Schwieriger Byzantiner

Münzen des alten Byzanz

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Marius
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Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Marius » Di 25.05.10 14:37

Hallo Byzanzexperten,

aus einer Grabbelkiste habe ich mir folgenden Byzantiner gefischt:
Follis, AE 18/20mm, 3,5g, fast viereckiger Schrötling, Avers: Herrscherbüste, links Kreuz (Monogram) - Revers: großes M, Münzstätte ?

Ich meine diese viereckigen Schrötlinge schon einmal bei auf Sizilien geprägten Byzantinern gesehen zu haben (8.-10. Jhdt ?). Wer kann den Herrscher und die Münzstätte bestimmen, vielleicht auch mit Literaturzitat ?

Vielen Dank für Eure sachkundigen Antworten!

Gruß
Marius
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Basil
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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Basil » Di 25.05.10 20:30

Dürfte eine östliche Imitation des Constans II. sein.
siehe MIB X23 ff.

Basil

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Wurzel
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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Wurzel » Mi 26.05.10 20:57

Hallo,

zum Hintergrund dieser Imitationen kann man hier ein bisschen nachlesen :

http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... er#p227727
http://www.wuppertaler-muenzfreunde.de/

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Posa » Mi 26.05.10 21:58

Hm, (ich verstehe ja nachweislich nichts von Pseudobyzantinern und mein Wissenszuwachs seither hält sich auch in Grenzen) aber wenn das ein stinknormaler Sear 1005er ist, auf geklipptem Follisfragment eines Vorgängers: RV links: (ANA), rechts: (N)EO, im Feld: (G)IE, Umschrift AV durch Überprägung einfach unleserlich? -

Gruß Posa

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Wurzel » Do 27.05.10 01:24

Hier der 1005 aus Wildwinds:

http://www.wildwinds.com/coins/sb/sb1005.html Diese Nase 8O

Das Bild oben ist mir zu dunkel (meine Augen werden auch nicht besser) aber so aus dem Bauch stimme ich Basil zu. Die Schrift im Feld will mir nicht passen.

Aber ich bin nicht allwissend, und schon gar nicht fehlerlos. Von daher lasse ich mich gerne Überzeugen.
http://www.wuppertaler-muenzfreunde.de/

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Marius » Do 27.05.10 18:33

Hallo zusammen,

Danke für die interessanten Antworten.

Wenn ich das richtig verstehe, könnte es sich hier um eine zeitgenössische Nachprägung, oder vielleicht sogar um eine ("reguläre") überprägte Münze handeln (Spuren einer Überprägung sehe ich - vielleicht mangels entsprechender Erfahrung - allerdings nicht) ? Wäre die Münze als Imitation ein im arabischen Raum nachgeprägter Byzantiner und haben die "regulären" Prägungen des Constans II auch so einen kleinen, fast viereckigen Schrötling ?

Gruß
Marius

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Posa » Do 27.05.10 19:54

Hallo Marius,

die viereckige Form kann auf zweierlei Weisen entstehen. Einerseits durch einen bereits recht-/viereckien Schrötling, der durch die Stempelform dann an zwei Rändern ausgebuchtet wird. Schönes Beispiel: http://www.wildwinds.com/coins/sb/sb0835.html oder http://www.wildwinds.com/coins/sb/sb0806.html . Andererseits durch Beschneidung und Überprägung einer älteren, größeren Münze. Schöne Beispiele hier: http://216.15.211.67/byzantinebronzes.a ... page3.html vor allem unter "leontius", aber auch die zweite von Constans zeigt wohl dieses Phänomen. Unter Constans wurde derart schlampig geprägt, dass quasi alles vorkommt, was eine Münze bei der Prägung und danach unansehlich macht. Manche wurden auch richtiggehend achteckig geschnitzt Diese Art "viereckigen" Münzen existiert aber schon vor Constans (viele unter Heraklios) und noch lange danach (Spätestens unter Theophilos setzt sich eine sorgfätlige Prägung allgemein durch, am längsten hät sich dieses Phänomen auf Sizilien/Syrakus).

Gruß Posa

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Marius » Do 27.05.10 20:28

Hallo Posa,

vielen Dank für die ausführlichen Erläuterungen.

Gruß
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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Basil » Do 27.05.10 22:18

Bei den Klippen des Constans II tauchen hin und wieder auch Exemplare auf, die zu Münzgewichten umfunktioniert wurden. Man erkennt diese Stücke am exakten, allseitigen und sorgfältigem Beschnitt zum Rechteck. Dieser wurde zur Feinjustierung des Standardgewichts befeilt. Das Gewichtdieser Stücke beträgt innerhalb gewisser Toleranzen 4,2 g.

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Posa » Fr 28.05.10 04:40

Lassen sich die datieren, sind das Zeitgenossen oder späteren Datums?

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Basil » Fr 28.05.10 11:17

Es sind die letzten Münzgewichte dieser Art. Datieren lassen sie sich ab Ende der Regentschaft Constans II bis zum arabischen conquest in Syrien. Es dauerte allerdings noch ca. zwei Jahrzehnte mit fliesenden Übergängen, bis die Araber eigene Formen fanden und dies waren zuerst Glasgewichte, später auch Bronzegewichte . Das Nomisma wurde also vom Mitqual abgelöst. Dieser war sehr viel präziser im Gewicht.

Basil

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Posa » Fr 28.05.10 11:56

1. Sind diese Gewichte so häufig, dass man daraus eine gezielte, breite Umnutzung und damit eine Aberkennung des Währungsstatus ableiten kann (erscheint zwar vor dem historischen Gegebenheiten unlogisch...)?
2. Fand das Nomisma eigentlich nur bei der Münzgewichtsbestimmung Verwendung oder war die Einheit noch für anderes gebräuchlich? Pauschal wird ja alles mit einem N drauf als "Münzgewicht" bezeichnet oder angeboten. Im Bonner Katalog sind mir zwei sog. "Apothekergewichte" aufgefallen, eines mit N (3,7gr), eines mit Christogramm ohne P-Schlaufe (3,55gr).

Posa

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Basil » Fr 28.05.10 17:06

zu 1) nein
zu 2) ja
Die Apothekergewichte sind äußerst fraglich. Grundsätzlich waren die Nomismata Goldgewichte, ansonsten wurden Handelsgewichte auf der Basis der byz. Libra verwendet
siehe PN ROMAION

Gruß Basil

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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von dionysus » Fr 28.05.10 19:14

Posa hat geschrieben:Unter Constans wurde derart schlampig geprägt, dass quasi alles vorkommt, was eine Münze bei der Prägung und danach unansehlich macht.
Diesen hier muss ich dazu einfach mal bildlich loswerden:

Follis des Constans II. oder Heraclonas, Sear 1004, 3. Offizin.

Gruß,
Maico
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Re: Schwieriger Byzantiner

Beitrag von Basil » Fr 28.05.10 19:17

Hier läßt sich die schlampige Prägung zumindest mit einem Zainende belegen

basil

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