Ein paar unbestimmte Münzen

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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Locnar
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Ein paar unbestimmte Münzen

Beitrag von Locnar » So 27.06.04 14:54

Vielleicht habt ihr ja ne Idee.
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Gruß
Locnar

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mumde
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Beitrag von mumde » So 27.06.04 23:15

Hallo Locnar, die oberen beiden sind englische Pennies, Edward I., geprägt nach 1279, die obere Münze mit CIVITAS LONDON, also London, die mittlere mit VILLA BRISTOLIE, also Bristol. Soweit ist alles klar.
Dann klassifizieren die Engländer diesen Penny-Typ aber in verschiedene Ausgaben und Untertypen, deren Unterscheidung oft schwerfällt. Die Form der Krone und einiger Buchstaben deutet auf einen frühen Typ. Ich halte die obere Münze für Typ 4 d und die mittlere für 3 c, kann mich da aber auch irren.
Zur dritten Münze kann ich nur sagen, daß es Ostfriesland ist, wegen der Harpye, dem Vogel mit Frauenkopf. Solch ein Wappen hat sonst nur noch Nürnberg, aber das hat nicht solche Münzen geprägt. Die Umschrift der linken Seite ist DA PACEM, DOMINE, IN DIEBUS NOSTRIS, mit mehreren Kürzungen (= Herr, gib uns Frieden in unserer Zeit). Die Umschrift der rechten Seite müßte sein MO(neta) NO(va) und dann kommt ein Name, wahrscheinlich Enno, kann auch Edzard sein, CO(mes) ET D(ominus) FR(isiae) OR(ientalis). An den Seiten des Wappenschildes sehe ich die Wertbezeichnung 1 - S, das ist dann 1 Stüber. Genauer kann ich's nicht bestimmen, weil ich für Ostfriesland keine Literatur hier zu Hause habe.
Gruß mumde

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Beitrag von Locnar » Mo 28.06.04 09:52

Hallo Mumde,

herzlichen Dank für deine Hilfe.

Sag mal, besteht die Möglichkeit das die erste Münze auf dem Festland geprägt wurde, den sie stammt aus einen Fund in NRW.
Gruß
Locnar

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Beitrag von mumde » Mo 28.06.04 12:39

Die obere Münze ist sicher englisch. Die Umschrift ist korrekt, die Form der Krone und des Kragens, das S mit dem Knubbel in der Mitte und der Punkt vor EDW paßt alles zusammen. Solche Sterlinge sind zwar auf dem Kontinent nachgeprägt worden, teils mit Umschriften, die die Herkunft erkennen lassen, teils als direkte Imitationen. Aber ich sehe auf dem Stück keinen Hinweis auf eine zeitgenössische Nachahmung.
Gruß mumde

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Beitrag von KarlAntonMartini » Mo 28.06.04 18:56

Wegen des großen Kragens würde ich den zweiten Penny für einen Typ 9b halten, das ergibt die Spink Nr 1416, weil in Bristol geprägt, in schön werden beide Stücke mit 15 Pfund bewertet, wobei die Prägungen aus Bristol doch eher selten sind. Zur Frage nach einer Prägung in NRW: es gibt über die umfangreiche kontintentale Nachprägung von Sterlings Edwards I. ff. in Kontinentaleuropa ein Standardwerk von Mayhew, der fast 400 Typen aufführt, meistens mit deutlich anderer Inschrift als das Original, manchmal auch als schlichte Kopie des Vorbilds. Der Grund für die Nachprägungen: Die vor 1279 geprägten Longcross-Pennies, meist unter Henry III geprägt, waren in dem genannten Gebiet reichlich umgelaufen ("playing a major part as an international currency in Europe."), Mayhew zitiert eine Schätzung, daß von diesem Typ eine Million Pfund (also 240 Millionen einzelne Pennies!) aus England exportiert worden waren. Auch von diesem Typ gibt es kontinentale Beischläge, ein Posten aus Westfalen wurde vor kurzem vom Münzzentrum Rheinland versteigert. - Edward wollte das englische Geld im Lande halten und verbot den Export des neuen Münztyps. In England wurde das gesamte umlaufende Geld eingesammelt und in Münzen des neuen Typs umgemünzt, deshalb sind die früheren englischen Münzen deutlich seltener als die Edward Pennies. Das Verbot half zunächst nicht, aber ab 1288 wurden dann kontinentale, geringhaltigere Imitationen ("crockards or pollards") häufiger, in den Niederlanden sollen Stücke im Wert von 370.000 Pfund (entspricht 88,8 Mio Auflage!) geprägt worden sein. Ab 1310 begann dann eine kontinentaleuropäische Imitation der Longcross-Pennies, die immer noch einen guten Ruf hatten. Natürlich verschlechterte sich auch hier der Standard im Verlauf des 14. Jahrhunderts, bis 1350 sollen insgesamt max. 24 Mio. Stück geprägt worden sein. Danach erlosch die Ausprägung, da das englische Geld sich wegen der wirtschaftlichen Folgen des 100-jährigen Krieges verschlechterte.
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Beitrag von Locnar » Di 29.06.04 08:17

Hallo KAM.

Vielen Dank für deine Hilfe, aber überrascht bin ich schon.

Ich dachte du sammelst nur Token!
Zuletzt geändert von Locnar am Di 29.06.04 13:13, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß
Locnar

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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 29.06.04 12:44

naja, vom englischen MA hab ich nur eine kleine Sammlung, weil gute Stücke schwer zu bekommen sind und wenn, dann sauteuer (außer den Edward-Pennies, die manchmal noch günstig sind), da kauf ich mir lieber Literatur, damit ich, wenn mir mal die große Rarität über den Weg läuft, sie auch erkenne :-)
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Beitrag von mumde » Fr 02.07.04 00:18

Hallo Locnar, heute habe ich den ostfriesischen Stüber bei Kappelhoff nachgesehen. Da ist er als Stüber ohne Jahr von Enno III., 1599-1625, Kappelhoff Nr. 357.
Gruß mumde

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Beitrag von Locnar » Mi 25.08.04 09:17

Hallo Mumde,
dann sollte es sich wahrscheinlich um Emden handeln,
sag mal:
Kannst du mir erklären warum Emden die Harpyie verwendet hat,wie sind die da rauf gekommen?
Gruß
Locnar

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Beitrag von mumde » Do 26.08.04 12:47

Hallo Locnar, der Stüber ist Grafschaft Ostfriesland. Ostfriesland bestand im Mittelalter aus mehreren Teilen, die von verschiedenen Häuptlingen regiert wurden. Die Familie Cirksena, die eine Harpye im Wappen führte, verdrängte schließlich die anderen Häuptlinge und ließ sich vom Kaiser zu Grafen von Ostfriesland erklären. Die Harpye wurde damit das Wappen von Ostfriesland. Hauptstadt und Münzstätte war Emden. Emden hat als Wappen eine halbe Harpye über einer Mauer; die Mauer als Zeichen der befestigten Stadt, die halbe Harpye als Zeichen der Abhängigkeit von der Familie Cirksena. Sowas gibt es ja auch in anderen Gegenden: Wismar z. B. hat einen halben mecklenburgischen Ochsenkopf im Wappen.
Zwischen den Stadtherren von Emden und den Bürgern der Stadt kam es dann zu Reibereien, die Bürger holten sich Unterstützung bei den Niederlanden und erklärten sich 1595 für unabhängig. Die Grafen von Ostfriesland hatten aber noch die Münzstätte in der Stadt. 1611 lagerten sie sie nach Esens aus. Die Stadt Emden erhielt erst später das Münzrecht und prägte von 1623 bis 1694 eigene Münzen.
Gruß mumde

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Beitrag von Locnar » Do 26.08.04 16:14

Vielen Herzlichen Dank mumde :)
Gruß
Locnar

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