Die nächsten 5 Medaillen aus meiner "Kiste". Ich denke bis auf die Bronze-Medaille alles Nachprägungen/Abschläge.
Aber der Reihe nach.
1. 1703, Zinn oder Blei, 42,5 mm, 41,7 g, signiert: I. Boskam F.
VS: ANNA DG MAGBR FRET HIB REGINA
RS: BONA A MALIS EREPTA, im Abschnitt: COCIAEIBUS ARMIS IDIB. MAII MDCCIII
2. o.J., Blei geschwärzt, 53 mm, 71,8 g, unsigniert oder zumindest nicht auffindbar
VS: THOMAS PHILODOGVS RAVENNAS (Brustbild nach rechts)
RS: VERTVTE PA??... (Rest nicht lesbar), Stier, Frau mit Kranz
3. 1773, Bronze, 49 mm, 47,9 g, signiert: Krafft
VS: IOSEPHVS II PIVS FELIX AVG, Kopfbild nach rechts
RS: ADVENTVS AVG. MDCCLXXIII, Reiter, Frau mit Kind
4. 1672, Blei, 48,5 mm, 53,7 g, signiert: I. Fran.Travanus
VS: ALPHONS S R E P CARD LITTA ARCHIEP MED, Brustbild nach links
RS: auf Schriftband: SEM??R RECTVS, 1672
5. 1705, Zinn oder Blei, 49 mm, 46,0 g, unsigniert
VS: COS.D: , im Abschnitt: NOBILISSIMAE. IVVENTVTI CIRCVS. TRAIFCTI. AD RHENVM. IV. MA. MDCCV, Innenhof mit Reiterdarbietungen, mehrere Wappen
RS: ORDD: PROV: DEC: , im Abschnitt: ACADEMIA. EQVESTRIS. VLTRAI=ECT? . CONDITA. PERITISSIMO. E?VITANDI. MAGISTRO. ARCDE . STAFFA, Frau sitz neben Säule, rechts Reiter im Innenhof
Wie immer freue ich mich über jede Hintergrundinformation, Land, Ort, zum Medailleur, Ausgabeanlaß und Episoden ringsherum.
Gruß Lutz12
wieder 5 Medaillen
Moderator: Lutz12
- mumde
- Beiträge: 1507
- Registriert: Mo 06.05.02 23:08
- Wohnort: Weil am Rhein
- Hat sich bedankt: 0
- Danksagung erhalten: 21 Mal
Hallo Lutz, das lohnt sich ja heute. Also, fangen wir mal an:
1) Medaille auf die Einnahme von Bonn während des Spanischen Erbfolgekriegs. Die Rs. zeigt den Herzog von Marlborough (aus der Familie Churchill) vor der Stadt, die gerade beschossen wird. BONA A MALIS EREPTA ist ein Wortspiel: BONA heißt eigentlich 'die Gute', steht hier aber für Bonn; Übersetzung also: Bonn (die Gute) haben wir den Schlechten weggenommen. Im Abschnitt geht das weiter: durch die Waffen der Alliierten an den Iden des Mai (=15. Mai) 1703.
2)Der Dargestellte ist Tommaso Rangoni, genannt Thomas Philologus, Mediziner, Professor in Padua, gestorben 1577, als er schon sehr alt war. Die Rückseitenumschrift muß heißen: VIRTUTE PARTA DEO ET LABORE. Gezeigt wird eine Frau, die einen Stier bekränzt. Weshalb sie das tut, weiß ich nicht. Ich habe das Stück nur mit sehr knapper Beschreibung im Armand gefunden, einem Katalog der italienischen Renaissancemedaillen. Zitat ist: Armand II, 196, 18.
Man sieht bei dem einen L des PHILOLOGUS, daß das Stück von einem gelochten Exemplar abgegossen ist. Das ist ganz normal. Die italienischen Renaissancemedaillen wurden oft an die Wand oder an Möbelstücke oder irgendwohin gehängt, und deshalb sind die Originale sehr oft gelocht. Nicht alle, aber sehr viele. Die späteren Abgüsse, die dann nicht mehr vom Originalmodell, sondern von einer Medaille gemacht wurden, zeigen dann selbstverständlich diese Stelle, an der die abgegossene Medaille das Loch hatte.
3) Das ist eine Medaille auf die Reise des Kaisers Joseph II. nach Siebenbürgen (Rumänien). Slg. Montenuovo Nr. 2047 sagt dazu nur: "Der Kaiser zu Pferde vor einem mit dem siebenbürgischen Wappen versehenen Stadtthore". Die Frau, die neben ihm herläuft, muß Fortuna sein, die Glücksgöttin; ich halte das Baby in ihrem Arm eher für ein Füllhorn, aus dem sie ihre Gaben ausschüttet. Auf dem Tor mit dem siebenbürgischen Wappen sehe ich S.P.Q.D., sieht so ähnlich aus wie SPQR für Senatus Populusque Romanus, nur ist das Romanus hier ersetzt durch Dacius oder Daciae oder irgend sowas.
4) Alfonso Litta, Kardinal, Erzbischof von Mailand. Medailleur ist Gioacchino Francesco Travani. An dem Stück ist ja alles einfach und gut zu lesen und zu erkennen. Der Spruch der Rückseite ist SEMPER RECTVS und paßt zu dem Bild des Würfels. Es soll ungefähr heißen: Er ist immer richtig, er bleibt immer gleich, egal wie man ihn dreht.
5) Das TRAIECTI AD RHENUM gibt den Ort an: Utrecht in den Niederlanden, und das ACADEMIA EQUESTRIS ULTRAIECT CONDITA nennt auch noch den Anlaß zur Herausgabe der Medaille: In Utrecht wurde eine Reitschule gegründet. Das ORDD: PROV: DEC: besagt, daß es eine Gründung auf Veranlassung der Provinzverwaltung war.
Zu den niederländischen Medaillen fehlt mir Literatur, deshalb kenne ich dazu die Zusammenhänge nicht.
Die Nr. 1, Anna, Einnahme von Bonn, sieht mir aus wie ein späterer Zinnabschlag vom Originalstempel. Der Stempel hat am Rand schon einige Macken, aber die Details sind gut und scharf, besser als bei einem Guß.
Nr. 2 ist ein Abguß von einer Medaille, eben so, wie uns diese Renaissancemedaillen meist überliefert sind. Die Originale sind sehr selten.
Nr. 3 ist ein etwas ramponiertes geprägtes Original.
Nr. 4 ist ein Abguß von einer geprägten Medaille.
Nr. 5 ist jedenfalls vom Originalstempel geprägt, wahrscheinlich auch ein späterer Zinnabschlag, aber sehr hübsch.
1) Medaille auf die Einnahme von Bonn während des Spanischen Erbfolgekriegs. Die Rs. zeigt den Herzog von Marlborough (aus der Familie Churchill) vor der Stadt, die gerade beschossen wird. BONA A MALIS EREPTA ist ein Wortspiel: BONA heißt eigentlich 'die Gute', steht hier aber für Bonn; Übersetzung also: Bonn (die Gute) haben wir den Schlechten weggenommen. Im Abschnitt geht das weiter: durch die Waffen der Alliierten an den Iden des Mai (=15. Mai) 1703.
2)Der Dargestellte ist Tommaso Rangoni, genannt Thomas Philologus, Mediziner, Professor in Padua, gestorben 1577, als er schon sehr alt war. Die Rückseitenumschrift muß heißen: VIRTUTE PARTA DEO ET LABORE. Gezeigt wird eine Frau, die einen Stier bekränzt. Weshalb sie das tut, weiß ich nicht. Ich habe das Stück nur mit sehr knapper Beschreibung im Armand gefunden, einem Katalog der italienischen Renaissancemedaillen. Zitat ist: Armand II, 196, 18.
Man sieht bei dem einen L des PHILOLOGUS, daß das Stück von einem gelochten Exemplar abgegossen ist. Das ist ganz normal. Die italienischen Renaissancemedaillen wurden oft an die Wand oder an Möbelstücke oder irgendwohin gehängt, und deshalb sind die Originale sehr oft gelocht. Nicht alle, aber sehr viele. Die späteren Abgüsse, die dann nicht mehr vom Originalmodell, sondern von einer Medaille gemacht wurden, zeigen dann selbstverständlich diese Stelle, an der die abgegossene Medaille das Loch hatte.
3) Das ist eine Medaille auf die Reise des Kaisers Joseph II. nach Siebenbürgen (Rumänien). Slg. Montenuovo Nr. 2047 sagt dazu nur: "Der Kaiser zu Pferde vor einem mit dem siebenbürgischen Wappen versehenen Stadtthore". Die Frau, die neben ihm herläuft, muß Fortuna sein, die Glücksgöttin; ich halte das Baby in ihrem Arm eher für ein Füllhorn, aus dem sie ihre Gaben ausschüttet. Auf dem Tor mit dem siebenbürgischen Wappen sehe ich S.P.Q.D., sieht so ähnlich aus wie SPQR für Senatus Populusque Romanus, nur ist das Romanus hier ersetzt durch Dacius oder Daciae oder irgend sowas.
4) Alfonso Litta, Kardinal, Erzbischof von Mailand. Medailleur ist Gioacchino Francesco Travani. An dem Stück ist ja alles einfach und gut zu lesen und zu erkennen. Der Spruch der Rückseite ist SEMPER RECTVS und paßt zu dem Bild des Würfels. Es soll ungefähr heißen: Er ist immer richtig, er bleibt immer gleich, egal wie man ihn dreht.
5) Das TRAIECTI AD RHENUM gibt den Ort an: Utrecht in den Niederlanden, und das ACADEMIA EQUESTRIS ULTRAIECT CONDITA nennt auch noch den Anlaß zur Herausgabe der Medaille: In Utrecht wurde eine Reitschule gegründet. Das ORDD: PROV: DEC: besagt, daß es eine Gründung auf Veranlassung der Provinzverwaltung war.
Zu den niederländischen Medaillen fehlt mir Literatur, deshalb kenne ich dazu die Zusammenhänge nicht.
Die Nr. 1, Anna, Einnahme von Bonn, sieht mir aus wie ein späterer Zinnabschlag vom Originalstempel. Der Stempel hat am Rand schon einige Macken, aber die Details sind gut und scharf, besser als bei einem Guß.
Nr. 2 ist ein Abguß von einer Medaille, eben so, wie uns diese Renaissancemedaillen meist überliefert sind. Die Originale sind sehr selten.
Nr. 3 ist ein etwas ramponiertes geprägtes Original.
Nr. 4 ist ein Abguß von einer geprägten Medaille.
Nr. 5 ist jedenfalls vom Originalstempel geprägt, wahrscheinlich auch ein späterer Zinnabschlag, aber sehr hübsch.
Gruß mumde
- Lutz12
- Moderator
- Beiträge: 2773
- Registriert: Fr 10.01.03 11:24
- Wohnort: Leipzig
- Hat sich bedankt: 30 Mal
- Danksagung erhalten: 88 Mal
Hallo mumde,
erstaunlich wie schnell und vollständig Du die Stücke zuordnen kannst. Mein Literaturfundus ist leider (noch) viel zu klein um da fündig zu werden. Anderseits sind die hier eingestellten Stücke nur die "Spitze des Eisberges", d.h. eben die Stücke die ich nicht oder nicht sicher einordnen kann. Es ist aber auch sehr spannend und interessant wenn nicht jedes Stück gleich alle Geheimnisse verrät.
Ich bedanke mich für die tiefgründigen Informationen und bin mir sicher, dass wir uns in Kürze hier wieder treffen
Gruß Lutz12
erstaunlich wie schnell und vollständig Du die Stücke zuordnen kannst. Mein Literaturfundus ist leider (noch) viel zu klein um da fündig zu werden. Anderseits sind die hier eingestellten Stücke nur die "Spitze des Eisberges", d.h. eben die Stücke die ich nicht oder nicht sicher einordnen kann. Es ist aber auch sehr spannend und interessant wenn nicht jedes Stück gleich alle Geheimnisse verrät.
Ich bedanke mich für die tiefgründigen Informationen und bin mir sicher, dass wir uns in Kürze hier wieder treffen

Gruß Lutz12
"Wenn Sie glauben, mich verstanden zu haben, dann habe ich mich falsch ausgedrückt" ( Alan Greenspan)
-
- Vergleichbare Themen
- Antworten
- Zugriffe
- Letzter Beitrag
-
- 3 Antworten
- 2304 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von Lackland
-
- 3 Antworten
- 2228 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von Pfennig 47,5
-
- 0 Antworten
- 2029 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von karnet
-
- 0 Antworten
- 1420 Zugriffe
-
Letzter Beitrag von Chippi
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder