Silbermedaille Mythologie Thema Liebe

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Moderator: Lutz12

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Alix
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Silbermedaille Mythologie Thema Liebe

Beitrag von Alix » Mo 16.04.12 16:13

Liebe Forumsmitglieder…

hier müssen mal die Experten ran… deshalb wende ich mich an euch…

Dieses Stück hat die letzten 120 Jahre das Tageslicht nur selten gesehen, aber weil wir zu einer Möbelberatung zu Kunst und Krempel nach Passau fuhren, haben wir den Taler hervorgeholt und zum Thema „Schmuck und Silber“ mitgenommen. Die Experten dort haben sich sehr freundlich und nach Kräften bemüht, uns in der Kürze der Zeit weitere Informationen zu geben, aber sie meinten, das Teil sei so speziell, hier müssten reine Numismatiker ran. So haben wir leider nichts Neues erfahren können.

Bitte versteht´s mich richtig, ich möchte hier keine kostenlose Expertise ergattern, aber für eine gute Adresse zur numismatischen Fachberatung und für eine ungefähre zeitliche und regionale Einordnung dieser „Silbermedaille“ wäre ich euch sehr dankbar, bevor sie wieder in unserem Familienfundus verschwindet.

Ich freue mich ganz besonders über eure Interpretation der Darstellungen und Texte.

Herzlichen Dank im Voraus!
Alix mit Familie

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Unser Silbertaler:

Dieser Silbertaler erinnert uns an das traurige Schicksal unserer Urgrossmutter Theresia. Sie wurde heute würde man sagen zwangsverheiratet und starb schon in sehr jungen Jahren. Ihr und unserem Urgrossvater Ludwig wurde diese Medaille zur Hochzeit geschenkt und zwar vom örtlichen Pfarrer, der mit dem Bräutigam wohl eng befreundet war. Die Hochzeit fand 1884 in Bayern (Oberpfalz) statt.

Die Medaille ist 6 cm im Durchmesser und 150 g schwer. Auf beiden Seiten finden sich mythologische Darstellungen und lateinische Sinnsprüche zum Thema Liebe.


Seite 1:
Silbertaler 1.jpg
Silbertaler 1.jpg (84.34 KiB) 1436 mal betrachtet
Hier fahren Venus und Mars, dessen Hände mit einer Kette gefesselt sind, in einem von zwei Löwen gezogen Muschelwagen aus einem Wolkenhain kommend über ein befriedetes Schlachtfeld. Auf dem Boden liegen Schwerter, Schilde etc. Gelenkt wird der Wagen von Amor, dessen Augen verbunden sind. Er hat scheinbar eben seine Pfeile verschossen und ist im Begriff weiter zu fahren. Begleitet wird der Wagen von 4 Amoretten, die flammende Herzen in Händen halten. Auf dem Boden davor liegen eine Frau und ein Mann, deren Brust jeweils von Pfeilen durchbohrt ist.

Das Motto darüber: AMORIS TELA OMNIUM QUERELA (die Pfeile Amors die Klage aller)

übersetze ich frei mit:
Wenn Amor erst anfängt seine Pfeile zu verschießen, haben am Ende garantiert alle Liebeskummer.


Seite 2:
Silbertaler 2.jpg
Silbertaler 2.jpg (81.5 KiB) 1436 mal betrachtet
Hier ist eine Personengruppe dargestellt, die ich persönlich so interpretiere:
Zeus, der Mann mit der Maske, besucht Alkmene, eine Frau, die er getäuscht hatte, indem er sich in der Hochzeitsnacht als ihr Gatte ausgab. Ihr zur Seite kniet ihr Ehemann Amphitryon, auf ihrem Schoss das propere Kerlchen ist Herakles (der Sohn Zeus´) und davor spielt Iphikles (der Sohn Amphitryons) mit einem Lämmchen. Zu Füssen der Gruppe ist die gebrochen Rose das Zeichen für die verlorene Jungfrauschaft und der gefüllte Früchtekorb das Sinnbild für Mutterschaft.

Das Motto darüber: AMOR INCENSUS FIGURAT SENSUS (entflammte Liebe formt die Sinne)

Übersetze ich frei mit:
Ist die Liebe erst entflammt, bringt sie dich um den Verstand.



Auf dem Band, das um beide Medaillenseiten aussen umläuft, steht folgender Text:

DIE LIEB IST MILD UND GEBENS REICH NUR EINEN GIEBTS DAS HERTZ ZU GLEICH

Soll vielleicht heissen:
Die Liebe ist sanft und grosszügig, wenn sie einem nur nicht immer das Herz gleich mitverschenken würde!


Technische Details:

Die Schriftzeilen und die Personengruppen sind von einer Art Aura umgeben, so als würde man ein Abziehbild auf eine Glasscheibe kleben und den transparenten Rand noch sehen.

Die Hintergrundflächen der Darstellungen haben längliche Schlieren, sehen aus wie Putzstreifen.

Beide Seiten der Medaille liegen nicht perfekt plan aufeinander, sondern sind leicht gegeneinander verschoben, das heisst: wenn ich die eine Seite betrachte und dann auf die andere Seite drehe, muss ich die um wenige Grade drehen, um wieder frontal auch auf dieses Bild schauen zu können.

Das umlaufende Band ist nicht 100%ig perfekt sauber aufgearbeitet, an manchen Stellen sieht es etwas eingerissen aus.

Wir finden darauf keine Marke, auch keinen Silberstempel – wüssten aber auch gar nicht, wo wir da suchen sollten…

klaupo
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Re: Silbermedaille Mythologie Thema Liebe

Beitrag von klaupo » Mo 16.04.12 17:31

Hallo Alix,

eine schöne Medaille und eine gute Beschreibung (leider ein etwas kleines Bild). Eine Beschreibung deiner Medaille habe ich gefunden. Hauschild, Johann Friedrich: Beytrag zur neuern Münz- und Medaillen-Geschichte vom XVten Jahrhundert bis jetzo (1805) unter der Nr. 2655. Der Künstler wird dort leider nicht erwähnt. Hier hast du die Textstelle:

http://books.google.de/books?id=-u5MAAA ... &q&f=false

Immerhin kommt man damit der Zeit, in der dein Stück gefertigt wurde, (vor 1800) ein wenig näher.

Gruß klaupo

Alix
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Re: Silbermedaille Mythologie Thema Liebe

Beitrag von Alix » Mo 16.04.12 20:28

Grüss Dich, klaupo!

Wir kommen ja aus dem Staunen nicht mehr heraus...unser Silbertaler wurde schon einmal beschrieben!?!?

Du bist ja informiert! Alle Achtung! Wir Bayern würden sagen * R E S C H P E K T *

Vielen herzlichen Dank für Deine Mühe und diesen Link!

Alix + Anhang

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Re: Silbermedaille Mythologie Thema Liebe

Beitrag von klaupo » Mo 16.04.12 22:28

Hallo Alix,

ich habe mir das Buch nicht genügend angeschaut ... Die Medailleure werden im Vorwort besprochen ... mit den Nummern ihrer Medaillen! Man mußte den Text nach diesen Nummern ein wenig durchforsten, aber für die Nr. 2655 - also deine Medaille - wird in der einführenden Abhandlung von Seite XXXVIII bis XXXIX als Medailleur George Hautzsch, ein berühmter Stempelschneider zu Nürnberg am Ende des XVII. und Anfang des XVIII. Jahrh. ... etc. genannt. Dein Stück ist also erheblich älter als von mir oben vermutet.

Damit weißt du nun, wann und von wem deine Medaille gefertigt wurde.

Gruß klaupo

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Re: Silbermedaille Mythologie Thema Liebe

Beitrag von Alix » Di 17.04.12 17:57

Servus, klaupo!

So, jetzt stehs´t schon drin in unserer Familienchronik, damit auch zukünftige Generationen erfahren, wem wir die Lösung eines über 120 (!) Jahre alten Familienrätsels zu verdanken haben und wer die Altvorderen verblichenen Angedenkens - also mich - auf den rechten Weg in Richtung Georg Hautsch (1664-1736) gebracht hat!

klaupo, ich dank Dir recht schön!

Alix
Dateianhänge
Medaille Amor Georg Hautsch S 1.JPG
Medaille Amor Georg Hautsch S 2.JPG

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