Kupfer-Kern in einer Bronze-Münze (Abdera)?

Griechische Münzen des Altertums

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Demokritos
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Kupfer-Kern in einer Bronze-Münze (Abdera)?

Beitrag von Demokritos » Do 06.11.08 18:41

Die unten abgebildete Abdera-Münze (Dionysos, Greif; Münzer/Strack, AMNG Nr. 235) hat einen Kern, der aus anderem Metall (der Farbe nach Kupfer) besteht als die Oberfläche (Bronze). Merkwürdigerweise ist aber das Innere nicht korrodiert (keine Patina). Daß Silbermünzen bisweilen nur versilbert waren und einen Kupfer-Kern enthielten, weiß ich (Athener Eule um 404 v. Chr.); aber warum wurde hier Kupfer (?) mit einer Bronze-Schicht überzogen?
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Abdera 116, 05.11.2008.jpg

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Pscipio
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Beitrag von Pscipio » Do 06.11.08 19:48

Das sieht mir nach abgeblätterter Patina aus, wie man das relativ häufig sieht. Die Patina besteht ja in der chemisch veränderten obersten Metallschicht, während das, was im Innern ist, das unveränderte ursprüngliche Metall ist.

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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Beitrag von Demokritos » Do 06.11.08 20:13

Vielen Dank, Pscipio, für die sachkundige Auskunft. Was mich (als Chemiker) nur wundert, ist, daß sich die Patina nicht in das ursprüngliceh Metall hineinfrißt, sondern zu diesem eine Grenze bildet, so daß es abblättern kann.
Mit vuielen Grüßen
Demokritos

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Beitrag von Pscipio » Do 06.11.08 20:18

Ich bin kein Chemiker, aber aus Erfahrung weiss ich, dass es die unterschiedlichsten Formen einer Patina geben kann: massive geschlossene, die als stabile Schutzschicht wirkt, oder sehr pulverige, die rasch abbröckelt, oder solche wie bei dir, die eher abblättert als abbröckelt, und viele andere Formen.

Hier siehst du einige ähnliche Erscheinungen wie bei deiner Münze:

http://www.vcoins.com/ancient/ruttenwie ... oduct=2170 (Rand)
http://www.vcoins.com/ancient/ruttenwie ... oduct=1574
http://www.vcoins.com/ancient/ruttenwie ... oduct=1508 (linker)

Viele Grüsse
Pscipio
Nata vimpi curmi da.

diwidat
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Beitrag von diwidat » Do 06.11.08 21:07

Nach meiner Erfahrung mit dieser Art Patina ist, - dass die Patina glasshart ist und bei Stössen (fallen lassen der Münze) die Schicht absplittert, wie die Glasur bei Porzellan.
Das passiert bei einer mehr amorphen Patina nicht so leicht.
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Patina-Schaden.jpg

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antoninus1
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Beitrag von antoninus1 » Fr 07.11.08 08:48

Demokritos hat geschrieben:...Was mich (als Chemiker) nur wundert, ist, daß sich die Patina nicht in das ursprüngliceh Metall hineinfrißt, sondern zu diesem eine Grenze bildet, so daß es abblättern kann.
Mit vuielen Grüßen
Demokritos
Das Stichwort ist: Passivierung.

Hier eine kurze Erläuterung, aus Wikipedia entnommen.


Wird blankes Metall Luft oder einer anderen korrosiven Umgebung ausgesetzt, dann hängt es zunächst von der chemischen Beschaffenheit des Metalls ab, ob es zur Korrosion kommt oder nicht. Während z. B. Gold und Platin durch ihre Eigenschaft als Edelmetall von sich aus vor Korrosion geschützt sind, haben die unedleren Metalle wie Eisen, Zink und Aluminium eine Neigung zur Korrosion. Ob und wie schnell es aber wirklich zur Korrosion kommt, hängt auch noch von der möglichen Entstehung einer Passivierungsschicht ab. Das beste Beispiel für eine solche Passivierungsschicht ist das Metall Chrom: Obwohl Chrom im chemischen Sinne noch etwas unedler als Eisen ist, verhält es sich bei der Korrosion gegenüber Luft und Wasser fast wie ein Edelmetall - jeder kennt diesen Effekt, denn die verchromten Badezimmerarmaturen bleiben jahrzehntelang blank und glänzend. Eine sehr dünne, unsichtbare Oxidschicht trennt das Metall von der Atmosphäre, so dass weitere Oxidation nur durch Diffusion durch die Oxidschicht möglich ist. Die passivierende Schicht behindert die Diffusion, so dass eine weitere Korrosion des Werkstoffs gestoppt wird.

Ein weiteres Beispiel für dieses Phänomen ist rostfreier Stahl: Das enthaltene Chrom bildet ab 12 % Massenanteil eine Chromoxid-Schicht, wodurch weitere Oxidation verhindert wird. Wird diese Oxidschicht beschädigt, gelangt blankes Metall in Kontakt mit der Atmosphäre so bildet sich automatisch eine neue passivierende Schicht, d. h. die Schicht ist selbstheilend. Weitere technisch bedeutende Werkstoffe, die Passivschichten bilden, sind Aluminium, Nickel, Titan, Blei, Zink und Silicium.

Unter ungünstigen Bedingungen (halogenhaltiges Medium, elektrochemisches Potential, vergleiche auch Pourbaix-Diagramm) können Werkstoffe mit Passivschicht für Lochfraß anfällig werden.

Das bekannteste Beispiel, bei dem es nicht zur spontanen Passivierung kommt, ist gewöhnlicher Stahl. Die Korrosionsschicht - der Rost - besteht aus einer schnell anwachsenden Schicht aus Eisenoxid, welche das weitere Fortschreiten der Korrosion nicht verlangsamt.

Zur Berechnung, ob die Oxidschicht schützenden oder nichtschützenden Charakter besitzt, kann das Pilling-Bedworth-Verhältnis genutzt werden.


Was für Chrom gilt, gilt auch analog für metallene Münzen in der Erde. Das Münzenmetall reagiert mit korrosiven Substanzen der Umgebung. Je nach Umgebung geht das bis zur Zerstörung der Münze weiter oder der Vorgang stoppt nach einiger Zeit und die so entstandene Schicht verhindert weitere Reaktionen. Die Münzen, bei denen die Passivierung nicht klappte (die sich also wie Eisen und nicht wie Chrom verhielten), finden wir wohl heute nicht mehr oder nennen sie Beilagsscheibchen :roll:
Gruß,
antoninus1

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Beitrag von Demokritos » Fr 07.11.08 15:26

Vielen Dank für die sachkundigen Erläuterungen!! So lernt man immer noch etwas dazu.
Viele Grüße
Demokritos

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