Prägezeitraum der Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennige ?

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Bertolt
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Prägezeitraum der Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennige ?

Beitrag von Bertolt » Mi 04.06.08 22:55

Hallo Forum,

manchmal tauchen Fragen auf, auf welche man keine Antworten bekommt. Dies ist vielleicht solch eine? In den GN ( Geldgeschichtlichen Nachrichten ) Nr. 124 vom März 1988 finden wir im Artikel : „ Sind die Dünnpfennige die Vorstufe der Brakteaten ? Walter Kühn, zu Beginn, folgende Textpassage: „ Die Dünnpfennige sind eine zweiseitig geprägte, unansehnliche Münzgattung des Mittelalters. Sie stammen hauptsächlich aus Deutschland und wurden etwa von der Mitte des 11. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts geprägt, vereinzelt auch noch später.“ Zunächst habe ich festgestellt, das sie in das Hochmittelalter gehören. Weiterhin erscheint es sehr schwierig, Münzstätten zu benennen, welche von der Mitte des 11. Jahrhunderts an, bereits Halbbrakteaten oder Dünnpfennige geprägt haben? Für die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts dagegen liegen ausreichende Ergebnisse in Form von Münzstätten die geprägt haben vor, auch weiterführend bis zum Ende des 12. Jahrhunderts, also über die Mitte hinaus, sodass die Aussage , „ vereinzelt auch noch später „ hinsichtlich des Wortes „ vereinzelt „ in Zweifel gerät. Kann jemand Helfen, Literaturverweise oder Münzstätten benennen, welche diese Bedingungen erfüllen. In „ Numismatik des Mittelalters „ fand ich keine Antworten.

Gruß Bertolt
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Toltec
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Beitrag von Toltec » Mi 04.06.08 23:23

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Bertolt
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Prägezeitraum der Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennige

Beitrag von Bertolt » Do 05.06.08 07:19

Hallo Toltec, danke für deinen Beitrag, die beiden Schweizer Münzstätten würde ich erst mal außen vor lassen, aber die Hinweise auf Konstanz und Merseburg sind echt gut. Zu Konstanz wird sich der schweizerische Einfluss nicht verleugnen lassen. ( Konstanz : Anonyme Halbbrakteaten 1150 – 1200 und 1160 - 1170 sowie Hermann I. von Arbon 1139 – 1166) . ( Merseburg : Halbbrakteaten Albuin 1093-1112, Gerhard, 1112-1120 ) Ich habe zwar beide schon in meiner Aufstellung, allerdings für Konstanz nur als Beispiel für Prägungen aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Es ging dort wie man sieht, aber doch schon wesentlich früher los. Ich bin mal gespannt, ob es möglich ist, jene Münzstätte festzustellen, welche als erste geprägt haben müsste?
Gruß Bertolt.
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Beitrag von Dietemann » Do 05.06.08 15:52

Halbbrakteaten oder Dünnpfennige ??

Die Frage ist etwas missverständlich, Braktea heißt dünnes Blech und ist kein zweiseitig geprägter Pfennig, sondern immer einseitig.

Für Eschwege gibt es (bisher) keinen Nachweis von frühen zweiseitigen Prägungen (frühestens ab 1465), die Münzstätte war vorher technisch gar nicht in der Lage, zweiseitig zu prägen.

Für Wolfhagen oder Homberg in Nordhessen sind mir aus der frühen Zeit zweiseitige Pfennige bekann, dort als Fernhandelspfennige bezeichnet (Quelle: Schütz: Die Münzen des Hauses Brabant oder so ähnlich)

Hilft das weiter?

Gruß Dietemann

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Beitrag von Bertolt » Do 05.06.08 22:54

Hallo Dietemann, , ja, das hilft mir weiter, zum Begriff Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennige, beides bedeutet das gleiche ! In der älteren Literatur ( z. B. Archiv für Brakteatenkunde ) wurden die zweiseitig geprägten Münzen, welche nach dem Ende der Denarzeit und vor dem Beginn der Brakteatenzeit entstanden sind, Halbbrakteaten genannt. Erst später, respektive in der neueren Literatur, setzt sich immer mehr der Begriff Dünnpfennig durch. Man darf Halbbrakteat nicht mit Brakteat verwechseln. Die Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennige sind eine eigenständige Münzgattung des Hochmittelalters. Ein Bild macht das glaub ich deutlicher.
Gruß Bertolt.
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Beitrag von Bertolt » Fr 06.06.08 22:37

Hallo Toltec, ich habe mir deine Hinweise auf coinarchives.com , hinsichtlich Konstanz nochmal genau angesehen. Natürlich kann ich nichts gegen Künker sagen, aber in " Numismatik des Mittealters " kann man lesen, das in der Münzstätte Konstanz ( Nr. 345 ) unter Ebf. Eberhard 1047 - 1066 noch Denare geprägt wurden. Dieses Stück ist eigentlich auch mit 0,51 gr. für einen Halbbrakteat oder Dünnpfennig zu leicht. Schade das kein Durchmesser angegeben wurde.
Hast du dafür eine Erklärung ?
Gruß Bertolt.
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Beitrag von Toltec » Sa 07.06.08 09:40

Hallo Bertolt,
ich habe hier leider auch keine Erklärung. Ich habe den Link auch nur zufällig gefunden als ich nach frühen Dünnpfennigen gesucht habe.
Toltec
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Beitrag von Bertolt » Sa 07.06.08 23:33

Hallo Toltec, noch mal zu deinem Hinweis, wenn das nämlich stimmen würde, dann läge Konstanz bei der Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennigprägung ganz weit vorne. So weit, das dann in dieser Münzstätte Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennige geprägt wurden, als es diese Münzen anderswo in Deutschland überhaupt noch nicht gegeben hat. Denn sie tauchen ja erst in der Mitte des 11. Jahrhunderts auf. Und in der Tat, ich habe mir die Zitierstelle Dbg. 1016 angesehen und finde dort in der Beschreibung dieser Münze den Hinweis : „ halbbrakteatenförmige Fabrik „! Das Stück ist zusammen mit Nr. 1017 beschrieben und als Abschluss zu beiden ist zu Lesen, „ ….. kann dieser Denar …..“. Es handelt sich also um einen halbbrakteatenförmigen Denar ( er ist im Durchschnitt etwas größer als die „normalen“ ) und um keinen Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennig, wie sie Walter Kühn in seiner Arbeit beschrieben hat. Das heißt, außer Merseburg, Albuin, 1093 -1112 gibt es noch keine weiteren Hinweise auf Münzstätten in das 11. Jahrhundert Gruß Bertolt
Zuletzt geändert von Bertolt am Fr 13.06.08 22:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von cepasaccus » So 08.06.08 23:13

Bertolt, ohne Ahnung von MAlichen Muenzen zu haben haette ich nach dem was ich bisher gesehen habe deinen Denar auf dem Foto links auch als Duennpfennig bezeichnet. Ein Denarius ist das gleiche wie ein Pfennig und das Duenn bezeichnet halt die Praegetechnik.

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Beitrag von Bertolt » Mo 09.06.08 05:21

Hallo cepasaccus, danke für deinen Beitrag, das ist glaub ich genau das Problem. Die Tatsache, das es neben den Denaren und den Brakteaten noch eine dritte Münzgattung, die Halbbrakteaten bzw. Dünnpfennige, im Hochmittelalter gegeben hat, ist vermutlich nicht so sehr bekannt. Sie haben auch nur gut 100 Jahre existiert. Entstanden sind sie aus dem Bestreben heraus, die Fläche für das Münzbild zu vergrößern, bei relativ gleichem Gewicht. Das führte aber dazu, das der Schrötling immer dünner wurde, sodass beim Prägen die Stempel in der Mitte fast aufeinander trafen. Was wiederum dazu führte, das sich die Münzbilder oftmals gegenseitig zerstörten. Im Ergebnis dieser Prägetechnik entstanden Münzen mit nur teilweise erhalten gebliebenen Münzbildern, die keinen hohen Wiederkennungswert hatten, was aber zu damaliger Zeit sehr wichtig war. In den einzelnen Münzstätten versuchte man durch Veränderung der Prägetechnik Gegenzusteuern, was jedoch nur mäßigen Erfolg hatte. Das faszinierende an diesen Münzen ist, das sie oftmals sehr schwer zu Bestimmen sind und die Münzbilder auf beiden Seiten, auch heute noch, eine ganze Reihe von Geheimnissen enthalten. In der Numismatik werden sie nach meiner persönlichen Ansicht etwas Stiefmütterlich behandelt. Es gibt wenig Literatur und viel weiße Flecken.
Gruß Bertolt.
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Beitrag von cepasaccus » Mo 09.06.08 15:57

Bzgl. der der weissen Flecken lobe ich mir die Roemer. :)

Diese Muenzdefekte sind mMn bei deinem Denar ausgepraegter als bei deinem Halbbrakteat.

Meine persoenlichen Definitionen sind:

Brakteat: grosse (>2cm) Muenze, die einseitig tiefgezogen wurde
Hohlpfennig: kleine (<2cm) Muenze, die einseitig tiefgezogen wurde
Duennpfennig: zweiseitig gepraegte Muenze, die aufgrund der geringen Blechdicke gering ausgepraegtes Muenzbild zeigt

Dann scheint es mir, dass es Halbpfennige oder Viertelpfennige gab, zu denen eigentlich auch der Hohlpfennig gehoert und auf jeden Fall die Handheller. In irgendeinem Heft habe ich leichtere Brakteaten gesehen, die einseitig gepraegt und Halbbrakteaten tituliert wurden. Da passt dein Beispiel aber nicht rein, weil es zweiseitig gepraegt ist. Aber ich muss zugeben, dass es doch irgendwie zwei verschiedene Arten von Duennpfennigen gibt. Die groesseren kennzeichnen sich wie deiner durch aufwendigere graphische Verzierungen wie Boegen.

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Beitrag von Bertolt » Di 10.06.08 07:36

Hallo cepasaccus, mit den weißen Flecken meine ich eigentlich, das vieles im Zusammenhang mit den Dünnpfennigen noch völlig im Dunkeln liegt. Dagegen ist die Geschichte der Denare im weiten Maße geklärt. Du weist, das wir uns mit den Dünnpfennigen zeitlich zwischen 1050 und 1160 bewegen. Hier haben die Hohlpfennige meiner Meinung nach noch nicht existiert. Dein Hinweis auf …. tiefgezogen …. ist mir auch neu, was ist damit gemeint ? Auch das die Dünnpfennige ein „ gering ausgeprägtes Münzbild „ wegen ihrer geringen Blechdicke zeigen, ist nur bedingt richtig. Entscheidend dafür ist das Verhältnis zwischen der Dicke des Schrötlings und der Summe der Tiefe der beiden geschnittenen Stempel. Aber, das die Ergebnisse beim Prägen der Dünnpfennige nicht gerade berauschend war, haben auch die Münzmeister und Stempelschneider selbst bemerkt. Wie sie das Problem behoben haben, kannst du dir an den Dünnpfennigen des Augsburger Bischofs Udalschak von Eschenlohe 1184 -1202, ansehen. http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... 8&Lot=3686.
Übrigens, wenn der Eindruck entstanden sein sollte, das die Existenz der Dünnpfennige eine Erfindung von mir ist, dem ist nicht so. Dann muss man sich schon mit den Großen der Numismatik auseinandersetzen ( Dannenberg, Bahrfeldt, Hatz, Kluge usw. )
Gruß Bertolt
Zuletzt geändert von Bertolt am Di 10.06.08 18:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von cepasaccus » Di 10.06.08 08:18

Hallo Bertolt,
ich wollte auch garnicht sagen, dass alle meine beschriebenen Muenzarten zur Zeit der Duennpfennige existiert haben.
Tiefgezogen werden zum Beispiel Getraenkedosen. Man nimmt ein Stueck Blech und drueckt es in eine Form rein. Bei den Brakteaten und Hohlpfennigen hat man als Form den Stempel und drueckt das Blech mit Leder/Blei/Werg hinein. Bei zweistempliger Praegung fliesst das Metall in den Stempel.
Nein, bei mir ist nicht der Eindruck entstanden, dass du die Existenz leugnen wolltest.
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Beitrag von cepasaccus » Mi 11.06.08 09:12

Wie lauten eigentlich die englischen Begriffe fuer Halbbrakteat, Hohlpfennig und Duennpfennig?

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Beitrag von QVINTVS » Mi 11.06.08 17:33

Grüß Dich Bertolt,

Du hast selbst schon mit Udalschalk von Eschenlohe den Hinweis auf Augsburg gegeben. Für diesen Bereich versuche ich gerade eine etwas modifizierte Chronologie zu erstellen, da der Steinhilber nicht in allen Punkten schlüssig ist. Schwierig ist auch das Ende der Dünnpfennige zu bestimmen. Sie scheinen für Augsburg meines Erachtens ungefähr bei der Datierung des Barbarossaschatzes zu liegen.
Viele Grüße

QVINTVS

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