Prägeschwäche oder Druckstelle?
Moderator: Homer J. Simpson
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Prägeschwäche oder Druckstelle?
Mehr als ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit ich beim Münzhändler Schild in Berlin-Neukölln meinen ersten Römer erwarb. Damals hatte mich ein wahres Fieber gepackt, ich war 12 Jahre alt. In meinem eigentlichen "Leben" hatte ich die Numismatik vergessen, die Zeiten waren nicht danach. Aber latent war der Virus noch vorhanden, er schlummerte nur. Heute, nach dem Tode des Opas und Vaters und im Besitz derer Briefmarkensammlung (Opa war fast 10 Jahre in allen deutschen Kolonien tätig und ein Besessener, was deren Marken betraf), konnte ich dem Virus Nahrung geben: Briefmarken versteigern und Römer erwerben!
So kam es, daß ich in den vergangenen 12 Jahren mit reiferem Verstand und gezügelter Leidenschaft ohne viel Kontakt mit Gleichgesinnten eine schöne Sammlung aufbauen konnte, aber auf manche Frage auch heute noch keine Antwort weiß. Aber genug der Einleitung, sie ist schon eine Abschweifung, bevor ich loslege, aber eine Begründung für Wissenslücken, die sicherlich mancher Jungnumismatiker spielend beantwortet.
Meine Frage lautet, bzw. was ist Eure Meinung zum Sammeln von Münzen mit Prägeschwächen oder Druckstellen?
In Katalogen mancher Auktionshäuser wird viel Wert auf eine Klassifizierung ausgebliebener oder nicht mehr vorhandener Teile der Prägung von Münzen gelegt, indem man differenziert in
- Prägeschwäche und
- Druckstelle,
sowohl am Rande der Münzen als auch inselhaft in der Mitte, üblicherweise auf beiden Seiten (Prinzip Aktion = Reaktion). Bei dieser Differenzierung geht es häufig durcheinander, man verwechselt das Eine mit dem Anderen. Erschwerend kommt noch die Wirkung von Verschleiß bei der Festlegung, worum es sich im Einzelfall handelt, hinzu.
Als Beispiel für die Oberflächlichkeit der Beurteilung (und das ist leider meine eigene Praxis, wenn es schnell gehen muß) mag der Blick auf die erhabenste Stelle eines Münzportraits sein: Sind die Haare, Locken noch sichtbar, oder schon abgeschliffen/abgenutzt oder war diese Partie, weil der Prägedruck nicht ausreichte, nie völlig ausgeprägt oder hat gar ein Schlag das Relief der Haare zerstört?
Da ja das Sammeln immer auch die Frage nach dem Wert des zu kaufenden oder verkaufenden Objekts aufwirft, muß ich gestehen, daß ich mich bei solchen "lädierten" Objekten überhaupt nicht bewegen kann:
- Kann man sagen, eine Prägeschwäche mindert den Wert einer Münze
in gleichem Maße, wie eine Druckstelle (bei gleichem Umfang der Schadstelle)?
- Oder gilt, daß die Prägeschwäche als antiker Mangel wesentlich weniger den Preis mindert als ein antiker oder auch neuzeitlicher "Schlag auf's Haupt (Druckstelle)?
- Oder ist es gar umgekehrt?
Da ich eine ganze Reihe solcher Objekte besitze und bei deren Erwerb ganz intuitiv mich vom subjektiven Gefühl von "Schönheit" habe leiten lassen, wäre ich sehr neugierig zu erfahren, wie Ihr in solchen Fällen entscheiden würdet.
Ich habe mal als Beispiel einen Vespasian mit "Insel - Prägeschwäche" angehängt, um deutlich zu machen, wovon ich eigentlich so ausschweifend rede. Gekauft habe ich ihn als Druckstelle, als "ss", im Preis nicht wesentlich billiger, als andere in dieser Qualitätskategorie auch. Die Druckstelle der Vorderseite ist der gesamte Haarbereich und liegt gegenüber der "Delle" auf der Rückseite.
Nun wär's schön, Ihr könntet mich schlau machen, wünscht sich
drakenumi1
So kam es, daß ich in den vergangenen 12 Jahren mit reiferem Verstand und gezügelter Leidenschaft ohne viel Kontakt mit Gleichgesinnten eine schöne Sammlung aufbauen konnte, aber auf manche Frage auch heute noch keine Antwort weiß. Aber genug der Einleitung, sie ist schon eine Abschweifung, bevor ich loslege, aber eine Begründung für Wissenslücken, die sicherlich mancher Jungnumismatiker spielend beantwortet.
Meine Frage lautet, bzw. was ist Eure Meinung zum Sammeln von Münzen mit Prägeschwächen oder Druckstellen?
In Katalogen mancher Auktionshäuser wird viel Wert auf eine Klassifizierung ausgebliebener oder nicht mehr vorhandener Teile der Prägung von Münzen gelegt, indem man differenziert in
- Prägeschwäche und
- Druckstelle,
sowohl am Rande der Münzen als auch inselhaft in der Mitte, üblicherweise auf beiden Seiten (Prinzip Aktion = Reaktion). Bei dieser Differenzierung geht es häufig durcheinander, man verwechselt das Eine mit dem Anderen. Erschwerend kommt noch die Wirkung von Verschleiß bei der Festlegung, worum es sich im Einzelfall handelt, hinzu.
Als Beispiel für die Oberflächlichkeit der Beurteilung (und das ist leider meine eigene Praxis, wenn es schnell gehen muß) mag der Blick auf die erhabenste Stelle eines Münzportraits sein: Sind die Haare, Locken noch sichtbar, oder schon abgeschliffen/abgenutzt oder war diese Partie, weil der Prägedruck nicht ausreichte, nie völlig ausgeprägt oder hat gar ein Schlag das Relief der Haare zerstört?
Da ja das Sammeln immer auch die Frage nach dem Wert des zu kaufenden oder verkaufenden Objekts aufwirft, muß ich gestehen, daß ich mich bei solchen "lädierten" Objekten überhaupt nicht bewegen kann:
- Kann man sagen, eine Prägeschwäche mindert den Wert einer Münze
in gleichem Maße, wie eine Druckstelle (bei gleichem Umfang der Schadstelle)?
- Oder gilt, daß die Prägeschwäche als antiker Mangel wesentlich weniger den Preis mindert als ein antiker oder auch neuzeitlicher "Schlag auf's Haupt (Druckstelle)?
- Oder ist es gar umgekehrt?
Da ich eine ganze Reihe solcher Objekte besitze und bei deren Erwerb ganz intuitiv mich vom subjektiven Gefühl von "Schönheit" habe leiten lassen, wäre ich sehr neugierig zu erfahren, wie Ihr in solchen Fällen entscheiden würdet.
Ich habe mal als Beispiel einen Vespasian mit "Insel - Prägeschwäche" angehängt, um deutlich zu machen, wovon ich eigentlich so ausschweifend rede. Gekauft habe ich ihn als Druckstelle, als "ss", im Preis nicht wesentlich billiger, als andere in dieser Qualitätskategorie auch. Die Druckstelle der Vorderseite ist der gesamte Haarbereich und liegt gegenüber der "Delle" auf der Rückseite.
Nun wär's schön, Ihr könntet mich schlau machen, wünscht sich
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Man kann, was man will, und wenn man sagt, man kann nicht, dann will man auch nicht.
(Baltzer von Platen/a. Rügen)
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Der Ausdruck "Druckstelle" bedeutet in meiner Erfahrung dasselbe wie "Prägeschwäche" oder "nicht voll ausgeprägt". Es ist eine inkorrekte Beschreibung desselben Phänomens.
Im Englischen sagt man "not fully struck up", "weakly/flatly struck in places". "Druckstelle" wäre "some flattening on portrait and reverse figure", aber eine solche Beschreibung findet man wenig oder gar nicht.
Im Englischen sagt man "not fully struck up", "weakly/flatly struck in places". "Druckstelle" wäre "some flattening on portrait and reverse figure", aber eine solche Beschreibung findet man wenig oder gar nicht.
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Mein Aurelian leidet etwas unter Gesichtsverlust.
Man kann das aber keine "Druckstelle" nennen, da es offensichtlich bei der Prägung durch eine leichte Stempeldrehung und einem zweiten Schlag entstanden ist (siehe Schrift auf der gegenüber liegenden Seite)
Ist eine nähere Bestimmung möglich? (Mst, Prägezeit, RIC)
Man kann das aber keine "Druckstelle" nennen, da es offensichtlich bei der Prägung durch eine leichte Stempeldrehung und einem zweiten Schlag entstanden ist (siehe Schrift auf der gegenüber liegenden Seite)
Ist eine nähere Bestimmung möglich? (Mst, Prägezeit, RIC)
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Göbl 66b2, Paris 453, La Venera 1902-1972 (71 Exemplare), RIC 128. Münzstätte Mailand.
Zuletzt geändert von curtislclay am Mo 29.01.07 02:26, insgesamt 1-mal geändert.
- Homer J. Simpson
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Hallo drakenumi!
Dein Vespasian-Denar ist 1.) ein sehr schönes Beispiel für eine Prägeschwäche(die Haare könnten auch abgewetzt sein, aber genau gegenüber, im Bereich der Knie der Victoria, hast Du eine typische Prägeschwäche), und 2. eine sehr schöne Münze. Ich gebe Curtis recht, die Bezeichnung "Druckstelle" ist Käse. Wann wird eine Münze gedrückt? Wenn, dann kriegt sie einen Schlag ab, und das schaut ganz anders aus. Ich habe kürzlich im US-Forum einen seltenen Constantin gezeigt mit einer typischen Schlagspur - ich stelle mir vor, der lag mit der Rs. auf dem glatten Pflasterstein, und auf die Vs. ist ein Pferd mit dem Hufeisen getreten. Hier nochmal das Bild.
Du hast Lebenserfahrung und Stilgefühl, also würde ich sagen, richte Dich nach Deinem Bauchgefühl - wenn Dir andere Dinge (Schönheit, Seltenheit, Preis) die Prägeschwäche als nicht so wichtig erscheinen lassen, dann nimm sie trotzdem. Wie heißt's so schön in "Manche mögen's heiß": "Nobody's perfect." Und wenn ich nur perfekte Münzen sammeln wollte, dann wäre meine Sammlung sehr klein.
Viele Grüße,
Homer
Dein Vespasian-Denar ist 1.) ein sehr schönes Beispiel für eine Prägeschwäche(die Haare könnten auch abgewetzt sein, aber genau gegenüber, im Bereich der Knie der Victoria, hast Du eine typische Prägeschwäche), und 2. eine sehr schöne Münze. Ich gebe Curtis recht, die Bezeichnung "Druckstelle" ist Käse. Wann wird eine Münze gedrückt? Wenn, dann kriegt sie einen Schlag ab, und das schaut ganz anders aus. Ich habe kürzlich im US-Forum einen seltenen Constantin gezeigt mit einer typischen Schlagspur - ich stelle mir vor, der lag mit der Rs. auf dem glatten Pflasterstein, und auf die Vs. ist ein Pferd mit dem Hufeisen getreten. Hier nochmal das Bild.
Du hast Lebenserfahrung und Stilgefühl, also würde ich sagen, richte Dich nach Deinem Bauchgefühl - wenn Dir andere Dinge (Schönheit, Seltenheit, Preis) die Prägeschwäche als nicht so wichtig erscheinen lassen, dann nimm sie trotzdem. Wie heißt's so schön in "Manche mögen's heiß": "Nobody's perfect." Und wenn ich nur perfekte Münzen sammeln wollte, dann wäre meine Sammlung sehr klein.
Viele Grüße,
Homer
Wo is'n des Hirn? --- Do, wo's hiig'hört! --- Des glaab' i ned!
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Ein nettes Pärchen, diese beiden Söle (oder Sole? Aber Sole ist wohl was anderes). Man ahnt förmlich, wie die Schrötlinge ausgesehen haben müssen: Fast in der Mitte eine dünne Stelle, so daß beim Prägeschlag das Metall nicht mehr in die tiefsten Stellen der Stempel hineinkam. Ein Beweis dafür, daß an die Form des Schrötlings schon Ansprüche an die Genauigkeit gestellt wurden. Ein etwas kräftigerer Prägeschlag - und der Mangel wäre nicht aufgetreten. Statt dessen wäre aber die Münze viel größer und dünner ausgefallen und läge außerhalb des Üblichen (und Verlangten).
Gruß von drakenumi1
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Man kann, was man will, und wenn man sagt, man kann nicht, dann will man auch nicht.
(Baltzer von Platen/a. Rügen)
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- drakenumi1
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Prägeschwäche
Gefällt mir noch viel besser, Deine Erklärung. So kann es passieren, daß man eine Münze in "vz-" zu haben glaubt, bei der die erhabenste Stelle des Portraits (sieheDeine eingezeichnete Stelle) schon einen abgenutzten Eindruck macht, obwohl Abnutzung gar nicht vorliegt. Evtl. handelt es sich bei folgendem Titus um solch einen Fall. Aber sicher bin ich mir nicht, obwohl die Rückseite kaum sichtbare Abnutzungsstellen erkennen läßt.
Kann man solche Münze noch reinen Herzens mit "vz" charakterisieren?
Kann man solche Münze noch reinen Herzens mit "vz" charakterisieren?
Man kann, was man will, und wenn man sagt, man kann nicht, dann will man auch nicht.
(Baltzer von Platen/a. Rügen)
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