Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Moderator: KarlAntonMartini
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Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Mein Sammelgebiet sind Marken vor dem Ende des 18 Jahrhunderts. Bei Gelegenheit werde ich mal die ein oder andere Marke mit bekanntem sozial-/wirtschaftspolitischen Hintergrund hier vorstellen. Die zeitliche Begrenzung ist nicht ohne Willkür.
Den Anfang mache ich mit einer Cu-Marke der Kanzlei in Regensburg, vermutlich um 1789 geprägt - ein sog. Begräbnis- oder Totenzeichen.
24 mm, 2,90 g
Schratz 137, Tafel XI, 76; Neumann-, Stahl-, Slg. Jenke-
Zur Rolle der Kanzlei schreibt Schratz: Eine Ehrlöbliche Kanzlei; aus dem Rath waren zwei Herren dazu deputirt. Die Kanzlei stand unter dem Stadtschreiber (diese Stelle versah zu Paricius Zeit (1753) unser oft genannter Georg Gottlieb Plato , sonst Wild genannt) und zählte einen Kanzlei - Registrator, vier Kanzlisten, einen Inventurschreiber, zwei Inventirer und einen Inventurdiener. In der Kanzlei wurden die Civilstandsregister geführt.
Regensburg erneuerte am 8.12. Dezember 1789 seine Leich- und Trauerordnung und verfügte: "Es ist kein Leichnam auf hiesigen evangelischen Kirchhöfen eher zu begraben, als bis derselbe . . durch . . . einen Medicum untersucht, über dessen Tod ein Attestat bei der Stadt-Kanzley eingereicht und gegen ein Todtenzeichen eingewechselt sein wird." Die Taxe für die Leichenschau betrug 8-12 Kreuzer. Die von Plato als "Begräbnißzeichen" benannten Stücke dienten der "Inventurisation".
Literatur: Schratz, W.: Die Regensburger Rathszeichen, in: Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg 37, 1883, S. 215.
Den Anfang mache ich mit einer Cu-Marke der Kanzlei in Regensburg, vermutlich um 1789 geprägt - ein sog. Begräbnis- oder Totenzeichen.
24 mm, 2,90 g
Schratz 137, Tafel XI, 76; Neumann-, Stahl-, Slg. Jenke-
Zur Rolle der Kanzlei schreibt Schratz: Eine Ehrlöbliche Kanzlei; aus dem Rath waren zwei Herren dazu deputirt. Die Kanzlei stand unter dem Stadtschreiber (diese Stelle versah zu Paricius Zeit (1753) unser oft genannter Georg Gottlieb Plato , sonst Wild genannt) und zählte einen Kanzlei - Registrator, vier Kanzlisten, einen Inventurschreiber, zwei Inventirer und einen Inventurdiener. In der Kanzlei wurden die Civilstandsregister geführt.
Regensburg erneuerte am 8.12. Dezember 1789 seine Leich- und Trauerordnung und verfügte: "Es ist kein Leichnam auf hiesigen evangelischen Kirchhöfen eher zu begraben, als bis derselbe . . durch . . . einen Medicum untersucht, über dessen Tod ein Attestat bei der Stadt-Kanzley eingereicht und gegen ein Todtenzeichen eingewechselt sein wird." Die Taxe für die Leichenschau betrug 8-12 Kreuzer. Die von Plato als "Begräbnißzeichen" benannten Stücke dienten der "Inventurisation".
Literatur: Schratz, W.: Die Regensburger Rathszeichen, in: Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg 37, 1883, S. 215.
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Ich würde mich freuen, wenn auch andere Mitglieder des Forums hier alten Marken mit Ihrem geschichtlichem Hintergrund vorstellen würden.
Ich mache mal weiter mit einem "Gildepenning" aus den Niederlanden. Eine recht selten gegossene Messing-Marke der Tabakverkäufer aus Aardenburg aus dem Jahre 1669: 35 mm, 31,75 g
Wk 2.1 PL 77, v. Gelder, De Geuzenpenning 1960, Min. II, 404 (falsch zugeordnet: Middelburg), Dirks LXIV 22 (falsch zugeordnet: Middelburg),
https://www.lodenpenningen-mereaux.be/4 ... /443474076 (dieses Exemplar)
Auf der Vorderseite ein Tabakverkäufer mit Wams und Hut, Pfeife rauchend, die Hand auf einem Stapel von Tabakrollen. Auf der Rückseite eine gekrönte Waage über einem Tabakfass.
Obwohl Gildepenninge häufig wie Medaillen aussehen, hatten Sie i.d.R. doch Funktionen einer Marke, z.B. als Legitimationsmarke gegenüber Außenstehenden oder wie wohl hier als Kontrollzeichen für die Anwesenheit (Präsenzzeichen) bei Zunftversammlungen oder Beerdigungen von Mitgliedern.
Dass es aus Aardenburg, ein Ort in der Provinz Zeeland und im Mittelalter ein wichtiger Vorhafen von Brügge, auch Gildenpenninge gibt, ist erst seit 1960 durch die Arbeit von v. Gelder bekannt. Bei der zwangsweisen Auflösung der Gilden mussten aufgrund des Beschlusses der Gemeinde vom 17. Oktober 1794 diese Ihre Bücher, Siegel, Gelder etc. abgeben. Die Gilde der Tabakverkäufer gab u.a. auch 10 „kupferne“ Marken ab, die sich noch heute in der Sammlung der Gemeinde befinden. Die Marken wurde von Jan de Loedder hergestellt.
Bis heute sind 13 Stücke bekannt (Nr.: 6,13,14,25,26,30,34,41, 42,44,46,47,48).
Literatur: Van Gelder, H.E.: Aardenburgs gildepenningen. De Geuzenpenning 10, 1960, S. 16-17.
Teulings, C.D.O.J.: Gildepenningen: Hun rol binnen de ambachtsgilden van de Noordelijke Nederlanden, Dissertation Vrije Universiteit Amsterdam, 2019; https://research.vu.nl/ws/portalfiles/p ... tation.pdf
Ich mache mal weiter mit einem "Gildepenning" aus den Niederlanden. Eine recht selten gegossene Messing-Marke der Tabakverkäufer aus Aardenburg aus dem Jahre 1669: 35 mm, 31,75 g
Wk 2.1 PL 77, v. Gelder, De Geuzenpenning 1960, Min. II, 404 (falsch zugeordnet: Middelburg), Dirks LXIV 22 (falsch zugeordnet: Middelburg),
https://www.lodenpenningen-mereaux.be/4 ... /443474076 (dieses Exemplar)
Auf der Vorderseite ein Tabakverkäufer mit Wams und Hut, Pfeife rauchend, die Hand auf einem Stapel von Tabakrollen. Auf der Rückseite eine gekrönte Waage über einem Tabakfass.
Obwohl Gildepenninge häufig wie Medaillen aussehen, hatten Sie i.d.R. doch Funktionen einer Marke, z.B. als Legitimationsmarke gegenüber Außenstehenden oder wie wohl hier als Kontrollzeichen für die Anwesenheit (Präsenzzeichen) bei Zunftversammlungen oder Beerdigungen von Mitgliedern.
Dass es aus Aardenburg, ein Ort in der Provinz Zeeland und im Mittelalter ein wichtiger Vorhafen von Brügge, auch Gildenpenninge gibt, ist erst seit 1960 durch die Arbeit von v. Gelder bekannt. Bei der zwangsweisen Auflösung der Gilden mussten aufgrund des Beschlusses der Gemeinde vom 17. Oktober 1794 diese Ihre Bücher, Siegel, Gelder etc. abgeben. Die Gilde der Tabakverkäufer gab u.a. auch 10 „kupferne“ Marken ab, die sich noch heute in der Sammlung der Gemeinde befinden. Die Marken wurde von Jan de Loedder hergestellt.
Bis heute sind 13 Stücke bekannt (Nr.: 6,13,14,25,26,30,34,41, 42,44,46,47,48).
Literatur: Van Gelder, H.E.: Aardenburgs gildepenningen. De Geuzenpenning 10, 1960, S. 16-17.
Teulings, C.D.O.J.: Gildepenningen: Hun rol binnen de ambachtsgilden van de Noordelijke Nederlanden, Dissertation Vrije Universiteit Amsterdam, 2019; https://research.vu.nl/ws/portalfiles/p ... tation.pdf
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
[Hallo Martin,
ich möchte heute zwei Augsburger Ungeldzeichen für Getreide aus dem Jahr 1624, also aus dem 30ig-jährigen Krieg, vorstellen. Die Marken sind Steuermarken für Getreide, für ein Schaff (in Bayern 222,36l) und für eine Metze (in Bayern 37,06l). Ein Schaff (oder Scheffel) enthielt also 6 Metzen.
Bernd Roeck beschreibt im Buch "Bäcker, Brot und Getreide in Augsburg" genau die Regelung des Getreidehandels in der Schranne:
Markttage waren Donnerstag und Freitag. Der Markt war eröffnet, sobald die "Schrandtfahne" aufgesteckt worden war, im Sommer morgens um 6 Uhr, im Winter um 7 Uhr "oder so bald es taget". An Feiertagen begann der Markt erst um 9 Uhr; beendet werden sollte er stets "Abendts" um 4 Uhr. Das Abladen des Getreides durfte nur unter Aufsicht der Schrannenknechte erfolgen, das gekaufte Getreide musste durch geschworene "Auflader" auf die Karren geladen werden. In der Schranne war der "Schrandtkörer" für das gelieferte Getreide verantwortlich: Er verwahrte die Getreidesäcke, versah sie mit den Namen der Besitzer und musste eventuelle Verluste ersetzen. Nur mit seinem Vorwissen durften die geschworenen Kornmesser die Getreidesäcke öffnen.
Die Kornmesser hatten besonders wichtige Funktionen. Ihnen oblag die Kontrolle von Qualität und Menge des Getreides - es ist also nicht verwunderlich, dass die Kornmessordnung ihnen verbot, ihr Amt in betrunkenem Zustand zu verrichten!
Die Kornmesser hatten sich zur Mengenbestimmung des reichsstädtischen Maßes zu bedienen, das mit dem Stadtwappen - der Zirbelnuss - gekennzeichnet wurde, nachdem die alljährliche "Eicht" vollzogen war. In einem verschlossenen, ledernen Behälter, den die Kornmesser am Gürtel trugen, verwahrten sie die Ungeld-"zaichen"; allein gegen Vorlage solcher Zeichen durften sie Gerste und Hafer abmessen, das sogenannte "ringe" Getreide. Diese Zeichen wurden vom Getreide-Aufschlags-Amt ausgegeben; indem man bei den Kornschreibern kaufte, bezahlte man das fällige Ungeld.
Der Getreidekauf war abgeschlossen, wenn die Säcke mit dem abgemessenen Getreide "zugestrickt" waren. Danach war es verboten, noch Getreide aus solchen Säcken zu verkaufen; durch diese Bestimmung sollten Zwischenhandel und Spekulation verhindert werden. Weiterhin verbot die Schrannenordnung - um Ungeldhinterziehung zu vermeiden -, die zugestrickten Säcke wieder zu öffnen, um weiteres Getreide hinzuzufügen.
Lit.: Bernd Roeck, "Bäcker, Brot und Getreide in Augsburg", Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 123, 124. Bernd Roeck bezieht sich im Text auf die Stadt-Archiv Augsburg noch vorhandene Kornmesser-Ordnung vom 5. Dezember 1624.
ich möchte heute zwei Augsburger Ungeldzeichen für Getreide aus dem Jahr 1624, also aus dem 30ig-jährigen Krieg, vorstellen. Die Marken sind Steuermarken für Getreide, für ein Schaff (in Bayern 222,36l) und für eine Metze (in Bayern 37,06l). Ein Schaff (oder Scheffel) enthielt also 6 Metzen.
Bernd Roeck beschreibt im Buch "Bäcker, Brot und Getreide in Augsburg" genau die Regelung des Getreidehandels in der Schranne:
Markttage waren Donnerstag und Freitag. Der Markt war eröffnet, sobald die "Schrandtfahne" aufgesteckt worden war, im Sommer morgens um 6 Uhr, im Winter um 7 Uhr "oder so bald es taget". An Feiertagen begann der Markt erst um 9 Uhr; beendet werden sollte er stets "Abendts" um 4 Uhr. Das Abladen des Getreides durfte nur unter Aufsicht der Schrannenknechte erfolgen, das gekaufte Getreide musste durch geschworene "Auflader" auf die Karren geladen werden. In der Schranne war der "Schrandtkörer" für das gelieferte Getreide verantwortlich: Er verwahrte die Getreidesäcke, versah sie mit den Namen der Besitzer und musste eventuelle Verluste ersetzen. Nur mit seinem Vorwissen durften die geschworenen Kornmesser die Getreidesäcke öffnen.
Die Kornmesser hatten besonders wichtige Funktionen. Ihnen oblag die Kontrolle von Qualität und Menge des Getreides - es ist also nicht verwunderlich, dass die Kornmessordnung ihnen verbot, ihr Amt in betrunkenem Zustand zu verrichten!
Die Kornmesser hatten sich zur Mengenbestimmung des reichsstädtischen Maßes zu bedienen, das mit dem Stadtwappen - der Zirbelnuss - gekennzeichnet wurde, nachdem die alljährliche "Eicht" vollzogen war. In einem verschlossenen, ledernen Behälter, den die Kornmesser am Gürtel trugen, verwahrten sie die Ungeld-"zaichen"; allein gegen Vorlage solcher Zeichen durften sie Gerste und Hafer abmessen, das sogenannte "ringe" Getreide. Diese Zeichen wurden vom Getreide-Aufschlags-Amt ausgegeben; indem man bei den Kornschreibern kaufte, bezahlte man das fällige Ungeld.
Der Getreidekauf war abgeschlossen, wenn die Säcke mit dem abgemessenen Getreide "zugestrickt" waren. Danach war es verboten, noch Getreide aus solchen Säcken zu verkaufen; durch diese Bestimmung sollten Zwischenhandel und Spekulation verhindert werden. Weiterhin verbot die Schrannenordnung - um Ungeldhinterziehung zu vermeiden -, die zugestrickten Säcke wieder zu öffnen, um weiteres Getreide hinzuzufügen.
Lit.: Bernd Roeck, "Bäcker, Brot und Getreide in Augsburg", Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 123, 124. Bernd Roeck bezieht sich im Text auf die Stadt-Archiv Augsburg noch vorhandene Kornmesser-Ordnung vom 5. Dezember 1624.
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Chlor35 hat oben in seinem aufschlussreichen Beitrag 2 Marken der ersten Serie an Ungeldzeichen für Getreide, die in Augsburg im dreißigjährigen Krieg hergestellt wurden, beschrieben. Dies möchte ich durch 2 Marken der zweiten Serie ergänzen, die 1645 herausgegeben wurden:
Cu-Ungeldzeichen für 1 Metzen Roggen 1645
18 mm, 1,23g
Neumann 6684, v. Forster 452, Schmid 64, Stahl 85
Messing-Ungeldzeichen für 1 Metzen Kern (Dinkel) 1645
18 mm, 1,89 g
Neumann 37775, v. Forster 453, Schmid 65, Stahl 86
Stempfle schreibt dazu: Die zweite Serie an Getreidezeichen folgte 1645, um auch für Hausgetreide die Ungeldzahlungen besser kontrollieren zu können. Solche Zeichen mussten die Bäcker beim Ausmahlen vorweisen, die Müller waren verpflichtet, nur gegen Vorlage solcher Ungeldzeichen zu
mahlen. Für Kern (Dinkel) und Roggen gab es jeweils Zeichen zu einem sowie zu einem halben Scheffel sowie zu einer Metze. Nach 1645
wurden keine weiteren Getreidezeichen ausgegeben.
Literatur
Stempfle, Ernst: Augsburger Zeichen, eine Bestandsaufnahme, In: Stiften gehen! Wie man aus Not eine Tugend macht. Ausstellungskatalog 500 Jahre Fuggerei, 2021
Cu-Ungeldzeichen für 1 Metzen Roggen 1645
18 mm, 1,23g
Neumann 6684, v. Forster 452, Schmid 64, Stahl 85
Messing-Ungeldzeichen für 1 Metzen Kern (Dinkel) 1645
18 mm, 1,89 g
Neumann 37775, v. Forster 453, Schmid 65, Stahl 86
Stempfle schreibt dazu: Die zweite Serie an Getreidezeichen folgte 1645, um auch für Hausgetreide die Ungeldzahlungen besser kontrollieren zu können. Solche Zeichen mussten die Bäcker beim Ausmahlen vorweisen, die Müller waren verpflichtet, nur gegen Vorlage solcher Ungeldzeichen zu
mahlen. Für Kern (Dinkel) und Roggen gab es jeweils Zeichen zu einem sowie zu einem halben Scheffel sowie zu einer Metze. Nach 1645
wurden keine weiteren Getreidezeichen ausgegeben.
Literatur
Stempfle, Ernst: Augsburger Zeichen, eine Bestandsaufnahme, In: Stiften gehen! Wie man aus Not eine Tugend macht. Ausstellungskatalog 500 Jahre Fuggerei, 2021
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Hallo Martin,
ich kann die von Dir angeführte Halbe Scheffelmarke aus dem Jahr 1625 gerne zeigen.
Ich finde es interessant, dass die Zeichen Scheffel (groß rund), halber Scheffel (klein, viereckig) und Metze (klein, rund) so unterschiedlich gestaltet wurden, dass auch Menschen, die nicht lesen konnten (und das war am Anfang des 17. Jahrhunderts die große Mehrheit), die Zeichen an der Form unterscheiden konnten. Zusätzlich waren die Marken auch noch bebildert.
Es gibt außer den 5 jetzt gezeigten Getreideungeldzeichen noch eine ganze Reihe weiterer Getreidezeichen aus Augsburg im Zeitraum 1624 bis 1645 (Halbe Metze 1624, Scheffelmarke Gerste 1626, Metzenmarke Gerste 1626, Metzenmarke Gerste 1636, Scheffelmarke Roggen 1645, Scheffelmarke Kern 1645, Halbe Scheffelmarke Roggen 1645, Halbe Scheffelmarke Kern 1626). Leider sind alle Getreideungeldzeichen aus Augsburg, außer der Scheffelmarke von 1624, sehr selten und wenn sie mal auftauchen auch heiß umkämpft und damit teuer.
ich kann die von Dir angeführte Halbe Scheffelmarke aus dem Jahr 1625 gerne zeigen.
Ich finde es interessant, dass die Zeichen Scheffel (groß rund), halber Scheffel (klein, viereckig) und Metze (klein, rund) so unterschiedlich gestaltet wurden, dass auch Menschen, die nicht lesen konnten (und das war am Anfang des 17. Jahrhunderts die große Mehrheit), die Zeichen an der Form unterscheiden konnten. Zusätzlich waren die Marken auch noch bebildert.
Es gibt außer den 5 jetzt gezeigten Getreideungeldzeichen noch eine ganze Reihe weiterer Getreidezeichen aus Augsburg im Zeitraum 1624 bis 1645 (Halbe Metze 1624, Scheffelmarke Gerste 1626, Metzenmarke Gerste 1626, Metzenmarke Gerste 1636, Scheffelmarke Roggen 1645, Scheffelmarke Kern 1645, Halbe Scheffelmarke Roggen 1645, Halbe Scheffelmarke Kern 1626). Leider sind alle Getreideungeldzeichen aus Augsburg, außer der Scheffelmarke von 1624, sehr selten und wenn sie mal auftauchen auch heiß umkämpft und damit teuer.
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Heute möchte ich eine Leidener Marke vorstellen, von der man auf ersten Blick annehmen möchte, dass es sich um eine Medaille handelt. Es ist ein silberner Vroedschapspenning der Stadt Leiden, geprägt zwischen 1671 und 1710 im Wert von vermutlich 16 Stuivern.
32,3 mm, 7,96 g
De Beel. mei '78, type 1A; vL. I 196.1, Minard 314
Der Penning zeigt auf der Vorderseite den aufsteigenden Leidener Löwen mit der Umschrift „Nummus Senatorius“, die auf den Zweck der Marke hinweist.
Die Inschrift auf der Rückseite zitiert eine Medaille aus dem Belagerungsjahr 1574 während des 80 jährigen Krieges, in dem Leiden befreit wurde, und lautet übersetzt: Erfahren durch die Besonnenheit und Rechtschaffenheit der Vorfahren, die trotz ihrer Niederlagen und Not ungebeugt waren, lerne die Nachwelt, daß nur mit unablässiger Entschlossenheit das Vaterland geschützt werden kann.
Die Vroedschap war der Name für den Magistrat in den frühneuzeitlichen Niederlanden: ein Mitglied eines solchen Magistrats wurde Vroedman genannt, wörtlich „weiser Mann“. Ein Ehrentitel der Vroedschap war „Vroede vaderen“, „weise Väter“. Der Vroedschapspenning war ein Präsenzzeichen, wie man es auch aus zahlreichen deutschen Städten (Aachen, Köln, Bonn,…) kennt.
Die früheste Erwähnung der Verwendung von Vroedschapspenningen in den nördlichen Niederlanden stammt aus dem Jahr 1488 aus Middelburg.
In den nördlichen Niederlanden handelte es sich bei den Vroedschapspenningen zunächst um einfache Wertmarken aus Blei, Kupfer oder Messing, die zu einem von der Stadtverwaltung festgesetzten Wert in der Stadtkasse gegen Kurantgeld oder in der Stadtkellerei - und in einigen wenigen Fällen an mehreren Orten in der Stadt - gegen Bezahlung eingelöst werden konnten.
Im Jahr 1671 begann Leiden jedoch, besonders fein modellierte silberne Vroedschapspenninge herauszugeben, ein Beispiel, dem bald auch andere Städte folgten (Haarlem 1688, Rotterdam 1689, Gouda 1691, Alkmaar 1692, 's Hertogenbosch 1704 und Den Haag erst 1718).
In der Sitzung der Großen Vroedschap Mitte November 1670 schlug Bürgermeister Meerman "nach dem Beispiel vieler anderer Städte" vor, das Sitzungsgeld von 4 Stuiver auf einen silbernen Penning, den so genannten Vroedschapspenning im Wert von etwa 14 bis 15 Stuiver, umzustellen.
Die Vroedschapspenninge sollten als eine Art Sitzungsgeld dienen. Die Zahlung von Sitzungsgeldern in normalem Tagesgeld war eigentlich nicht mehr Teil des Status, den die Vroedschap zu haben glaubte. Bei gewöhnlichen Vroedschap-Sitzungen erhielten sie eine Wertmarke, bei der Wahl der Bürgermeister (10. November) zwei Wertmarken. Wenn es über die Wahl des Bürgermeisters hinaus noch andere Diskussionspunkte gab, erhielt man eine weitere Wertmarke.
Der Vorschlag von Bürgermeister Meerman wurde angenommen und die Bürgermeister wurden gebeten, einen Stempel für die Marken anfertigen zu lassen. Der offizielle Stempelschneider der Stadt Leiden war zu dieser Zeit Arent Jansz. Smeltzing (1639-1710). Dennoch ging der erste Auftrag an den Utrechter Gold- und Silberschmied Dirk van Werkhoven (gestorben 1692), der für Leiden bereits sog. Schutterspenninge hergestellt hatte. Anfang April 1671 unterbreitet er den Vorschlag, diese Penninge herzustellen, wenn er die Hilfe von zwei städtischen Arbeitern erhält und für jede hergestellte Marke 2 Stuiver und 8 Pfennige (=40 Pfennige) erhält. Der nächste Auftrag geht aber bereits an Simon Rottermont (1620-1678), der Münzmeister von Dordrecht, der sie für 9 Pfennige/Stück herstellte.
Insgesamt wurden zwischen 1671 und 1710 in Summe 16561 Vroedschapspennige hergestellt, die letzten wurden am 14. Januar 1795 ausgeteilt. Ursprünglich wurden Sie auf Silberrohlingen mit einem Wert von 14 Stuiver, später 16 Stuivern geprägt. Und tatsächlich gibt es Vroedschapspennige mit 30 mm und 32 mm Durchmesser.
Literatur:
Wikipedia: Vroedschap
Wiki Munten en papiergeld: Vroedschapspenning
Coingallery: Lateinische Legenden (Phrasen) auf Münzen und Medaillen, https://www.coingallery.de/Texte/latLeg.htm#P,
Zegveld, W.F. van: Leidse Vroedschapspenningen, Leids Jaarboek 1975 bzw. De Beeldenaar (maart 1978) 7-10.
Zegveld, W.F. van: De stempels van de Leidse Vroedschapspenning met leeuw en tekst, De Beeldenaar (mei 1978) 5-8.
32,3 mm, 7,96 g
De Beel. mei '78, type 1A; vL. I 196.1, Minard 314
Der Penning zeigt auf der Vorderseite den aufsteigenden Leidener Löwen mit der Umschrift „Nummus Senatorius“, die auf den Zweck der Marke hinweist.
Die Inschrift auf der Rückseite zitiert eine Medaille aus dem Belagerungsjahr 1574 während des 80 jährigen Krieges, in dem Leiden befreit wurde, und lautet übersetzt: Erfahren durch die Besonnenheit und Rechtschaffenheit der Vorfahren, die trotz ihrer Niederlagen und Not ungebeugt waren, lerne die Nachwelt, daß nur mit unablässiger Entschlossenheit das Vaterland geschützt werden kann.
Die Vroedschap war der Name für den Magistrat in den frühneuzeitlichen Niederlanden: ein Mitglied eines solchen Magistrats wurde Vroedman genannt, wörtlich „weiser Mann“. Ein Ehrentitel der Vroedschap war „Vroede vaderen“, „weise Väter“. Der Vroedschapspenning war ein Präsenzzeichen, wie man es auch aus zahlreichen deutschen Städten (Aachen, Köln, Bonn,…) kennt.
Die früheste Erwähnung der Verwendung von Vroedschapspenningen in den nördlichen Niederlanden stammt aus dem Jahr 1488 aus Middelburg.
In den nördlichen Niederlanden handelte es sich bei den Vroedschapspenningen zunächst um einfache Wertmarken aus Blei, Kupfer oder Messing, die zu einem von der Stadtverwaltung festgesetzten Wert in der Stadtkasse gegen Kurantgeld oder in der Stadtkellerei - und in einigen wenigen Fällen an mehreren Orten in der Stadt - gegen Bezahlung eingelöst werden konnten.
Im Jahr 1671 begann Leiden jedoch, besonders fein modellierte silberne Vroedschapspenninge herauszugeben, ein Beispiel, dem bald auch andere Städte folgten (Haarlem 1688, Rotterdam 1689, Gouda 1691, Alkmaar 1692, 's Hertogenbosch 1704 und Den Haag erst 1718).
In der Sitzung der Großen Vroedschap Mitte November 1670 schlug Bürgermeister Meerman "nach dem Beispiel vieler anderer Städte" vor, das Sitzungsgeld von 4 Stuiver auf einen silbernen Penning, den so genannten Vroedschapspenning im Wert von etwa 14 bis 15 Stuiver, umzustellen.
Die Vroedschapspenninge sollten als eine Art Sitzungsgeld dienen. Die Zahlung von Sitzungsgeldern in normalem Tagesgeld war eigentlich nicht mehr Teil des Status, den die Vroedschap zu haben glaubte. Bei gewöhnlichen Vroedschap-Sitzungen erhielten sie eine Wertmarke, bei der Wahl der Bürgermeister (10. November) zwei Wertmarken. Wenn es über die Wahl des Bürgermeisters hinaus noch andere Diskussionspunkte gab, erhielt man eine weitere Wertmarke.
Der Vorschlag von Bürgermeister Meerman wurde angenommen und die Bürgermeister wurden gebeten, einen Stempel für die Marken anfertigen zu lassen. Der offizielle Stempelschneider der Stadt Leiden war zu dieser Zeit Arent Jansz. Smeltzing (1639-1710). Dennoch ging der erste Auftrag an den Utrechter Gold- und Silberschmied Dirk van Werkhoven (gestorben 1692), der für Leiden bereits sog. Schutterspenninge hergestellt hatte. Anfang April 1671 unterbreitet er den Vorschlag, diese Penninge herzustellen, wenn er die Hilfe von zwei städtischen Arbeitern erhält und für jede hergestellte Marke 2 Stuiver und 8 Pfennige (=40 Pfennige) erhält. Der nächste Auftrag geht aber bereits an Simon Rottermont (1620-1678), der Münzmeister von Dordrecht, der sie für 9 Pfennige/Stück herstellte.
Insgesamt wurden zwischen 1671 und 1710 in Summe 16561 Vroedschapspennige hergestellt, die letzten wurden am 14. Januar 1795 ausgeteilt. Ursprünglich wurden Sie auf Silberrohlingen mit einem Wert von 14 Stuiver, später 16 Stuivern geprägt. Und tatsächlich gibt es Vroedschapspennige mit 30 mm und 32 mm Durchmesser.
Literatur:
Wikipedia: Vroedschap
Wiki Munten en papiergeld: Vroedschapspenning
Coingallery: Lateinische Legenden (Phrasen) auf Münzen und Medaillen, https://www.coingallery.de/Texte/latLeg.htm#P,
Zegveld, W.F. van: Leidse Vroedschapspenningen, Leids Jaarboek 1975 bzw. De Beeldenaar (maart 1978) 7-10.
Zegveld, W.F. van: De stempels van de Leidse Vroedschapspenning met leeuw en tekst, De Beeldenaar (mei 1978) 5-8.
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Eine eigene Kategorie an Zeichen sind die i.d.R. recht selten erhaltenen – weil streng kontrollierten - Bettlerzeichen. Hier eines aus einer Pb/Sn-Legierung der Stadt Brügge aus dem 17. Jahrhundert.
21,4x21,6 mm, 7,33 g
Callewaert B.BP01 (dieses Exemplar), Schodt, Alp. - Minard-Van Hoorebeke –
Das gekrönte „b“ ist das Zeichen der Stadt Brügge, das Loch dient der Befestigung an der Kleidung.
Die spätmittelalterliche Armenfürsorge beruhte i.W. auf den Hospitälern, dem Zünften, Genossen- und Bruderschaften, privaten Stiftungen, Spenden und sonstigen kirchlichen Einrichtungen., also einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen, aber keinem System zur Linderung der Armut.
Zu der Zeit ergab sich in den Städten ein enormer Druck die Armenpflege systematisch zu organisieren. In vielen Städten wurden Bettelordnungen erstellt und immer wieder revidiert, ein Zeichen der Ohnmacht, da die Ursachen der Armut nicht bekämpft wurden.
Der Fokus der Bettelordnungen richtete sich mehr und auf die Differenzierung zwischen „würdigen“ (Wert ein Almosen zu erhalten) und „unwürdigen“ Armen, die bekämpft werden mussten, zu denen auch insbesondere die „Migranten“ unter den Bettlern (um ein tagespolitisch aktuelles Wort zu verwenden) gezählt wurden. Bettelzeichen als Legitimationszeichen, deren Ausgabe und Einzug einer strengen Kontrolle unterzogen wurde, waren ein probates Hilfsmittel zur Steuerung der Armenpflege.
Über Brügge schreibt dazu Paul Callewaert: Rückschläge und Katastrophen trafen die Stadtbewohner, die keine Ersparnisse für schlechte Zeiten hatten, hart. Missernten, Kriege, Zeiten der Lebensmittelknappheit oder Pestepidemien, die Familien ihres Ernährers beraubten, ließen viele in die Armut abgleiten. Viele Einwohner von Brügge konnten sich, wenn überhaupt, nicht über Wasser halten.
Dank der Stiftungen und der Spenden wohlhabender Bürger an die weltlichen Armentafeln war es möglich, die Armen in der Bevölkerung zu unterstützen.
Krüppel, Blinde, Sehbehinderte, Gehörlose und Behinderte mussten Not leiden und waren in der Regel arbeitslos, bettelten auf den Straßen und Plätzen von Brügge und lebten vom Betteln und von Almosen der Armentafel. Verängstigt mussten sie abwarten, was die Kirchen und die Stadtverwaltung ihnen an Lebensmitteln und Brennmaterial, Kleidung und Schuhen geben konnten. Brügge erlaubte das Betteln unter bestimmten Bedingungen und ließ 1402 Bettelmarken für die Armen der Stadt anfertigen. So erhielt Jean den Veltre 3 Pfund und 19 Sous parisis für die Lieferung einer Gussform an die Stadt, um Marken für die Bettler zu gießen. Nach einer Verordnung des Magistrats von Brügge vom März 1526, die am 15. Januar 1529 veröffentlicht und 1530 erneuert wurde, durfte niemand ohne ein Zeichen oder eine Marke betteln.
Nach einer neuen Verordnung vom 9. Mai 1672, Art. 2, gestattete der Magistrat von Brügge „aerme miserable persoonen“, täglich nach dem Mittag eine bis anderthalb Stunden lang vor den Häusern der Einwohner um Brot und Almosen zu bitten, sofern sie von den Abgeordneten dazu ermächtigt wurden und ein Zeichen sowie einen Zettel mit Angaben zu ihrem Namen, Vornamen, Alter, Wohnort und Geburtsort trugen. Über die Eintragung dieser Armen musste ein Register geführt werden, das von jedermann eingesehen werden konnte.
Nach einem Edikt von Karl VI. vom 12. Januar 1734, das für ganz Flandern galt und von Maria-Theresia am 14. Dezember 1765 erneuert wurde, konnten wirklich arme Personen, die auf dem Land geboren und aufgrund ihres Alters oder ihrer körperlichen Gebrechen arbeitsunfähig waren, in der Stadt, der Pfarrei oder dem Dorf, in dem sie geboren oder ansässig waren, um ein Almosen bitten, sofern sie eine Bescheinigung des Priesters und des Pfarrers vorweisen konnten. Dabei mussten sie das dem Bettler verliehene Zeichen tragen. Das Edikt verbot denselben Personen, in anderen Städten, Pfarreien und Nachbardörfern zu betteln, auch bei festlichen Prozessionen. Bei Strafe von sechs Wochen Gefängnis und Verbannung aus der Stadt im Wiederholungsfall. Diesem Edikt des Herrschers, das am 2. Februar 1734 in den Brügger Rathäusern veröffentlicht wurde, folgte am 16. Februar 1734 eine besondere Anordnung des Magistrats der Stadt. Darin wird unter anderem untersagt, dass ein Einwohner der Stadt ohne Erlaubnis der Abgeordneten der Armenkammer betteln geht. Diese Erlaubnis konnte nur schriftlich unter Angabe der Namen und Vornamen der befugten Personen erteilt werden, und das Register, dessen Bildung 1672 vorgeschrieben worden war, wurde beibehalten.
Gleichzeitig wurde angeordnet, dass die Bettler neue Stadtzeichen erhalten sollten, die sie auffällig auf der Brust tragen mussten, ohne sie bedecken zu dürfen, noch durften sie sie weitergeben oder verleihen. Bei Strafe des Ausschlusses aus der Stadt und der Streichung aus dem Register der Registrierung. Für die Durchführung dieser Maßnahmen und insbesondere für die Verteilung der Zeichen und die Erteilung der schriftlichen Erlaubnis mussten sich die Abgeordneten der Armenkammer zwei-mal wöchentlich im Stadthaus im grünen Zimmer treffen, und zwar montags und mittwochs vormittags von neun bis elf Uhr.
Literatur
Callewaert, Paul: Penninxckens van Brugghe, 2023, S. 278
Website Lodenpenninge.be: https://www.lodenpenningen-belgie.be/43 ... /447248148
Bräuer, Helmut: Bettel- und Almosenzeichen Zwischen Norm und Praxis. In: Norm und Praxis im Alltag des Mittelalters und der frühen Neuzeit, 1996, S. 75-94
Hans, Jürgen Wolfgang: Almosenordnungen im 16. Jahrhundert - Anfänge einer Sozialpolitik insbesondere in süddeutschen Städten, Universität Passau, Dissertation 2005
H.C. Maué: Bettlerzeichen und Almosenzeichen im 15. und 16. Jahrhundert. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, 1999, S. 125-140.
21,4x21,6 mm, 7,33 g
Callewaert B.BP01 (dieses Exemplar), Schodt, Alp. - Minard-Van Hoorebeke –
Das gekrönte „b“ ist das Zeichen der Stadt Brügge, das Loch dient der Befestigung an der Kleidung.
Die spätmittelalterliche Armenfürsorge beruhte i.W. auf den Hospitälern, dem Zünften, Genossen- und Bruderschaften, privaten Stiftungen, Spenden und sonstigen kirchlichen Einrichtungen., also einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen, aber keinem System zur Linderung der Armut.
Zu der Zeit ergab sich in den Städten ein enormer Druck die Armenpflege systematisch zu organisieren. In vielen Städten wurden Bettelordnungen erstellt und immer wieder revidiert, ein Zeichen der Ohnmacht, da die Ursachen der Armut nicht bekämpft wurden.
Der Fokus der Bettelordnungen richtete sich mehr und auf die Differenzierung zwischen „würdigen“ (Wert ein Almosen zu erhalten) und „unwürdigen“ Armen, die bekämpft werden mussten, zu denen auch insbesondere die „Migranten“ unter den Bettlern (um ein tagespolitisch aktuelles Wort zu verwenden) gezählt wurden. Bettelzeichen als Legitimationszeichen, deren Ausgabe und Einzug einer strengen Kontrolle unterzogen wurde, waren ein probates Hilfsmittel zur Steuerung der Armenpflege.
Über Brügge schreibt dazu Paul Callewaert: Rückschläge und Katastrophen trafen die Stadtbewohner, die keine Ersparnisse für schlechte Zeiten hatten, hart. Missernten, Kriege, Zeiten der Lebensmittelknappheit oder Pestepidemien, die Familien ihres Ernährers beraubten, ließen viele in die Armut abgleiten. Viele Einwohner von Brügge konnten sich, wenn überhaupt, nicht über Wasser halten.
Dank der Stiftungen und der Spenden wohlhabender Bürger an die weltlichen Armentafeln war es möglich, die Armen in der Bevölkerung zu unterstützen.
Krüppel, Blinde, Sehbehinderte, Gehörlose und Behinderte mussten Not leiden und waren in der Regel arbeitslos, bettelten auf den Straßen und Plätzen von Brügge und lebten vom Betteln und von Almosen der Armentafel. Verängstigt mussten sie abwarten, was die Kirchen und die Stadtverwaltung ihnen an Lebensmitteln und Brennmaterial, Kleidung und Schuhen geben konnten. Brügge erlaubte das Betteln unter bestimmten Bedingungen und ließ 1402 Bettelmarken für die Armen der Stadt anfertigen. So erhielt Jean den Veltre 3 Pfund und 19 Sous parisis für die Lieferung einer Gussform an die Stadt, um Marken für die Bettler zu gießen. Nach einer Verordnung des Magistrats von Brügge vom März 1526, die am 15. Januar 1529 veröffentlicht und 1530 erneuert wurde, durfte niemand ohne ein Zeichen oder eine Marke betteln.
Nach einer neuen Verordnung vom 9. Mai 1672, Art. 2, gestattete der Magistrat von Brügge „aerme miserable persoonen“, täglich nach dem Mittag eine bis anderthalb Stunden lang vor den Häusern der Einwohner um Brot und Almosen zu bitten, sofern sie von den Abgeordneten dazu ermächtigt wurden und ein Zeichen sowie einen Zettel mit Angaben zu ihrem Namen, Vornamen, Alter, Wohnort und Geburtsort trugen. Über die Eintragung dieser Armen musste ein Register geführt werden, das von jedermann eingesehen werden konnte.
Nach einem Edikt von Karl VI. vom 12. Januar 1734, das für ganz Flandern galt und von Maria-Theresia am 14. Dezember 1765 erneuert wurde, konnten wirklich arme Personen, die auf dem Land geboren und aufgrund ihres Alters oder ihrer körperlichen Gebrechen arbeitsunfähig waren, in der Stadt, der Pfarrei oder dem Dorf, in dem sie geboren oder ansässig waren, um ein Almosen bitten, sofern sie eine Bescheinigung des Priesters und des Pfarrers vorweisen konnten. Dabei mussten sie das dem Bettler verliehene Zeichen tragen. Das Edikt verbot denselben Personen, in anderen Städten, Pfarreien und Nachbardörfern zu betteln, auch bei festlichen Prozessionen. Bei Strafe von sechs Wochen Gefängnis und Verbannung aus der Stadt im Wiederholungsfall. Diesem Edikt des Herrschers, das am 2. Februar 1734 in den Brügger Rathäusern veröffentlicht wurde, folgte am 16. Februar 1734 eine besondere Anordnung des Magistrats der Stadt. Darin wird unter anderem untersagt, dass ein Einwohner der Stadt ohne Erlaubnis der Abgeordneten der Armenkammer betteln geht. Diese Erlaubnis konnte nur schriftlich unter Angabe der Namen und Vornamen der befugten Personen erteilt werden, und das Register, dessen Bildung 1672 vorgeschrieben worden war, wurde beibehalten.
Gleichzeitig wurde angeordnet, dass die Bettler neue Stadtzeichen erhalten sollten, die sie auffällig auf der Brust tragen mussten, ohne sie bedecken zu dürfen, noch durften sie sie weitergeben oder verleihen. Bei Strafe des Ausschlusses aus der Stadt und der Streichung aus dem Register der Registrierung. Für die Durchführung dieser Maßnahmen und insbesondere für die Verteilung der Zeichen und die Erteilung der schriftlichen Erlaubnis mussten sich die Abgeordneten der Armenkammer zwei-mal wöchentlich im Stadthaus im grünen Zimmer treffen, und zwar montags und mittwochs vormittags von neun bis elf Uhr.
Literatur
Callewaert, Paul: Penninxckens van Brugghe, 2023, S. 278
Website Lodenpenninge.be: https://www.lodenpenningen-belgie.be/43 ... /447248148
Bräuer, Helmut: Bettel- und Almosenzeichen Zwischen Norm und Praxis. In: Norm und Praxis im Alltag des Mittelalters und der frühen Neuzeit, 1996, S. 75-94
Hans, Jürgen Wolfgang: Almosenordnungen im 16. Jahrhundert - Anfänge einer Sozialpolitik insbesondere in süddeutschen Städten, Universität Passau, Dissertation 2005
H.C. Maué: Bettlerzeichen und Almosenzeichen im 15. und 16. Jahrhundert. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, 1999, S. 125-140.
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Ich mache weiter mit einem sog. Huntslaufzeichen der Grube "Neuer St. Johann" für die Berförderung von Erz aus dem Jahre 1758.
23 mm, 4,94 g
Elbeshausen D65, Neumann 8562
Die Grube wurde 1721 in Betrieb genommen und liegt im Bereich Zellerfeld.
Bergwerksfördermarken (sog. „Huntslaufzeichen) des westlichen Harzgebietes sind eingehend von Siegfried Elbeshausen beschrieben:
Huntslaufzeichen sind seit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts von der landesherrschaftlichen Bergverwaltung herausgegebene offizielle Quittungsmarken für die Abrechnung von Bergwerksförderleistungen.
Sie zeigen auf der Vorderseite durch einen oder mehrere Buchstaben den Namen der Grube, sowie häufig durch einen weiteren Buchstaben die Art des quittierten Fördergutes (E=Erz, B=Berg). Auf der Rückseite befindet sich unter einer 1 ein gefüllter 4-rädriger Hunt. Die meisten gehören in den Communion Harz und wurden daher auch in der Communion-Münzstätte Zellerfeld geprägt. Diese Marke wurde vom Münzmeister Johann Anton Pfeffer hergestellt.
Im 15. Jahrhundert erfolgte der Einsatz von „Ungarischen Hunten“: Man baute als Transportwege hölzerne Bahnen, in deren Mitte eine Nut en „Spurnagel“ führte (der durch den Boden der Hunte gesteckt wurde) um zu verhindern, dass die schweren Wagen sich in weichen oder unebenen Bereichen neben der Spur festliefen, umstürzen, oder Räder oder Achsen brachen. Diese Hunte konnte das 2-2,5 fache Gewicht der Schubkarren (bis 450 kg) laden und wurde von einem oder zwei Männern bewegt.
Deutscher Spurnagelhunt, aus: Georgius Agricola: De re metallica libri XII, 1556
Der Transport in Hunten zum Zwecke der Tagesförderung wurde im Harz von sog. „Huntsläufern am Tag“ besorgt, der Transport innerhalb des Grubenbaues, also z.B. von Versatzmaterial zu Verfüllen leerer Strecken oder Abbaubereiche, von „Hunts-Stößern“.
Die Verwendung von Huntslaufzeichen ist nicht genau geklärt. Es ist bekannt, dass im Bergwerk sogenannte „Nachzähler“ beschäftigt wurden, de ein Mogeln der Huntsläufer bzw. – stößer zu verhindern versuchten. Sie führten Buch, und nach Elbeshausen deponierten Sie wahrscheinlich für den Huntsläu-fer bzw. – stößer auch die Huntslaufzeichen, eventuell in einer Sammelbüchse.
Die Huntslaufzeichen erfüllte bis zur nächsten Lohnabrechnung am Wochenende, wo sie dann gegen bare Münze bei der Bergverwaltung eingetauscht werden konnten, die Funktion eines Ersatzgeldes – ähnlich wie in vielen Betrieben Englands und seiner Kolonien etwa zur gleichen Zeit. Ob und wie sich die Art des geförderten Materials „E“ (Erz) oder „B“ (Berg) eventuell auf die Entlohnung auswirkte ist nicht bekannt.
Es gibt auch ähnlich aussehende schwedische Bergwerksmarken.
Literatur: Elbeshausen, Siegfried: Oberharzer Jetons aus den Münzstätten der Welfen, Bremer Beiträge zur Münz- und Geldgeschichte, Bd. 5
23 mm, 4,94 g
Elbeshausen D65, Neumann 8562
Die Grube wurde 1721 in Betrieb genommen und liegt im Bereich Zellerfeld.
Bergwerksfördermarken (sog. „Huntslaufzeichen) des westlichen Harzgebietes sind eingehend von Siegfried Elbeshausen beschrieben:
Huntslaufzeichen sind seit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts von der landesherrschaftlichen Bergverwaltung herausgegebene offizielle Quittungsmarken für die Abrechnung von Bergwerksförderleistungen.
Sie zeigen auf der Vorderseite durch einen oder mehrere Buchstaben den Namen der Grube, sowie häufig durch einen weiteren Buchstaben die Art des quittierten Fördergutes (E=Erz, B=Berg). Auf der Rückseite befindet sich unter einer 1 ein gefüllter 4-rädriger Hunt. Die meisten gehören in den Communion Harz und wurden daher auch in der Communion-Münzstätte Zellerfeld geprägt. Diese Marke wurde vom Münzmeister Johann Anton Pfeffer hergestellt.
Im 15. Jahrhundert erfolgte der Einsatz von „Ungarischen Hunten“: Man baute als Transportwege hölzerne Bahnen, in deren Mitte eine Nut en „Spurnagel“ führte (der durch den Boden der Hunte gesteckt wurde) um zu verhindern, dass die schweren Wagen sich in weichen oder unebenen Bereichen neben der Spur festliefen, umstürzen, oder Räder oder Achsen brachen. Diese Hunte konnte das 2-2,5 fache Gewicht der Schubkarren (bis 450 kg) laden und wurde von einem oder zwei Männern bewegt.
Deutscher Spurnagelhunt, aus: Georgius Agricola: De re metallica libri XII, 1556
Der Transport in Hunten zum Zwecke der Tagesförderung wurde im Harz von sog. „Huntsläufern am Tag“ besorgt, der Transport innerhalb des Grubenbaues, also z.B. von Versatzmaterial zu Verfüllen leerer Strecken oder Abbaubereiche, von „Hunts-Stößern“.
Die Verwendung von Huntslaufzeichen ist nicht genau geklärt. Es ist bekannt, dass im Bergwerk sogenannte „Nachzähler“ beschäftigt wurden, de ein Mogeln der Huntsläufer bzw. – stößer zu verhindern versuchten. Sie führten Buch, und nach Elbeshausen deponierten Sie wahrscheinlich für den Huntsläu-fer bzw. – stößer auch die Huntslaufzeichen, eventuell in einer Sammelbüchse.
Die Huntslaufzeichen erfüllte bis zur nächsten Lohnabrechnung am Wochenende, wo sie dann gegen bare Münze bei der Bergverwaltung eingetauscht werden konnten, die Funktion eines Ersatzgeldes – ähnlich wie in vielen Betrieben Englands und seiner Kolonien etwa zur gleichen Zeit. Ob und wie sich die Art des geförderten Materials „E“ (Erz) oder „B“ (Berg) eventuell auf die Entlohnung auswirkte ist nicht bekannt.
Es gibt auch ähnlich aussehende schwedische Bergwerksmarken.
Literatur: Elbeshausen, Siegfried: Oberharzer Jetons aus den Münzstätten der Welfen, Bremer Beiträge zur Münz- und Geldgeschichte, Bd. 5
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Ein überdurchschnittlich gut erhaltenes Exemplar dieser interessanten Huntsmarken zeigst Du uns hier! Ich habe in meiner Montansammlung nur eine weniger gut erhaltene Marke, die Abkürzung dort löst sich folgendermaßen auf: Lautentals Hoffnungs Stollen Berg
Interessant ist auch, dass diese Marken auf alten kupfernen Scheidemünzen geprägt wurden, gelegentlich sind deshalb noch Reste der Unterprägung erkennbar.
Beste Grüße
Tilos
Interessant ist auch, dass diese Marken auf alten kupfernen Scheidemünzen geprägt wurden, gelegentlich sind deshalb noch Reste der Unterprägung erkennbar.
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Ein „B“ fehlt mir noch i.m.S. Es gab diese Zeichen aber auch ohne B(erg), E(rz) und auch in Silber, wie dieses Ag-Huntslaufzeichen des im westlichen Harzes liegenden 19-Lachter Stollen, ebenfalls aus dem Jahre 1758.
22 mm, 4,87 g
Elbeshausen D36, vgl. Neumann 38069 in Cu
Hergestellt in der Communion - Münzstätte Zellerfeld, Münzmeister: Johann Anton Pfeffer. Als Ag-Abschlag diente er wohl nicht der Abrechnung, sondern wurde eher als Geschenk hergestellt, wie man es auch von anderen Ag-Abschlägen von Cu-Marken oder auch Cu-Münzen kennt.
Der 19-Lachter-Stollen war eine der wichtigsten Anlagen des alten Oberharzer Silberbergbaus und kann noch heute besichtigt werden. Der 19-Lachter-Stollen (auch Oberer Wildemanns-Stollen, Getroster Hedwigstollen oder Sechszig-Lachter-Stollen genannt) ist ein Wasserlösungsstollen des Oberharzer Bergbaus und ist Bestandteil der Welterbe-Route des UNESCO-Welterbes im Harz.
Der Name 19-Lachter-Stollen kommt vom „Lachter“, einem Längenmaß aus dem Bergbau. Der Stollen wurde so genannt, da er 19 Clausthaler Lachter (ca. 36 m) unter dem Glückswardstollen lag, welcher wiederum auch 16-Lachter-Stollen genannt wurde, da er 16 Lachter unter dem Frankenscharrn-Stollen, dem Hauptstollen des östlichen Zellerfelder Gangzuges, lag.
Unter Herzog Heinrich dem Jüngeren wählte man 1535 an der Innerste gegenüber dem Wildemanner Rathause den Ansatzpunkt für das erste Mundloch. Ab 1551 begann man mit den eigentlichen Arbeiten, um eine Möglichkeit der Bewetterung des Tiefen Wildemanns-Stollens zu schaffen. Aufgrund sehr harten Gesteins stellte man noch im selben Jahr die Arbeiten ein. Erst 1570 setzte man unter Herzog Julius die Arbeiten an dem dann als Getroster Hedwigstollen bekannten Stollen fort. Bis 1690 wurde er in mühseliger Arbeit, anfangs allein mit Schlägel und Eisen, in den Berg getrieben. Der Vortrieb pro Bergmann und Schicht betrug nur zwischen einem und wenigen Zentimetern.
Literatur:
Elbeshausen, Siegfried: Oberharzer Jetons aus den Münzstätten der Welfen, Bremer Beiträge zur Münz- und Geldgeschichte, Bd. 5
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/19-Lachter-Stollen
Dirks, Hans G.: Der 19 Lachter Stollen und die Grube Ernst August in Wildemann. Pieper, Clausthal-Zellerfeld 1989
https://www.19-lachter-stollen.de/fuehr ... er-stollen
22 mm, 4,87 g
Elbeshausen D36, vgl. Neumann 38069 in Cu
Hergestellt in der Communion - Münzstätte Zellerfeld, Münzmeister: Johann Anton Pfeffer. Als Ag-Abschlag diente er wohl nicht der Abrechnung, sondern wurde eher als Geschenk hergestellt, wie man es auch von anderen Ag-Abschlägen von Cu-Marken oder auch Cu-Münzen kennt.
Der 19-Lachter-Stollen war eine der wichtigsten Anlagen des alten Oberharzer Silberbergbaus und kann noch heute besichtigt werden. Der 19-Lachter-Stollen (auch Oberer Wildemanns-Stollen, Getroster Hedwigstollen oder Sechszig-Lachter-Stollen genannt) ist ein Wasserlösungsstollen des Oberharzer Bergbaus und ist Bestandteil der Welterbe-Route des UNESCO-Welterbes im Harz.
Der Name 19-Lachter-Stollen kommt vom „Lachter“, einem Längenmaß aus dem Bergbau. Der Stollen wurde so genannt, da er 19 Clausthaler Lachter (ca. 36 m) unter dem Glückswardstollen lag, welcher wiederum auch 16-Lachter-Stollen genannt wurde, da er 16 Lachter unter dem Frankenscharrn-Stollen, dem Hauptstollen des östlichen Zellerfelder Gangzuges, lag.
Unter Herzog Heinrich dem Jüngeren wählte man 1535 an der Innerste gegenüber dem Wildemanner Rathause den Ansatzpunkt für das erste Mundloch. Ab 1551 begann man mit den eigentlichen Arbeiten, um eine Möglichkeit der Bewetterung des Tiefen Wildemanns-Stollens zu schaffen. Aufgrund sehr harten Gesteins stellte man noch im selben Jahr die Arbeiten ein. Erst 1570 setzte man unter Herzog Julius die Arbeiten an dem dann als Getroster Hedwigstollen bekannten Stollen fort. Bis 1690 wurde er in mühseliger Arbeit, anfangs allein mit Schlägel und Eisen, in den Berg getrieben. Der Vortrieb pro Bergmann und Schicht betrug nur zwischen einem und wenigen Zentimetern.
Literatur:
Elbeshausen, Siegfried: Oberharzer Jetons aus den Münzstätten der Welfen, Bremer Beiträge zur Münz- und Geldgeschichte, Bd. 5
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/19-Lachter-Stollen
Dirks, Hans G.: Der 19 Lachter Stollen und die Grube Ernst August in Wildemann. Pieper, Clausthal-Zellerfeld 1989
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
nochmal Augsburger Zeichen aus dem 16. Jahrhundert ... diesmal Marken für den verbilligten Bezug von Brot
Kupfermarken: 1,89g, 1,96g, beide ca. 20mm Durchmesser
Messingmarken: 1,70g, 1,22g (Riss), beide ca. 20mm Durchmesser
Wohlhabende Bürger und der Rat der Stadt Augsburg backen ab ca. 1500, in Zeiten sehr hoher Getreidepreise und damit verbunden auch sehr hoher Brotpreise, Brot und geben dieses Brot verbilligt oder kostenlos an bedürftige Bürger ab.
Paul von Stetten beschreibt dazu, dass 1517 der vermögende Bürger Wilhelm Rehm damit begonnen habe, auf eigene Kosten, in den Spitalbacköfen eine große Zahl Brot zu backen und kostenlos an die notleidende Bürgerschaft zu verteilen. Diesem Beispiel folgte im gleichen Jahr auch der Rat der Stadt Augsburg. Der Chronist bezeichnet die Jahre 1529, 1533 und 1551 als Jahre, in denen aufgrund des großen Mangels an Getreide die Stadt ungemein große Mengen an Roggen abbacken und an die notleidenden Bürger um einen „gar leidlichen“ Preis verkaufen lässt.
Brotzeichen, die bedürftige Bürger der Stadt Augsburg dazu berechtigen, verbilligtes Brot zu beziehen, erwähnt Paul von Stetten das erste Mal für das Jahr 1552: „ Wegen des damaligen Brod-Mangels ließ der Rath abermal in der Stadt Back-Oefen Brod, und zwar 1 Schaff Roggen zu 3 Gulden backen, dabey aber denen Austheilern der –Brod-Zeichen befohlen, keiner vermöglichen Person dergleichen Zeichen folgen zu lassen“. In den Jahren 1560, 1567 und 1569 muss die Stadt Augsburg wegen des Getreidemangels und des damit verbundenen Preisanstiegs für Brot wieder in den Stadtbacköfen für die armen Bürger Brot backen. Für das Jahr 1567 und 1569 beschreibt von Stetten, dass der Rat der Stadt jede Woche 20.000 mehr als dreipfündige Brote backen ließ, die für 8 Pfennige an die Bedürftigen abgegeben wurden. Auch im Jahr 1570 muss der Rat der Stadt erneut Brot backen lassen. In diesem Jahr sogar 23.000 fast vierpfündige Brote pro Woche. Die Brote werden weiterhin an Bedürftige, die Brotzeichen besitzen, für 8 Pfennige abgegeben, damals die Hälfte des Preises, zudem die Bäcker der Stadt das Brot verkaufen.
Die Anzahl der Bezugsberechtigten wird Ende des Jahres 1570 durch den Rat eingeschränkt. Wer ein eigenes Haus besitzt, wer ein Wirtshaus führt, wer für den Rat der Stadt arbeitet und diejenigen, die vor weniger als 5 Jahren geheiratet haben, dürfen kein verbilligtes Brot erwerben. Paul von Stetten beklagt sich, dass sich in der Zwischenzeit viele besser situierte Bürger, unberechtigterweise in den Besitz von Brotzeichen gebracht haben. Deshalb wird die Bedürftigkeit jedes einzelnen Bürgers erneut überprüft und die Brotzeichen der Berechtigten durch Einschlagen des Pyr auf der Vorderseite und der Zahl 70 auf der Rückseite speziell gekennzeichnet: „und die Brod-Zeichen, damit keine Gefahr mit selbigen gebraucht werden könnte, hinfüro besonders gemerckt werden sollen.“
Auch die Form des Pyrs auf der Vorderseite der Zeichen belegt, dass die Zeichen in den Zeitraum 1560 bis 1600 zu datieren sind. Die Brotzeichen wurden in einer großen Variantenanzahl (Schmid zählt sieben, Forster fünf Varianten des Zeichens, davon nur zwei identisch mit Schmid) sowohl in Kupfer als auch in Messing, offensichtlich über einen längeren Zeitraum geprägt. Diese Brotzeichen der Stadt Augsburg finden sich auch heute, aufgrund der hohen geprägten Stückzahl, noch häufig in numismatischen Katalogen und bei Auktionen. Es treten tatsächlich auch sowohl Zeichen mit und ohne den im Jahr 1570 zusätzlich eingeschlagenen Pyr auf der Rückseite und der Zahl 70 auf der Vorderseite auf.
Lit.:
Paul von Stetten (der Ältere) „Geschichte Der Heil. Röm. Reichs Freyen Stadt Augspurg / Aus bewährten Jahr-Büchern und Tüchtigen Urkunden gezogen und an das Licht gegeben durch Paul von Stetten, In der Merz- und Mayerischen Buch-Handlung, Frankfurt und Leipzig (1743)
Kupfermarken: 1,89g, 1,96g, beide ca. 20mm Durchmesser
Messingmarken: 1,70g, 1,22g (Riss), beide ca. 20mm Durchmesser
Wohlhabende Bürger und der Rat der Stadt Augsburg backen ab ca. 1500, in Zeiten sehr hoher Getreidepreise und damit verbunden auch sehr hoher Brotpreise, Brot und geben dieses Brot verbilligt oder kostenlos an bedürftige Bürger ab.
Paul von Stetten beschreibt dazu, dass 1517 der vermögende Bürger Wilhelm Rehm damit begonnen habe, auf eigene Kosten, in den Spitalbacköfen eine große Zahl Brot zu backen und kostenlos an die notleidende Bürgerschaft zu verteilen. Diesem Beispiel folgte im gleichen Jahr auch der Rat der Stadt Augsburg. Der Chronist bezeichnet die Jahre 1529, 1533 und 1551 als Jahre, in denen aufgrund des großen Mangels an Getreide die Stadt ungemein große Mengen an Roggen abbacken und an die notleidenden Bürger um einen „gar leidlichen“ Preis verkaufen lässt.
Brotzeichen, die bedürftige Bürger der Stadt Augsburg dazu berechtigen, verbilligtes Brot zu beziehen, erwähnt Paul von Stetten das erste Mal für das Jahr 1552: „ Wegen des damaligen Brod-Mangels ließ der Rath abermal in der Stadt Back-Oefen Brod, und zwar 1 Schaff Roggen zu 3 Gulden backen, dabey aber denen Austheilern der –Brod-Zeichen befohlen, keiner vermöglichen Person dergleichen Zeichen folgen zu lassen“. In den Jahren 1560, 1567 und 1569 muss die Stadt Augsburg wegen des Getreidemangels und des damit verbundenen Preisanstiegs für Brot wieder in den Stadtbacköfen für die armen Bürger Brot backen. Für das Jahr 1567 und 1569 beschreibt von Stetten, dass der Rat der Stadt jede Woche 20.000 mehr als dreipfündige Brote backen ließ, die für 8 Pfennige an die Bedürftigen abgegeben wurden. Auch im Jahr 1570 muss der Rat der Stadt erneut Brot backen lassen. In diesem Jahr sogar 23.000 fast vierpfündige Brote pro Woche. Die Brote werden weiterhin an Bedürftige, die Brotzeichen besitzen, für 8 Pfennige abgegeben, damals die Hälfte des Preises, zudem die Bäcker der Stadt das Brot verkaufen.
Die Anzahl der Bezugsberechtigten wird Ende des Jahres 1570 durch den Rat eingeschränkt. Wer ein eigenes Haus besitzt, wer ein Wirtshaus führt, wer für den Rat der Stadt arbeitet und diejenigen, die vor weniger als 5 Jahren geheiratet haben, dürfen kein verbilligtes Brot erwerben. Paul von Stetten beklagt sich, dass sich in der Zwischenzeit viele besser situierte Bürger, unberechtigterweise in den Besitz von Brotzeichen gebracht haben. Deshalb wird die Bedürftigkeit jedes einzelnen Bürgers erneut überprüft und die Brotzeichen der Berechtigten durch Einschlagen des Pyr auf der Vorderseite und der Zahl 70 auf der Rückseite speziell gekennzeichnet: „und die Brod-Zeichen, damit keine Gefahr mit selbigen gebraucht werden könnte, hinfüro besonders gemerckt werden sollen.“
Auch die Form des Pyrs auf der Vorderseite der Zeichen belegt, dass die Zeichen in den Zeitraum 1560 bis 1600 zu datieren sind. Die Brotzeichen wurden in einer großen Variantenanzahl (Schmid zählt sieben, Forster fünf Varianten des Zeichens, davon nur zwei identisch mit Schmid) sowohl in Kupfer als auch in Messing, offensichtlich über einen längeren Zeitraum geprägt. Diese Brotzeichen der Stadt Augsburg finden sich auch heute, aufgrund der hohen geprägten Stückzahl, noch häufig in numismatischen Katalogen und bei Auktionen. Es treten tatsächlich auch sowohl Zeichen mit und ohne den im Jahr 1570 zusätzlich eingeschlagenen Pyr auf der Rückseite und der Zahl 70 auf der Vorderseite auf.
Lit.:
Paul von Stetten (der Ältere) „Geschichte Der Heil. Röm. Reichs Freyen Stadt Augspurg / Aus bewährten Jahr-Büchern und Tüchtigen Urkunden gezogen und an das Licht gegeben durch Paul von Stetten, In der Merz- und Mayerischen Buch-Handlung, Frankfurt und Leipzig (1743)
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Zu den Marken gehören m.E. auch Belagerungsmünzen. Geldersatzzeichen, die in einer speziellen Situation – häufig zur Bezahlung von Söldnern – hergestellt wurden, i.d.R. mit dem Versprechen Sie nach der Notsituation in Kurantgeld umzutauschen. In der „Systematik der Marken und Zeichen“ von Gustav Schöttle sind Sie in der Kategorie E1 „Private und kommunale allgemeine Geldzeichen“ zu finden.
Aus dem 30 jährigen Krieg möchte ich eine Belagerungsklippe zu 1 Reichstaler des Kardinals Franz Wilhelm Graf von Wartenberg in seiner Funktion als Bischof von Osnabrück (1625-1651), geprägt während der Belagerung durch die schwedischen Truppen vom 14. August bis zum 11. September 1633, vorstellen.
28 x 30 x 3,5 mm, 29,05 g
Brause-Mansfeld Tf. 21, 1 (Vorderseite); Kennepohl 215; Engel/Fabre/Perret/Wattier 4.1.21.1
Die Klippe zeigt den hl. Petrus mit Schlüssel und Buch vor dem vierfeldrigen Wappen (Osnabrück, Wartenberg / Wartenberg, Osnabrück). Die meisten erhaltenen Stücke zeigen wie dieses einen Stempelriss zwischen der Krone des Heiligen und der letzten 3 der Jahreszahl.
Zum historischen Hintergrund:
Nach Beginn des Dreißigjährigen Krieges rüstete Osnabrück seine Befestigungen weiter auf und stellte eigene Soldaten zur Verteidigung der Stadt ein. In den ersten Kriegsjahren schaffte es Osnabrück vor allem durch Diplomatie und Geldzahlungen, Drohungen und Besatzungen der Kriegsparteien abzuwenden und somit offiziell neutral zu bleiben.
Innerhalb der Stadt wuchsen Konflikte des protestantischen Rates und Bürgertums mit dem Domkapitel und dem amtierenden Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg, der auf der Seite der Katholischen Liga stand. Nachdem die katholischen Truppen die protestantischen Dänen unter König Christian IV. stark zurückdrängen konnten, war die Neutralität aufgrund der katholischen Übermacht nicht mehr aufrecht zu halten, weshalb sich Osnabrück 1628 kampflos einnehmen ließ. Die Stadt musste anschließend Besatzungstruppen aufnehmen und versorgen, was die Bürger schwer belastete.
Der Bischof nutzte die veränderten Machtverhältnisse, um Osnabrück zu rekatholisieren: er ließ die Klöster wiederaufleben und die evangelischen Prediger mussten ihre Posten und die Stadt verlassen. Die evangelische Ratsschule, die im Nachgang der Reformation als Gegenpol zur katholischen Domschule (Carolinum) gegründet worden war, musste schließen. Kinder durften ausschließlich katholisch getauft werden. Da größere Erfolge bei der Rekatholisierung der Stadtbevölkerung allerdings ausblieben, ließ der Bischof südlich der Stadt die Zitadellenfestung Petersburg errichten, um die Bürger besser überwachen zu können. Bei den Ratswahlen Anfang 1629 intervenierte Franz Wilhelm und sorgte durch Strafandrohung für die Wahl eines mehrheitlich katholischen Stadtrates. Die alten Ratsherren mussten, da sie sich weigerten, die Konfession zu wechseln, ebenfalls die Stadt verlassen.
Mit dem Kriegseintritt der protestantischen Schweden unter Gustav II. Adolf und ihrem Sieg bei Breitenfeld 1631 änderte sich die Kriegslage. Schwedische Truppen unter Befehl von Georg von Braunschweig-Lüneburg besetzten 1633 kurzzeitig das Stift Osnabrück, was die nun offiziell katholische Stadt und ihre Besatzer in den Alarmzustand versetzte.
Um die Widerstandskraft der Soldateska zu erhöhen, lag dem Bischof sehr daran, dass die Soldzahlungen sichergestellt wurden. Sein bereits im Februar 1633 initiierter Versuch Silbermünzen aus dem Stiftsilber zu schlagen misslang. Mit der Absage des Münsterschen Goldschmiedes Hermann Potthoff blieb nichts anderes übrig als Kupfergeld zu schlagen.
3 Schilling (Schreckenberger) 1633, 32 mm, 6,42 g
Weingärtner 290, Kennepohl 213
12 Pfennige 1633, 28 mm, 4,96 g
Weingärtner 291, Kennepohl 214
In 2 Verordnungen vom 19. und 20. Juni 1633 (zu dieser Zeit war das Stift bereits durch die Schweden besetzt) wurde der gesamten Bevölkerung in Stift und Stadt die Annahme des neuen Kupfergeldes schärfstens anbefohlen. Wer dem Befehle nicht nachkommen würde, sollte von Haus und Hof vertrieben werden.
Am 28. Juni 1633 hatten die Kaiserlichen bei Oldendorf eine schwere Niederlage erlitten, sodass die Schweden ungestört zur Belagerung der Stadt Osnabrück schreiten konnten.
Bereits am 20. Juni wurde die Ausgabe von Silbergeld angekündigt auf Befehl von Bischof Franz von Wartenberg, der sich wahrscheinlich bereits am 14. Juli nach Münster bzw. Petersberg flüchtete.
Am 13. August wurde die Stadt eingeschlossen. Inzwischen war die Ausgabe von Silbergeld immer dringender geworden, da nicht nur die Bürgerschaft, sondern auch der Kommandant von Osnabrück im Namen der Besatzung gegen den übermäßigen Umlauf der bischöflichen Kupfermünzen Verwahrung einlegt.
Am 28. Juli und am 14. August beschloß das Domkapitel, dass „des Stiffts Silberwerck zu Bezhalung der Soldaten in schlechten (d.h. schlichten) platen und also ohne große Kosten vermuntzet werden mögte“.
Zu diesem Silber kamen noch die silbernen Geschmeide, Ketten, Becher, Knöpfe u. dergl., die seitens der Bevölkerung bei der Schatzerhebung aus Mangel an barem Geld eingeliefert und von den Einnehmern mit 9 Schillingen für das Loth angerechnet wurden. Auf die beabsichtigten Klippen sollte „ahn der einen seitten Reverendissimi waffen und S. Petri bilt auffgeschlagen werden“. Diese Stücke müssen in der Zeit vom 14. August bis zum 11. September 1633, dem Tage der Übergabe der Stadt an die Schweden, entstanden sein.
Nach rund zweiwöchiger Belagerung, der die Stadtmauern standhielten, stimmten die zahlenmäßig unterlegenen Besatzer Verhandlungen zu. Am 12. September verließ die Führungsriege die Stadt, 600 Mann Fußtruppen zogen sich auf die Petersburg zurück und die Stadt wurde durch die Schweden eingenommen. Die kaiserlichen Soldaten auf der Petersburg wurden noch einige Wochen belagert und beschossen und kapitulierten am 24. September schließlich, da sie keine Hilfe von außerhalb erhielten. Die Schweden zogen ab, nachdem die Stadt ihre finanziellen Forderungen erbrachte, ließen aber auch eine Besatzung zurück.
In der Folgezeit wurden die kirchlichen und politischen Verhältnisse aus der Zeit vor der Rekatholisierung weitgehend wiederhergestellt. Die kaiserlichen Truppen konnten bis 1636 das Stift Osnabrück zurückerobern, ließen von einem Versuch der Rückeroberung der Stadt jedoch ab. Abgesehen von der fortwährenden Besatzung blieb Osnabrück für den Rest des Krieges vom Kriegsgeschehen weitgehend unberührt.
Literatur:
Schöttle, G.: Systematik der Marken alter und neuer Zeit. In. NZ. 13 (1920) S. 1-35
Kennepohl, Karl: Die Münzen von Osnabrück. Die Prägungen des Bistums und des Domkapitels Osnabrück, der Stadt Osnabrück, sowie des Kollegiatstiftes und der Stadt Wiedenbrück. Reprint der Ausgabe 1938. H. Dombrowski, 1967
Wikipedia: Osnabrück, https://de.wikipedia.org/wiki/Osnabr%C3%BCckm
Aus dem 30 jährigen Krieg möchte ich eine Belagerungsklippe zu 1 Reichstaler des Kardinals Franz Wilhelm Graf von Wartenberg in seiner Funktion als Bischof von Osnabrück (1625-1651), geprägt während der Belagerung durch die schwedischen Truppen vom 14. August bis zum 11. September 1633, vorstellen.
28 x 30 x 3,5 mm, 29,05 g
Brause-Mansfeld Tf. 21, 1 (Vorderseite); Kennepohl 215; Engel/Fabre/Perret/Wattier 4.1.21.1
Die Klippe zeigt den hl. Petrus mit Schlüssel und Buch vor dem vierfeldrigen Wappen (Osnabrück, Wartenberg / Wartenberg, Osnabrück). Die meisten erhaltenen Stücke zeigen wie dieses einen Stempelriss zwischen der Krone des Heiligen und der letzten 3 der Jahreszahl.
Zum historischen Hintergrund:
Nach Beginn des Dreißigjährigen Krieges rüstete Osnabrück seine Befestigungen weiter auf und stellte eigene Soldaten zur Verteidigung der Stadt ein. In den ersten Kriegsjahren schaffte es Osnabrück vor allem durch Diplomatie und Geldzahlungen, Drohungen und Besatzungen der Kriegsparteien abzuwenden und somit offiziell neutral zu bleiben.
Innerhalb der Stadt wuchsen Konflikte des protestantischen Rates und Bürgertums mit dem Domkapitel und dem amtierenden Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg, der auf der Seite der Katholischen Liga stand. Nachdem die katholischen Truppen die protestantischen Dänen unter König Christian IV. stark zurückdrängen konnten, war die Neutralität aufgrund der katholischen Übermacht nicht mehr aufrecht zu halten, weshalb sich Osnabrück 1628 kampflos einnehmen ließ. Die Stadt musste anschließend Besatzungstruppen aufnehmen und versorgen, was die Bürger schwer belastete.
Der Bischof nutzte die veränderten Machtverhältnisse, um Osnabrück zu rekatholisieren: er ließ die Klöster wiederaufleben und die evangelischen Prediger mussten ihre Posten und die Stadt verlassen. Die evangelische Ratsschule, die im Nachgang der Reformation als Gegenpol zur katholischen Domschule (Carolinum) gegründet worden war, musste schließen. Kinder durften ausschließlich katholisch getauft werden. Da größere Erfolge bei der Rekatholisierung der Stadtbevölkerung allerdings ausblieben, ließ der Bischof südlich der Stadt die Zitadellenfestung Petersburg errichten, um die Bürger besser überwachen zu können. Bei den Ratswahlen Anfang 1629 intervenierte Franz Wilhelm und sorgte durch Strafandrohung für die Wahl eines mehrheitlich katholischen Stadtrates. Die alten Ratsherren mussten, da sie sich weigerten, die Konfession zu wechseln, ebenfalls die Stadt verlassen.
Mit dem Kriegseintritt der protestantischen Schweden unter Gustav II. Adolf und ihrem Sieg bei Breitenfeld 1631 änderte sich die Kriegslage. Schwedische Truppen unter Befehl von Georg von Braunschweig-Lüneburg besetzten 1633 kurzzeitig das Stift Osnabrück, was die nun offiziell katholische Stadt und ihre Besatzer in den Alarmzustand versetzte.
Um die Widerstandskraft der Soldateska zu erhöhen, lag dem Bischof sehr daran, dass die Soldzahlungen sichergestellt wurden. Sein bereits im Februar 1633 initiierter Versuch Silbermünzen aus dem Stiftsilber zu schlagen misslang. Mit der Absage des Münsterschen Goldschmiedes Hermann Potthoff blieb nichts anderes übrig als Kupfergeld zu schlagen.
3 Schilling (Schreckenberger) 1633, 32 mm, 6,42 g
Weingärtner 290, Kennepohl 213
12 Pfennige 1633, 28 mm, 4,96 g
Weingärtner 291, Kennepohl 214
In 2 Verordnungen vom 19. und 20. Juni 1633 (zu dieser Zeit war das Stift bereits durch die Schweden besetzt) wurde der gesamten Bevölkerung in Stift und Stadt die Annahme des neuen Kupfergeldes schärfstens anbefohlen. Wer dem Befehle nicht nachkommen würde, sollte von Haus und Hof vertrieben werden.
Am 28. Juni 1633 hatten die Kaiserlichen bei Oldendorf eine schwere Niederlage erlitten, sodass die Schweden ungestört zur Belagerung der Stadt Osnabrück schreiten konnten.
Bereits am 20. Juni wurde die Ausgabe von Silbergeld angekündigt auf Befehl von Bischof Franz von Wartenberg, der sich wahrscheinlich bereits am 14. Juli nach Münster bzw. Petersberg flüchtete.
Am 13. August wurde die Stadt eingeschlossen. Inzwischen war die Ausgabe von Silbergeld immer dringender geworden, da nicht nur die Bürgerschaft, sondern auch der Kommandant von Osnabrück im Namen der Besatzung gegen den übermäßigen Umlauf der bischöflichen Kupfermünzen Verwahrung einlegt.
Am 28. Juli und am 14. August beschloß das Domkapitel, dass „des Stiffts Silberwerck zu Bezhalung der Soldaten in schlechten (d.h. schlichten) platen und also ohne große Kosten vermuntzet werden mögte“.
Zu diesem Silber kamen noch die silbernen Geschmeide, Ketten, Becher, Knöpfe u. dergl., die seitens der Bevölkerung bei der Schatzerhebung aus Mangel an barem Geld eingeliefert und von den Einnehmern mit 9 Schillingen für das Loth angerechnet wurden. Auf die beabsichtigten Klippen sollte „ahn der einen seitten Reverendissimi waffen und S. Petri bilt auffgeschlagen werden“. Diese Stücke müssen in der Zeit vom 14. August bis zum 11. September 1633, dem Tage der Übergabe der Stadt an die Schweden, entstanden sein.
Nach rund zweiwöchiger Belagerung, der die Stadtmauern standhielten, stimmten die zahlenmäßig unterlegenen Besatzer Verhandlungen zu. Am 12. September verließ die Führungsriege die Stadt, 600 Mann Fußtruppen zogen sich auf die Petersburg zurück und die Stadt wurde durch die Schweden eingenommen. Die kaiserlichen Soldaten auf der Petersburg wurden noch einige Wochen belagert und beschossen und kapitulierten am 24. September schließlich, da sie keine Hilfe von außerhalb erhielten. Die Schweden zogen ab, nachdem die Stadt ihre finanziellen Forderungen erbrachte, ließen aber auch eine Besatzung zurück.
In der Folgezeit wurden die kirchlichen und politischen Verhältnisse aus der Zeit vor der Rekatholisierung weitgehend wiederhergestellt. Die kaiserlichen Truppen konnten bis 1636 das Stift Osnabrück zurückerobern, ließen von einem Versuch der Rückeroberung der Stadt jedoch ab. Abgesehen von der fortwährenden Besatzung blieb Osnabrück für den Rest des Krieges vom Kriegsgeschehen weitgehend unberührt.
Literatur:
Schöttle, G.: Systematik der Marken alter und neuer Zeit. In. NZ. 13 (1920) S. 1-35
Kennepohl, Karl: Die Münzen von Osnabrück. Die Prägungen des Bistums und des Domkapitels Osnabrück, der Stadt Osnabrück, sowie des Kollegiatstiftes und der Stadt Wiedenbrück. Reprint der Ausgabe 1938. H. Dombrowski, 1967
Wikipedia: Osnabrück, https://de.wikipedia.org/wiki/Osnabr%C3%BCckm
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Diesmal möchte ich eine gegossene, personalisierte, recht große Einlassmarke für den Amsterdamer Hortus Medicus für Jacob Lugthart, die dieser 1786 erhielt, vorstellen:
50,5 mm, 38,51 g
WK 30.3, Dirks 1.11, Minard 88
Auf der Vorderseite ist Äskulap, mit Schlangenstab in der rechten Hand vor einem Gebäude zwischen zwei Vasen mit Pflanzen, auf einem Sockel stehend, zu sehen. Die Umschrift übersetzt lautet: Der größte Helfer der Seelen ist hier.
Auf der Rückseite befindet sich das gekrönte Wappen von Amsterdam zwischen zwei Füllhörnern auf einem Sockel mit dem eingraviertem Namen “Jacob Lugthart“ und der Jahreszahl 1768. Die Umschrift übersetzt lautet: Freier Eintritt für Medizinischen Garten Amstelodamensis.
Angefertigt durch den Silberschmied W. de Wijs ist es eine durchaus sehr häufige Marke mit Gravuren aus der Zeit zwischen 1696-1828.
Der Apothekergarten geht auf die Klostergärten des Mittelalters zurück, in denen Pflanzen auch zu medizinischen Zwecken angebaut wurden. Seit dem 16. Jahrhundert wurden sie auch von Apothekern angelegt, so beispielsweise 1539 von Johannes Ralla in Leipzig und 1540 in der Freien Reichsstadt Nürnberg vom Besitzer der Apotheke Zum weißen Schwan, Georg Öllinger.
Der Amsterdamer "Hortus Medicus ", ein Garten mit Heilpflanzen im Dienste der Chirurgen und Apotheker im Reguliershof an der Stelle des ehemaligen Regularklosters an der Utrechtsestraat und Keizersgracht, wurde 1638 gegründet. Constantijn Huygens und P.C. Hooft setzten sich für die Neugestaltung des Gartens in einen Hortus ein. Wegen der Pest suchten die Ärzte nach einem Heilkraut, aber auch die wirksamere Behandlung von Krankheiten bei Seeleuten auf langen Reisen erregte die Aufmerksamkeit der Mediziner.
Der erste Hortus wurde möglicherweise nach dem Vorbild des Hortus botanicus Leiden gestaltet, wo Carolus Clusius arbeitete. Zusätzlich erhielt der Hortus ein Arboretum und einen breiten Graben für die Anpflanzung von Wasserpflanzen. Unter der Leitung des Verwalters Johannes Snippendaal stieg die Zahl der Pflanzen um 1646 von 300 auf 800. Mit der vierten Stadterweiterung um 1664 wurde die Anlage aufgegeben.
Der Hortus wurde 1682 neu gegründet und auf das Gelände des Binnengasthuis verlegt. Die Einweihung fand 1684 statt.
Chirurgen und Bedienstete mussten Unterricht in Botanik nehmen. Diese Lektionen wurden vom Prä-Elektor im „Hortus Medicus“ erteilt, einem Garten, in dem allerlei exotische Pflanzen mit Heilwirkung angebaut wurden. Als 1684 der neue Hortus in Amsterdam eröffnet wurde, gab die Chirurgenzunft Marken heraus, um den Zugang der Chirurgen zum Hortus zu regeln. Die Zunft zahlte jährlich einen festen Betrag an die Gartenverwalter.
Literatur:
Wikipedia: Apothekergarten; https://de.wikipedia.org/wiki/Apothekergarten
Wikipedia.nl: Hortus Botanicus Amsterdam; https://nl.wikipedia.org/wiki/Hortus_Bo ... _Amsterdam
Wittop Koning, D.A.: De Toegangspenningen voor de Hortus Medicus te Amsterdam, JMP Band XXXV (1948), S. 52
IJpma, Frank F A; Teulings, Chris; van Gulik, Thomas M: Gildepenningen van de Amsterdamse chirurgijns, Nederlands Tijdschrift voor Geneeskunde 159, A8647,(2015)
50,5 mm, 38,51 g
WK 30.3, Dirks 1.11, Minard 88
Auf der Vorderseite ist Äskulap, mit Schlangenstab in der rechten Hand vor einem Gebäude zwischen zwei Vasen mit Pflanzen, auf einem Sockel stehend, zu sehen. Die Umschrift übersetzt lautet: Der größte Helfer der Seelen ist hier.
Auf der Rückseite befindet sich das gekrönte Wappen von Amsterdam zwischen zwei Füllhörnern auf einem Sockel mit dem eingraviertem Namen “Jacob Lugthart“ und der Jahreszahl 1768. Die Umschrift übersetzt lautet: Freier Eintritt für Medizinischen Garten Amstelodamensis.
Angefertigt durch den Silberschmied W. de Wijs ist es eine durchaus sehr häufige Marke mit Gravuren aus der Zeit zwischen 1696-1828.
Der Apothekergarten geht auf die Klostergärten des Mittelalters zurück, in denen Pflanzen auch zu medizinischen Zwecken angebaut wurden. Seit dem 16. Jahrhundert wurden sie auch von Apothekern angelegt, so beispielsweise 1539 von Johannes Ralla in Leipzig und 1540 in der Freien Reichsstadt Nürnberg vom Besitzer der Apotheke Zum weißen Schwan, Georg Öllinger.
Der Amsterdamer "Hortus Medicus ", ein Garten mit Heilpflanzen im Dienste der Chirurgen und Apotheker im Reguliershof an der Stelle des ehemaligen Regularklosters an der Utrechtsestraat und Keizersgracht, wurde 1638 gegründet. Constantijn Huygens und P.C. Hooft setzten sich für die Neugestaltung des Gartens in einen Hortus ein. Wegen der Pest suchten die Ärzte nach einem Heilkraut, aber auch die wirksamere Behandlung von Krankheiten bei Seeleuten auf langen Reisen erregte die Aufmerksamkeit der Mediziner.
Der erste Hortus wurde möglicherweise nach dem Vorbild des Hortus botanicus Leiden gestaltet, wo Carolus Clusius arbeitete. Zusätzlich erhielt der Hortus ein Arboretum und einen breiten Graben für die Anpflanzung von Wasserpflanzen. Unter der Leitung des Verwalters Johannes Snippendaal stieg die Zahl der Pflanzen um 1646 von 300 auf 800. Mit der vierten Stadterweiterung um 1664 wurde die Anlage aufgegeben.
Der Hortus wurde 1682 neu gegründet und auf das Gelände des Binnengasthuis verlegt. Die Einweihung fand 1684 statt.
Chirurgen und Bedienstete mussten Unterricht in Botanik nehmen. Diese Lektionen wurden vom Prä-Elektor im „Hortus Medicus“ erteilt, einem Garten, in dem allerlei exotische Pflanzen mit Heilwirkung angebaut wurden. Als 1684 der neue Hortus in Amsterdam eröffnet wurde, gab die Chirurgenzunft Marken heraus, um den Zugang der Chirurgen zum Hortus zu regeln. Die Zunft zahlte jährlich einen festen Betrag an die Gartenverwalter.
Literatur:
Wikipedia: Apothekergarten; https://de.wikipedia.org/wiki/Apothekergarten
Wikipedia.nl: Hortus Botanicus Amsterdam; https://nl.wikipedia.org/wiki/Hortus_Bo ... _Amsterdam
Wittop Koning, D.A.: De Toegangspenningen voor de Hortus Medicus te Amsterdam, JMP Band XXXV (1948), S. 52
IJpma, Frank F A; Teulings, Chris; van Gulik, Thomas M: Gildepenningen van de Amsterdamse chirurgijns, Nederlands Tijdschrift voor Geneeskunde 159, A8647,(2015)
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Eine spezielle Art von Zünften, sind die so. "bewaffneten Eide". Es handelte sich um Schwurgemeinschaften, die aus einer begrenzten Anzahl von Torwächtern bestanden, die die Stadt vor Unheil schützen halfen und die einzigen Bürger waren, die in der Öffentlichkeit Waffen tragen durften, Bruderschaften mit einer begrenzten Anzahl von „geschworenen Gefährten“, die ein hohes Ansehen genossen. Ihre polizeiliche und militärische Aufgabe bestand darin, die Gemeinde - die Gemeinschaft - zu „beschützen“, daher bezeichnet sie man auch als „Schutsgilde“ ("Scuttere").
Hier nun die Legitimationsmarke des Adolf Lvyx, Mitglied der "jongen voetboog" in Antwerpen, aus dem Ende des 16. Jahrhunderts:
36 mm, 10,63 g
Minard-Van Hoorebeke, L.: Brabandsche & Vlaamsche Gildepenningen, S. 25, Nr. 45
De Beer, Joseph: Méreaux Anversois deel II, RBN 1930, pag.210 nr 282.
Website Lodenpenninge.be
Auf der Vorderseite St. Georg auf dem aufsteigenden Pferd mit erhobenem Schwert. Darunter der gestürzte, geflügelte Drache.
Mit der Umschrift. S. IORIS GVLDE IN ANTWERPEN und als Zeichen der Stadt die Hand.
Auf der Rückseite der eingravierte Name des Zunftmitgliedes in einer Cartouche.
Ob Adolf Luycx mit dem am 17. April 1604 in Antwerpen als Sohn des Seidentuchhändlers Adam Luyxc geborenen Frans Luycx – Porträtmaler am Hof des Kaisers Ferdinand III - verwandt ist, habe ich nicht eruieren können.
Auch im kulturellen und sozialen Bereich spielten diese Schutsgilden eine wichtige Rolle. Davon zeugt das reiche Kunsterbe, das sich erhalten hat. Wenn ein Gildebruder starb, kümmerte sich die Gilde um die Beerdigung und die Familie wurde automatisch mitversorgt.
Die den Zünften verliehenen Privilegien stammen meist aus dem 13. bis frühen 14. Jahrhundert. Die sechs bewaffneten Zünfte, die ihren Ursprung in Antwerpen haben, wurden im folgenden Jahr gegründet:
1306: Oude Voetboog
1348: Oude Handboog
1385: Jonge Voetboog (Anm.: de Beer gibt 1344 an)
1485: Jonge Handboog
1487: Schermers and Hellebardiers
1489: Kolveniers
Nachdem ihre militärische Rolle im 16. Jahrhundert abnahm, wurden die Gilden zu Bruderschaften. Das Schießen mit den alten Waffen Armbrust, Handbogen und Karabiner wird zunehmend zur Unterhaltung praktiziert. Sie sind jedoch weiterhin eng in alle städtischen Veranstaltungen, Feste, Prozessionen, Umzüge und Einzüge eingebunden.
Während der Französischen Revolution wurden durch ein Dekret von 1791 alle Zünfte abgeschafft und ihr Eigentum öffentlich verkauft.
Wie oben beschrieben gab es im 14. Jahrhundert nur drei „Bewaffnete Eide“ : die Alte und die Junge Armbrust und den Bogen. Sie zählten zusammen 130 Männer, von denen sieben jede Nacht das Rathaus bewachen mussten. Nach Bildung der drei weiteren Gilden bestanden diese aus je 200 Mitgliedern. Wie die Handwerkszünfte hatten auch die bewaffneten Gilden Häuser oder Zimmer für ihre Versammlungen (Der jonge voetboog besaß in der Schwurstraße 2 Häuser: "de Keerse" (die Kerze) und "de Witten Leeuw" (der weiße Löwe)), ihre Altäre in der Kathedrale und Höfe oder Gärten ("gildenhoven") für ihre Schießübungen. Bei öffentlichen Zeremonien und Prozessionen hatten die bewaffneten Gilden Vorrang vor den Handwerkszünften.
Diese bewaffneten Gilden waren das, was man als lokale Armee bezeichnen kann, und bildeten ein geordnetes Ganzes, das eng miteinander verbunden war. Sie hatten ein gemeinsames Ziel und eine gemeinsame Disziplin. Die Satzungen der einen waren in etwa die Satzungen der anderen. Die Junge und die Alte Armbrust sowie der Junge und der Alte Bogenschwur sind nicht, wie man meinen könnte, einander entgegengesetzte Körperschaften; vielmehr werden die Mitglieder des Jonge Voetboog zu Mitgliedern des Oude Voetboog, sobald in den Reihen des Alten Voetboog eine Vakanz entsteht.
Alle diese Gilden wurden 1552 von Karl V. reorganisiert.
Die Dienstpflicht war die Grundlage dafür, dass die Stadt bestimmte, wer in Kriegszeiten als Bogenschütze oder Armbrustschütze dienen sollte.
Die Mannschaftsstärke wurde angegeben mit:
De Oude Voetboog : 60 bis 80 Mann;
De Jonge Voetboog : 40 bis 60 Mann;
De Oude Handboog : 40 bis 60 Mann;
De Jonge Handboog : 40 bis 60 Mann;
Kolveniers : 100 Mann, bleiben bei 100 Mann
Schermer and Hellebardiers : 80 bis 100 Mann,
insgesamt 460 Mann
Literatur:
https://archiefpunt.be/samensteller/SS3 ... 8090018AR9
De Beer, J.: Méreaux Anversois, IV : Mêreaux des Corporations, Gildes et Métiers, RBN, Bd 82, 1930, S. 205ff
https://de.wikipedia.org/wiki/Frans_Luycx
Hier nun die Legitimationsmarke des Adolf Lvyx, Mitglied der "jongen voetboog" in Antwerpen, aus dem Ende des 16. Jahrhunderts:
36 mm, 10,63 g
Minard-Van Hoorebeke, L.: Brabandsche & Vlaamsche Gildepenningen, S. 25, Nr. 45
De Beer, Joseph: Méreaux Anversois deel II, RBN 1930, pag.210 nr 282.
Website Lodenpenninge.be
Auf der Vorderseite St. Georg auf dem aufsteigenden Pferd mit erhobenem Schwert. Darunter der gestürzte, geflügelte Drache.
Mit der Umschrift. S. IORIS GVLDE IN ANTWERPEN und als Zeichen der Stadt die Hand.
Auf der Rückseite der eingravierte Name des Zunftmitgliedes in einer Cartouche.
Ob Adolf Luycx mit dem am 17. April 1604 in Antwerpen als Sohn des Seidentuchhändlers Adam Luyxc geborenen Frans Luycx – Porträtmaler am Hof des Kaisers Ferdinand III - verwandt ist, habe ich nicht eruieren können.
Auch im kulturellen und sozialen Bereich spielten diese Schutsgilden eine wichtige Rolle. Davon zeugt das reiche Kunsterbe, das sich erhalten hat. Wenn ein Gildebruder starb, kümmerte sich die Gilde um die Beerdigung und die Familie wurde automatisch mitversorgt.
Die den Zünften verliehenen Privilegien stammen meist aus dem 13. bis frühen 14. Jahrhundert. Die sechs bewaffneten Zünfte, die ihren Ursprung in Antwerpen haben, wurden im folgenden Jahr gegründet:
1306: Oude Voetboog
1348: Oude Handboog
1385: Jonge Voetboog (Anm.: de Beer gibt 1344 an)
1485: Jonge Handboog
1487: Schermers and Hellebardiers
1489: Kolveniers
Nachdem ihre militärische Rolle im 16. Jahrhundert abnahm, wurden die Gilden zu Bruderschaften. Das Schießen mit den alten Waffen Armbrust, Handbogen und Karabiner wird zunehmend zur Unterhaltung praktiziert. Sie sind jedoch weiterhin eng in alle städtischen Veranstaltungen, Feste, Prozessionen, Umzüge und Einzüge eingebunden.
Während der Französischen Revolution wurden durch ein Dekret von 1791 alle Zünfte abgeschafft und ihr Eigentum öffentlich verkauft.
Wie oben beschrieben gab es im 14. Jahrhundert nur drei „Bewaffnete Eide“ : die Alte und die Junge Armbrust und den Bogen. Sie zählten zusammen 130 Männer, von denen sieben jede Nacht das Rathaus bewachen mussten. Nach Bildung der drei weiteren Gilden bestanden diese aus je 200 Mitgliedern. Wie die Handwerkszünfte hatten auch die bewaffneten Gilden Häuser oder Zimmer für ihre Versammlungen (Der jonge voetboog besaß in der Schwurstraße 2 Häuser: "de Keerse" (die Kerze) und "de Witten Leeuw" (der weiße Löwe)), ihre Altäre in der Kathedrale und Höfe oder Gärten ("gildenhoven") für ihre Schießübungen. Bei öffentlichen Zeremonien und Prozessionen hatten die bewaffneten Gilden Vorrang vor den Handwerkszünften.
Diese bewaffneten Gilden waren das, was man als lokale Armee bezeichnen kann, und bildeten ein geordnetes Ganzes, das eng miteinander verbunden war. Sie hatten ein gemeinsames Ziel und eine gemeinsame Disziplin. Die Satzungen der einen waren in etwa die Satzungen der anderen. Die Junge und die Alte Armbrust sowie der Junge und der Alte Bogenschwur sind nicht, wie man meinen könnte, einander entgegengesetzte Körperschaften; vielmehr werden die Mitglieder des Jonge Voetboog zu Mitgliedern des Oude Voetboog, sobald in den Reihen des Alten Voetboog eine Vakanz entsteht.
Alle diese Gilden wurden 1552 von Karl V. reorganisiert.
Die Dienstpflicht war die Grundlage dafür, dass die Stadt bestimmte, wer in Kriegszeiten als Bogenschütze oder Armbrustschütze dienen sollte.
Die Mannschaftsstärke wurde angegeben mit:
De Oude Voetboog : 60 bis 80 Mann;
De Jonge Voetboog : 40 bis 60 Mann;
De Oude Handboog : 40 bis 60 Mann;
De Jonge Handboog : 40 bis 60 Mann;
Kolveniers : 100 Mann, bleiben bei 100 Mann
Schermer and Hellebardiers : 80 bis 100 Mann,
insgesamt 460 Mann
Literatur:
https://archiefpunt.be/samensteller/SS3 ... 8090018AR9
De Beer, J.: Méreaux Anversois, IV : Mêreaux des Corporations, Gildes et Métiers, RBN, Bd 82, 1930, S. 205ff
https://de.wikipedia.org/wiki/Frans_Luycx
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Als nächstes eine Cu-Theatermarke (Einlassmarke) anlässlich der Aufführung von Guarinis Pastor Fido, 1621, in Corregio. Diese wurde von Siro d'Austria, souveräner Fürst von Corregio innerhalb des Heiligen Römischen Reiches, herausgegeben.
24,5 mm, 3,90 g
Carlo Kunz, Il Museo Bottacin, Padua, Rivista Italiana di Numismatica e Scienze Affinis, 1900. 358, Tafel VII, 4R
Die Marke wurde von Siro d’Austria vermutlich als Einladung an seine Gäste verteilt und diente damit als Legitimationsmarke. Der private Charakter wird durch die Verwendung nur seines Nachnamens ohne Titel unterstrichen.
Il pastor fido ist eine Tragikomödie von Battista Guarini in fünf Akten bzw. 6862 Versen. Sie wurde 1580 bis 1584 abgefasst und 1590 erstmals als Buch veröffentlicht. Die Uraufführung fand möglicherweise 1593 in Siena statt; die erste historisch gesicherte Aufführung 1595 in Crema. In der italienischen Literatur markiert u. a. Il pastor fido den Übergang vom italienischen Renaissance- zum Barocktheater
Siro d'Austria hatte eine durchaus interessante, turbulente Vita und wurde u.a. 1623 angeklagt die Fälschung kaiserlicher Münzen in den Münzstätten Corregio und Brescello zugelassen zu haben:
Giovanni Siro da Correggio von Österreich (Correggio, 13. August 1590 - Mantua, 23. Oktober 1645) war ein italienischer Adliger. Er war Graf und später souveräner Fürst von Correggio.
Siro war der älteste Sohn von Camillo Calvo, Graf von Correggio, und seiner zweiten Frau, der Adeligen Francesca Mellini, Tochter von Pietro Mellini, einem römischen Adeligen, und Bianca Castagna (Nichte von Papst Urban VII. und Halbschwester von Kardinal Giovanni Garzia Millini). Zum Zeitpunkt von Siros Geburt waren die Eltern noch nicht verheiratet, so dass das Kind von Camillo nur mit einer notariellen Urkunde legitimiert wurde, die bald von den anderen Mitgliedern der Familie, die die Herrschaft über Correggio anstrebten, angefochten wurde. Als sein Vater 1605 starb, wurde der junge Siro zunächst unter die Vormundschaft des spanischen Gouverneurs von Mailand, des Grafen von Fuentes, gestellt. Im Jahr 1612 bestritt die kaiserliche Kammer jedoch sein Recht auf die Nachfolge in der Correggio-Fehde.
Um seine Interessen gegenüber dem Kaiser zu wahren, schickte Siro den jungen Correggio-Diplomaten Ottavio Bolognesi nach Wien, dem es geschickt gelang, die Befriedigung seiner Ansprüche für ihn zu erwirken. Nachdem er die Ziele seines Vetters Hieronymus II. und seines Bruders Camillo durchgesetzt hatte, wurde er vom Kaiser mit dem Titel eines Grafen des Heiligen Römischen Reiches ausgestattet und erhielt 1615 das Recht der Primogenitur. Im Jahr 1616 wurde er zum Fürsten des Heiligen Römischen Reiches ernannt, und mit derselben Urkunde wurde auch sein Herrschaftsgebiet zum Fürstentum erhoben: Zu dieser Zeit waren die wichtigsten Städte im Besitz der Familie da Correggio, neben der Hauptstadt Correggio die Städte Campagnola, Fabbrico, Mandriolo di Sopra, Mandrio, Rio, San Martino, Mandriolo di Sotto, Fosdondo, Fazzano und Canolo. Er war ein Förderer von Giovanni Ghizzolo, den er als Hofkapellmeister anstellte.
Sein Glück in der Regierung währte jedoch nicht lange. Nach einem Zusammenstoß mit der Inquisition, weil er 1617 in Correggio die Arbeit eines dominikanischen Inquisitors, Girolamo Zambeccari, behindert und ihn verprügeln lassen hatte, wurde Siro in Mailand ins Gefängnis gebracht. 1618 bis 1619 reiste Bolognesi nach Rom und erwirkte bei Papst Paul V. die Freilassung des Prinzen und seinen Freispruch von der Anklage. Einige Jahre später, im Jahr 1623, wurde Siro jedoch von Wien angeklagt, die Fälschung kaiserlicher Münzen in den Münzstätten von Correggio und Brescello zugelassen zu haben. 1629, als die kaiserlichen Truppen anlässlich des Erbfolgekriegs von Mantua und Monferrato in Italien einmarschierten, floh Sirò aus dem von germanischen Soldaten besetzten Correggio und wurde zu einer Geldstrafe von 230.000 Gulden verurteilt, da er sonst seinen Titel einbüßte. Im Jahr 1630 wurden seine Besitztümer beschlagnahmt. Siro hatte nicht einmal das Geld, um das Lösegeld zu bezahlen, und begab sich nach Wien, um den Kaiser um Hilfe zu bitten, doch ohne Erfolg. Seine Besitzungen wurden, obwohl sie formal noch "einlösbar" waren, an das Haus Este abgetreten, das seinen Einfluss auf diese Gebiete ausdehnte, nach denen es sich schon lange gesehnt hatte.
Ohne Geld und ohne Besitz unternahm Siro noch einige Versuche, seine eigenen Rechte und die seines Sohnes Maurice zu schützen, die jedoch erfolglos blieben, und flüchtete dann nach Mantua, wo er am 23. Oktober 1645 starb.
Literatur:
Wikipedia.it: Siro da Corregio; https://it.wikipedia.org/wiki/Siro_da_Correggio
https://www.treccani.it/enciclopedia/gi ... rafico%29/
Wikipedia: Il pastor fido (Guarini),
24,5 mm, 3,90 g
Carlo Kunz, Il Museo Bottacin, Padua, Rivista Italiana di Numismatica e Scienze Affinis, 1900. 358, Tafel VII, 4R
Die Marke wurde von Siro d’Austria vermutlich als Einladung an seine Gäste verteilt und diente damit als Legitimationsmarke. Der private Charakter wird durch die Verwendung nur seines Nachnamens ohne Titel unterstrichen.
Il pastor fido ist eine Tragikomödie von Battista Guarini in fünf Akten bzw. 6862 Versen. Sie wurde 1580 bis 1584 abgefasst und 1590 erstmals als Buch veröffentlicht. Die Uraufführung fand möglicherweise 1593 in Siena statt; die erste historisch gesicherte Aufführung 1595 in Crema. In der italienischen Literatur markiert u. a. Il pastor fido den Übergang vom italienischen Renaissance- zum Barocktheater
Siro d'Austria hatte eine durchaus interessante, turbulente Vita und wurde u.a. 1623 angeklagt die Fälschung kaiserlicher Münzen in den Münzstätten Corregio und Brescello zugelassen zu haben:
Giovanni Siro da Correggio von Österreich (Correggio, 13. August 1590 - Mantua, 23. Oktober 1645) war ein italienischer Adliger. Er war Graf und später souveräner Fürst von Correggio.
Siro war der älteste Sohn von Camillo Calvo, Graf von Correggio, und seiner zweiten Frau, der Adeligen Francesca Mellini, Tochter von Pietro Mellini, einem römischen Adeligen, und Bianca Castagna (Nichte von Papst Urban VII. und Halbschwester von Kardinal Giovanni Garzia Millini). Zum Zeitpunkt von Siros Geburt waren die Eltern noch nicht verheiratet, so dass das Kind von Camillo nur mit einer notariellen Urkunde legitimiert wurde, die bald von den anderen Mitgliedern der Familie, die die Herrschaft über Correggio anstrebten, angefochten wurde. Als sein Vater 1605 starb, wurde der junge Siro zunächst unter die Vormundschaft des spanischen Gouverneurs von Mailand, des Grafen von Fuentes, gestellt. Im Jahr 1612 bestritt die kaiserliche Kammer jedoch sein Recht auf die Nachfolge in der Correggio-Fehde.
Um seine Interessen gegenüber dem Kaiser zu wahren, schickte Siro den jungen Correggio-Diplomaten Ottavio Bolognesi nach Wien, dem es geschickt gelang, die Befriedigung seiner Ansprüche für ihn zu erwirken. Nachdem er die Ziele seines Vetters Hieronymus II. und seines Bruders Camillo durchgesetzt hatte, wurde er vom Kaiser mit dem Titel eines Grafen des Heiligen Römischen Reiches ausgestattet und erhielt 1615 das Recht der Primogenitur. Im Jahr 1616 wurde er zum Fürsten des Heiligen Römischen Reiches ernannt, und mit derselben Urkunde wurde auch sein Herrschaftsgebiet zum Fürstentum erhoben: Zu dieser Zeit waren die wichtigsten Städte im Besitz der Familie da Correggio, neben der Hauptstadt Correggio die Städte Campagnola, Fabbrico, Mandriolo di Sopra, Mandrio, Rio, San Martino, Mandriolo di Sotto, Fosdondo, Fazzano und Canolo. Er war ein Förderer von Giovanni Ghizzolo, den er als Hofkapellmeister anstellte.
Sein Glück in der Regierung währte jedoch nicht lange. Nach einem Zusammenstoß mit der Inquisition, weil er 1617 in Correggio die Arbeit eines dominikanischen Inquisitors, Girolamo Zambeccari, behindert und ihn verprügeln lassen hatte, wurde Siro in Mailand ins Gefängnis gebracht. 1618 bis 1619 reiste Bolognesi nach Rom und erwirkte bei Papst Paul V. die Freilassung des Prinzen und seinen Freispruch von der Anklage. Einige Jahre später, im Jahr 1623, wurde Siro jedoch von Wien angeklagt, die Fälschung kaiserlicher Münzen in den Münzstätten von Correggio und Brescello zugelassen zu haben. 1629, als die kaiserlichen Truppen anlässlich des Erbfolgekriegs von Mantua und Monferrato in Italien einmarschierten, floh Sirò aus dem von germanischen Soldaten besetzten Correggio und wurde zu einer Geldstrafe von 230.000 Gulden verurteilt, da er sonst seinen Titel einbüßte. Im Jahr 1630 wurden seine Besitztümer beschlagnahmt. Siro hatte nicht einmal das Geld, um das Lösegeld zu bezahlen, und begab sich nach Wien, um den Kaiser um Hilfe zu bitten, doch ohne Erfolg. Seine Besitzungen wurden, obwohl sie formal noch "einlösbar" waren, an das Haus Este abgetreten, das seinen Einfluss auf diese Gebiete ausdehnte, nach denen es sich schon lange gesehnt hatte.
Ohne Geld und ohne Besitz unternahm Siro noch einige Versuche, seine eigenen Rechte und die seines Sohnes Maurice zu schützen, die jedoch erfolglos blieben, und flüchtete dann nach Mantua, wo er am 23. Oktober 1645 starb.
Literatur:
Wikipedia.it: Siro da Corregio; https://it.wikipedia.org/wiki/Siro_da_Correggio
https://www.treccani.it/enciclopedia/gi ... rafico%29/
Wikipedia: Il pastor fido (Guarini),
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- Zwerg (So 10.08.25 15:15) • Lackland (So 10.08.25 15:17) • Numis-Student (So 10.08.25 18:10) • Atalaya (So 10.08.25 18:27) • Arthur Schopenhauer (So 10.08.25 18:27)
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