine Vielzahl verschiedener Arten erfanden. Zunächst aus Blättern und Zweigen, dann aus Metall (z.B. Gold) gemacht, sodaß der Übergang von Kranz zu Krone fließend war. Ursprünglich nur ein Struppus (griech. Strophion), ein als Haarreif getragener Strick.

1. Corona obsidionalis, auch corona graminea
Aus Gras und Wildblumen. War der am schwersten zu erringende Kranz und wurde einem General verliehen, dem es gelang, eine Belagerung einer zu
durchbrechen und dadurch eine Armee, zumindests aber eine Legion zu retten. Sie bestand aus den Pflanzen des Schlachtfeldes: Gras, Blumen, Unkraut, Hafer, Weizen.
2. Corona civica
Die zweithöchste Auszeichnung. Wurde demjenigen verliehen, der in der Schlacht einen römischen Bürger gerettet hatte. Mit der Aufschrift Ob civem
servatum
. Ursprünglich aesculus und endlich aus quercus, aus drei verschiedenen Eichenarten. Ihre Verleihung war äußerst streng geregelt. Sie wurde nur
nach einer genauen Untersuchung verliehen.
3. Corona navalis, oder Corona rostrata
Evtl. zwei verschiedene Auszeichnung: C. navalis für den Soldaten, der als erster ein feindliches Schiff enterte, C. rostrata für den Admiral, der die
feindliche Flotte besiegte. Der erste, der eine solche corona erhielt, war Marcus Agrippa, dann Pompeius Sextus.Beide waren aus Gold,
zumindestens die C. rostrata geschmückt mit den Schiffsschnäbeln wie die Rostra, die Rednertribüne, auf dem Forum.
4. Corona muralis
Für den, der als erster die Mauer einer belagerten Stadt bestieg. Wurde ihm vom Befehlshaber verliehen. War aus Gold, später aus Ilex, verziert mit den
Zinnen der Mauer.
Mit einer solchen Krone wird ebenfalls Kybele (und später die Stadtgöttinnen) dargestellt, die allerdings etwas anders aussieht: Sie hat hat nicht nur die
Zinnen, sondern die ganzen Stadttürme.
5. Corona castrensis, oder vallaris
Ähnliche wie die vorige, wurde sie dem Soldaten verliehen, der als erster in das feindliche Lager eindrang. War geschmückt mit den Palisaden des Lagers.
6. Corona triumphalis
Von dieser gab es 3 verschiedene Arten:
a. Eine, die vom Feldherrn während des Triumphzuges getragen wurde. Sie bestand aus Lorbeerzweigen mit und ohne Lorbeerbeeren. Hieß auch laurea
insignis
. Dies war die bedeutendste von allen dreien.
b. Die zweite bestand aus Gold und manchnal auch Juwelen und war zu schwer, um sie auf dem Kopf zu tragen. Sie wurde dem siegreichen General während
des Triumphzuges über den Kopf gehalten, während eine Sklave hinter ihm ständig rief: Bedenke, daß Du ein Mensch bist!
c. Corona provincialis, oder Aurum coronarium. Diese wurde dem siegreichen Feldherrn
von den Provinzen gesandt. Zuerst bei Alexander dem Großen nach seinem Sieg über
Darius, wurde dann von den Römern nachgeahmt. War aus Gold und sehr wertvoll.
7. Corona ovalis
War nicht so angesehen, weil sie einem Feldherrn verliehen wurde, wenn der Sieg leicht errungen war, oder gegen Sklaven, oder ohne Kriegserklärung.
Bestand aus Myrtenzweigen, einer Pflanze der Venus (und nicht des Kriegsgottes Mars!)
8. Corona oleagina
Aus Olivenzweigen. Wurde verliehen an Soldaten oder Befehlshaber, die einen Sieg errungen hatten, ohne daß sie auf dem Schlachtfeld anwesend waren.

Eine Sonderrolle spielt die Taenia, eine Binde aus weißer Wolle, die Alexander der Große von den persischen Großkönigen übernommen hatte, Eine solche trug auch Antiochos I. oder Vabalathus, die in der Tradition der Großkönige standen.

Eine zweite Gruppe von Kränzen waren nicht Ehrenkränze, sondern eher symbolische Kränze. Ihr Gebrauch war nicht gesetzlich geregelt, sondern durch Tradition.
1. Corona sacerdotalis
Wurde von den Priestern getragen, mit Ausnahme des Pontifex maximus. War aus Olivenzweigen, manchmal aus Gold, aber auch aus Kornähren.
Dann hieß sie Corona spicea und war der Ceres geweiht.
2. Corona funebris, oder sepulchralis
Mit ihr wurden die Toten bekränzt. Kam auch zuerst aus Griechenland. Waren in Rom meist Blumenkränze, bei den Griechen aus Petersilie(!). Wurden
später vom Christentum heftig als heidnisch bekämpft.
3. Corona convivialis
Sie wurde getragen bei Festgelagen, angeblich um Vergiftungen abzuschwächen. Zunächst waren es wollene Bänder um den Kopf, dann Rosen, Veilchen,
Myrten, Efeu u.a. Dies war mehr eine griechische Sitte und bei den Römer in der Öffentlichkeit verboten, weil es sie als Symbol des Luxus galt.
4. Corona nuptialis
Der Brautkranz. Von griechischem Ursprung, bestand aus Blumen, die die Braut selbst gepflückt haben mußte. In Rom aus Verbenen, die die Braut unter
ihrem Flammeum trug.
5. Corona natalitia
Wurde über die Tür eines Hauses gehängt, in dem ein Kind geboren war. In Athen aus aus Olivenzweigen bei einem Jungen,
aus Wolle bei einem Mädchen. In Rom aus Lorbeer, Efeu oder Petersilie.

Daneben gab es noch eine Reihe anderer Kränze mit spezieller Bedeutung.
1. Corona longa
Eine Art von Girlanden zum Schmücken von curulischen Stühlen, heiligen Wagen oder Häusern.
2. Corona etrusca
Eine goldene Krone, die den Eichenkranz nachahmt, zusätzlich mit Juwelen besetzt und mit Bändern geschmückt (lemnisci, deshalb auch corona
lemniscata
)
3. Corona pactilis
Auch corona plectilis, corona torta, plexa. Geflochten aus Gras, Blumen, Zweigen, Efeu, Wolle oder anderen biegsamen Materialien.
4. Corona sutilis
Wurde von den Salii (einer Priestergruppe) auf ihren Festen getragen. Aus den feinsten Rosenblättern
5. Corona tonsa oder tonsilis
Nur aus den Oliven- oder Lorbeerblättern, während normalerweise ganze Zweige genommen wurden.
6. Corona radiata
Ursprünglich die Krone des Sonnengottes. Wurde Göttern und vergöttlichten Heroen gegeben, wurde dann aber von Kaisern selbst beansprucht als Zeichen
ihrer Göttlichkeit, zuerst von Nero. Von ihr leiten sich die mittelalterlichen Kronen ab, die wir alle kennen.
7. Kranz aus Weinblättern und Trauben
War dem Bacchus zugeeignet. Galt als Symbol der Reife, die ihren Zenith bereits überschritten hatte. Wurde aber von Nymphen getragen, z.B. Histiaia.
8. Fichtenkranz
Von Pan getragen aus Trasuer um die Nymphe Pitys, die sich auf der Flucht vor ihm in eine Fichte(Pitys) verwandelte.
9. Ährenkranz
Getragen von Demeter (Ceres) als Göttin des Ackerbaus und ihrer Tochter Kore/Persephone. Trug übrigens Trajan bei seinem Besuch in
Alexandria als Zeichen der überragenden Bedeutung Ägyptens für die Getreideversorgung Roms.
10.Schilfkranz
Poseidon, Flußgötter, Quellnymphen
11.Fenchelkranz
Getragen von siegreichen Gladiatoren. Fenchel war in der Antike ein Symbol des Sieges. Marathon sollte etymologisch von maratron
(= reich an Fenchel) kommen. Wurde getragen während der attischen Mysterienspiele und beim Dionysoskult. War dem Iakchoskind geweiht und wurde
in den Tempelgärten angepflanzt. Beim Sabazioskult wurden Fenchel- oder Weißpappelkränze getragen.
Aphrodite empfiehlt beim Tod des Adonis Fenchelkränze zu tragen: Wachsen schnell, verwelken dann und gehen ein! Wohl eine Widerspiegelung seines
Schicksals!
12.Selleriekränze
Wurden bei Beerdigungen getragen, aber auch bei den Spielen von Nemea und bei den Isthmischen Spielen.

Quelle:
- William Smith, Dictionary of Greek and Roman Antiquities, 1870
online unter http://www.ancientlibrary.com/smith-dgra/index.html
- Der Kleine Pauly

Mit freundlichen Grüßen
Zuletzt geändert von Peter43 am Do 07.02.13 21:51, insgesamt 2-mal geändert.
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Perinawa (Do 25.11.21 21:26)
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Beitrag von chinamul » Sa 10.06.06 20:44

Hallo Peter!

Beim der Kopfzier des Bacchus handelt es sich doch wohl eher um einen Kranz aus Efeuranken, obwohl auch ein Weinlaubkranz zweifellos sehr sinnig gewesen wäre.
Dazu folgende zwei Links, an denen deutlich wird, daß es sich tatsächlich so verhält wie oben dargestellt.

http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... s&start=30
http://www.numismatikforum.de/ftopic690 ... ht=octavia

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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Beitrag von Actium » Sa 10.06.06 20:50

Vielen Dank für dies wirklich wundervolle Bekränzungsliste. Sie ist eine Fundgrube für Studien und animiert zur erneuten Betrachtung der Sammlung unter neuen Aspekten!

Actium

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Sa 10.06.06 21:29

Hallo chinamul!

Natürlich ist es ein Efeukranz, den man auf Deinem phantastischen Denar als Kopfzier des Bacchus sieht! Aber wenn Du die obige Liste der Kränze durchgehst, dann kannst Du sehen, daß Efeu auch in verschiedenen anderen Kränzen Verwendung fand, also nicht spezifisch für Bacchus allein ist. Beim Weinlaub ist das anders, das wurde nur bei Bacchus verwendet!

MfG
Omnes vulnerant, ultima necat.

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