Venus Cloacina

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

elgi
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Venus Cloacina

Beitrag von elgi » Di 29.05.12 14:49

Hallo zusammen,
ich habe eine Frage zur Abbildung des Venus-Cloacina-Heiligtums auf der Rückseite dieses Denars (Cr.: 494/42; Sear 494):
Was könnte das "Gebilde" oberhalb der Treppe sein? Ein Altar? Was sind dann aber die beiden "Gebilde" jeweils links der beiden Statuen?
Vielleicht kommen ja ein paar Ideen, ich habe schon ein bisschen in archäologischen Führern geblättert, aber nichts gefunden...
Viele Grüße
elgi

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Peter43
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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Peter43 » Di 29.05.12 14:51

Schau mal in den Mythologiethread unter Venus Cloacina! Da wirst Du geholfen!
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... &start=195

Jochen
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Re: Venus Cloacina

Beitrag von elgi » Di 29.05.12 14:59

Hallo Jochen,
das ging ja wahnsinnig schnell! 8O Danke für die ausführliche Erklärung im Mythologie-Thread! Verstehe ich das richtig, dass Du das linke Gebilde als Portikus identifizierst? Ist eine Portikus aber nicht umlaufend?
MfG
elgi

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Peter43
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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Peter43 » Di 29.05.12 15:05

Ein Porticus ist nur ein überdachter Eingang.

Jochen
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Re: Venus Cloacina

Beitrag von elgi » Di 29.05.12 15:26

Achso, dass man porticus auch so verstehen kann, wusste ich nicht. Allerdings scheint mir das Größenverhältnis für einen überdachten Eingang irgendwie nicht zu stimmen, denn das Heiligtum war ja sehr sehr klein, wie das Fundament auf dem Foto im Mythologie-Thread zeigt, und das Gebilde links ist nur halb so groß wie die auf dem Podest befindlichen Statuen. Oder war das Größenverhältnis der einzelnen Elemente den Römern auf Münzbildern egal, Hauptsache, es war alles drauf? Sorry für das Nachhaken, aber ich zerbreche mir jetzt schon etliche Tage den Kopf!

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areich
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Re: Venus Cloacina

Beitrag von areich » Di 29.05.12 16:30

Da liegst Du mit Deiner Vermutung ganz richtig, da gibt es die verschiedensten Darstellungen. Das kannst Du in Jochens Link, weiter oben, auch ganz gut sehen. Es gibt ein gutes Buch: Coins and their Cities von Price / Trell, was sich mit allen Arten von Bauten und deren Darstellung auf (Provinz-)münzen beschäftigt.

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Re: Venus Cloacina

Beitrag von elgi » Mi 30.05.12 09:17

Danke für den Tipp!

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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Iulia » Mi 30.05.12 11:34

Hallo elgi,
Der "Portikus" ist sicherlich eine fehlerhafte Beschreibung, denn dass "porticus" auch als Begriff für einen "überdachten Eingang" verwendet wurde, ist mir nicht bekannt. Die Rekonstruktionszeichnung, die peter43 im Mythologiethread abbildet, zeigt am Ende der Treppe keinen überdachten Eingang. Wäre auch unwahrscheinlich, dort so etwas zu finden, wenn das ganze nur circa 2,5 m breite Heiligtum selbst gar keine Überdachung hatte. Im Münchener Ausstellungskatalog "Bauten Roms auf Münzen und Medaillen" (1973) wird dieses Detail leider nicht erwähnt: " ...um Plattform mit Gitterschranken, darauf stehen an Altären (?) zwei weibliche Statuen..., links ein Treppenaufgang.."
Versuche mal, möglichst viele verschiedene Stempel zusammenzutragen. Vielleicht kommt man dann noch auf eine Idee, was das sein könnte.
Grüße von
Iulia

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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Invictus » Mi 30.05.12 13:08

Über die Deutung der Bauweise des sacellum cloacinae gibt es bspw. diesen Beitrag von Dressel:
http://members.multimania.nl/Numis10/PDF/Dressel.pdf
www.RÖMISCHE MÜNZEN...

Weisheit beginnt mit der Entlarvung des Scheinwissens (Sokrates)

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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Iulia » Mi 30.05.12 13:35

Vielen Dank für diesen Hinweis, Invictus: Wie zu erwarten ein schöner Beitrag von Dressel! Dadurch wird das Geheimnis gelüftet, woher die Beschreibung "Portikus" stammt, nämlich von der falschen Übersetzung von Babelons "une sorte de portique", was mit Portal übersetzt werden muss. Aber ein Portal ist da beim besten Willen auch nicht zu erkennen und so schließe ich mich Dressel an: " Es bleibt ungewiß, ob damit ein in der Nähe des Heiligtums gelegenes Bauwerk gemeint ist - in diesem Falle könnte nur an die Basilica Aemilia gedacht werden (glaube ich weniger)- oder ein dicht am sacrum befindliches Weihgeschenk, etwa ein Dreifuß".

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Re: Venus Cloacina

Beitrag von elgi » Mi 30.05.12 14:34

Ich habe bei coinarchives noch eine etwas deutlichere Rückseite gefunden, aber ob die das Rätsel löst?

http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 3f688c7b5b

oder auch die hier:
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 4c6c0034ff

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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Iulia » Mi 30.05.12 19:20

Es ist wirklich spannend, sich mithilfe von z.B. acsearch die zahlreichen Münzdarstellungen des Heiligtums anzusehen. Solch eine Datenmenge hatte Dressel leider nicht zur Verfügung. Nach einem gründlichen Studium scheint es mir, dass die Treppe gar nicht zwingend zum Heiligtums führt, denn ihre letzten Stufen werden manchmal noch höher als die Balustrade der Plattform dargestellt. Wenn das so wäre, würden sich zwei Interpretationsmöglichkeiten eröffnen:
1. Die Treppe führt zu einem kleinen Altar hoch, der neben der Plattform liegt, aber zur Anlage gehört.
2. Die Treppe führt nach unten zu einem Eingang der Cloaca Maxima, was perspektivisch schwierig darzustellen war. Für eine Gittertür spricht die Zaunstruktur auf dem rechteckigen Gebilde. Zwar hat man offenbar bei den Untersuchungen vor rund 100 Jahren keinen Zugang zur Cloaca Maxima finden können, aber das kann ja bei gründlicheren Ausgrabungen noch passieren. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass die Venus Cloacina an einer Stelle verehrt wurde, wo es keinen direkten Zugang zu ihrem Wirkungsbereich gegeben haben soll.

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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Invictus » Mi 30.05.12 20:03

Die Vermutung von Iulia, dass die Stufen gar nicht zum Heiligtum gehören könnten ist sehr interessant.
Bei manchen Münzen hat es diesen Eindruck:
http://www.coinarchives.com/fb163043b48 ... e00509.jpg

Hier mal das Umfeld des sacellum:
http://www.emersonkent.com/images/republican_forum.jpg

Interessant ist nämlich Folgendes:
Wenn die Stufen zum sacellum gehören würden, dann ist die Situation so, dass der Betrachter auf dem Forum stehend direkt auf die Südseite des sacellum blickt, hinter dem sich im Anschluß die Stufen/Säulengänge der Basilica erhoben. Da ist doch gar kein Platz mehr für Irgendetwas anderes.
Wie wäre es denn, wenn das Münzbild so aufzufassen ist: die Blickrichtung geht auf die Vorderseite (sprich östliche Seite) des sacellum gen Westen Richtung Kapitol. Die Stufen des sacellum (auf der Westseite des Heiligtums) wären damit für den Betrachter völlig verdeckt. Was sich hinter dem sacellum erstreckt war bspw. der Janustempel oder das Feld, wo man später den Severusbogen errichtete.

Was haltet ihr davon, in dem "Gebilde" den Janustempel zu erblicken?
Er lag ja hinter dem sacellum. Und er kann zur Zeit der späten Republik ganz anders ausgesehen haben wie 64 n.Chr. auf Neros Münzen.
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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Iulia » Mi 30.05.12 22:57

Ich glaube nicht, dass man bei der Konzeption des Reversbildes die Umgebung des Bauwerks wie bei einem Foto mit einbezogen hat. Man hat mit Sicherheit nur das abgebildet, was thematisch für die Bildaussage notwendig war.

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Re: Venus Cloacina

Beitrag von Invictus » Do 31.05.12 00:40

Kann durchaus möglich sein. Bei der Beurteilung wäre es vielleicht hilfreich, den Grund für dieses Rückseitenmotiv festzustellen.

Hat Mussidius Longus oder einer seiner Vorfahren sich beim Bau bzw. der Instandsetzung der Cloaca maxima bzw. des Heiligtums rühmenswerte Verdienste erworben?
Oder nimmt die Darstellung Bezug auf die römische Mythologie und es gibt beabsichtigt dargestellte Verbindungen zwischen Ianus und Cloacina?

Nur mal eine Überlegung hierzu von mir:
Nach Plinius soll es der Venus Cloacina zuzuschreiben sein, dass sich Römer und Sabiner nach dem Ende ihrer Auseinandersetzungen mit Myrtenzweigen reinigten. An der Stelle, wo dies geschah, baute man der Sage nach den Schrein. Der Janustempel (mit den geschlossenen Türen) im Hintergrund könnte auf das Ende des "Bruder"krieges deuten, die beiden Frauen auf dem Schrein selbst wären vielleicht auch als die Personifikationen des römischen und des sabinischen Volkes denkbar, die ein Dankopfer auf die Beilegung der Zwistigkeiten darbringen. Gegebenenfalls steht das vorderseitige Concordia-Motiv in direktem Zusammenhang zum historischen Cloacina-Motiv, vielleicht sucht es seinen Bezug aber auch in der aktuellpolitischen Situation des Bürgerkriegs. Dann wiederum könnte die Auswahl der rückseitigen Cloacina auch einen weiter reichenden Sinn in sich bergen: Genauso wie sich einst Römer und Sabiner versöhnten, so sollen nunmehr auch die streitenden Bürgerkriegsparteien ihren Zwist beilegen.

Nachtrag:
Im Vergleich mit diesem spätrepublikanischen Denar des Octavian http://wildwinds.com/coins/imp/octavian/RSC_0090.2.jpg scheint die Vermutung eines Altars hinter dem sacellum auch sehr naheliegend, denn die aufrechtstehenden Spitzen am oberen Ende des Objekts kommen den Altarflammen jener Octavianmünze recht nahe. Stellt sich bloß die Frage, warum bei der von elgi verlinkten Beispielmünze die "Flammen" auch seitlich dargestellt sind:
c.jpg
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