Französische Logen-medaille ?

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Lutz12
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Französische Logen-medaille ?

Beitrag von Lutz12 » Fr 30.07.04 19:28

Und wieder brauch ich Eure Hilfe.
Ich halte das Stück für eine französische Logen-Medaille des 19. Jh.
Beschreibung:
Bronze, 27,5 mm, 8,2 g
VS: Doppelköpfiger Adler mit Krone, Umschrift: CONSEIL DE LA CLÈMENTE AMITIÈ
RS: Kreuz, an den Enden des Kreuzes: 30 K S 5834, zwischen den Armen des Kreuzes: G.: O.: 16. GR.: CADET
Wer kann diese geheimnisvollen Abkürzungen entziffern? Auch Hintergründe zu Logen allgemein bzw. links dazu willkommen.
Gruß Lutz12
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Amite 40 RS.jpg
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Huehnerbla
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Beitrag von Huehnerbla » Fr 30.07.04 21:33

Die Loge La Clémente Amitié muss irgenwann zwischen der Französischen Revolution und Napoleons Zeiten in Paris entstanden sein.
Die Bezeichnungen G:. O:. stehen auf solchen Medaillen im Regelfall für Grand Orient.
Was der Rest bedeutet entzieht sich meiner Kenntnis.
Gruß
Jürgen

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Lutz12
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Beitrag von Lutz12 » Fr 30.07.04 21:45

Hallo Huehnerbla,
schon mal ein Anfang, Danke! Aus der Napoleonischen Zeit habe ich auch Hinweise gefunden. aber keine Beziehung zu obigem Stück herstellen können.
Gruß Lutz12
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mumde
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Beitrag von mumde » Fr 30.07.04 21:58

Ich kann nicht viel zu dem Stück sagen, ich will nur etwas zur Datierung beitragen: Es gibt bei den Freimaurern verschiedene Zeitrechnungen. Eine häufig verwendete ist die nach dem Anno Lucis, gerechnet von der Erschaffung der Welt, die 4000 Jahre vor Christi Geburt angesetzt wird. Die hier gegebene Zahl 5834 datiert die Medaille in das Jahr 1834.
Gruß mumde

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Beitrag von Lutz12 » Sa 31.07.04 00:50

Ein Stück weiter bin ich mit den beiden Tipps ja schon. Es ist offensichtlich eine Logen-Medaille aus Frankreich und das Jahr 1834 schränkt die weitere Suche auch erheblich ein.
Gruß Lutz12
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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Mo 09.08.04 18:29

und noch ein paar Details: Der Doppeladler ist das Symbol des "Alten und Angenommenen Schottischen Ritus", einem freimaurerischen Hochgradsystem, das vermutlich in Frankreich ab 1801 gepflegt wurde und später von einem US-General Albert Pike in die endgültige Form gebracht wurde. Die einfache Freimaurerei kennt drei Grade: Lehrling, Geselle und Meister, die Hochgradsysteme lehren ihr esoterisches Gedankengut in einem System mehrerer Hochgrade, der AASR kennt 33 davon, die in Deutschland ganz phantasievolle Bezeichnungen tragen: "Prinz vom Libanon" oder "Groß-Schotte des Hl. Andreas", der 33. Grad dann wieder prosaisch: "General-Groß-Inspektor". - Die von mumde dargestellte Zeitrechnung wird vom AASR verwendet, sie entstammt dem ältesten freimaurerischen Traditionsgut und wurde vom anglikanischen Pfarrer James Anderson in das erste Konstitutionsbuch der Londoner Freimaurer von 1723 eingefügt. Erfunden hat den Kalender aber ein Dubliner Pfarrer, der 1580 geborene James Usher und ab 1650 in Annales veteris et novi testamenti dargestellt. Dabei ging es wohl um einen zeittypischen Versuch, die biblischen Ereignisse in eine zeitliche Abfolge zu bringen und die ähnliche jüdische Zeitrechnung "ab Erschaffung der Welt" zu korrigieren. Diese Zeitrechnung wurde ab 1824 auch noch in einer um 4 Jahre längeren Version verwendet, möglicherweise ist das Datum daher 1830. Es spricht also einiges dafür, daß die "Loge zur mildtätigen Liebe" zum AASR gehörte, deren 16. Grad in Deutschland aber "Meister von Jerusalem" und nicht nur "Cadet" heißt. Über FRankreich weiß ich nichts Näheres. Damals hatte dieses Hochgradsystem auch noch Konkurrenz, nämlich den "Memphis-Ritus" und den "Misraim-Ritus", die 90 bzw. 95 Grade kannten. Nur zu "30 K S" schweigt mein Bücherregal, was wieder beweist, daß man nie genug Literatur hat. :-))
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Beitrag von Lutz12 » Mo 09.08.04 19:39

Danke KAM,
Das Thema Logen ist ja eine Wissenschaft für sich, trotzdem hochinteressante Ausführungen. Da wir einmal bei dem Thema sind mal gleich noch ein Stück nachgeschoben, eine Schillermedaille von 2023. Welche Zeitrechnung ist das nun wieder? Ist es auch eine Logenmedaille?
Die Abbildung ist nicht schön, um mehr zu erkennen müßte ich das Stück putzen, was ich aber ungern tue.
Daher kurze Beschreibung:
44 mm, Messing versilbert, 33,9 g, entfernte Öse
VS: Brustbild von Schiller nach links, Zum Aulfeste.17./12.2023., im Feld: von Ort, verschlungenes Mongramm (FLE???) Ausrufezeichen und x.
RS: FRIEDRICH v. SCHILLER GEB 10 NOVEM 1759 GEST 9 MAI 1805, oben 6 eckiger Stern mit Strahlen, unten Eichen- und Lorbeerlaub
Gruß Lutz12
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Schiller 2023 RS.jpg
Schiller 2023 VS.jpg

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Beitrag von mumde » Mo 09.08.04 21:25

Hallo Lutz, die gravierte Schrift läßt mich eher an studentisches Brauchtum denken. Das im Feld ist ein Zirkel, d. h. das Zeichen einer studentischen Burschenschaft. Die sehen immer so ähnlich aus und haben immer das Ausrufezeichen. Die gravierte Umschrift würde ich als "Zum Julfeste" lesen; das J ist etwas breit geraten.
P. S. Ich weiß nicht, ob noch allen der Begriff "Julfest" geläufig ist: Das Julfest ist das germanische Fest der Wintersonnenwende, zu dem man sich gegenseitig mit Kleinigkeiten beschenkte. Als ich Kind war, gab es noch "Julklapp", den Austausch von kleinen Geschenken kurz vor der Weihnachtszeit. Ich weiß nicht, ob der Brauch heute noch üblich ist.
Die Medaille scheint mir, dem Stil nach, eine der vielen Medaillen des Jahres 1905 auf den 100. Todestag Schillers zu sein.
Eine Erklärung für die gravierte Datierung habe ich nicht.
Gruß mumde

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Beitrag von Huehnerbla » Di 10.08.04 11:53

mumde hat geschrieben: P. S. Ich weiß nicht, ob noch allen der Begriff "Julfest" geläufig ist: Das Julfest ist das germanische Fest der Wintersonnenwende, zu dem man sich gegenseitig mit Kleinigkeiten beschenkte. Als ich Kind war, gab es noch "Julklapp", den Austausch von kleinen Geschenken kurz vor der Weihnachtszeit. Ich weiß nicht, ob der Brauch heute noch üblich ist.
Im 4. Jahrhundert legte die Kirche das Weihnachtsfest auf die Wintersonnwende.
Und das nicht ohne Grund: Die Römer feierten die Wintersonnwende als "sol invictus" und die Germanen als Julfest. Bei beiden heidnischen Feiern gab es Geschenke. Ergo stammt der Brauch, sich an Weihnachten Geschenke auszutauschen von den alten heidnischen Bräuchen ab.
Gruß
Jürgen

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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 10.08.04 19:09

viel fällt mir dazu nicht ein: der Stil und die Aussage der Medaille deutet auf studentische Herkunft mit stark deutsch-völkischem Einschlag, (Yulfest, Schillerfeier) Der Kalender ist mir nicht bekant, er könnte sich auf ein frühgermanisches Ereignis beziehen, evtl. Teutonenzug 113 vor Christus, dann wäre man bei 1910, das könnte zum Thema und auch zur Gestaltung im Jugendstil passen, aber das ist geraten, einen Beleg dafür habe ich nicht. Grüße, KAM
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Beitrag von Lutz12 » Fr 15.10.04 23:39

Besten Dank an alle,
das schöne an solchen Medaillen ist, dass man manches nicht (oder noch nicht) versteht und deshalb das Stück in Gedanken immer present bleibt. Umso größer ist dann irgendwann die Freude wenn man das Stück schließlich doch entschlüsselt. Mit ein Grund, warum ich lieber ältere Stücke sammele, die einschlägige Literatur dazu ist nur für Teilgebiete zugänglich oder gar nicht vorhanden. Ganz nebenbei "muß" man im weiteren Umfeld der Medaille recherchieren und lernt viel Interessantes dazu.
Nicht zuletzt hat dieses Forum dazu beigetragen, schon so manches Rätsel zu entschlüsseln. Der Experten-Rat hat für mich einen hohen Stellenwert.
Also nochmals Danke an alle Beteiligten.
Gruß Lutz12
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Inschrift auf Freimaurermedaille

Beitrag von Cornelius24 » Mo 14.03.05 18:41

Hallo Lutz12,

Ich kann Dir ein bisschen bei der Enträtselung Deiner Freimaurermedaille
helfen die Inschrift heisst nicht 16. GR.: CADET, wie Du in Deinem ersten
Beitrag geschrieben hast, sondern 16. R.: CADET. Ich habe mir das Bild mal genau angesehen. Die Lösung des Rätsels ist: 16. R.: CADET steht für 16, Rue Cadet. Die drei Punkte werden in der Freimaurerei zur Abkürzung benutzt wie bei uns der einfache Punkt. Die Straße befindet sich im 9. Pariser Stadtbezirk und hier wurde auch der Grand Orient de France gegründet. Heute ist dort noch ein Museum des Grand Orient. Links:


http://www.frankreich-experte.de/fr/6/601/6013.html

http://www.tucholsky-blaetter.de/Text-A ... ebes_Loge/ mebes_loge.html

Der Grand Orient ist eine Großloge und vertritt ein eigenes freimaurerisches System, das vorwiegend in Frankreich bearbeitet wird. Der Doppeladler auf der Vorderseite läßt sich eindeutig dem Schottischen Ritus zuordnen. Die Loge CLÈMENTE AMITIÈ gibt es tatsächlich. Vielleicht wurde diese Münze deshalb hergestellt, weil der Herzog Decazes 1834 an die Spitze des höchsten Rates (Conseil) des schottischen Ritus gesetzt wurde. Link:

http://www.19e.org/chronologie/francmaconnerie.htm#5

Die Zahl 30 K bezieht sich wahrscheinlich auf den 30ten Grad des Schottischen Ritus, der Kadosh bzw. Ritter Kadosh heisst. Darauf deutet auch das Templerkreuz hin, weil dieser Grad die Tempelritter zum Thema hat. Link:

http://www.scotland-forever-ac.com/html ... grade.html

Der Buchstabe S könnte souveraine bedeuten, wobei das reine Spekulation ist.

Am besten, Du schaust mit Deiner Münze mal in der Ru Cadet 16 vorbei, wenn Du in Paris bist und frägst die Leute dort selber

Hoffentlich habe ich Dir ein bisschen weiter geholfen

Besten Gruß

Cornelius24

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Beitrag von Lutz12 » Mo 14.03.05 19:03

Hallo Cornelius24,
super Hintergrundinformationen, Danke. Allein die 33 Grade sind schon beeindruckend verwirrend, auch der Rest der Seite ist hochinteressant, Danke für den link.
Gruß Lutz12
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Beitrag von elverno » Mi 15.06.05 19:48

I was interested to see this medal. I have one from the same Lodge that was struck about 1806. What details I know are on my site:
http://www.napoleonicmedals.org/coins/br-613.htm

The most useful book on Masonic medals is an 1881 by T.R. Marvin. Unfortunately I don't own a copy since only 160 were printed. I'll try adding the pictures of my medal here as well.
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br613o.jpg
Bramsen 613 - Obverse
br613r.jpg
Bramsen 613 - reverse

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