Ein weiteres Rätsel - Drachme des Annius Verus ?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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numisnumis
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Ein weiteres Rätsel - Drachme des Annius Verus ?

Beitrag von numisnumis » Mi 19.05.04 21:28

Hier gibts nochmals eine Knacknuss zu lösen. Trotz intensiver Recherchen ist es mir bis heute nicht gelungen, die abgebildete Drachme zu bestimmen. In den gängigen Referenzwerken (Dattari / Geissen) fand ich kein entsprechendes Belegstück. Auf Grund des Kaiserportraits könnte man auf Marc Aurel oder den jungen Commodus tippen. Die Legende würde aber ebenfalls die Vermutung erlauben, es könnte sich um eine bisher unbekannte Drachme des Annius Verus (M. Annius Verus wurde um das Jahr 162 n. Chr. als Sohn des Marcus Aurelius und der Faustina minor und als jüngster Bruder der Lucilla und des späteren Kaisers Commodus geboren. Am 12. Oktober 166 n. Chr. von seinem Vater zum Caesar erhoben, verstarb er drei Jahre später im September 169 n. Chr., während sich Marcus Aurelius auf den Feldzug gegen Markomannen und Quaden vorbereitete.) handeln.
Auf jeden Fall freue ich mich über möglichst viele interessante Antworten.
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drachme1.jpg

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numisnumis
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Beitrag von numisnumis » Mi 19.05.04 21:31

Hier die Rückseite der Drachme.
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drachme2b.jpg

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numisnumis
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Beitrag von numisnumis » Mi 19.05.04 21:33

Hier die Legende etwas grösser.
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drachme4b.jpg

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chinamul
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Beitrag von chinamul » Di 25.05.04 13:43

Hallo, numisnumis!
Das ist nun in der Tat mal ein ganz außergewöhnliches Stück, wie ich es noch nie gesehen habe. Auch meine Bibliothek gibt dazu leider keine Informationen her. Die Rückseite zeigt ein gängiges Motiv der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts (Zeus mit Kerberos in Tempel), aber die Datierung der Münze, die vielleicht zusätzliche Aufschlüsse hätte geben können, ist leider nicht erkennbar.
Auf der Vorderseite glaube ich dann einigermaßen deutlich lesen zu können: (M) ANNIOC OYHROC - KAICAP, und das ist die Sensation, denn daß es von diesem Burschen Münzen gegeben hat, auf denen er allein abgebildet ist und das noch auf einer Alexandriadrachme, war mir bisher absolut unbekannt. Nur zusammen mit seinem Bruder Commodus zeigen ihn einige wenige Kolonialmünzen.
Mit einiger Sicherheit ist dies eine Münze von allerhöchster Seltenheit und größtem numismatischem Interesse!
Gruß
chinamul

secundus
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Beitrag von secundus » Di 25.05.04 19:01

Auf der Rs., direkt unter dem Tempel, sind die Buchstaben LV zu erkennen, was dem 5. Regierungsjahr entsprechen dürfte.
Bei dieser Gelegenheit nachgefragt: Was bedeutet das "L", das jeweils vor den Jahresangaben steht :?:

Auf der recht guten Seite über römische Alexandriner, wird unter "Obverse" nicht einmal der Name Annius Verus aufgefürt.
http://www.mindspring.com/~marinus/index.html

Falls hier keine Klärung gelingen sollte, wäre es ratsam auch im amerikanische Pendent zu unserem Forum, die Münze vozustellen.
http://groups.yahoo.com/group/Moneta-L/
(Das Problem bei der dazu erforderlichen Anmeldung bei yahoo.com besteht darin, sich ein noch nicht benutztes Kennwort auszudenken - vielleicht ist anniosverus noch frei. :D )

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Beitrag von chinamul » Di 25.05.04 19:22

@secundus
Also, das ist mal sicher: L V steht nicht für das Jahr 5! Bei Alexandrinern werden die Jahresangaben entweder ausgeschrieben oder in griechischen Buchstaben wiedergegeben. Im Falle der 5 wäre das ein Epsilon (E). Was das L jeweils vor der Jahresangabe genau heißt, scheint unbekannt zu sein, jedenfalls ist es nicht die Abkürzung für "Jahr" (= ETOYC). Das L V im Abschnitt könnte, was gar nicht so selten geschieht, Teil der ausgeschriebenen Jahresangabe sein (Anfang und Ende), die rund um das Rv.-Bild verläuft, auf dem fraglichen Stück aber leider verschliffen ist. Ich werde gelegentlich ein solches Stück hier vorstellen, das deutlicher lesbar ist.
Gruß
chinamul
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Beitrag von secundus » Di 25.05.04 19:46

@chinamul
Gut, dass Deine Korrektur postwendend kam, da die Jahreszahl 5 sich nicht mit Annius verträgt, was dem guten numisnumis einen gehörigen Schrecken eingejagt hätte.

Als bessere Alternative habe ich ein "L", links vom Tempel und ein "A" rechts davon aufzubieten -bei genauerem Hinsehen schwach, aber dennoch deutlich erkennbar.

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Beitrag von chinamul » Di 25.05.04 20:05

@secundus
Das habe ich zunächst auch so gesehen, es aber gleich wieder ausgeschlossen, denn auf wen sollte sich dieses "Jahr 1" denn wohl beziehen? Und, vor allem, wie soll man dann die beiden Buchstaben im Abschnitt unterbringen?
Eventuell möglich wäre aber folgende Lesung:
L (aus dem Abschnitt) TETAPTOY (der letzte Buchstabe wieder im Abschnitt). Das wäre dann das Jahr 4 (wessen auch immer), was uns aber leider auch nicht viel weiterhilft.
Solche Jahresangaben kommen, wie ich schon in meinem vorigen Posting andeutete, durchaus in dieser merkwürdigen Form vor.
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Beitrag von Iotapianus » Di 25.05.04 20:57

So spannend es wäre, wenn das tatsächlich eine selbständige Prägung für Commodus' Bruder Annius Verus wäre: liegt es nicht näher, dass es sich einfach um eine jugendliche Prägung für Marcus Aurelius handelt? Der hieß ursprünglich Marcus Annius Verus und wechselte erst durch seine Adoption den Namen.

Im Sear finde ich etliche Münzen, auf denen er Verus (OYHROC) heißt, aber keine mit ANNIOC. Im Förschner und im Geißen finde ich die Münze nicht.

Das Porträt kommt mir auch ein bisschen zu alt für seinen sehr jung (mit 5 oder höchstens 7 Jahren) verstorbenen Sohn vor.

Ich schreibe das mit großem Vorbehalt, weil ich nicht allzu viel von Provinzialen verstehe.

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Beitrag von antoninus1 » Mi 26.05.04 08:47

Hallo,

ich konnte trotz intensiver Nachforschungen auch noch nichts zu der Münze herausfinden.
Aber sieht man nicht wie oben schon erwähnt ein L links neben dem Tempel und ein H (kein A) rechts daneben?
Das würde Jahr 8 von wem auch immer bedeuten (allerdings nicht mehr zu Annius Verus passen)
Ich denke aber wie Iotpianus, dass ein junger Marcus Aurelius möglich wäre.
Und gerade fällt mir ein, dass ich das L V im Abschnitt schon einmal wo gesehen habe und dass ebenfalls darüber gerätselt wurde (aber das hilft jetzt eigentlich nicht weiter :? )
Gruß,
antoninus1

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Beitrag von chinamul » Mi 26.05.04 09:50

@Iotapianus
@antoninus1
Das ANNIOC links in der Av.-Legende und das m. E. klar erkennbare K(A) rechts zusammen machen Eure Theorie, daß es sich hier um ein Jugendbildnis des Marcus Aurelius handeln könnte, wohl leider zunichte. Denn KAICAP (also Caesar) kann er ja logischerweise erst durch die Adoption geworden sein. Wir werden also vermutlich weiter rätseln müssen.
Gruß
chinamul

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Beitrag von chinamul » Mi 26.05.04 11:19

@antoninus1
Damit man mir die Sache mit den beiden Buchstaben im Abschnitt endlich glaubt, habe ich hierunter mal eine Drachme des Antoninus Pius aus dem Jahre 148/149 (Geißen 1620 var.) eingestellt. Deutlich erkennbar sind die beiden Buchstaben L und V (bzw. Y). Sie bilden Anfang und Ende der Rv.-Legende, die die Jahresangabe ist.
Sie lautet zweifelsfrei: L (im Abschnitt) DODE - KATOY (das Y wiederum im Abschnitt) = Jahr 12. Alles natürlich in griechischen Buchstaben, die sich aber leider im Forum nicht darstellen lassen. Damit dürfte auch die Lesung L - H hinfällig sein!
Mit der Theorie, daß es sich auf der zu enträtselnden Münze doch um ein Jugendporträt des Marcus Aurelius mit einer bisher offenbar nicht belegten Namensnennung handelt, könnte ich mich nunmehr notfalls anfreunden. Das ändert indessen nichts an der Tatsache, daß es sich hierbei um eine Rarität ersten Ranges handelt.
Gruß
chinamul
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Zuletzt geändert von chinamul am Mo 21.06.04 18:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Iotapianus » Mi 26.05.04 21:04

Mir kommen an meiner Mutmaßung, dass es ein Jugendporträt von Marcus Aurelius sein könnte, immer mehr Zweifel. Er wurde am 25.2.138 mit knapp 17 Jahren von Antoninus Pius adoptiert und nannte sich dann zunächst M. Aelius Aurelius Verus; den Caesar-Titel erhielt er erst ein Jahr später, nach Hadrians Tod. Also scheint chinamuls Hinweis wohl zu stimmen, dass er sein ursprüngliches Gentile Annius nicht gleichzeitig mit dem Caesar-Titel geführt hat.

Hat jemand inzwischen mal die großen wissenschaftlichen Kataloge einsehen können?

Iotapianus

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Beitrag von Iotapianus » Sa 29.05.04 18:27

Ich habe mal in die online-Edition des Cohen geschaut, der viele Münzen verzeichnet, die heutzutage als nicht authentisch gelten. Er verzeichnet gerade mal eine Prägung für Annius Verus allein (ohne Commodus oder Marcus Aurelius), hält aber auch die für eine Fehlzuweisung und schreibt sie Marcus Aurelius zu; auf ihr ist auch nicht der Name Annius zu erkennen:

http://www.i-numis.com/rome/books/cohen ... /p169.html

Ich habe keinen der großen wissenschaftlichen Kataloge für Provinzprägungen (außer den drei genannten Sear, Geissen und Förschner) zur Verfügung, auch meine Auktionskataloge geben nichts her.

Iotapianus

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