Wertigkeit von altdeutschen Münzen. Geneaologe braucht Hilfe

Deutschland vor 1871
Gilgenbach
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Wertigkeit von altdeutschen Münzen. Geneaologe braucht Hilfe

Beitrag von Gilgenbach » Di 28.10.08 09:09

Hallo liebe Numismatiker,

ich bin kein Münzsammler, brauche jedoch dringend kompetenten Rat und Hilfe und habe mich deshalb auf dieser Plattform angemeldet.

Ich bin Hobby Genealoge (Ahnenforscher) und habe aus diesem Grund oft Dokumente und Urkunden vor Augen in denen es um Geld, Zahlungen, Erbschaften und dergleichen geht.
Meine Ahnen stammen allesamt aus dem Gebiet der Vulkaneifel. Sprich aus dem Grossraum Koblenz und Köln.

Momentan beschäftige ich mich mit Steuerurkunden und Registern in denen es um einen Ahnen aus der Stadt Mayen geht (damals Kurtrier). Dieser Ahne war laut zeitgenössischen Beurteilungen sehr reich. Sein Gesamtvermögen wird in den 1650er Jahren mit 14101 Gulden angegeben. 1646 vergibt er einen Kredit an das Kloster Maria Laach in Höhe von 500 Reichstalern (Koblenz Währung)..

Auch von Albus und Heller ist in vielen Dokumenten die Rede.

Meine Fragen sind an sich recht trivial:

Wieviel Wert stellten 14101 Gulden im Koblenzer Raum des Jahres 1650 dar; und wie sah das mit den Reichstalern aus. Um was für Münzen handelt es sich genau?

Das wäre so im groben der Erste Teil meiner Frage - mir fällt aber sicher noch mehr ein.

Bin für jede Hilfe dankbar.

Herzlicher Gruß

Rob Gilgenbach

*EPI*
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Beitrag von *EPI* » Di 28.10.08 13:14

Deine Frage ist überhaupt nicht trivial, sondern hoch komplex!
Wenn Du diese Summe mit heute vergleichen möchtest, musst Du vergleichbare Warenkörbe bilden und daran haben sich schon viele die Zähne ausgebissen!
Du brauchst Preise aus dieser Zeit und dieser Region (Achtung aber, aufgrund von Silberknappheit oder -überschuss gab Deflation und Inflation; Missernten haben das Preisgefüge auch etwas durcheinder gebracht). Beispielsweise hatten Hausbedienstete um 1730 in Kassel bei freier Kost und Logie ein Jahreseinkommen von 15 bis 30 Taler, wobei ein nicht unwesentlicher Teil erst am Ende einer mehrjährigen Dienstzeit ausbezahlt wurde. Eine weitere Möglichkeit ist, Untersuchungen zu finden, in denen Vermögensaufstellungen aus dieser Zeit erfasst sind, um so das Vermögen relativ zu den anderen Zeitgenossen einschätzen zu können.

Was heißt dies für Dich? Nach Vergleichspreisen googlen: Preise für Stadthäuser, Bauernhöfe, Handwerkerjahresverdienst etc. und dann alles am besten aus Kurtrier und um 1650. Sicherlich wird es irgendwo Veröffentlichungen zu Deinem Thema geben. Alle Umrechnungen auf heute sind sehr problembehaftet (siehe oben). Zu dieser Problematik habe ich noch etwas im Forum gefunden:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... hnen+heute

Mit den Währungeinheiten wird Dir sicherlich hier weitergeholfen.

Lilienpfennigfuchser
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Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Di 28.10.08 19:24

Hallo,

vielleicht hilft Dir das Buch "Löhne und Preise in vier Jahrtausenden" von Heinz Voigtlaender, 1994, aus der Schriftenreihe der Numimatischen Gesellschaft Speyer, weiter. Dort ist auf 132 Seiten einiges über dieses Thema zu lesen.

Freundliche Grüße

Lilienpfennigfuchser

Dietemann
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Beitrag von Dietemann » Mi 29.10.08 00:14

Das geht einfacher: Du scheinst eine Quelle zu haben, in der das Vermögen Deines Vorfahren angegeben ist. Möglicherweise enthält die Quelle weitere Vermögensangaben anderer Personen aus dem Ort, die man als Vergleich heranziehen kann. (Für Eschwege gibt es ein Türkensteuerregister von 1606, bei etwa 1.150 Einwohnern gibt es 42 Einwohner mit einem Vermögen über 1.000 Gulden, der höchste Wert beträgt 3.350 Gulden. Eschwege war damals keine kleine Provinzstadt, sondern eine fünf reichsten Städte in Nordhessen. Deine 14.101 Gulden Vermögen waren ein unvorstellbarer Reichtum. Übertragen auf die heutige Zeit: Reich ist für mich der örtliche Millionär. Bei Deinem Vorfahren müsstest Du aber schon bei dem Vermögen eines Multimillionärs suchen und ob der umgerechnet dreihundert oder achthundert Millionen Vermögen hat, wäre mir für eine Einordnung ziemlich belanglos.)

Die Verhälnisse in Eschwege 1618-1640 sind: 1 Reichstaler = 26 albus, 1 albus = 12 Heller. Der Gulden war die Rechnungseinheit und entsprach damals einem Reichstaler. Du müstest versuchen herauszufinden, wie die kurtrierer Verhältnisse waren, darüber weiß ich gar Nichts. Manchmal hilft ein Besuch des örtlichen Stadtarchives, hier gibt es oft Literatur zum kleinen Preis und in manchen Veröffentlichungen befinden sich am Schluss Aufstellungen der örtlichen Münzen, Maße und Gewichte.

Faszinierendes Thema, schreib, wenn Du etwas herausgefunden hast.

Gruß, Dietemann

Gilgenbach
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Beitrag von Gilgenbach » Mi 29.10.08 08:37

Hallo,

vielen für die bisherigen Antworten. Multimillionär? Ich bin schon davon ausgegangen das 14000 Gulden nicht wenig Geld waren, jedoch überrascht mich das schon. 14000 Gulden sind in den Steuerlisten erwähnt; sie setzen sich in diesem Fall aber aus dem Gesamtvermögen (Grund, Besitz, Barschaft) zusammen.

Der Grund warum ich ein Gefühl für das ganze bekommen will liegt darin begründet, dass ich bis heute nicht weiss wie und womit dieser Vorfahr das Geld verdient hat. Die Familie hatte Beziehungen zur "High Society" von Köln, Trier und Koblenz. Viel mehr weiss ich nicht.

Kannst Du mir das mit dem "Gulden als Recheneinheit" nochmal erklären? Gab es die Münze "Gulden" also als Münze nicht?

Welche Münzen kursierten denn im Raum Kurtrier um 1640/50 hauptsächlich?

Nochmals vielen Dank !

Rob

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Beitrag von *EPI* » Mi 29.10.08 10:23

http://de.wikipedia.org/wiki/Gulden
(insbesondere der Gulden als Reichswährung)

1648 ist das Ende des 30-jährigen Krieges. Während des Krieges gab es vielfältige Möglichkeiten, Geld zu gewinnen oder zu verlieren...

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Beitrag von KarlAntonMartini » Mi 29.10.08 10:44

Die Kreditvergabe spricht für Kaufmann und Bankier. Reich werden konnte man damals v.a. im Fernhandel und als Militärlieferant. Der Standort Mayen könnte auch Schieferhandel möglich gemacht haben. Viel Vergnügen bei der weiteren Suche! Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von vMadai » Mi 29.10.08 13:37

Meiner "Erfahrung" nach (bin auch Genealoge), kostete ein ordentliches Haus einen dreistelligen Guldenbetrag. Bruchbuden gab es auch für weniger, stattliche Häuser kosten auch mal einen vierstelligen Betrag.

Mein Vorfahr Stefan Datt, Metzger in Ebingen, war 1545 mit 8000 fl. einer der 25 reichsten Männer Württembergs.

Die Tuchhändlerin Catharina Schweicker in Sulz/Neckar hat nach ca. 3000 fl. Verlust beim Stadtbrand 1581 immer noch 20000 fl.

Jerg Minner, Bauer(!) Möglingen, hat bei seinem Tod 1599 rund 70 000 fl. und ist damit der reichste Mann Württembergs!

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Beitrag von Gerhard Schön » Mi 29.10.08 20:55

Dietemann hat geschrieben:Der Gulden war die Rechnungseinheit und entsprach damals einem Reichstaler.
Kein Gulden entsprach damals einem Reichstaler. Der Moselgulden war 24 Albus, der Reichstaler 54 Albus. Möglicherweise kommt noch der ältere Radergulden zu 48 Albus in Betracht. Und ein Gulden kaiserlicher oder rheinischer Währung wäre 36 Albus gewesen.

Schau einfach nach, in wieviele Albus deine Gulden in den Steuerlisten unterteilt sind.
Gilgenbach hat geschrieben:Kannst Du mir das mit dem "Gulden als Recheneinheit" nochmal erklären? Gab es die Münze "Gulden" also als Münze nicht? Welche Münzen kursierten denn im Raum Kurtrier um 1640/50 hauptsächlich?
Natürlich gab es Gulden als Münzen, sowohl in Gold als auch in Silber. In der Mitte des 17. Jahrhunderts kursierten in Trier unter anderem Goldgulden und Dukaten, silberne Reichstaler und Teilstücke davon, einfache und mehrfache Albus (Petermännchen), Kreuzer und Pfennige, sowie allerlei fremdes Geld.

Um die Sorten geht es aber doch gar nicht, sondern um die Angabe eines Geldbetrages. Und eine solche Betragsangabe sagt gar nichts darüber, aus welchen Einzelmünzen sich das zusammensetzt.
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Gilgenbach
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Beitrag von Gilgenbach » Do 30.10.08 09:30

"Um die Sorten geht es aber doch gar nicht, sondern um die Angabe eines Geldbetrages. Und eine solche Betragsangabe sagt gar nichts darüber, aus welchen Einzelmünzen sich das zusammensetzt"

Leider geht es mir schon ein wenig um die Sorten. Ich persönlich fände es schon interessant zu erfahren welche Münzen meine Ahnen in diesem Gebiet meist in den Händen hatten.

Ich bedanke mich nocheinmal bei allen - habe hier schon viel lernen dürfen und bin über Eure hilfreiche und freundliche Art echt begeistert.

Gruß

Rob

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Beitrag von KarlAntonMartini » Do 30.10.08 11:32

Wenn du einen ersten Eindruck über die tatsächlich existierenden Münzen gewinnen willst, kannst du hier suchen: http://www.coinarchives.com/w/results.p ... +AND+Albus
Die Seite zeigt das Suchergebnis für Trier AND Albus. Worauf Gerhard Schön schon hinwies: Der Münzumlauf orientierte sich damals nicht an den Grenzen der Territorien. Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von *EPI* » Do 30.10.08 13:54

...oder in einer Bibliothek das Standardwerk: Noss: Die Münzen von Trier (2 Bde).

Dietemann
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Beitrag von Dietemann » Fr 31.10.08 12:13

Gilgenbach hat geschrieben:Leider geht es mir schon ein wenig um die Sorten. Ich persönlich fände es schon interessant zu erfahren welche Münzen meine Ahnen in diesem Gebiet meist in den Händen hatten.
Eine Münze trug damals ihren Wert in sich, d.h. der Silberanteil bestimmte (weitgehend) den Wert der Münze. Die verschiedenen Prägungen waren erst einmal nichts anderes als Prüfstempel, die den Silbergahlt bestätigen sollten. Dein Vorfahre wird in seinem Geldkasten alle Sorten von Münzen gehabt haben. Natürlich wird er seiner Haushälterin eher die örtlich gebräuchlichen Münzen zum Salat kaufen gegeben haben und mit den anderen dann eher die Weinlieferung an den Fernhändler bezahlt haben.

Gruß Dietemann

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Beitrag von Gerhard Schön » Fr 31.10.08 16:34

Gilgenbach hat geschrieben:14000 Gulden sind in den Steuerlisten erwähnt; sie setzen sich in diesem Fall aber aus dem Gesamtvermögen (Grund, Besitz, Barschaft) zusammen.
In deiner Quelle sind die 14000 Gulden als Geldbetrag (Buchgeld) genannt. Zur Ermittlung des Realwertes (Feingewicht in Silber) muss zunächst die Währung geklärt werden (Moselgulden oder Radergulden). Keiner dieser beiden Gulden (als Währung) war damals mit irgendwelchen geprägten Gulden (als Münzen in Gold oder Silber) wertgleich. Die Reichstaler wurden, wie der Name sagt, reichsweit geprägt und waren reichsweit gültig. Im Erzstift Trier (TR) gab es als Landeswährung 1 Gulden TR (Moselgulden) = 24 Albus TR = 48 Kreuzer TR = 192 Pfennig TR. Dabei gilt 1 Reichstaler = 54 Albus TR (Petermännchen) = 90 Kreuzer RH (Schwere Kreuzer) = 108 Kreuzer TR (Leichte Kreuzer) = 432 Pfennig TR.
Deutscher Münzkatalog, Euro Münzkatalog, Weltmünzkatalog.

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Beitrag von *EPI* » Mi 19.11.08 15:24

Und hier ein Beitrag (ab S. 8 unten), der die Problematik anschaulich behandelt:
http://www.badlauterberg.de/verein/arch ... bution.pdf

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