Kontermarke auf einer Eule

Griechische Münzen des Altertums

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Tullius Tiro
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Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Tullius Tiro » Sa 06.08.11 16:36

Vor einiger Zeit habe ich diese Eule bei Lanz ersteigert. Da griechische Münzen nicht mein übliches Gebiet sind, wollte ich hier nachfragen ob mir jemand etwas Näheres über die Kontermarken auf dem Avers sagen, oder mich auf weiterführendes Material verweisen kann.
Kontermarken.jpg
Soweit ich es beurteilen kann, handelt es sich bei den Kontermarken um fünfzackige Sterne, oder, von ungefähr 5 Uhr betrachtet, um Alpha/Aleph. Die beiden Kontermarken scheinen identisch; die linke scheint unter der rechten zu liegen, wurde also vor dieser eingeschlagen.

1) Kann man die Kontermarken einem bestimmten Gebiet oder Herrschaftsbereich zuordnen?.

2) Falls es sich um den gleichen Stempel handelt, kann man davon ausgehen dass es sich hier um einen Doppelschlag handelt, oder gibt es andere Ursachen (und Beispiele) für zwei identische Marken?

Besten Dank für Eure Hilfe!

(Weitere Infos zur Münze: Diam. 2,23 cm Gewicht 17,13 g.)
AVEuleKontermarke.jpg
RSEuleKontermarken.jpg

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Antonian
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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Antonian » Sa 06.08.11 17:42

Hallo
auf einer meiner Münzen habe ich einen ähnliche Marke entdeckt, es handelt sich um eine Münze aus Makedonien. 4.Jahrhundert v. Ch. Herakles auf der Rückseite ein Reiter. Von Phillip II ?
Antonian
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philipp.jpg
CARPE DIEM ---- nutze den Tag (Horaz 65-8 vChr) Pecunia non olet -- Geld stinkt nicht (Spruch bei der Einführung der Latrinensteuer unter Vespasian)

Altamura
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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Altamura » Sa 06.08.11 21:58

Tja, das "weiterführende Material" such' ich auch schon länger :wink: , die Gegenstempel auf griechischen Münzen scheinen aber eines der Mysterien der antiken Numismatik zu sein :? (abgesehen von dem Buch von Howgego, das aber nur kaiserzeitliche Münzen behandelt).

Hier jede Menge Beispiele von Gegenstempeln auf Athener Tetradrachmen: http://www.acsearch.info/search.html?se ... =&a=&l=#44
das geht vom einfachen Loch bis zum kleinen Bildchen.

Hier sogar der gleiche Gegenstempel wie auf der vorgestellten Münze: http://www.acsearch.info/record.html?id=487138&tab=1
(interessanterweise scheint der auch doppelt aufgeschlagen zu sein; bei Gegenstempeln redet man aber noch nicht von Stempelgleichheit, oder? :wink: ).

Meist werden die Gegenstempel in der Art wie auf der Münze hier als aramäische oder phönizische Buchstaben bezeichnet. Dann werden sie wohl im Nahen Osten aufgebracht worden sein.
Wenn sich da aber schon CNG (die Classical Numismatic Group, einer der großen und rennomierten Händler) meist jeden Kommentars enthält (und die bestimmen ihre Münzen meist sehr sorgfältig, mit ordentlichen Referenzen), dann scheint das Thema noch eher unklar zu sein :| .

Gruß

Altamura

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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Tullius Tiro » So 07.08.11 00:33

Besten Dank!

Die kaiserzeitlichen Ausführungen hatte ich schon gefunden, aber die helfen hier wohl kaum :D Leider fehlt wohl bei vielen der Fundort durch den es vielleicht bei grösseren Konzentrationen Lösungsversuche geben könnte. Den Nahe Osten hatte ich eigentlich im Verdacht, weil ich mal gelesen habe, dass viele Eulen dort gelandet sind, und prompt mit Gegenstempeln versehen wurden. Schade aber, dass man sie dann dort nicht präziser einzelnen Orten zuteilen kann.

Die, nennen wirs, "gegenstempelgleiche Münze" wird auf acsearch/von CNG vorsichtig als aeginatisch gedeutet. Das wäre sehr interessant, denn, soweit ich weiss, war Aegea doch unter Athenischer Oberherrschaft bis 404 v. Chr.

Gesetzt, die Vermutung dass es sich in der Tat um Aegina handelt (ich hatte diese Frage schon vorher auf dem Englischen Forum gestellt, wo auch jemand auf dieses Eiland spekulierte, und darauf verwies, das man auch Gegenstempel mit der aeginatischen Schildkröte findet), behielten die Aegineten das Recht, athenische Münzen gegenzustempeln, oder geschah dies wohl eher nach der Befreiung durch Sparta?

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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Altamura » So 07.08.11 09:07

An Ägina glaub' ich eigentlich nicht, ich halte das eher für eine verkaufsfördernde Maßnahme seitens interessierter Händler :wink: . Da kann man mit einer einzigen Münze Athen und Ägina gleichzeitig verkaufen, das ist doch nicht schlecht :D .

Das Inkusum (oder dessen Varianten, da gab es im Laufe der Zeit ja verschiedene) auf den Rückseiten der äginetischen Statere sieht in meinen Augen anders aus. Wenn man den Gegenstempel auf der Eule so hindreht, dass er wie ein A aussieht, dann ist er achsensymmetrisch. Die Rückseiten aus Ägina sind das nicht (zumindest nicht so, wenn man die auf eine Ecke stellt, dann sind sie es manchmal auch :) ).

Eine entfernte Ähnlichkeit gäbe es auch mit den Rückseiten der frühen Münzen aus Argos:
http://www.acsearch.info/record.html?id=364721
http://www.acsearch.info/record.html?id=364732
http://www.acsearch.info/record.html?id=364739

Hier stört aber der Querstrich des A, den es im Gegenstempel eindeutig nicht gibt.

Ob das mit den Gegenstempeln insgesamt so schwierig ist, weiß ich nicht. Da hat sich wohl einfach noch niemand die Arbeit gemacht, Funde aus Ausgrabungen und Horten systematisch danach zu untersuchen (zumindest kenn' ich da keine Arbeiten, was aber nichts heißen muss :wink: ). Da wäre vermutlich beachtlicher Aufwand bei unsicherem Ergebnis zu investieren 8O .

Gruß

Altamura

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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Tullius Tiro » So 07.08.11 23:33

Besten Dank, Altamura. In der Tat sieht das Incusum von Aegina weit unsymetrischer ist. Argos scheint, wie Du sagst, ja auch nahe zu kommen, aber dann doch leider nicht wirklich übereinzustimmen. Schade, dass es keine Arbeit diesbezüglich zu geben scheint. Vielleicht sucht ja noch jemand nach einem geeigneten Thema für eine Habilitationsschrift. :D

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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Pscipio » Mo 08.08.11 10:54

Gegenstempel sind ein unheimlich schwieriges Gebiet, weil oft keine oder fast keine Informationen aus dem vorhandenen Material gewonnen werden können. Da besteht dann sehr rasch die Gefahr von Fehl- oder Überinterpretationen auf zu schwacher Quellenbasis. Howgego hat es für römische Provinzmünzen versucht, allerdings haben Provinzmünzen den Vorteil, dass sie oft nur sehr lokal zirkulierten, ausserdem kann man sie über die Kaiserköpfe oft relativ gut datieren, man halt also in der Regel sowohl eine Datierung wie auch eine ungefähre geographische Zuordnung - und zu guter Letzt kann man sie als Lokalwährung in einem über Jahrhunderte mehr oder minder stabilen und gut bekannten Politik- und Geldsystem relativ gut situieren, während bei griechischen Münzen ja regelmässig absolute Basisfragen wie Datierung, Nominalsystem etc. unklar oder vage sind. Die Frage ist natürlich auch, ob Gegenstempel auf griechischen Münzen immer gezielt von "staatlichen" Autoritäten angebracht wurden, oder ob es auch "private" Punzierungen gibt.

Ich fürchte daher, dass Altamura völlig recht hat, wenn er sagt: Da wäre vermutlich beachtlicher Aufwand bei unsicherem Ergebnis zu investieren. Es würde wohl allenfalls für ein beschränktes Gebiet wie die attischen Eulen des. 5. Jh. einen Versucht wert sein, aber selbst da würde ich persönlich dankend ablehnen, wenn mir das jemand vorschlagen würde...
Nata vimpi curmi da.

Altamura
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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Altamura » Mo 30.04.12 22:27

Nachdem ich mir letztens J. Elayi & A. Lemaire, Graffiti et contremarques ouest-sémitiques sur les monnaies grecques et proche-orientales, Glaux 13, Milan 1998, ausgeliehen und nun auch mit Lesen begonnen habe, will ich diesen Thread mal kurz wieder aufwärmen :D .

Nach diesem Buch handelt es sich bei dem Gegenstempel hier um einen in aramäischer Schrift, und zwar um den Buchstaben ' (steht wirklich so drin 8O ).
Sieht aus wie ein phönizisches ʔalf (steht so in Wikipedia 8O http://de.wikipedia.org/wiki/Ph%C3%B6nizische_Schrift ), also ein Aleph.
Wofür der Buchstabe steht, ist wie bei allen einbuchstabigen Gegenstempeln unklar, als wahrscheinlichste Erklärung wird der Anfangsbuchstabe eines Namens betrachtet.
(Zur Bedeutung mehrbuchstabiger Gegenstempel werden allerlei Vermutungen angestellt, die aber, von den Autoren zugegeben, etwas im Spekulativen bleiben.)

Sehr häufig befinden sich die Gegenstempel mit phönizischen und aramäischen Buchstaben auf zeitgenössischen Imitationen von Athener Tetradrachmen (könnte die Münze hier vielleicht auch sein), aber das ist ein anderes Thema, und das steht erst weiter unten auf meiner Liste :wink: .

Nachdem sich CNG aus acsearch ja leider verabschiedet hat, hier der Vollständigkeit halber nochmal die von mir oben verlinkte Münze von CNG mit dem gleichen Gegenstempel:
http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=179996

Gruß

Altamura

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Chandragupta
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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Chandragupta » Fr 11.05.12 09:58

Ich verweise hier nochmal auf den schon an anderer Stelle gebrachten Link:
http://www.tulane.edu/~august/H310/handouts/Coinage.htm
Nach dem dort im Wortlaut zitierten und auch kommentierten Athener Silbermünzgesetz von 375/4 v.u.Z. sind diese auf dem Revers "geprüfhiebten" ;) Tetradrachmen zwar
a) NICHT aus Athen (also zeitgenössische Nachbauten, z.B. der Achämeniden - und bei dem Stil des Stückes von Tullius Tiro ist das auch sowas von klar...),
wohl aber
b) aus gutem Silber.
Folglich wurden sie (mit Prüfhieb) dem sie dem Athener Beamten vorlegenden Fremdling wieder zurückgegeben, allerdings in Athen nicht offiziell als Zahlungsmittel angenommen (oder ggf. nur mit Abschlag auf den Nominalwert, sozusagen als bloßes Schmelzsilber).

Hier noch ein (zwar populärwissenschaftlicher, aber dennnoch m.E. für Sammler gut gemachter) Text zu den "Eulen" allgemein: http://rg.ancients.info/owls/
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

Altamura
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Re: Kontermarke auf einer Eule

Beitrag von Altamura » Sa 12.05.12 10:13

Chandragupta hat geschrieben:Ich verweise hier nochmal auf den schon an anderer Stelle gebrachten Link: ...
Na, dann verweise ich nochmal auf das, was ich andernorts dazu geschrieben habe und die Ergänzung von divus dazu :D : http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 74#p367074

Wenn eine Athener Tetradrachme einen Prüfhieb aufweist, dann kann man
  • daran alleine weder erkennen, ob sie eine original Athener oder eine Imitation ist,
  • noch daraus ableiten, dass sie sich überhaupt jemals in den Händen eines Athener Beamten befand,
  • daher kann man auch alleine daraus nichts über die Guthaltigkeit des Materials ableiten (die ich aber bei der Münze oben damit nicht in Frage stellen will).
Den Artikel, den ich im anderen Thread zitiert habe, hab' ich inzwischen gelesen, er gibt einen schönen Überblick über die Varianten an Imitationen, die es gibt.
Die einzigen, die versuchen, den Originalen möglichst nahe zu kommen, wurden demnach wohl in Ägypten geprägt. Sie sind in verschiedene Kategorien unterteilt, die sogenannten "Buttrey Types" (zur Originalliteratur dazu bin ich da aber leider noch nicht vorgedrungen :? ). Von diesen Imitationen sind große Mengen hergestellt worden, man hat auch in Ägypten Stempel dafür gefunden, und es ist noch unklar, ob diese Imitationen von offizieller ägyptischer Seite oder eher aus Privatinitiative hergestellt wurden. Was genau Imitation und was dann vielleicht doch Original mit leicht vernachlässigtem Stil ist, wird noch diskutiert.

Die Münze oben scheint demnach aus meiner Sicht eine dieser "ägyptischen" Imitationen zu sein.

Gruß

Altamura

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