Ist das überhaupt eine Probe?

Deutschland vor 1871
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wpmergel
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Ist das überhaupt eine Probe?

Beitrag von wpmergel » Fr 05.01.07 00:56

Hallo,
da glaubt man, alle Literatur seines Sammelgebiets in- und auswendig zu kennen und dann das: in der waldeckischen Zitierauktion des Auktionshauses Riechmann Slg Kayser Dezember 1912, endecke ich doch unter Los 251 folgende Probe(?):
[ externes Bild ]

mit dem Katalogtext:
Los 251 Einseitige Kupferprobe des Reverses des 14 Talers 1810. Wie der bisherige Revers. Auf dem Av. eingraviert 1788 Theile / 1¾ # 5as / fertig Kerbrand

Es stellt sich nun folgende Frage:
Ist das überhaupt eine Probe? Die Gravur auf der Rückseite könnte man im Gegensatz zu Riechmann auch wie folgt interpretieren: 1788 Theile 13/4 11 (13.April 1811) fas(t) fertig. Diesen einseitigen Abschlag hat der Münzmeister - oder wer auch immer - am 13.4.1811 gemacht, um zu dokumentieren, wie viele von diesen ¼ Talern gefertigt wurden und in welchem Zustand der Stempel zu diesem Zeitpunkt ist.

Was haltet Ihr von der These oder hat jemand noch eine andere Erklärung? Ich bin auf Eure Antworten gespannt.
Herzliche Grüße aus Waldeck
Wolfgang M.

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jeggy
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Beitrag von jeggy » Fr 05.01.07 10:55

Die Therorie gefällt mir...

...ich denke aber, die Beschriftungsangabe des Katalogs stimmt. Immerhin hat denen ja das Stück vorgelegen.

An deine 11 glaube ich nicht, denn man sieht ja deutlich, dass es sich um "#" handelt. Jedoch 13/4 kann schon eine Datumsangabe sein, das wirkt auf mich logisch. Das #5 würde ich als Stempel #5 interpretieren, das "as" vielleicht als Namenskürzel.

Gruss,
jeggy
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Denar
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Beitrag von Denar » Fr 05.01.07 14:38

Hallo

Ich denke eher an ein Gewicht.Der As ist eine Münz- und Gewichtseinheit.Zu 1788 Theile ( Kupfer? ) fällt mir nichts ein. 1 3/4 = 5 As könnte das "fertig" (Sollgewicht) dieses IV Talers 1810 sein.

Gruß
Denar

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mumde
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Beitrag von mumde » Fr 05.01.07 14:59

Hallo Wolfgang! Ich denke auch in die Richtung wie Denar.
Das Zeichen # wird normalerweise als Abkürzung für „Dukaten“ verwendet. „As“, oft auch „Aß“ geschrieben, ist eine sehr kleine Gewichtseinheit, die zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Gegenden unterschiedlich schwer gerechnet wurde, meist um die 50 Milligramm. In einer Broschüre, die ich in solchen Fällen gern konsultiere: Verdenhalven, Alte Maße, Münzen und Gewichte aus dem deutschen Sprachgebiet, finde ich die Eintragung: „Münzgewicht, 1 Dukatenas = 58,174 mg“.
Ein Dukat wird mit einem Gewicht von 3,491 g gerechnet. 1 ¾ # wiegen also 6,109 g. 5 As wiegen 0,291 g, demnach : 1 ¾ # 5 as = 6,40 g. Das ist das Gewicht eines Vierteltalers 1810.
Ich weiß nicht, ob das in die richtige Richtung geht. Aber als Datierung würde ich die Inschrift nicht deuten.
Gruß mumde

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Beitrag von jeggy » Fr 05.01.07 16:23

mumde, schöner Gedankengang, das hört sich alles sehr fundiert an. Ich sehe, da fehlt mir noch viel Wissen und Erfahrung, was diese Dinge angeht.
Wer hat's erfunden?

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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Fr 05.01.07 16:51

Ein interessantes Rätsel. Ich darf mal auf Mumdes Schultern stehend weiter spekulieren: Die Münze hatte (steht auf dem Av.) einen Feingehalt von 53 1/3 Stück auf eine Feine Mark, also 4,385 g. Aufgabe des Münzers war jetzt, dem Silber Kupfer beizumengen um das Rauhgewicht zu erreichen, das zur Prägung mit dem Stempel erforderlich war. Die Angabe auf der Münze hier kann sich nur auf den Kupferanteil beziehen, denn das andere war ja offenkundig und hätte nicht notiert werden brauchen. Das Ergebnis von Mumde paßt mit 6,4 g wahrscheinlich nicht, denn dann hätte die Münze einen Feingehalt von nur 406/1000eln und wöge 10,785 g rauh. Es gab aber noch eine andere Unterteilung der Feinen Mark, die für Silber angewandt wurde: 1 FM = 4352 As zu je 0,0537352 g. Die nächsthöhere Einheit war der Heller, der kurioserweise 8,5 As hatte. Übrigens gab es auch noch eine Einheit Vierdig, Fertig als Viertel der Mark! Wenn ich jetzt statt der Raute Hr für Heller lese und unterstelle, daß es vorne 1 und 3/4 heißen soll, komme ich auf eine Kupferbeigabe von 1,068 g, dh das Rauhgewicht der Münze betrüge 5,453 g, der Feingehalt 804/1000el. Vielleicht soll es aber 13/4 Heller heißen, dann käme ich zu einem Rauhgewicht von 6,138 g und einem Feingehalt von 714/1000el. Ehe ich weiterspekuliere würde ich aber gern das Rauhgewicht des wirklichen Vierteltalers kennen. Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von wpmergel » Fr 05.01.07 22:02

Ersteinmal vielen Dank für Eure interessanten Beiträge - das Rätsel ist sich wohl doch etwas komplexer, als ich es vermutet habe. Die Zahlen und Gewichtsangaben muß ich jetzt ersteinmal bei mir "sacken" lassen und auch mit vorhandenen Valvationstabellen abgleichen. Ich melde mich dazu wieder.

@KAM
Der Feingehalt des Vierteltalers sollte eigentlich 833,33/1000 Teile betragen. Die Gewichte schwanken aber stark. Mir liegen Messungen mit einer Abweichung von bis zu 2,5 g (!) vor. Nimmt man mal die absoluten Ausreißer raus, liegt der Mittelwert bei 6,3625 g mit einer Abweichung von max. 0,0375 g. Das ist doch erstaunlich genau.

P.S.: ich entschuldige mich für das zu breit geratene Bild. Ich werde es so bald als möglich auf Bildschirmformat verkleinern.
Herzliche Grüße aus Waldeck
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Beitrag von KarlAntonMartini » So 07.01.07 20:00

Das führt zu einem durchschnittlichen Kupferanteil pro Stück von 1,977 g. Nach meiner "Theorie" und unter Anwendung der danach schwersten möglichen Gewichte, nämlich 13 Viertel Heller, 5 As kölnisch käme ich auf 1,7526 g. - Nicht unbedingt überzeugend. Und für 1778 Theile und Fertig habe ich auch noch keine Lösung. - Sollte Theile = Stück sein? - Und fertig wirklich die Fertigstellung? (Trapattoni läßt grüßen!) Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von wpmergel » So 07.01.07 20:21

@KAM
nach soviel Zahlen, Umrechnungen, Tabellen... bleibt mir - in bester Gesellschaft des Herrn Trapattoni - für heute nur noch eins zu sagen:"isch habe fertisch..." Mal sehen ob ich nach einer hoffentlich erholsamen, langen Nacht etwas mehr durchblicke.

P.S.: Verd... das Bild ist ja immer noch zu breit....
Herzliche Grüße aus Waldeck
Wolfgang M.

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Beitrag von mumde » So 07.01.07 22:45

Diese Vierteltaler wiegen normalerweise etwa 6,4 g rauh. Es gibt aber auch wesentlich schwerere Exemplare. Meine Deutung des "1 3/4 # 5 as" = 6,4 g als Angabe des Rauhgewichts hat einiges für sich, denn sie benennt den Normalfall. Wenn das Rauhgewicht angegeben ist, könnte ja auch das Feingewicht angegeben sein. Aber "1788 Theile" auf das Feingewicht zu beziehen, widerstrebt mir, denn das würde eine Berechnung des Feingehaltes nach Zehntausendsteln bedeuten, und das bei einem Münzmeister, der es noch nicht einmal fertigbringt, die "justierten" Münzen in einem gleichmäßigen Rauhgewicht auszubringen.
Bis dahin wurde der Feingehalt nach Lot bestimmt; 16 Lot war feines Silber. In der Napoleonischen Zeit wurde ja alles dezimalisiert, aber ein Sprung von einer 16er-Rechnung zu einer 10000er-Rechnung kommt mir unwahrscheinlich vor.
Aber nehmen wir mal an, dass die „1788 Theile“ sich auf den Feingehalt beziehen und Welle oder wer auch immer nach Zehntausendsteln rechnet. Wolfgang schreibt, dass der Feingehalt 833,33 Tausendstel betrage. In Zehntausendsteln würde das heißen: Für 10.000 Teile Münzmetall braucht man 8.333 Teile Silber und 1.667 Teile Kupfer. Das wäre aber nur ein theoretischer Wert, denn bei der Bearbeitung der Schrötlinge geht Kupfer verloren. Schlösser, Die Münztechnik, schreibt 1884: „Diese Anreicherung (des Silbers) wird herbeigeführt, einmal durch Verbrennen des Kupfers beim Schmelzen, ... dann durch das Sieden der Münzplatten, wo die durch das Glühen der Plättchen entstandene Kupferoxydschicht beim Behandeln mir verdünnter Schwefelsäure entfernt wird.“ Es muß deshalb ein ganz klein bisschen mehr Kupfer zugesetzt werden, als für die Legierung eigentlich notwendig wäre. Die Menge ist je nach Oberfläche der Münzplättchen unterschiedlich zu berechnen; für eine Münze in der Größe des Vierteltalers würde Schlösser, der wie wir nach Tausendsteln rechnet, etwa ein Tausendstel Teil Kupfer dazugeben. Nun schreibt Schlösser aber 1884, also 74 Jahre nach der Prägung der Münzen, über die wir reden. Da hat sich unterdessen viel in der Technik getan, und es wäre denkbar, dass man 1810 mit ein wenig mehr Metallverlust rechnete, und wenn auch nur aus egoistischen Motiven. Wenn wir annehmen, dass die Legierung in Zehntausendsteln berechnet wurde und die „1788 Theile“ den Kupferzusatz bezeichnen, würde sich eine Mischung von 8212 Teilen Silber zu 1788 Teilen Kupfer ergeben. Schlösser würde im Jahr 1884 zehn Zehntausendstel Kupfer zusätzlich in diese Zehntausendstel-Mischung hineinrühren, und bei einem Soll von 8333 Teilen Silber würde das dann einen Anteil von 8323 Teilen Silber zu 1677 Teilen Kupfer ergeben. Wenn wir nun den technologischen Fortschritt der 74 Jahre bedenken und auch noch annehmen, dass der Münzmeister sicher sein wollte, ja nicht zu viel Silber zu verbrauchen, dann könnte das ungefähr hinkommen.
Aber das ist alles nur eine Gedankenspielerei. Ganz ehrlich, ich weiß es nicht.
Gruß mumde

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Beitrag von wpmergel » Mo 08.01.07 01:05

Guten Abend mumde,

es stimmt, daß auch wesentlich schwerere Stücke existieren. Diese liegen aber zwischen 7,5 und 8 g (!) und weisen untereineinander recht große Abweichungen auf. Es fällt auf, daß es allesamt Stücke des Typs 1 und meist mit Riffelrand sind.

Eine Übersicht der Vierteltaler 1810

Wegen der großen Differenz zu den "normalgewichtigen" Stücken und weil diese manchmal als "Dickabschlag" bezeichnet werden, habe ich sie nicht mit eingerechnet. Sie sind aber in jedem Fall gesondert zu betrachten - oder nicht?

Ich finde, Deine Theorie schlüssig - obwohl ich mich mit den unterschiedlichen Gewichten und Einheiten schwer tue. Ich lasse die Beiträge mal wirken und bringe morgen das dann zu Papier (HTML) ;-)

Warum haben sich eigentlich Heerscharen von Historikern und Numismatikern der Vergangenheit nicht schon des Themas angenommen? Na, weil sie es vermutlich auch nicht wußten. Es fehlte Ihnen wohl an der notwendigen Souveränität, um es - wie Du es getan hast - zugeben zu können.

Nochmal Danke für alle Beiträge.
Herzliche Grüße aus Waldeck
Wolfgang M.

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Beitrag von KarlAntonMartini » Do 11.01.07 17:30

Jetzt hatte ich grad etwas Zeit und war in der Bibliothek. Zufallstreffer: Wagner, Andreas: Fein-Buch, Leipzig 1815 (Es geht um Rechnen ua für Münz-Wardeine). Für das hier dargestellte Problem aber nicht ergiebig, bestätigt aber, daß es üblich war, seinerzeit bei einer Einzelmünze das Korn (den Feingehalt) in holl. As anzugeben, auch eine metrische Teilung der Feinen Mark in 1.000.000el war schon üblich. - Dann noch zwei Literaturangaben: Bing, Hermann: Finanzgeschichte Waldeck-Pyrmonts, 1929 u. Klüßendorf, Niklot. Letzterer hat verschiedenes zu Waldeck publiziert und kennt offenbar die Archivbestände sehr gut. Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von Denar » Do 11.01.07 22:31

Ist das überhaupt eine Probe ?

Bestimmt keine Probe der Legierung, auch die Gravur der Rückseite deutet nicht darauf hin. ( siehe die vielen Beiträge )

Ich halte das für ein Probe-Gewicht, ein einseitiger Abschlag 1810 in der Münzstätte hergestellt um die Gewichtsprobleme der 1/4 Taler zu lösen.
Wolfgang hat es doch genau beschrieben, wenn er die Ausreißer ( noch ohne dieses Sollgewicht hergestellt ) rausnimmt, liegen plötzlich alle Gewichte ganz nahe bei einem Mittelwert ( 6,3625 g )
Ich bin überzeugt, wenn dieses Gewicht eines Tages auftaucht wird es auch
ganz nahe an diesem Mittelwert liegen. Mit " FERTIG" ist wahrscheinlich das Normal-Gewicht der fertigen Münze gemeint !!! ( kein Passirgewicht )
Zum besseren Verständnis.
Vor mir steht eine Münzwaage aus Oldenburg von 1858.
Darin sind, Normal-Gewichte , Passir-Gew. und Cassier.-Gew.
Es geht um Kronen und Pistolen
Darunter: Für jedes fehlende Ass od. 1/10 Halbgr. ( Halbgramm) sind 1 1/4 Grosch. Cour. zu kürzen.
Da haben wir unser "AS"

Viele Grüße
Denar

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