Prüfhieb-Werkzeuge

Keltische Münzen

Moderator: Numis-Student

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pixxer
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Prüfhieb-Werkzeuge

Beitrag von pixxer » Fr 25.07.08 13:56

Hallo Keltenfreunde!

Heute komme ich mal mit einem Thema, dass nicht unbedingt auf die Kelten begrenzt ist, aber gerade hier gutes Anschauungsmaterial bietet. Vielleicht wurde ja auch schon etwas darüber geschrieben, habe nur nichts gefunden.

Bei den Römern (der Republik) wird gerade ein wenig über Prüfhiebe, Gegenstempel, Punzen etc. diskutiert. Jetzt habe ich mich gefragt, womit eigentlich die typischen Einhiebe zur Feststellung der Echtheit von Silbermünzen gemacht worden sind. Gab es da spezielle Werkzeuge oder hat man einfach das genommen, was gerade in Reichweite rumlag (Schwertklinge, Beil, etc...)? Mir fällt nämlich auf, besonders bei keltischen Prägungen, dass der Einhieb von der Form her meist ziemlich gleich aussieht. Dass die Gegenstempel und Punzen mit eigenen "Gerätschaften" ins Metall geschlagen wurden ist ja klar, aber weiß man auch etwas über diese Prüfhiebe? Wurde da mal etwas bei Ausgrabungen entdeckt?

Anbei ein Bild von ein paar Honter-Typen (die haben genau diese Einhiebform die ich meine). Interessant auch, dass der kleine Gegenstempel am Pferdehals an immer exakt der selben Stelle ist.

Freue mich schon auf eine erneute Wissenszunahme durch eure Hilfe! :wink:

Grüße
Pixxer
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harald
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Beitrag von harald » Fr 25.07.08 14:59

Hallo Michael

Bei dieser Echtheitsprüfung wurde ein beil- oder meißelartiger Gegenstand aus Eisen verwendet.
Erste Nachweise dieser Probe kommen ab 500 v. Chr. bei den Nachbarvölkern der Griechen, zum Beispiel den Thrakern vor.
Die Mehrzahl der keltischen Einhiebe befindet sich auf dem Revers.
Offenbar eine Scheu vor dem Götter- oder Königskopf.

Eiserne Meißel sind in verschiedenen Ausführungen aus zahlreichen keltischenGrabungen auf uns zugekommen.
So eines Meißels dürfte sich der keltische Inhaber der Münze zur Echtheitsprüfung wohl bedient haben.

Diese Probehiebe kommen vermehrt bei ostkeltischen Tetradrachmen vor.
In diesem Bereich gibt es, so wie bei der boischen und vindelikischen Goldprägung auch zahreiche Nachweise subärater Prägungen.

Sowohl der Geldwechsler als auch der Hersteller der Schrötlinge in einer Prägewerkstatt dürften eine Balkenwaage besessen haben.
Da schon bei den Phöniziern Waagen mit einer Meßgenauigkeit von 1/100Gramm nachgewiesen wurden, kann man davon ausgehen, dass die Waagen der Kelten zumindest einen ähnlichen Toleranzbereich aufwiesen.

In der frühen Prägezeit der boischen Goldprägung wurde Gold in einer Reinheit von 98 Prozent ausgeprägt und es bot sich wegen seiner Weichheit auch die Bißprobe an.
Einige frühboische Goldmünzen zeigen diese Spuren von Zahnabdrücken.

Diese Einhiebe sind bei den otkeltischen und boischen Prägungen relativ häufig nachgewiesen, bei den Vindelikern und anderen Stämmen kommen sie nur vereinzelt vor.

Auch das Kleinsilber des Typs Roseldorf weist in Ausnahmefällen diese Einhiebe auf.
Aus Roseldorf stammt ein gefälschter keltischer Goldbarren.
Dabei wurde zuerst in einen Bronzebarren ein Probehieb angebracht und danach würde das Stück mit dünnem Goldblech sorgfältig überzogen.

Allgemein kann man sagen, dass diese Methode ein weit verbreitetes und primitives Verfahren darstellte um das Innere einer Münze oder eines Barrens zu prüfen.
(Pink Ostkelten 1974, S23)

Grüße
Harald

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pixxer
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Beitrag von pixxer » Fr 25.07.08 16:39

Hallo Harald!

Herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich wußte ja, dass ich da noch etwas Interessantes dazu erfahren würde. 8)

So etwas in der Art hatte ich vermutet, dass jeder Händler etc. so einen kleinen Meißel dabei hatte. Interessant auch die Beobachtung, dass die Prüfhiebe meist am Revers zu finden sind. Hatten halt doch Angst, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte... :wink:

Hast du vielleicht eine Abbildung eines solchen Meißels zur Hand? Und noch viel interessanter: befindet sich eine Goldmünze mit Bißspur in deiner schier unerschöpflichen Sammlung??

Grüße
Pixxer

PS.: Der Einfallsreichtum der Fälscher war, wie die Geschichte mit dem Goldbarren zeigt, schon damals ein nicht zu unterschätzendes Problem. Auf jede Methode, etwas auf Echtheit zu prüfen, lies man sich irgendwann etwas Neues einfallen. Fast so wie heutzutage...

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harald
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Beitrag von harald » Fr 25.07.08 18:38

Michael. da muß ich Dich leider enttäuschen.
Leider, oder besser zum Glück wurde keine der Goldmünzen meiner Sammlung auf diese Art verunstaltet.
Bezüglich der Händler und Geldwechsler bin ich jedoch der Meinung, dass die Mehrzahl von ihnen im Besitz einer Waage waren und die Meißelprobe eher von mistrauischen Privatpersonen ausgeführt wurde.
Immerhin war das Wiegen bei hohen Stückzahlen bedeutend weniger zeitaufwendig und arbeitsintensiv.

Die Meißel sahen nicht viel anders aus als Heute.
Sie waren aus mehr oder weniger gut gehärtetem Eisen und je nach Verwendungszweck von unterschiedlicher Größe.

Das Problem ist, das ihre ausschließliche Verwendung als Prüfinstrument für Münzen archäologisch nicht nachweisbar ist.

Ich werde in den nächsten Tagen einige Beispielfotos einstellen.

Der gefälschte Goldbarren mit Probehieb befindet sich im Moment in der Sonderausstellung der Münze Österreich.

viele Grüße
Harald

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Beitrag von pixxer » Sa 26.07.08 10:28

Schade Harald, aber zum Glück für deine Schätze! :wink:
Gerade in Filmen sieht man ja immer wieder einmal, dass jemand zur Probe in eine Goldmünze beißt, allerdings habe ich so ein Stück noch nie "in echt" gesehen, auch nicht auf Coinarchives etc.. Wäre mal interessant.

Da hast du recht, größere Stückzahlen einzeln mit dieser Methode zu prüfen wäre recht zeitaufwändig gewesen. Allerdings verwundert es dann schon, dass, wie du oben schon erwähntest, gerade bestimmte Typen wie die Honter besonders oft diese Hiebe aufweisen. Da muss viel gefälscht worden sein, sodass die Leutchen dort besonders mißtrauisch waren.

Jetzt wo du es erwähnst, den Goldbarren habe ich sogar gesehen bei der Ausstellung, war mir allerdings schon wieder entfallen... :?

Schönen Samstag wünscht
Pixxer

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Beitrag von Pflock » So 27.07.08 01:31

Hallo zusammen,
ich habe mit Kelten nun gar nichts am Hut, aber das Thema Prüfen durch Biß finde ich interessant.
Wie stark sind die Bißspuren?
Hat sich vielleicht schon mal jemand die Mühe gemacht, solche Bißspuren in eine forensiche Datenbank aufzunehmen, um vielleicht verschiedene "bebissene" Münzen einem Menschen zuzuordnen? Das würde ich spannend finden. Könnte man sogar zu einem eigenen Sammelgebiet ausbauen. :P
Gruß Pflock

Ich sammel Münzen und Medaillen aus Mühlhausen in Thüringen, vom Mittelalter bis heute.
Freue mich immer über Angebote.
:Fade-color

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Beitrag von harald » So 27.07.08 23:22

Eine Datenbank von antiken Goldmünzen mit Bißspuren wurde bis jetzt noch nicht erstellt.
Das Problem dürfte darin begründet sein, dass viele dieser Münzen aus Feingold auf Grund ihrer Weichheit fast immer eine Große Menge mechanischer Beschädigungen aufweisen, die zum Teil umlaufbedingt sind, aber auch durch landwirtschaftliche Tätigkeit während der Bodenlagerung entstanden sein können.
Die Unterscheidung dieser Oberflächenschäden mit Bißspuren, die ja auch sehr unterschiedlich aussehen können, ist dabei oft sehr schwierig und zum Teil kaum möglich.
Eindeutig zu identifizierende Zahnabdrücke stellen eine große Seltenheit dar.

Gruß
Harald

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Beitrag von harald » Do 31.07.08 10:22

Als Beispiel verschiedene Prüfhiebe auf ostkeltischen Tetradrachmen.

Diese Münzen haben eine weite Reise hinter sich und man sieht ihnen ihre lange Umlaufzeit durchaus an.
Geprägt im unterem Donauraum, gefunden in Österreich.

Die links dargestellte Münze ist vom Typ Birnscheitel- Grußreiter, die rechte ist unbestimmt.

Bei der linken geht der Hieb bis zur Vorderseite durch, bei der rechten wurde am Avers erst mittels eines Messers ein Schnittversuch gemacht und später auf dem Revers 2 Meißelhiebe mit großer Wucht ausgeführt, wobei sogar der Schrötling leicht verbogen wurde.
Warum der zweite Hieb ausgeführt wurde ist mir unklar.

Gruß
Harald
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TDR mit Probehieb.JPG

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Beitrag von heiko183 » Do 31.07.08 14:08

hier noch eine schöne von mir, eine meiner lieblingsmünzen, ist echt geil wie da das grün aus dem silber rausschimmert, sieht man auf dem bild leider sehr schlecht :?
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a021-1.jpg
a021-2.jpg

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Beitrag von harald » Do 31.07.08 14:14

Heiko, deine Münze ist immer noch sehenswert.

Die Silberschicht über dem Kupferkern dürfte sehr dick sein.

Könnte is sich dabei eventuell um eine Plattierung handeln?

Im Gegensatz zu den versilberten Münzen sind die plattierten durch eine Haut von dünnem Silberblech überzogen.

Bei den boischen Goldmünzen kommen beide Varianten vor, wobei bei den größeren Nominalen die Plattierung bevorzugt angewendet wurde.

Grüße
Harald

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Beitrag von harald » Do 31.07.08 14:16

Beim Kleinsilber des Typs Roseldorf II wurde gelegentlich der Kupferkern versilbert.
Obwohl diese Fälschungen bei diesem Typ sehr selten vorkommen, hat da offenbar jemand Verdacht geschöpft und siehe da:

Das Stück war nicht gefälscht.

Grüße
Harald
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KS RII mit Probehieb.JPG

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Beitrag von heiko183 » Do 31.07.08 14:20

hi harald

ja der bronzekern ist wie bei meinen ganzen anderen gefütterten bn9401 quinaren mit einer dickeren silberblechschicht ummantelt.


gruß

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Beitrag von harald » Do 31.07.08 16:53

Das erklärt den Top Zustand der Metalloberfläche.

Gruß
Harald

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Beitrag von harald » Do 31.07.08 17:06

Als weiteres Beispiel einer Echtheitsprüfung möchte ich euch diese seltene Hemidrachme aus dem boischen Raum zeigen.

Da dem Besitzer offenbar dieser Typ unbekannt war, oder vielleicht aus Mißtrauen hat er auf dem Revers zwei Schnittproben, und auf Avers eine Schnittprobe mit einem Messer gemacht.
Es wurde dabei kein Kupfer in der Tiefe sichtbar.

Im nächsten Schritt wurde auf dem Avers ein tiefer Hieb mit einem Meißel ausgeführt.
Erst jetzt war offenbar das Mißtrauen beseitigt, und der silberne Kern war noch immer sichtbar.

Offenbar wurde nicht mit jeder Probe eine Fälschung aufgedeckt, dennoch war das Mißtrauen bei Edelmetallmünzen in der keltischen Bevölkerung sehr groß.
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Drachme Probehieb.JPG

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Beitrag von harald » Do 31.07.08 17:26

In diesem Fall bin ich mir über den Zweck der beiden kreuzförmig angebrachten Einhiebe im Unklaren.

Ich vermute das ihre Erstellung einen anderen Zweck erfüllte, als Betrugsabsicht aufzudecken.

Bei den Römern gibt es ähnliche Zeichen auf Münzen, welche als Spielstein verwendet wurden.


Kleinsilber des Typs Roseldorf I.
0,82Gramm
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R I kreuzförmiger Einhieb.JPG

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