Eure Münze des Jahres 2025 - Altdeutschland

Deutschland vor 1871
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Arthur Schopenhauer
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Eure Münze des Jahres 2025 - Altdeutschland

Beitrag von Arthur Schopenhauer » Mo 15.12.25 11:18

Zu mir kommt dieses Jahr nichts mehr.

Meine Münze des Jahres im Bereich Altdeutschland ist eindeutig:

Heinrich Julius (15.10.1564 auf Schloss Hessen - 20.07.1613 in Prag);
Fürstbischof von Halberstadt seit 1566;
Herzog zu Braunschweig und Lüneburg seit 1589;
Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel seit 1589;
Fürst von Calenberg seit 1589;
Erwählter Bischof des Bistums Minden 1582-1585

Löser/Schaustück zu 3 Reichstalern

Zellerfeld

1608

Welter 612;
Preussag Collection, Auktion London Coin Galleries/Künker 1, Losnummer 15 (nicht dieses Stück)


Geharnischter Herzog zu Pferde mit wehendem Umhang und Kommandostab nach links.

Umschrift: ·HENRICVS·IVLIVS·D:G·POSTVL·EPISCOP·HALBE·DVX·BRVNS·ET·LV

-->Henricus Iulius Dei Gratia Postulatus Episcopus Halberstadensis Dux Brunsvicensis Et Lunaeburgensis

-->Heinrich Julius von Gottes Gnaden, postulierter Bischof zu Halberstadt, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg
Bild


Fünffach behelmtes, 11-feldiges Wappen mit Halberstädter Mittelschild, unten Kartusche mit eingepunzter Wertzahl ·3·

Umschrift: HONESTVM·PRO (3) PATRIA·1608·

-->Ehrenvoll für das Vaterland.

Münzmeisterzeichen von Heinrich Oeckeler: ein bekröntes, von einem Pfeil und einem Zainhaken gekreuztes Herz
Bild
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MartinH
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Re: Eure Münze des Jahres 2025 - Altdeutschland

Beitrag von MartinH » Mo 15.12.25 16:20

Ich habe in Münster studiert, bin damals oft an den eisernen Wiedertäuferkörben, die am St. Lamberti-Kirchturm hängen, vorbeigegangen, in denen die Leichen der Anführer Jan van Leiden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling zur Schau gestellt wurden. Da konnte ich nicht widerstehen – die altdeutsche Münze des Jahres 2025 ist eine Originalprägung eines Wiedertäufertaler (nach der Ernennung von Jan van Leiden als König Johannes I im September 1534):

M2.jpg
M1.jpg
Geisberg 17, 48 mm, 28,67 g

Bilder waren bei den Wiedertäufern verpönt, so ist das Erscheinungsbild der Münze sehr textlastig:

Die Vorderseite gibt in der Umschrift und den ersten beiden Zeilen der Mitte die biblische Begründung der Glaubenstaufe nach Joh. 3,5: WE NICHT GEBORE(n) IS VTH DE(m) WATE(r) VN(d) GEIST MACH / NICHT INGAEN und ist fortgesetzt in der Umschrift der Kehrseite INT RIKE GODES – EIN KONINCK VPRECHT OVE(r) AL(l). Diese letztere Devise, »Ein König aufgerichtet über alle«, begründete der Prädikant Dionis Vinne bei seinem Verhör im Oktober 1534 mit Bibelstellen der Propheten Jeremias (Kap. 23 [5-6]) und Hesekiel (Kap. 37 [22-24] und 30): »Dar steit klarlick, dat in de lesten tiden ein einich gerechter konninck aver alle up erden hersschen sal«. Am Ende der Rückseitenumschrift stehen die gekreuzten Schwerter aus dem Königssymbol, der von zwei Schwertern, dem geistlichen und dem weltlichen durchbohrten Weltkugel als Anspruch »dat he hersschen sal aver de gantzen Werelt« (D. Vinne). Im Zentrum der Rückseite steht das in den Text THO MVNS / TER umgesetzte dreiteilige Stadtwappen (Gold-Rot-Silber), umgeben von dem Schlachtruf EIN GODT EIN GELOVE EIN DOEPE, ein Zitat aus dem Epheserbrief 4,5, darüber die Jahreszahl 1534. Der zentrale Spruch auf der Vorderseite zitiert aus dem Johannesevangelium DAT WORT IS FLEISCH GEWORDEN VN WANET IN VNS (Joh. 1,14): in der Täufergemeinde realisiere sich das Wort, die göttliche Weissagung; die Gemeinde sei das Realität gewordene Gotteswort. Es ist eine legitimierende Antwort auf das Gottesgnadentum der Fürsten.

Die Wiedertäufertaler wurden zu folgenden Zwecken angefertigt, obwohl die Verwendung von Geld im Täuferreich unter Todesstrafe verboten war:

- In den ersten Monaten der Belagerung, um bischöfliche Landsknechte in die Stadt zu locken
- Zum Schmuck der Ketten der Herzoge und Ihrer Räte
- Zur Vornahme von Zeremonien, die die Apostel in den ungläubigen Städten vornehmen sollten.

Originalprägung heißt m.E., dass zumindest die Originalstempel aus der Zeit verwendet wurden. Da die Stempel aber den Belagerern in die Hände fielen, kann eine zeitgenössische Prägung nach der Belagerung nicht ausgeschlossen werden. Die Inumlaufbringung dieser „Wiedertäufertaler“ ließ im Nachhinein die geldfeindliche Haltung der Täufer als bigott erscheinen und diskreditierte ihre religiöse Not und Haltung.

Literatur
Geisberg, M.: Die münsterschen Wiedertäufer und Aldegrever. Eine ikonographische und numismatische Studie, Studien zur deutschen Kunstgeschichte 76 (Straßburg 1907, Reprint Baden-Baden 1977)

Wikipedia: Wiedertäufertaler, https://de.wikipedia.org/wiki/Wiedert%C3%A4ufertaler
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Re: Eure Münze des Jahres 2025 - Altdeutschland

Beitrag von Pfennighüter » Di 16.12.25 12:14

Das Jahr 2025 hat mir eine reiche Ausbeute an Pfennigen beschert, darunter sehr viel Kleinkram, aber auch einige Spitzenstücke. Da bei mir in diesem Jahr kaum noch etwas hinzukommen wird, läßt sich meine Münze des Jahres bereits bestimmen. Obwohl ich für einige Pfennige in diesem Jahr deutlich mehr hingelegt habe, fällt meine Wahl auf dieses Stück:

DSCF0401.png
Hessen-Kassel, 1645, geprägt während der Vormundschaft für Wilhelm VI.
0,35 g, 17 mm, RRRR.

Zumeist finden sich als Motiv auf Pfennigen gekrönte Monogramme oder Wappen. Eine Helmzier kommt hingegen nur sehr selten vor. Außer in Hessen-Kassel zwischen 1625 und 1650 fallen mir ansonsten nur Braunschweig-Wolfenbüttel 1617/21 und Reuß-Schleiz 1680/83 ein. Insofern hebt sich dieser Pfennig allein aufgrund dieses Merkmals schon aus der Masse heraus. Außerdem ist mit dieser Neuerwerbung ein um 1630 geprägter Helmzier-Pfennig Wilhelms V. von Hessen-Kassel in meiner Sammlung nicht mehr so einsam.
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