Methodik der Porträt-Erzeugung
Moderator: Homer J. Simpson
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Methodik der Porträt-Erzeugung
Seit ich mich mit römischen Münzen beschäftige, bewegt mich eine Frage, auf die ich bislang keine befriedigende Antwort gefunden habe:
Wie haben es die Römer mit den ihnen damals zur Verfügung stehenden Mitteln geschafft, die Porträts eines Kaisers so zu gestalten, dass individuelle Mekmale, Charaktermerkmale usw. durchweg klar zu erkennen sind. Haben das die Stempelschneider das aus der Erinnerung heraus gemacht? Gab es Vorlagen? Wenn ja, saß der Kaiser Porträt, um sich porträtieren zu lassen? Wenn ja, auf was für Materialien wurden diese Vorlagen erstellt und wie wurden sie vervielfältigt? Fragen über Fragen, vielleicht weiß jemand (Teil)Antworten?
Danke und Gruß an alle
Simun
Wie haben es die Römer mit den ihnen damals zur Verfügung stehenden Mitteln geschafft, die Porträts eines Kaisers so zu gestalten, dass individuelle Mekmale, Charaktermerkmale usw. durchweg klar zu erkennen sind. Haben das die Stempelschneider das aus der Erinnerung heraus gemacht? Gab es Vorlagen? Wenn ja, saß der Kaiser Porträt, um sich porträtieren zu lassen? Wenn ja, auf was für Materialien wurden diese Vorlagen erstellt und wie wurden sie vervielfältigt? Fragen über Fragen, vielleicht weiß jemand (Teil)Antworten?
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Simun
- Susat
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Hallo,
das Stempelschneiden haben sie von den griechen gelernt, die wahre Önner der "Glyptik" waren. Portraitieren war kein Problem da sie ja auch schon Papier kannten, kann man aber auch auf Wachstafeln machen. Vervielfältigen brauchten sie es ja nicht einmal langt. Wissen weiß ich es nicht, aber ich denke schon das die Kaiser dafür gesorgt haben das sie Portraitiert wurden, und dafür mussten sie sitzen.
das Stempelschneiden haben sie von den griechen gelernt, die wahre Önner der "Glyptik" waren. Portraitieren war kein Problem da sie ja auch schon Papier kannten, kann man aber auch auf Wachstafeln machen. Vervielfältigen brauchten sie es ja nicht einmal langt. Wissen weiß ich es nicht, aber ich denke schon das die Kaiser dafür gesorgt haben das sie Portraitiert wurden, und dafür mussten sie sitzen.
mit freundlichen Grüßen aus der alten Hansestadt Soest, susat
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Hallo!
Da schließt sich natürlicherweise die folgende Frage an: Die Einzelheiten auf den Münzen sind oft so klein und trotzdem präzise, daß man sich fragen muß, welche optischen Hilfsmittel hatten die Stempelschneider? Im berühmten Film 'Quo vadis' mit Peter Ustinov als Nero, sieht man ihn öfter mit einem gefaßten Beryll (Rubin?) vor den Augen, von dem sich auch unser Wort 'Brille' ableitet. Aber waren solche Vergrößerungsgläser bereits allgemein im Gebrauch oder nur teurer Schmuck der Luxusklasse?
Mit freundlichem Gruß
Da schließt sich natürlicherweise die folgende Frage an: Die Einzelheiten auf den Münzen sind oft so klein und trotzdem präzise, daß man sich fragen muß, welche optischen Hilfsmittel hatten die Stempelschneider? Im berühmten Film 'Quo vadis' mit Peter Ustinov als Nero, sieht man ihn öfter mit einem gefaßten Beryll (Rubin?) vor den Augen, von dem sich auch unser Wort 'Brille' ableitet. Aber waren solche Vergrößerungsgläser bereits allgemein im Gebrauch oder nur teurer Schmuck der Luxusklasse?
Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.
- Susat
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Byrill = Aquamarin + Smaragd auch früher schon teuer, aber die Stempelschneider waren hoch qualifizierte Leute die soetwas als Handwerkszeug brauchten. Auch in der Zeit konnten die Leute Licht bündeln in dem man ein kugeliges Glasgefäß mit Wasser füllt und eine Lichtquelle dahinter bringt, Sonne, Kerze Öllampe.
mit freundlichen Grüßen aus der alten Hansestadt Soest, susat
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zunächst mal besten Dank für Eure Antworten.
Ich kann mir den Vorgang allerdings immer noch nicht so richtig vorstellen. Aber das möchte ich gerne.
Also:
1. Ein neuer Kaiser tritt sein Amt an.
2. Er bestellt seinen Porträt-Zeichner/-Ritzer/-Steinmetz???
3. Der Porträt-"Ersteller" zeichnet das Porträt auf Papyrus, ritzt es in Wachs, schlägt es in Stein??
4. Die Vorlage wird für die verschiedenen Prägestätten kopiert.
5. Die Vorlagen-Kopien werden zu den Prägestätten transportiert.
6. Die Stempelschneider kopieren die Vorlage auf die Prägestempel.
Kann ich mir das so vorstellen?
Wenn dem so ist, wundert es mich trotzdem, dass die individuellen Charakter-Merkmale der Köpfe so einheitlich über Tausende von Münzen erhalten bleiben.
Gruß an alle
Simun
Ich kann mir den Vorgang allerdings immer noch nicht so richtig vorstellen. Aber das möchte ich gerne.
Also:
1. Ein neuer Kaiser tritt sein Amt an.
2. Er bestellt seinen Porträt-Zeichner/-Ritzer/-Steinmetz???
3. Der Porträt-"Ersteller" zeichnet das Porträt auf Papyrus, ritzt es in Wachs, schlägt es in Stein??
4. Die Vorlage wird für die verschiedenen Prägestätten kopiert.
5. Die Vorlagen-Kopien werden zu den Prägestätten transportiert.
6. Die Stempelschneider kopieren die Vorlage auf die Prägestempel.
Kann ich mir das so vorstellen?
Wenn dem so ist, wundert es mich trotzdem, dass die individuellen Charakter-Merkmale der Köpfe so einheitlich über Tausende von Münzen erhalten bleiben.
Gruß an alle
Simun
- spider
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Das blieben sie ja nicht.simun hat geschrieben: Wenn dem so ist, wundert es mich trotzdem, dass die individuellen Charakter-Merkmale der Köpfe so einheitlich über Tausende von Münzen erhalten bleiben.
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Simun
Bei der Millionenauflage des "LIVIA"-Denars von Tiberius sind große Unterschiede im Portrait zu erkennen.
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Natürlich gibt es große Unterschiede in den Porträts, die sowohl etwas mit den Stempelschneidern wie mit der physischen Entwicklung der Dargestellten zu tun haben, aber dennoch hat simun völlig recht, dass die Wesenszüge mindestens bis zum Ende des 3. Jh. nahezu unverwechselbar bleiben. Mit etwas Erfahrung kann man (fast) jeden Kaiser, Prinzen, Kaiserin am Porträt erkennen, auch wenn die Legende nicht mehr lesbar ist. Das macht die Fähigkeit der römischen Stempelschneider ja so einmalig faszinierend.
Iotapianus
Iotapianus
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Viel interessanter wäre es für mich, wie genau die RV-Motivwahl von statten ging?
Ich meine wenn es einen neuen Kaiser gibt, setzt sich dann ein Gremium mit samt Kaiser zusammen und Rätseln über die Abbildungen??? Wie sieht es mit Provinz-Münzen aus????
Ich kann mir nicht vorstellen das dies alles der Kaiser entschied, oder doch???
Hat da einer nähere Informationen wie dies von statten ging????
Mfg
SCheibe
Ich meine wenn es einen neuen Kaiser gibt, setzt sich dann ein Gremium mit samt Kaiser zusammen und Rätseln über die Abbildungen??? Wie sieht es mit Provinz-Münzen aus????
Ich kann mir nicht vorstellen das dies alles der Kaiser entschied, oder doch???
Hat da einer nähere Informationen wie dies von statten ging????
Mfg
SCheibe
Demonax wurde kurz vor seinem Tode gefragt:"Wer sorgt für dein Begräbnis?" Seine Antwort:"Mein Gestank!"
- donolli
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hallo bastard-ratte:
nähere informationen dazu habe ich leider auch nicht. aber ich könnte mir folgendes vorstellen:
im laufe der geschichte hat sich ja eine immer größere vielfalt an "standard rückseiten" herausgebildet. ich denke hierbei an so beliebte gottheiten und personifizierungen wie pax, liberalitas, roma, providentia etc. ich denke mal, dass solche rückseiten geprägt werden konnten, ohne dass es einer besonderen intervention seitens des herrschers bedurfte. waren ja alles lobenswerte und erstrebenswerte rückseiten und haben so wohl auch niemanden mißfallen.
bei den programmatischen und propagandistischen rückseiten denke ich, dass die prägung dieser sogar ausdrücklich vom jeweiligen kaiser oder dessen dunstkreis veranlasst wurde. diese rückseiten sollten ja jeweil immer eine aktuelle botschaft an das gemeine volk vermitteln, bzw. von den heldentaten des kaisers berichten. mir fällt dazu gerade die "restitutor orbis" (als beispiel für viele) rückseite auf antoninianen des aurelianus ein. durch die ausgabe dieser münzen konnte schließlich den bewohnern auch in den entlegendsten winkel des reiches vermittelt werden, dass das imperium jetzt wieder vereint war; und sie sollten wohl zudem noch bekräftigen, WEM sie diese freudige tatsache zu verdanken haben.
ja, so stell ich mir die sache mit den rückseiten vor....
cheers donolli
nähere informationen dazu habe ich leider auch nicht. aber ich könnte mir folgendes vorstellen:
im laufe der geschichte hat sich ja eine immer größere vielfalt an "standard rückseiten" herausgebildet. ich denke hierbei an so beliebte gottheiten und personifizierungen wie pax, liberalitas, roma, providentia etc. ich denke mal, dass solche rückseiten geprägt werden konnten, ohne dass es einer besonderen intervention seitens des herrschers bedurfte. waren ja alles lobenswerte und erstrebenswerte rückseiten und haben so wohl auch niemanden mißfallen.
bei den programmatischen und propagandistischen rückseiten denke ich, dass die prägung dieser sogar ausdrücklich vom jeweiligen kaiser oder dessen dunstkreis veranlasst wurde. diese rückseiten sollten ja jeweil immer eine aktuelle botschaft an das gemeine volk vermitteln, bzw. von den heldentaten des kaisers berichten. mir fällt dazu gerade die "restitutor orbis" (als beispiel für viele) rückseite auf antoninianen des aurelianus ein. durch die ausgabe dieser münzen konnte schließlich den bewohnern auch in den entlegendsten winkel des reiches vermittelt werden, dass das imperium jetzt wieder vereint war; und sie sollten wohl zudem noch bekräftigen, WEM sie diese freudige tatsache zu verdanken haben.
ja, so stell ich mir die sache mit den rückseiten vor....
cheers donolli
- richard55-47
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Ich habe bei Google unter Volker Zedelius gesucht und u. a.
http://www.archaeologie-krefeld.de/leis ... muenze.htm
ausfindig gemacht. Münzherstellung wird hier sehr schön erklärt.
http://www.archaeologie-krefeld.de/leis ... muenze.htm
ausfindig gemacht. Münzherstellung wird hier sehr schön erklärt.
do ut des.
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Interessant sind auch zwei Phänomene:
1. Manchmal werden Portraits des Vorgängers leicht verändert und mit neuen Umschriften versehen (aus Gordianus III wurde Philippus I), anscheinend, um noch verwertbare Stempel nicht wegwerfen zu müssen,
2. Manchmal hat es offensichtlich einige Zeit gedauert, bis die Portraits die Münzstätten erreicht haben, und dann wurde mit stark vergröberten "Allgemeinportraits" gearbeitet (siehe einige Antoniniane zwischen etwa 245 und 255).
1. Manchmal werden Portraits des Vorgängers leicht verändert und mit neuen Umschriften versehen (aus Gordianus III wurde Philippus I), anscheinend, um noch verwertbare Stempel nicht wegwerfen zu müssen,
2. Manchmal hat es offensichtlich einige Zeit gedauert, bis die Portraits die Münzstätten erreicht haben, und dann wurde mit stark vergröberten "Allgemeinportraits" gearbeitet (siehe einige Antoniniane zwischen etwa 245 und 255).
Ich moechte noch etwas zur Goldpraegung sagen.(Teilweise von meinen Erfahrungen,Telweise von Zedelius)
1.Der Substrat war ein Kugel aus geschmolzenen abgewaagten Gold
Menge, und das zwar bis Tetrarchen,spaeter diese Kugel wurde vor der Praegung gebreitet.
2.Ueber der Feinheit der Legierung schreibt Mahling und Hultsch,in der RIC sind ganz andere,sehr hohe Feinheiten beschrieben.
3. Die Stempel war eine Walze aus Eisen,durchmesser wahrscheinlich
4 cm,Hoehe wahrscheinlich 12cm.Oefter (50 Stueck aus 62)ist in der Eisen Walze eine Bronze "Tablette"(durchmesser 30mm,Hoehe unbekannt )mit dem Negativ der Muenze versenkt.Ein Dutzend von den 62 Muenzstempeln war ganz aus Eisen.
4.Kopf des Herrschers wurde mit Hilfe der positiven Punzen versenkt.Die Punzen wurden abgegossen.
1.Der Substrat war ein Kugel aus geschmolzenen abgewaagten Gold
Menge, und das zwar bis Tetrarchen,spaeter diese Kugel wurde vor der Praegung gebreitet.
2.Ueber der Feinheit der Legierung schreibt Mahling und Hultsch,in der RIC sind ganz andere,sehr hohe Feinheiten beschrieben.
3. Die Stempel war eine Walze aus Eisen,durchmesser wahrscheinlich
4 cm,Hoehe wahrscheinlich 12cm.Oefter (50 Stueck aus 62)ist in der Eisen Walze eine Bronze "Tablette"(durchmesser 30mm,Hoehe unbekannt )mit dem Negativ der Muenze versenkt.Ein Dutzend von den 62 Muenzstempeln war ganz aus Eisen.
4.Kopf des Herrschers wurde mit Hilfe der positiven Punzen versenkt.Die Punzen wurden abgegossen.
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Das die Stempelstecher oder die Portaitisten nicht immer so glücklich arbeiteten mit der Umsetzung der kaiserlichen Gesichter kann man an dieser Münze erkennen - oder wer würde bei diesem Gesicht den Commodus vermuten?
Antiochia in Pisidien
AE-Bronze 21 mm, 5.4 gr
AV: [L AVRELIVS] - COMODO[C], belorbeerte Büste nach links
RV: ANTIOCHAE - COLONEIA, Göttin mit Füllhorn und ? steht nach links
SNG Aulock -; SNG Copenhagen -;
RR
Antiochia in Pisidien
AE-Bronze 21 mm, 5.4 gr
AV: [L AVRELIVS] - COMODO[C], belorbeerte Büste nach links
RV: ANTIOCHAE - COLONEIA, Göttin mit Füllhorn und ? steht nach links
SNG Aulock -; SNG Copenhagen -;
RR
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